Namibia - in 20 Tagen durch Südwestafrika

Reisezeit: September 2007  |  von Sarah Paulus

Von Soussousvlei nach Klein-Aus Vista

Tag 13
21.09.2007, Freitag, 340km

Uns verbleiben noch sieben Übernachtungen und wir diskutieren die weitere Tour. Naja, eigentlich erkläre ich die möglichen Alternativen, während Rolf versonnen in den Himmel glotzt. Trotz des ursprünglich nicht geplanten Etosha-Aufenthalts und vor allem wegen des verkürzten Atlantikaufenthaltes, haben wir noch mehr Tage im Gepäck, als ursprünglich gedacht. Wir beschließen, Lüderitz auf einen Tag zu reduzieren und das Tirasgebirge zu durchfahren. Dann wäre immer noch Zeit für einen Abstecher zum Oranje bzw. Fish River Canyon. Bei so viel Tatendrang bemächtigt sich uns eine fast schon feierliche Stimmung.

Von Sesriem fahren wir die C27 Richtung Süden und biegen auf die D707 ab. Eine der schönsten Straßen Namibias, wie es heißt. Zu recht. Der Weg ist das Ziel. Stundenlange Einsamkeit.

On route D707

On route D707

So halten wir oft an, um z.B. das in der flirrenden Hitze silbrig schimmernde Wüstengras zu bestaunen. Surreal.

Wüstes Gras

Wüstes Gras

Plötzlich entdecken wir in der Ferne Staubwolken. Das Fernglas wird herbeigeholt. Ein Auto. Uns entgegenkommend. Einige hundert Meter von uns entfernt scheint es abbiegen zu wollen, wendet dann aber wieder, um nun langsam auf uns zuzurollen. Vorsichtshalber steigen wir ins Auto. Man weiß na nie. Der Wagen hält direkt neben uns. Im Pick-up drei weiße Männer. Ein Mann mit blutigem Gesicht in der Mitte. Mörder! Keine Frage. Für ein Testament ist es jetzt leider zu spät.

'Is everything ok with you?'
'Yep. Thank ya. Everything's fine', antworteten wir zögerlich und Rolfi fragt mit dem Anschein eines befreiten Lächelns zurück: 'Who was the hunter?'
'Me', antwortete das Blutgesicht.

Auf der Ladefläche liegt ein geschossener Oryx mit heraushängender Zunge und wir Greenhorns dürfen einen genaueren Blick auf den armen Bock werfen. Ein kurzes Gespräch, dann wendet der Wagen wieder. Zum Abschied erklärt der Fahrer beinahe entschuldigend:

'We just wanted to see if everything is fine with you. Cause the road is very bad and, to be honest, it's getting even worse.'

Diese Info ist zwar lieb gemeint, aber nicht sehr ermutigend. Trotz der nur noch 40km bis zu dem Punkt, an dem die D707 wieder auf die C13 trifft. Dort verspricht Herr Iwanowski das Neisip Restcamp, daß wir zum Endpunkt der heutigen Tagesetappe erkoren haben. Bestimmt erwartet uns ein schönes Camp. Nach diesem weiten, anstrengenden Weg einfach nur ausruhen und die Seele im Wüstenwind baumeln lassen. Kein Autofahren mehr. Keine anderen Aktivitäten. Einfach nur rumgammeln. Vielleicht ein bisschen lesen...

Nur gibt es das Camp nicht! Jedenfalls nicht für uns. Wir befahren die beschriebene Stelle zwei Mal. Hoch und runter. Nix da. Kein Camp weit und breit. Übrigens das einzige Mal, daß sich ein Camp nicht auffinden läßt.

Also Plan B. Weiterfahrt nach Klein-Aus Vista, kurz hinter Aus (wo wir noch schnell die two tanks betanken) auf der B4 in Richtung Lüderitz. Und weitere 57km in sengender Sonne. Wir kommen gegen 16.30 Uhr an und stolpern müde zur Rezeption. Ob wir eine Reservierung haben? Nein. Der Campingplatz sei voll, erklären uns zwei Damen. Nichts zu machen. Traurige Blicke unserseits. Und plötzlich erscheint Piet. Sankt Piet. Der Camp-Chef gibt ein paar Anweisungen in Afrikaans und die Damen bieten uns den Overflow an, einen einsamen Platz hinter den eigentlichen Camp Sites. Sogar mit Rabatt für nur N$ 100 pro Nacht, weil die Dusche weite 200m Fußweg entfernt sei. So weit? Unfaßbar. Die Damen versuchen noch, die genaue Lage des Platzes zu beschreiben. Wir nicken gehorsam ohne zu verstehen. Daraufhin greift seine Heiligkeit erneut ein und ruft einen Angestellten, der persönlich wenig später vor uns herfährt und den Weg zeigt. Der Platz befindet sich am Ende eines kleinen Tales, umgeben von mehreren Hügeln. Niemand außer uns. Dies sei eigentlich der schönste Platz, sagt unser Begleiter. Ganz sicher der Schönste. Ein unbeschreiblich glücklicher Moment.

Der Overflow

Der Overflow

Abends werde ich zum Designer und baue wunderschön leuchtende Erdlichter. Schlichte Kuhlen, in denen Kerzen vorm Wind geschützt brennen können. Und ernte bewundernde Blicke vom Rolfi. Nachdem dieser dann vom schier unendlich weiten Weg zur Dusche zurück ist, gibt es Spagetti mit Tomatensauce und wir entzünden ein kleines Lagerfeuer. Mozarts Klarinetten klingen wehmütig in die helle Mondnacht, während Tassenberg sanft in mich hineinfließt.

© Sarah Paulus, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wüste, Allrad, Einsamkeit.
Details:
Aufbruch: 08.09.2007
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 28.09.2007
Reiseziele: Namibia
Der Autor
 
Sarah Paulus berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.