Nicas und Ticos - Jan/Feb 2010

Reisezeit: Januar / Februar 2010  |  von Andreas Schneidenbach

Costa Rica: Recorrida in Nicoya

Reisen sollte nur ein Mensch,
der sich ständig überraschen lassen will.
Oskar Maria Graf (1894-1967)


Unser letzter Tag in Nicaragua war angebrochen, ganz früh am Morgen schon verliessen wir Ometepe mit dem gleichen alten Kahn, mit dem wir gekommen waren.

Unser Transportmittel

Unser Transportmittel

Die Lenzpumpe wird manuell bedient (und steht bei der ganzen Fahrt nicht still, was uns etwas Angst macht)

Die Lenzpumpe wird manuell bedient (und steht bei der ganzen Fahrt nicht still, was uns etwas Angst macht)

Wir liessen uns dann mit dem Taxi direkt nach Peñas Blancas an die Grenze zu Costa Rica bringen. Ich will hier nicht zuviel über die Geschichte schreiben, das ist es nicht wert.
Nur soviel: Wir hatten noch nie einen derart komplizierten und unübersichtlichen Grenzübertritt zu meistern. Und die Passkontrolle auf Costa Rica-Seite ist ein Musterbeispiel an Ineffektivität sondergleichen.

Die Schlangen auf beiden Seiten schienen unendlich. Wir würden wahrscheinlich jetzt noch anstehen, hätten wir nicht hier und dort ein paar Dollar an geeigneter Stelle springen lassen...

Auf alle Fälle hatten wir dann Nicaragua schweren Herzens verlassen und waren angekommen in der Provinz Guanacaste, Costa Rica.

Auf zu neuen Ufern!

Guanacaste ist die trockenste Region in Costa Rica, gleichzeitig Cowboy-Land, nur werden die stolzen Reiter hierzulande Sabaneros genannt.

Hier wollten wir also für die nächsten paar Tage unsere Zelte aufschlagen, genauer gesagt im Süden der Halbinsel Nicoya im Badeort Sámara.
Dazu fuhren wir erst mit dem Bus nach Liberia und wollten dann in den nächsten Bus nach Nicoya, der Provinzhauptstadt, umsteigen.

An der Bushaltestelle in Liberia sind - wie immer - jede Menge Taxifahrer, die ihr Geschäft wittern. Einer will uns für 50$ nach Nicoya fahren, immerhin 90km. Als wir ihn auf 30$ runtergehandelt haben scheint uns das ein guter Deal zu sein und wir fahren mit ihm.

Auf der Fahrt, wir plaudern ein wenig (ihr wisst schon: meine Spanischkenntnisse!), stellt sich heraus daß just an dem Tag in Nicoya die Festivitäten zu Ehren des Stadtheiligen San Blas beginnen, mit Sabaneros, Recorrida de Toros und allem was dazugehört.
Wir beschliessen kurzerhand eine Nacht in Nicoya zu bleiben und auf diese Fiesta zu gehen.

Was für ein Schwein wir immer wieder haben!

Da wir bis zum Beginn der Fiesta am frühen Abend noch Zeit haben schauen wir uns im Städtchen um. Es gibt keine großartigen Sehenswürdigkeiten, dennoch ist es nett hier.
Alle paar Meter gibt es einen Shop, ein Restaurant oder ein Soda (so heißen die Imbisse in Costa Rica).

Wir trinken einen Cappuccino, fragen die Leute wegen der Fiesta (wann/wo). Die Ticos sind nett, jeder will uns helfen! Doch von jedem kommt eine andere Info, sodaß wir am Ende genauso schlau sind wie noch 2 Stunden zuvor.
Egal, es wird uns schon nicht entgehen, so groß ist die Stadt ja nicht.

Dann kann ich endlich in ein Internet-Cafe und als wir uns gerade setzen gibt es draussen auf der Strasse einen Umzug.
Es ist irgendwas mit Tieren, Fabelwesen oder dergleichen. Keine Ahnung, einige Kinder jedenfalls haben Angst und weinen.

Umzug in Nicoya

Umzug in Nicoya

Gegen 6:00 abends scheint es dann endlich soweit zu sein, die Menschen strömen alle in eine Richtung. Wir gehen ihnen nach und am Stadtrand sehen wir das grosse Festgelände.
Es gibt alles was es bei uns auf einem Fest auch gibt, es gibt Karussell und Schießstände, es gibt Zuckerwatte und Autodrom und statt der Bratwürste und Grillhendl gibt es Huhn und Würste im Tico-Style.
Alles ist halt greller, bunter, lauter als bei uns - eben Latino.

Den Mittelpunkt der Fiesta bildet aber nicht etwa ein Festzelt, nein, es ist das riesige Redondel, ein hölzerne Stierkampfarena!

Den Mittelpunkt der Fiesta bildet aber nicht etwa ein Festzelt, nein, es ist das riesige Redondel, ein hölzerne Stierkampfarena!

Gezimmert aus rohen Brettern und Balken bietet es locker 2000 Menschen Platz.

Das ist übrigens auch der Grund, warum es so etwas bei uns nicht gibt: Die Einzigen die das jemals versucht haben warten heute noch auf die Benützungsbewilligung...

Wir kaufen unsere Tiquetes und steigen die hölzernen Treppen empor, betreten die Arena. Was nun folgte ist etwas schwierig zu beschreiben, ich versuche es dennoch:

Die Ränge waren bereits gut gefüllt und füllten sich noch. Unten am Turnierplatz standen sicher 100 Jugendliche während der Platzsprecher seine Ansagen in diesem unvergleichlichen Spanisch machte (¡Carrrramba!, ¡Arrrriba!,....).

Ein halbes Stündchen mussten wir noch warten, dann spürten wir wie die Spannung stieg. Noch ein paar Sekunden, dann schwang eine Tür am Rande der Arena auf und ein Bulle stürmt wild hüpfend herein, auf seinem Rücken ein Lebensmüder, der sich mit Händen und Füssen dagegen wehrt abgeworfen zu werden.

Nach einigen Sekunden fliegt er trotzdem in hohem Bogen durch die Luft. Währenddessen reizen die Halbstarken (Adrenalin-/Testosteron-/Alkoholgesteuert, alles und/oder) den Stier mit roten Tüchern und Berührungen.
Das geht einige Minuten so, bis der Bulle müde wird.

Dann kommt der grosse Auftritt der Sabaneros! Stolz, mit hoch erhobenem Haupt, reiten 3 von ihnen ein. Jeder selbstverständlich mit Cowboyhut, Sporen und Lasso.

Bitte verzeiht die schlechte Qualität!
Meine alte, treue Olympus und ich sind für derartige Nachtaktivitäten einfach nicht geeignet...

Bitte verzeiht die schlechte Qualität!
Meine alte, treue Olympus und ich sind für derartige Nachtaktivitäten einfach nicht geeignet...

Durch geschickte Reitmanöver und mit geschwungenem Lasso wird versucht den Stier in vollem Galopp einzufangen.

Beim ersten Bullen ist es so, daß der Reiter scheinbar einen Fehler gemacht hat. Von einer Sekunde zur anderen liegt er mitsamt seinem Pferd am Boden, vom Stier umgerissen, was natürlich auf den Rängen für Spott und Gelächter sorgt.
Die beiden anderen Reiter rächten daraufhin ihren Compañero und der Bulle musste ebenfalls den Staub küssen!

Dieses Spiel wiederholte sich etliche Male, jedes Mal mit anderen Tieren. Der normale Ablauf war aber, daß der Stier, sobald er mit 2 Lassos fixiert war, aus der Arena getrieben wurde.
In den kurzen Pausen dazwischen versuchten die "Treiber" dann auch noch sich gegenseitig brennende Tücher in die Hosentaschen zu stecken, was natürlich jedesmal für grosse Heiterkeit sorgte sobald eines der "Opfer" unaufmerksam war und sich dann wild hüpfend des brennenden Tuches entledigte.

Ach ja, eine Verletzung gab es auch, der Bewusstlose wurde direkt durch die "Rot-Kreuz-Luke" nach draussen befördert. Ist wohl Berufsrisiko...

Das Ganze zog sich über gut 2 Stunden hin, dann gingen wir nach draussen und testeten einige typische Spezialitäten (Christa hatte z.B. Chop Suey).

Einer der Freßstände

Einer der Freßstände

Handwurscht auf Costa Rica-Art

Handwurscht auf Costa Rica-Art

Als wir schlussendlich an einer der zahlreichen Bars noch ein Bier nehmen, wurden wir von einem älteren Tico angesprochen. Er erzählt uns ein wenig über Costa Rica und die Musik, die er mag.
Und dann hören wir es erstmals in Costa Rica - als wir anstossen sagt er die magischen Worte, die das Lebensgefühl der gesamten Nation ausdrücken:

¡Pura Vida!


Wie wir finden passt dieses Kapitel doch ganz gut für meinen Vater, der ein großer Westernfan ist, für meine Mutter sowieso, die stets an Fernweh leidet.

Also, für Euch, zu Eurem heutigen Hochzeitstag!
(Den 41., man stelle sich das vor!)

Alles Gute von uns
Christa & Andreas

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Die Reise
 
Worum geht's?:
3 1/2 Wochen in Nicaragua und Costa Rica
Details:
Aufbruch: 17.01.2010
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 11.02.2010
Reiseziele: Nicaragua
Costa Rica
Der Autor
 
Andreas Schneidenbach berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.