Zentral- und Nordamerika von Juni bis August 2010

Reisezeit: Juni - August 2010  |  von Katrin Koppold

Panama: Ein Abenteuer mit glücklichem Ausgang

Ein Abenteuer mit glücklichem Ausgang
Im unserem Hostel auf Bastimentos lernen wir den Amerikaner Even kennen. Er studiert Tiermedizin und ist ganz verrückt nach Tieren. Um ihnen ganz nahe zu kommen begibt er sich alleine auf nächtliche Touren an den Strand und durch den Regenwald, um Lederschildkröten, Faultiere und andere Tiere zu suchen. Auch mit dem Führer Antoine, der öfters im Hostel vorbeischaut, um uns Touren anzudrehen, macht er sich bei Dunkelheit auf den Weg, um Kaimane zu sehen und sie sogar in die Hand zu nehmen. Als er Sonntag abend wieder so eine Kaiman-Tour mit Antoine plant, fragt er uns, ob wir nicht mitkommen wollen. Wir überlegen hin und her. Eine Tour bei Dunkelheit? Nee, viel zu gefährlich! Even meint, sie fahren nur ne Stunde mit dem Boot raus und so entscheiden wir uns doch, die Sache zu riskieren und mitzukommen. Es reizt uns zu sehen, wie Even die Kaimane mit der Hand packt. Als wir aufbrechen stellt sich heraus, dass wir nicht nur zu dritt fahren, sondern ein kanadisches und ein niederländisches Pärchen ebenfalls mitkommen. Durch die Dämmerung fahren wir ca. 20 Minuten mit dem Boot. Ich genieße den warmen Wind und weiten Blick übers Meer. Antoine lenkt das Boot ans Ufer an einem abgelegenen Teil der Insel und meint, wir sollen jetzt aussteigen, wir hätten 20 Minuten Fußmarsch durch den Regenwald vor uns, um an die Stelle zu gelangen, wo die Kaimane sind. Was? Nachts durch den Regenwald marschieren? So was das aber nicht geplant! Wir haben keine Taschenlampen mit, werden aber von Antoine ausgestattet. Na gut, 20 Minuten geht noch und so folgen Steffi und ich wiederwillig der Gruppe. Der Marsch wird zum wahren Albtraum. Wir laufen einen schmalen Pfad, umwachsen von dichtem Gebüsch entlang, immer wieder geht es rauf und runter und versinken knöcheltief im Matsch. Ich denke nicht mehr nach, in welche rießigen Spinne ich hier laufen könnte, sondern schaue nur noch, dass ich ohne mich in den Matsch zu legen vorwärts komme und die Gruppe nicht verliere. Nach einiger Zeit frage ich Antoine, den wir zwischendurch immer wieder aus den Augen verlieren, wie weit es denn noch sei. Immer wieder vertröstet er mich, wir wären gleich da. Mittlerweile hatschen wir sicher schon an die 45 Minuten. Wir erreichen wieder das Meeresufer und laufen am dünnen Sandstreifen entlang, rechts von uns reicht der Urwald direkt an den Strand entlang. Es scheint Flut zu sein und das Wasser kommt nahe an uns heran. Wir waten teilweise fast hüfthoch im Wasser. Antoine irgendwo vorne weg. Mir reicht's, ich habe das Gefühl, Antoine hat das hier selbst nicht mehr im Griff und weiß gar nicht, wo wir genau hinwollen. Ich verliere etwas die Nerven und will nicht mehr weitergehen. Das Wasser macht mir Angst und ich weiß nicht, was uns auf dem Weg noch so erwartet. Also bleiben Steffi und ich an einer Stelle, die uns sicher erscheint und machen mit Even aus, dass sie uns auf dem Rückweg wieder mitnehmen. Im Nachhinein und mit dem Wissen wie es ausging, glaube ich, dass es keine gute Idee war, sich von der Gruppe zu trennen. In dem Moment hatte ich einfach Panik, dass uns auf dem weiteren Weg noch was passiert.

Da stehen wir also, gegen Mitternacht, alleine im Dschungel. Zum Glück hatte ich noch eine Flasche Wasser mitgenommen. Ca. eine Stunde halten wir uns an dieser Stelle auf, bis wir ein rotes Licht auf uns zukommen sehen. "Mmh, keiner in unserer Gruppe hatte eine rote Taschenlampe!". Es ist ein Mann, der sagt, er wäre von der Schildkrötenstation, die 10 Minuten von hier weg wäre. Die anderen aus der Gruppe wären dort gelandet und wir sollen doch mit ihm mitkommen. Nach etwas Zögern stimmen wir zu. Besser als hier noch länger auszuharren. Wir laufen weiter am Ufer entlang durch das Wasser. Immer wieder weist uns der Mann (er heißt Andy und ist Engländer an), zu rennen, weil Baumstämme am Ufer liegen und wenn das Wasser dagegen klatscht entstehen große Wellen.
Tatsächlich erreichen wir die Schildkrötenstation, wo die beiden Pärchen bereits auf uns warten. Erst hier erfahren wir, dass Antoine den Pärchen was ganz anderes erzählt hat, nämlich nix von Kaimanen, sondern dass sie eine Schildkrötenbeobachtungstour machen. Die großen Lederschildkröten kommen im Juli und August an die Strände, um ihre Eier abzulegen. Außerdem erfahren wir, dass wir 20 Dollar Eintritt an die Schildkrötenstation zahlen müssen, da das hier ein Nationalpark ist und dass die Leute hier Antoine gar nicht kennen (er meinte, er komme hier alle 2 Wochen vorbei).
Wo Antoine im Moment ist, weiß auch keiner, er ist irgendwo mit Even Kaimane suchen gegangen.
Die Station mitten im Urwald, wo wir gelandet sind gehört zu einem Schildkroetenschutzprojekt, von denen es in Costa Rica und Panama viele gibt. In einer einfachen Huette, ohne Elektrizitaet lebt Andy und die Freiwillige Christine, beide von der englischen Kanalinsel Jersey und leiten das Projekt. Auch Jenny treffen wir dort, die fuer einige Tage im Projekt mithilft. Christine und Jenny brechen auf ihre nächtliche Strandpatrouille auf, bei der sie versuchen, die Schildkröteneiner vor menschlichen und tierischen Wilderern zu schützen teilweise an einen anderen Ort verlegen, wenn die Schildkröten sie zu nahe am Wasser gelegt haben. Schildkröteneiner gelten als potenzsteigernd und werden leider immer noch verbotenerweise auf Schwarzmärkten verkauft. Sie bieten uns an, da wir nun schon einmal hier sind, doch mitzukommen.

An einem Ort meint Jenny ein Nest entdeckt zu haben und faengt an zu graben, doch leider ist es leer. Wir ziehen weiter und ploetzlich entdecken die beiden Maedels mit ihren Rotlichtern (die koennen die Schildkroeten nicht sehen und fuehlen sich deshalb nicht von uns gestoert) eine Schildkroete bei der Eiablage. Wir naehern uns ihr und Christine legt sich sofort hinter die Schildkroete auf den Bauch und faengt an, die gelegten Eier in einen Plastiksack zu sammeln. Dann haelt sie ihre Hand unter die Oeffnung, aus der die Eier kommen und faengt jedes weitere Ei auf, um es ebenfalls in den Sack zu packen. Später wird sie die Eier an einem anderen Ort vergraben, an dem das Wasser nicht so nahe kommt und so die Brutbedingungen besser sind. Ich sitze im Sand neben der rießigen Schildkroete und beobachte wahnsinnig beeindruckt das Geschehen. Die Schildkroete hat eine Panzerlaenge von 1 Meter 40 und ist damit ein eher kleineres Exemplar dieser Art, deren Laenge bis zu 2 Meter 50 gehen kann. Ihr Kopf ist so groß wie mein eigener. Das glaubt man nur wenn man es mit eigenen Augen gesehen hat. Fotos duerfen wir leider nicht machen.
Man weiß nicht genau, wie alt diese Reptilien werden koennen aber sicher bis zu 80 Jahre.
Nach der Eiablage duerfen wir die Schildkroete beruehren. Die riesigen Beine mit der dicken, ledrigen, warmen Haut fuehlen sich einfach phantastisch an. Ihre Bewegungen sind extrem langsam. Mit den Hinterfüßen schiebt sie immer wieder Sand ueber die Mulde, in der vermeintlich die Eier liegen und drueckt ihn sanft fest und das immer und immer wieder. Sieht richtig süß aus!
Die Mamaschildkroete ueberlaesst damit die Eier ihrem Schicksal und kehrt wieder in das Meer zurueck. Nach ca. 55 Tagen schluepfen die Kleinen und versuchen den Weg ins Meer, trotz zahlreicher Fressfeinde, zu ueberleben. Nur wenige eines "Eierwurfes" schaffen dies.

Ich glaube dieses Erlebnis werde ich nicht so schnell vergessen.
Die Nacht verbringen Steffi und ich, sowie das niederländische Paar auf der Schildkroetenstation. Antoine, Even und das kanadische Pärchen machen sich spätnachts noch auf den Rückweg. Allerdings nicht bevor ich wütende Antoine noch die Meinung gesagt habe. Er hätte uns auf sowas vorbereiten müssen, bevor wir starten!!
Andy und die anderen nehmen uns so wahnsinnig nett auf. Wir sind total erschöpft und bekommen sogar jeder ein eigenes, frisch bezogenes Bett. Ich hab wirklich ein schlechtes Gewissen. Die bekommen alle Vorräte einmal die Woche mit dem Boot geliefert und sind eigentlich nicht auf Gäste eingestellt.
Eigentlich hatten wir mit Antoine ausgemacht, dass er uns am nächsten Morgen um 6 Uhr abholt, aber er erscheint nicht. Da Jenny sowieso zurück in die Zivilisation muss, wandert Andy mit uns 1.5 h durch den Urwald zurueck zu einem Bootsanleger, von dem aus wir ein Boot zum Hostel nehmen können.
Dort angekommen erscheint Antoine mit einem Polizisten und meint, sein Boot wäre heute morgen geklaut worden. Er hätte es aber bereits wieder gefunden und möchte jetzt von uns noch 5 Dollar haben. Eigentlich hatte ich fest vor, ihm für diesen Mist nix zu zahlen, aber nachdem er ja schon die Polizei mitbringt und ich endlich nix mehr von ihm wissen will, zahlen wir ihm das Geld.

© Katrin Koppold, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Reise dauert von Anfang Juni bis Ende August. Die ersten 6 Wochen geht es durch Costa Rica, Panama und Nicaragua, anschließend 3 Wochen Mexiko und schließlich noch 3 Wochen USA (von New York bis Montreal, Great Lakes, Chicago).
Details:
Aufbruch: 06.06.2010
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 27.08.2010
Reiseziele: Panama
Nicaragua
Mexiko
Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Katrin Koppold berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.