Kulturland TÜRKEI - 2010

Reisezeit: April - Juni 2010  |  von Uschi Agboka

Kizkalesi / Türkei

Dieser freundliche Herr bewunderte Rolfs Harley.

Dieser freundliche Herr bewunderte Rolfs Harley.

Ab Gazipasa beginnt das raue Kilikien - die wild zerklüftete Küste ist kaum besiedelt und war jahrelang nur vom Meer her erreichbar und Hort berühmter Piraten.

Ab Gazipasa beginnt das raue Kilikien - die wild zerklüftete Küste ist kaum besiedelt und war jahrelang nur vom Meer her erreichbar und Hort berühmter Piraten.

Schloss in Anamur - Marmure Kalesi

Schloss in Anamur - Marmure Kalesi

Bilderbuchburg Mamure Kalesi in Anamur - Im 14. Jh. fiel die Burg an die Seldschuken und Mitte des 15. Jh. gehörte die Festung den Osmanen.

Bilderbuchburg Mamure Kalesi in Anamur - Im 14. Jh. fiel die Burg an die Seldschuken und Mitte des 15. Jh. gehörte die Festung den Osmanen.

Montag, 10. Mai 2010 11. Tag Kizkalesi/Türkei

In der Nähe unseres Bungalows wurde eine türkische Hochzeit gefeiert, bis weit in die Nacht hinein mit lauter Musik. Deshalb musste ich erst einmal die anderen Geräusche der Nacht richtig einordnen, bevor ich schlafen konnte. Früh um 6.30 Uhr standen wir auf, schnell gewaschen und das Motorrad geladen. Rolf macht noch einige Fotos und wir fahren weg vom Strand, Richtung Stadt, wo wir in einer kleinen Bäckerei Tee und leckere Sesam-Kringel bestellen. Dann geht es auf einer sehr kurvigen Straße Richtung Anamur. Die Strecke ist landschaftlich sehr schön und es herrscht kaum Verkehr. Hin und wieder findet sich ein einsames Haus, doch meist sehen wir nur unberührte Natur. Wir treffen einen sehr alten und sehr freundlichen Herrn an einem Aussichtspunkt über dem Meer. Er bewundert Rolfs Motorrad und freut sich, dass wir ihn fotografieren. Es ist schon sehr warm. Gegen 10 Uhr erreichen wir Anamur, tanken (Sprit sehr teuer, 1,90/l) und dann besichtigen wir das Schloss in Anamur (=windiger Ort). Die Bilderbuchburg Mamure Kalesi befindet sich außerhalb der Stadt. Diese Burg ist ein Kindertraum. Mit Zinnen bewehrt und mit 36 Türmen versehen ist sie die größte und besterhaltene mittelalterliche Burg der türkischen Küste. Die weitläufige Anlage ist einfach gehalten, da sie immer nur strategischen Zwecken und nie als Herrscherpalast diente. Die Moschee nebst Bad und Brunnenhaus im mittleren Burghof ist neueren Datums und bildet einen schönen morgenländischen Kontrast zur Ritterromantik ringsum. Zur Landseite wird die Burg von einem Wassergraben geschützt, in dem sich viele Schildkröten tummeln. Die Geschichte der Burg reicht bis in die byzantinische Zeit zurück. Ihr heutiges Aussehen verdankt sie kleinarmenischen Fürsten, die sie zur Sicherung der Küste vor Piraten ausbauen ließen. Kreuzfahrern diente sie als Quartier und Nachschublager. Ab der 2. Hälfte des 15. Jahrh. gehörte die Festung den Osmanen, die sie zuletzt im 19. Jahrh. renovierten. Die Dame im Ticketschalter passt auf unsere Lederklamotten auf und zwei Polizisten draußen auf unser Motorrad. Die Menschen hier sind alle sehr freundlich und hilfsbereit. Nach Besichtigung der Burg machen wir Teepause in einem kleinen Lokal am Meer, mit Blick auf die Festung. Und dann geht die Fahrt weiter nach Silifke. Dies ist ein ruhiges Provinznest im Schatten einer mächtigen Zitadelle und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Südküste. Der Strand ist 15 km entfernt, darum gibt es hier kaum Touristen, was uns sehr freut. Uns ist in den letzten beiden Tagen aufgefallen, dass überall auf den Baustellen auch am Samstag/Sonntag gearbeitet wird. Überall in den Orten gibt es wunderschöne Grünflächen, leider oft durch Müll ver-schmutzt. Die Strecke nach Silifke ist landschaftlich sehr schön, doch die Straße ist eine Katastrophe, sehr viel Schotter, da die Straße verbreitert wird. Es staubt gewaltig. Einmal müssen wir halten, bis Felsen von der Straße geräumt werden. Einmal hält uns die Polizei an, denn die Straße wird mit Markierungen versehen. Uns macht das nichts. Wir haben ja Zeit, lernen einen netten jungen Türken kennen und trinken mal wieder Tee. Weiter geht die staubige Fahrt bis Kizkalesi, wo wir um 17 Uhr ankommen und in der Pension Nur, bei Peter und Nur, unterkommen. Dieses kleine Hotel ist eine alte modernisierte Villa direkt am Meer, mit Blick auf die "Mädchenburg", weiße Mauern im blauen Wasser. Das kleine Hotel ist wunderschön, liebevoll eingerichtet. Wir haben ein sehr großes Zimmer, mit Terrasse, großem Bad. Leider zieht man uns hier beim Preis über den Tisch. Am Telefon wird uns vom Besitzer der Preis von 50 Türklira = 25 Euro für 2 Personen/Zimmer mit Frühstück ge-nannt. So buchen wir gleich für 2 Tage. Als es ans Bezahlen geht, sagt die Besitzerin, es koste 50 Türklira pro Person, was 50 Euro pro Nacht bedeutet und für türkische Verhältnisse hier überteuert ist. Wir haben uns von den netten Besitzern einlullen lassen. In Zukunft werden wir vorsichtiger sein. Rolf sitzt erst einmal unten in dem schattigen schönen Garten und genießt ein Bier. Der Blick auf das Meer und die Burg ist fantastisch. Die 8-türmige Burg diente einst zum Schutz des Hafens. 2001 wurden auf der Insel mehr als12 Skelette entdeckt. Die Knochenreste lassen auf ein Verbrechen vor mehr als 45 Jahren schließen, was aber nach türkischem Recht verjährt ist. Die Legende über die Mädchenburg: Einem Sultan wurde geweissagt, dass seine Tochter an einem Schlangenbiss sterben würde. Aus Angst errichtete er die Wasserburg, wo seine Tochter fernab aller Schlangen aufwachsen sollte. Doch oh Unglück - eine in einem Früchte-Korb auf die Insel geschickte Natter erfüllte die Weissagung. Später, nach dem Duschen, sitzen wir in dem herrlichen Garten und essen: Es gibt türkischen Salat, Osmanische Pfanne, dazu Wasser, Bier und Wein. Leider sind auch die Preise für das Essen 50 % überteuert, so dass wir morgen auf keinen Fall hier essen werden. Andere Gäste des Hauses denken wohl ähnlich wie wir. Auch heute gehen wir früh schlafen. Wir sind beide richtig geschockt von den teuren Preisen hier.

Gefahrene Meilen 153 (246 km).

Dienstag, 11. Mai 2010 12. Tag Kizkalesi/Türkei

Da wir Mücken im Zimmer haben und auch die Musik bis 1 Uhr sehr laut spielte, war unsere Nachtruhe etwas gestört. Schon um 6 Uhr war es hell und wir munter. Um 7.30 Uhr gehen wir in den Garten und genießen den herrlichen Blick über den Strand zur Burg. Heute machen wir uns einen gemütlichen Tag. Das Frühstück ist sehr gut: Kaffee, frischer Orangensaft, div. Oliven, Gurken, Tomaten, Melone, Marmeladen, Feta, Käse, Schinken, Wurst, Eier und Brot. Erst um 9.30 Uhr fahren wir los. Zunächst geht es zum "Himmel und Hölle" - Cennet ve Cehennem, die seit der Antike bekannten Grotten. Erdmutter Gaia brachte hier das feuerspeiende, hundertköpfige Ungeheuer Typhon zur Welt, welches lange gegen Zeus kämpfte. Aber schließlich jagte der Götter-vater Zeus das Ungeheuer vor Italien ins Meer, packte eine Insel (Sizilien) darauf und beerdigte es lebend darunter. Der unsterbliche Atem des Typhon wurde zum Ätna. Zunächst schauen wir uns den Himmel an. 290 Stufen führen in den 200 m langen Kessel mit wunderschönem Baumbewuchs hinab. Stoffreste, die an die Bäume gebunden wurden, sollen Glück und Gesundheit bringen. Eine aus dem 12. Jahrh. stammende Kapelle markiert am hinteren Ende der Grotte den Eingang ins Innere der Erde. Nochmals 150 Stufen, dann hört man den unterirdischen Fluss rauschen. 100 m weiter liegt die 128 m tiefe Hölle, zu der ein steiler Pfad führt. In der Antike galt das ca. 50 m im Durchmesser runde Loch als der Eingang zum Hades. Der Abstieg in die Hölle ist unmöglich - die senkrecht abfallenden Felswände lassen höchstens einen Sprung zu ... Es sind noch Reste eines Zeustempels zu sehen, der später in eine Basilika umgebaut wurde. Ich bin von den Grotten, obwohl ich nicht hinunter gestiegen bin, fasziniert und sehr beeindruckt. Nun führt uns die Fahrt in das Dorf Uzuncaburc, welches auf 1.200 m Höhe liegt. Das ist angenehm. Es geht ein leichter Wind. Vor fünf imposanten Säulen, Resten eines Prunktores, parken wir. Eine Kolonnadenstraße führt zu den Überresten eines Tempels, der der Stadtgöttin Tyche geweiht war. Im Zentrum des antiken heiligen Ortes sehen wir die Überreste des Tempels des Zeus Olbios. Auch ein Theater, welches mehr als 3.000 Zuschauern Platz bot, ist sehenswert. Rolf ersteht bei einer alten Türkin einen schönen Schal für mich, den sie mir gleich kunstvoll umbindet und natürlich trinken wir Tee. Dann geht es ca. 90 km "Durch das wilde Kurdistan", nein, durch das Taurus-Gebirge, auf ca. 2.000 m Höhe. Die leichte Brise lässt uns die Hitze besser ertragen. Auf dieser traumhaften Fahrt durch wildromantische Landschaft begegnen wir nur 3 Autos und einem LKW. Einige kleine Dörfer kreuzen den Weg, ansonsten gibt es hier nur Natur pur. Mit nur noch 3 l Benzin im Tank erreichen wir Mut. Das ehemals antike Claudiopolis ist heute eine nüchterne Stadt. Eine ehemals byzantinische Festung erinnert an eine wechselvolle Vergangenheit. Die Lal-Aga-Moschee, eine Zentralkuppelmoschee mit einem markanten Minarett, lohnt ebenfalls den Besuch dieser Stadt. Später sitzen wir im Stadtpark unter einem riesigen Baum (300 Jahre alt), der Schatten und Kühlung spendet. Es ist 14.30 Uhr. Unsere Fahrt führt uns nun zum Barbarossa-Denkmal. Am 11. Mai des Jahres 1189 begann der Dritte Kreuzzug. 15.000 Kreuzfahrer starteten in Regensburg gen Jerusalem, um dieses den Muselmanen zu entreißen. An der Spitze dieses Heeres stand der Stauferkaiser Friedrich I, wegen seines rötlichen Bartes "Barbarossa" genannt. Der Weg führte durch Ungarn und das serbische Zarenreich an den Bosporus. Als die Kreuzfahrer Konya erreichten, kam es zu einer blutigen Schlacht, bei der die Kreuzfahrer siegten und angeblich alle Einwohner Konyas enthaupten ließen. Von Konya aus zog das Dritte Kreuzfahrerheer durch den Taurus weiter gen Süden. Am 10. Juni 1190 fand er jedoch mit dem Tod Barbarossas ein Ende. Der Kaiser ertrank im Fluss Göksu, 9 km nördlich von Silifke. Ein von der Deutschen Botschaft gestifteter schlichter Gedenkstein erinnert an der D 715 an diesen Vorfall. Nach dem Tod des Kaiser kehrten die meisten Kreuzfahrer entmutigt die Heimreise an. Ein kleiner Trupp von rd. 1.500 Mann kämpfte sich weiter gen Palästina voran, mit den Gebeinen des Kaisers im Gepäck. Man wollte ihn im Heiligen Land bestatten. Infolge von Krankheiten schrumpfte das kleine Heer immer mehr zusammen und löste sich schließlich ganz auf. Der Verbleib der sterblichen Überreste des Kaisers ist bis heute ungeklärt. Das große 14.500 h große Göksu-Delta ist zum großen Teil seit 1990 ein Nationalpark. Hier leben mehr als 331 Vogelarten und es ist Heimat von mehr als 441 verschiedenen Pflanzen. Es ist ein richtiges Paradies. Wir verlassen die schöne Gegend und kehren nach Kizkalesi zurück. Dort angekommen, suchen wir uns ein kleines Lokal, wo nur Türken speisen und haben ein hervorragendes Essen, frisch zubereitet, mit herrlichem Salat, gegrilltem Lamm- und Huhn, Reis, Gemüse, dazu Wasser. Kosten: 7,50 Euro! So gestärkt kehren wir ins Hotel zurück und zwar auf "türkische" Fahrweise, nämlich in entgegengesetzter Fahrtrichtung! Nach dem Duschen sitzen wir bei einem Glas Bier bzw. Wein noch in dem schönen Garten.

Gefahrene Meilen: 149 (240 km).

Polizisten, die hier in der Nähe Picknick machen, passen auf das Motorrad auf, während wir die Burg besichtigen.

Polizisten, die hier in der Nähe Picknick machen, passen auf das Motorrad auf, während wir die Burg besichtigen.

Die herrliche Küste Richtung Silifke.

Die herrliche Küste Richtung Silifke.

Die schmale Straße nach Silifke - eine der vielen Baustellen in der Türkei.

Die schmale Straße nach Silifke - eine der vielen Baustellen in der Türkei.

Bei den div. Stopps auf dem Weg nach Silifke trafen wir diesen netten Türken, mit dem wir uns sehr angeregt unterhalten konnten.

Bei den div. Stopps auf dem Weg nach Silifke trafen wir diesen netten Türken, mit dem wir uns sehr angeregt unterhalten konnten.

Blick von der Küstenstraße nach Silifke - eine sehr schöne, wenn auch durch die Baustellen staubige, Strecke.

Blick von der Küstenstraße nach Silifke - eine sehr schöne, wenn auch durch die Baustellen staubige, Strecke.

"Mädchenburg" in Kizkalesi

"Mädchenburg" in Kizkalesi

Im Garten der Villa Nur in Kizkalesi - direkt am Strand und mit Blick auf die Mädchenburg. Wir haben hier übernachtet.

Im Garten der Villa Nur in Kizkalesi - direkt am Strand und mit Blick auf die Mädchenburg. Wir haben hier übernachtet.

© Uschi Agboka, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit dem Motorrad von Niederbayern über Österreich, Italien, Griechenland in die Türkei und zurück über Griechenland, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Kroatien, Österreich
Details:
Aufbruch: 30.04.2010
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 01.06.2010
Reiseziele: Italien
Griechenland
Türkei
Serbien
Montenegro
Kroatien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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