Kulturland TÜRKEI - 2010

Reisezeit: April - Juni 2010  |  von Uschi Agboka

Cirali / Türkei

Xanthos war eine der mächtigen Städte im lykischen Städtebund.
Die Lykier schufen die erste "Republik" der Welt.

Xanthos war eine der mächtigen Städte im lykischen Städtebund.
Die Lykier schufen die erste "Republik" der Welt.

Xanthos:
Das viereckige Harpyienmonument besteht aus einem 5,4 m hohem Monolithpfeiler.

Xanthos:
Das viereckige Harpyienmonument besteht aus einem 5,4 m hohem Monolithpfeiler.

Eine der vielen Landschildkröten, die überall herumwandern.

Eine der vielen Landschildkröten, die überall herumwandern.

Samstag, 8. Mai 2010 9. Tag Cirali/Türkei

Obwohl wir gestern bis Mitternacht getagt haben, stehen wir um 7 Uhr auf. Das Wetter ist nicht ganz so schön, der Himmel ist bedeckt. Lt. dem Hotelfaktotum soll es ab Mittag regnen. Wir wollen Richtung Kas fahren und dann schauen, wie es wird. Unser türkisches Frühstück war wieder hervorragend. Um 9 Uhr kommen Margit und Ricci, um uns zu verabschieden. Es war schön, dass wir die beiden kennengelernt haben. Hayrettin hat sich auch wieder per Handy gemeldet. Fast täglich ruft er an, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist oder wir Hilfe brauchen. In ihm haben wir wirklich einen ungewöhnlichen Menschen kennengelernt. Das Wetter wird schön, 22 Grad, und die Fahrt durch die Berge ist toll. Das schneebedeckte Taurusgebirge ist herrlich anzuschauen. So kommen wir nach Xanthos (Weltkulturerbe), der ältesten Stadt der Lykier. Xanthos war eine der mächtigsten Städte im lykischen Städtebund. Dieser bestand aus ca. 20 Städten und wurde von einer Volksvertretung und einer Art Präsidenten regiert. Die Lykier schufen damit die erste "Republik" der Welt. Wir sind fast allein in der antiken Stätte. Vom Theater sind die Sitzreihen noch gut erhalten. Dahinter erheben sich das Harpyienmonument und ein Pfeilersarkophag. Das viereckige Harpyienmonument besteht aus einem 5,4 m hohen Monolithpfeiler, der oben, unter einem Flachdach, mit den Reliefs sitzender Personen geschmückt ist, die Furchtbarkeitssymbole entgegennehmen. Dazu sieht man Harpyien - Sagengestalten, halb Vogel, halb Frau. Diese Reliefs - es sind Kopien, die Originale befinden sich in London - gelten als eine Besonderheit der lykischen Bildhauerkunst. Warum man die Toten in solch luftiger Höhe beisetzte, ist bis heute ein Rätsel. Der Pfeilersarkophag daneben ist ein Doppelgrab. Sir Charles Fellows beraubte Xanthos Mitte des 19. Jahrh. um eines der bedeutendsten Grabbauten der Südwesttürkei: Das Nereidenmonument steht heute im Britischen Museum in London. Lediglich der Unterbau blieb in Xanthos zurück. Wir sind fast allein da, um die antike Stätte zu besichtigen. Leider ist die umliegende Landschaft verschandelt durch riesige Treibhäuser. Die Straße führt uns weiter den Berg hinauf. Oben gibt es ein kleines überdachtes Büdchen. Von hier hat man einen herrlichen Blick auf das Meer. Leider fangen sie auch hier schon an, wie verrückt zu bauen. Wir genießen die schöne Aussicht mit einer obligatorischen Tasse Tee. Es ist 12 Uhr und die Sonne lacht vom Himmel. Unsere Fahrt geht nun an der Küste entlang bis Kas: Rechts das türkisfarbene Meer und links die zerklüfteten Berge. Fantastisch! Einst war Kas ein malerisches Fischerdorf. Heute ist es eine Stadt mit 11.000 Einwohnern, ganz auf Touristen eingestellt. Zwar gilt offiziell die Devise, die Bucht dürfe nicht zubetoniert werden, damit ihr ökologische Gleichgewicht gewahrt bleibe, doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Es gibt mittlerweile mehr als 100 Hotels und mehr als 85 Pensionen. Uns gefällt das nicht. So fahren wir weiter und erreichen gegen 14 Uhr Myra. Das antike Myra, im 5. Jahrh. v. Chr. gegründet, war auch eine führende Stadt des Lykischen Bundes. Wir schauen uns die faszinierenden Felsengräber, die sog. Seenekropole aus dem 4. Jahrh. v. Chr. an. Inmitten einer sehr steilen, senkrecht abfallenden Felswand befinden sich einfache Grabhöhlen, Grabzellen, Grabhäuser und richtige Grabtempel, mit aufwendigen Fassaden und Scheintüren. Die schönsten Grabtempel sind mit farbigen Reliefs geschmückt - Krieger, die sich zum Kampf rüsten, aber auch Motive aus dem Leben zeitgenössischer Berühmtheiten. Leider sind die Felsgräber für Besucher nicht mehr zugänglich. Das teilweise in Felsen gehauene riesige Theater, dessen Ränge über ein mächtiges Tonnengewölbe zu errei-hen sind, zeugt von der Wohlhabenheit Myras während der römischen Kaiserzeit. Wir stellen fest, dass hier überall neben Türkisch russische Beschilderungen zu sehen sind, denn viele Russen besuchen diese Stätte: Nikolaus von Myra wirkte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als griechischer Bischof von Myra in (Lykien) in Kleinasien, damals Teil des Römischen, später des Byzantinischen Reichs. Nikolaus von Myra ist aufgrund zahlreicher Mythen und Legenden u. a. der Schutzpatron Russlands, Kroatiens, Serbiens sowie der Kaufleute, der Seefahrer, der Schüler und Kinder. Der Name bedeutet "Sieg(reich)er des Volkes". Als Sohn reicher Eltern soll er sein ererbtes Vermögen unter den Armen verteilt haben. Vor der Eroberung Myras durch seld-schukische Truppen 1087 raubten süditalienische Kaufleute die Gebeine aus der Grabstätte des Heiligen und überführten die Reliquien ins sichere Bari. Dort wird sein Fest am Tag der Ankunft ihrer Schiffe, dem 9. Mai, gefeiert. Die Gebeine werden in der Basilika von San Nicola aufgebahrt. Von Bari fordert die türkische Nikolaus-Stiftung die Reliquien des Heiligen der Christenheit bis heute vergeblich zurück. Wir besichtigen die Felsgräber, man kommt noch recht nah heran, und die Überreste des großen Theaters. Es ist sehr warm geworden. Gott sei Dank geht ein leichter Wind. In den vielen Verkaufsbuden gibt es viel Kitschiges, aber auch schöne Ikonen und andere religiöse Gegenstände. Ich erstehe eine kleine Schildkröte für Zuhause. Bei den antiken Stätten und auch auf den Straßen sehen wir sehr häufig große Schildkröten herumwandern. Nach einer erfrischenden Teepause fahren wir auf einer fantastischen Straße an der lykischen Küste entlang. Wir suchen Cirali, den Ort, wo wir übernachten wollen. Aber diesen Ort zu finden, ist gar nicht leicht. Zunächst fahren wir eine schlechte Straße bis Adrasan, dann nach Olympos. Hier gefällt es uns nicht, zu dunkel, zu teuer, zu überlaufen. Doch endlich um 18.20 Uhr kommen wir nach Cirali, zur Pension Sima Peace, die im Reiseführer ("Türkei" - Bussmann - Tröger, Michael Müller Verlag - unbedingt empfehlenswert!) als Tipp genannt wird. Ein sprechender Papagei, ein Golden Retriever und zahlreiche Katzen sind das Begrüßungskomitee. Die nette Inhaberin Ayur begrüßt uns auch sehr freundlich. Leider hat sie nichts mehr frei, doch sie besorgt uns ein Zimmer beim Nachbarn, allerdings ohne Frühstück. Das bekommen wir bei ihr, kostenlos!? Auch Dinner werden wir heute Abend bei ihr haben. Die Pension Sima Peace wirkt sehr heimelig und gemütlich. Es gibt einen schönen Garten mit Tischen, wo gemeinsam gegessen wird. Das Motorrad und die Lederklamotten können wir da lassen, so hat Rolf nicht so viel zu schleppen. Es ist sehr schwül, obwohl wir uns am Meer befinden. Wir beziehen unser Zimmer in der Nachbarpension, duschen und kommen dann zum Abendessen zurück zur Sima Peace Pension. Es gibt ein reichhaltiges warmes und kaltes Büffet. Die Gäste der Pension, überwiegend Deutsche aus dem Schwabenland, sind nicht sehr kontaktfreudig, um nicht zu sagen, sie sind unfreundlich. An diesem Abend sind auch die Autoren des Türkei-Reiseführers hier zu Gast. Am Tisch sitzen wir Gott sei Dank mit einem jungen Paar aus Radolfzell zusammen, die sich auch unwohl fühlen. Wir haben viel zu reden und zu erzählen beim Essen. Es gibt Suppe, Blätterteig gefüllt mit Spinat, verschiedene Salate, Hackbällchen und zum Nachtisch frisches Obst. Wein, Wasser, Bier - nach Wahl. Gegen 21.30 Uhr gehen wir schlafen.

Gefahrene Meilen: 217 (349 km).

Weiterfahrt an der Steilküste Richtung Kas. Hier ist die Gegend noch nicht verschandelt durch haessliche Hotelhochburgen.

Weiterfahrt an der Steilküste Richtung Kas. Hier ist die Gegend noch nicht verschandelt durch haessliche Hotelhochburgen.

Myra, im 5. Jh. v. Chr. gegründet, war eine führende Stadt im Lykischen Bund. Hier finden sich auch viele Felsgräber.

Myra, im 5. Jh. v. Chr. gegründet, war eine führende Stadt im Lykischen Bund. Hier finden sich auch viele Felsgräber.

Myra: Auf dem Weg zum Theater. Eine nette Russin machte dieses Foto von uns.

Myra: Auf dem Weg zum Theater. Eine nette Russin machte dieses Foto von uns.

In Myra lebte der Hl. Nikolaus als Bischof. Der Ort wird daher von vielen Russen besucht.

In Myra lebte der Hl. Nikolaus als Bischof. Der Ort wird daher von vielen Russen besucht.

Im Olympos-Nationalpark, auf dem Weg nach Cirali.

Im Olympos-Nationalpark, auf dem Weg nach Cirali.

Ayur, die Besitzerin der Pension Sima Peace in Cirali. Sie wollte unbedingt mal auf Rolfs Motorrad sitzen.

Ayur, die Besitzerin der Pension Sima Peace in Cirali. Sie wollte unbedingt mal auf Rolfs Motorrad sitzen.

Chimaira ist ein Kultort des nahegelegenen antiken Olympos, in der Nähe von Cirali. Viele erdgasgespeiste Flammen züngeln durch kleine Spalten aus dem Felsen. Hier war das Ungeheuer Chimäre Zuhaus.

Chimaira ist ein Kultort des nahegelegenen antiken Olympos, in der Nähe von Cirali. Viele erdgasgespeiste Flammen züngeln durch kleine Spalten aus dem Felsen. Hier war das Ungeheuer Chimäre Zuhaus.

© Uschi Agboka, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit dem Motorrad von Niederbayern über Österreich, Italien, Griechenland in die Türkei und zurück über Griechenland, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Kroatien, Österreich
Details:
Aufbruch: 30.04.2010
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 01.06.2010
Reiseziele: Italien
Griechenland
Türkei
Serbien
Montenegro
Kroatien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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