Mit dem Motorrad über den nahen Osten in den hohen Norden

Reisezeit: Juni / Juli 2012  |  von Dirk Wöhrmann

Rot - Gelb - Grün - und Vollgas

Die Nacht war kurz, erst gegen 01.30 gingen die Lichter aus und irgendwie war ich auch früh wieder wach....Reisefieber?
Alle Sachen waren nämlich verpackt, ein paar Kleinigkeiten müssen noch erledigt werden und dann kann es eigentlich losgehen.
Der Blick zum Himmel und der Wetterbericht verheissen jedoch nichts Gutes.
Hmm, egal, der Wetterbericht für die nächsten Tage sieht nämlich auch nicht besser aus. Als Reiseziel für heute habe ich mir Prag ausgesucht, aber wie komme ich dort hin?
Um eine Route auszuarbeiten blieb mir keine Zeit, also einfach ins Navi Prag eingeben und kürzeste Strecke.
Übrigens ist die Option "kürzeste Strecke" der sicherste Weg, um straßentechnisch immer mal wieder ein paar kleine "Abenteuer" zu erleben. Aber dazu später mehr...
10.30...es geht los...

Na also, passt doch...

Na also, passt doch...

Und wie beginnt man so eine Reise?
Natürlich mit einem letzten Frühstück und meinem heiß geliebten Latte Machiatto im Cafe Glück!
Liebe Leser, die das Cafe Glück nicht kennen, solltet Ihr mal auf dem Weg in den Süden sein und am ehemaligen Grenzübergang Kiefersfelden im Inntal vorbeifahren, setzt den Blinker bei der Ausfahrt Kiefersfelden, fragt nach dem Cafe Glück und geniesst einen Latte Machiatto und einen lecker Kuchen, bevor es weitergeht. Es lohnt sich .

Sie werden mich vermissen...zumindest haben sie es gesagt ...

Sie werden mich vermissen...zumindest haben sie es gesagt ...

So richtig loisgehen kann es jedoch immer noch nicht, ich muss nämlich noch die grüne Versicherungskarte in Rosenheim abholen.
Zum Cafe Glück bin ich ja noch mutig ohne Regenklamotten gefahren, aber auf dem Weg nach Rosenheim fängt es an zu tröpfeln...hmm, bis zur Innenstadt werde ich ja wohl noch kommen, ausserdem bin ich eh in Eile, denn der Laden macht um 12.00 Uhr und das wird mal wieder knapp...
Um 11.55 stürme ich maskiert mit Helm den Laden und verlange die Herausgabe dieser grünen Karte, deren Zweck ich eigentlich gar nicht kenne...aber sie wird schon einen haben..
Jetzt geht es endlich richtig los, aber vorher wird der Taucheranzug angezogen..

Wehe, es regnet jetzt nicht...

Wehe, es regnet jetzt nicht...

Wer von Euch schon mal einen Klettersteig gegangen ist, kennt die Situation. Das erste Stück ist meistens besonders schwierig, um die Spreu vom Weizen zu trennen, wer am Einstieg schon scheitert, braucht gar nicht mehr weiterzugehen...
Genauso kommt es mir hier auch vor. Es regnet nicht, es schüttet...Autos schleichen mit 20 km/h über die Straßen und ich kann schon mal Wasserdurchfahrten üben...Wenn der Regenkombi das übersteht, wird er auch den Rest überstehen...
Nach 200 km hört der Regen langsam auf..fürs Erste..
Jetzt geht es langsam Richtung tschechische Grenze, keine Ahnung warum, aber irgendwie habe ich ein flaues Gefühl im Magen. Wahrscheinlich sitzen die Vorurteile bezüglich Osteuropa doch tiefer als ich dachte...
Die eigentliche Grenze gibt es schon gar nicht mehr, nur ein Schild macht mich darauf aufmerksam, dass ich jetzt in Tschechien bin.
Und so eine Art Markt direkt hinter der Grenze, wo man billig Zigaretten und Klamotten kaufen kann...

Hugo, Calvin, Gucci...komisch, hier ist alles viel günstiger als bei uns

Hugo, Calvin, Gucci...komisch, hier ist alles viel günstiger als bei uns

Doch wo sind die freundlich winkenden, gutausehenden Mädels am Strassenrand, die einen hinter der Grenze angeblich begrüßen?
Es fängt wieder an zu schütten....
Und plötzlich stehen sie da, in Hot Pants mit Regenschirm...nur winken sie mir nicht zu? Warum nur? Ahh, ich verstehe, hier muss man sein Hotel selber mitbringen ind Form eines PKW. Zumindest wenn es regnet. Vielleicht sollte ich doch mal anhalten und schauen, wie sie reagieren..
Kürzeste Strecke im Navi bedeutet nicht unbedingt Autobahn und so navigiert mich mein Garmin durch recht "verkehrsarme" Gegenden mit wenig Zivilisation. Eigentlich sieht es in Tschechien so aus wie in Franken oder Niederbayern oder der Pfalz...
Dann schickt mich das Navi in eine Strasse, die doch recht verfallen und wenig benutzt aussieht. Hmmm, vielleicht doch besser auf der Hauptsrasse bleiben? Egal, umdrehen kann ich immer ja immer noch...Denkste, die Strasse wird schmaler und jetzt heisst es durchfahren, drehen nicht möglich. Dass ich schon an meinem ersten Tag Offroaderfahrungen machen werde, hätte ich jetzt nicht gedacht. Mit etwas mehr als Schritttempo gilt es um die Schlaglöcher zu navigieren, deren Tiefe sich aufgrund des darin stehenden Wassers nicht abschätzen lässt. Als ich nach 10 Minuten wieder auf die Hauptsrasse komme, kann ich den verwunderten Blick eines entgegenkommenden Autofahrers sehen, aus der Strasse kam wohl sehr lange niemand mehr...
Der Rest nach Prag ist Autobahn, eigentlich nicht schlecht, es hat nämlich wieder angefangen zu regnen.
Am Vorabend hatte ich mir bereits ein Hotel gebucht und das Navi führt mich souverän zu diesem Hotel in einem Vorort von Prag.
Was hat man früher nur ohne Navi gemacht, das Hotel hätte ich ohne diese segensreiche Erfindung niemals gefunden.
Dummerweise habe ich noch keine tschechische Kronen und im Hotel kann man nichts tauschen...nur in der Innenstadt. Somit bekomme ich auch nichts mehr zu essen, da es schon zu spät ist, in die Innenstadt zu fahren. Wie glücklich man dann doch über einen Joghurt ist, denn man noch zu Hause ins Gepäck gequetscht hat...
Die Regenklamotten haben übrigens leider doch nicht richtig dicht gehalten, jetzt sehe ich auch, dass meine Regenschuhe schon an der Naht aufgehen, na ja, werde ich halt noch ne Plastiktüte im Regenschuh tragen.
So, morgen steht dann die Stadtbesichtigung von Prag an...
Gute Nacht, Deutschland.

© Dirk Wöhrmann, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit dem Motorrad ans Nordkap über Tschechien, Polen, Russland, Litauen, Lettland, Estland, Russland, Finnland, Norwegen, Lofoten, Schweden, Dänemark
Details:
Aufbruch: 12.06.2012
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 28.07.2012
Reiseziele: Deutschland
Tschechische Republik
Polen
Litauen
Lettland
Estland
Finnland
Norwegen
Der Autor
 
Dirk Wöhrmann berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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