Reise ans Ende der Welt: Neuguinea,von Walhaien und Steinzeitmenschen...
27.07.2016: Jayapura,Krankenhaus
Leider hat sich mein Bein nicht gebessert—im Gegenteil: eine flammende Rötung breitet sich immer mehr aus, das Fieber ist gestiegen und eine merkwürdige Blaufärbung zieht sich vom Knie Richtung Schienbein...Thalia wird panisch—sie tut mir mehr leid als die Schmerzen sind.
Sie würde am liebsten nach Jakarta fliegen, aber ich habe Angst vor dem langen Weg: fast 2 Stunden von hier- Jayapura-bis zum Airport , evtl wieder Verspätungen,dann noch über 4 Stunden Flug und dann dort auch wieder das Krankenhaus suchen.
Dann gehe ich lieber hier noch mal ins Krankenhaus und frage—wenn die sagen, das ist gut so, dann bin ich beruhigt.
Also, mit 2 Ojeks (Mopeds) los—das geht am schnellsten...
Dort sind heute andere Leute als gestern. Man holt einen jungen Mann, der Englisch spricht.
Sehr umständlich erklären wir wieder die ganze Situation und er fragt, ob er eine Fachärztin holen soll. Natürlich—Jetzt soll es auch eine Infusion mit Antibiotika sein—und ob ich damit einverstanden bin hierzubleiben
Jetzt kommen ungefähr 10 Ärzte und Schwestern und begutachten die Sache.
Man schreibt alles auf einen Zettel und Thalia muß dann los und die Infusionen und Antibiotika und Spritzen aus einer Apotheke holen.
Inzwischen kommt sogar eine Schwester vorbei, die deutsch spricht und die nette von gestern auch.
Alle wundern sich über diese merkwürdige Infektion--merkwürdig auch, weil die Mückenstiche drumherum vereitert sind..
Eine Ärztin, die vom Rang wohl etwas höher ist, schaut sic mein Knie auch an und meint noch dass es besser wäre, es aufzuschneiden und die Wunde gründlich zu säubern. Entweder mit NArkose oder mit örtlicher Betäubung, was aber mit Schmerzen verbunden sein kann. Trotzdem entscheide ich mich für das Letztere.
Nun liege ich hier in der Notaufnahme –ich denke das ist das hier--seit 5 Stunden am Tropf. Ein Junge liegt mir gegenüber und seine Eltern sind ständig dabei.Es kamen auch schon eine Vielzahl an Besuchern.
Neben mir ist ein älterer Mann, dessen Unterarm gebrochen ist. Er bekam schon reichlich Besuch und jedesmal werden die Röntgenbilder rausgeholt und begutachtet.
Seine Frau ist die ganze Zeit dabei und hat es sich mit einer Matte neben ihm häuslich eingerichtet. Sie bekamen in der Zeit in der ich hier bin schon allein mindestens noch 10 Besucher.
In der Ecke liegt ein Mann der laut stöhnt, er wird wohl von seinem Sohn betreut. Dann kam gerade noch ein junger Mann, der wohl auch ein gebrochenes Bein hat und noch ein älterer liegt an meiner anderen Seite, er hat auch ständig 2 Begleiter dabei.
ALso, es geht hier los wie in einer Bahnhofshalle. Und dann kommen ja auch immer wieder Leute die neugierig sind, weil es sich herumgesprochen hat, dass hier nun eine "Weiße" liegt.
Immer wieder hört man das Wort "Jerman"....tuscheln...
So liegt man da stundenlang auf der Plastikmatte am Tropf. Eine Nahaufnahme von meiner Wunde erpare ich euch...Dahinter der alte Mann mit dem gebrochenen Arm..
Um jedes Bett stehen also ständig etwa 4-5 Leute-d.h. hier sind immer 20 Leute am rumwuseln.Alle haben Decken, Kissen und Verpflegung mitgebracht.
Ohne die Schwestern und die Leute die hier durchgehen.
Aber die Hilfsbereitschaft uns gegenüber ist groß, als Thalia einkaufen will wird sie spontan von einem jungen Mann auf dem Moped gefahren. Er bezahlt den Einkauf sogar und sie hat keine Chance ihm das Geld wiederzugeben.
Ich höre Kameras klicken und hoher Besuch rückt an. Mit einem großen Menschengefolge. Ihm wird das Krankenhaus gezeigt und erklärt. Natürlich verstehe ich nix.Der wichtige Mensch wirft ab und zu ein paar Sätze ein und die Gruppe lacht höflich.
Dann wird er natürlich auch zu den Patienten geführt. Bei mir bleibt er etwas länger stehen und man schildert ihm meinen Fall ausführlicher.
Ich verstehe nur “Cellulites” “Jerman Tourist” und per Handzeichen erklärt er dass die Wunde morgen aufgeschnitten wird. Dann wird mir der Herr als “Gouverneur von Papua” vorgestellt. Ich lächle und sage “nice to meet you” und er: “nice to meet you too” und dann tätschelt der Gouverneur noch mein Bein. Ach—Foto gab es von mir auch noch. Vielleicht stehe ich jetzt hier in der Zeitung…
*
Es gab Abendessen: Eine Styroporbox mit einem absolut geschmacksneutralen Reis und einer kleinen Plastiktüte mit einer Suppe darin. Ich hatte noch nie Suppe in einer kleinen Plastiktüte...eine nette Mutti lachte und gab mir einen Löffel von sich. Denn auch sie ist ja hier mit großem Gepäck angereist.
Bin gespannt ob die ganzen Leute auch über Nacht hierbleiben...
Jedoch--zum Schlafen werde ich woanders hingefahren, in den Frauenschlafsaal.
Hier stehen 18 Betten, in denen nur Frauen und Kinder liegen –liegen sollten…denn die Wahrheit sieht natürlich anders aus. Wieder gehören zu jedem Patienten 1-3 Angehörige, die ständig hier sind um den Patienten zu betreuen. Also schlafen in jedem Bett fast immer 2 Personen und oft noch einer auf einer Matte am Boden, demzufolge sind auch hier Tag und Nacht Männer anwesend. Denn natürlich betreuen hier die Ehemänner ihre Ehefrauen.
Besonders heftig ist der Fall mir gegenüber, ein kleiner Junge von etwa 10 Jahren, ist nur ein Skelett und so schwach, dass er sich kaum bewegen kann--geschweige denn gehen.Seine Mutter versorgt ihn rund um die Uhr. Füttert ihm dünne Breichen, gibt ihm Getränke mit dem Strohhalm und wenn er Wasser lassen muß, geht das in eine normale große Wasserflasche.
Dann ist da eine ziemlich schwergewichtige Mutter, die von ihren (wahrscheinlich) beiden Töchtern versogt wird.
Es halten sich also permanent etwa 40 Leute im Raum auf. Die eigentlichen Patienten erkennt man daran, dass sie eine Infusion am Arm haben—die haben ausnahmslos ALLE..
Es gibt Unmengen von Krankenschwestern hier, die meisten mit dem traditionellen Kopftüchern—nein—eigentlich alle—auch ein paar Krankenpfleger—und viele Ärzte, die man aber seltener sieht.(wie bei uns)
Zu allem Überfluss wuseln hier auch noch ständig 2 Katzen herum, die unter den Betten schlafen und sich ab und zu balgen.
Warum setzt die keiner nach draußen??
Auch leichte medizinische Dienste, wie Kompressen, muss man selber anlegen. Eine Schwester zeigt mir, wie sie das macht, mit sterilen Gazetüchern und Kochsalzlösung auf mein Bein und dann darf ich das weiter machen.
Es ist aber relativ ruhig hier—man könnte also gut schlafen, leider hindert mich mein Bein eine bequeme Stellung einzunehmen.
Aufbruch: | 06.07.2016 |
Dauer: | 5 Wochen |
Heimkehr: | 09.08.2016 |