Zum Naadam Festival in die Mongolei
Russland: Teil 3 – von 28.07. bis 10.08.2019 2500 km
Ziel: Quer durch den Ural und weiter Richtung Westen.
Von Yekaterinburg in den europäischen Teil Sibiriens, über Kungur und Perm nach Kirov, zu Väterchen Frost nach Veliky Ustyug, über Totma und Vologda bis Kirillov.
Wetter: teils sonnig, teils bedeckt, fast täglichen Regen, < 20º, nachts kühl <15º.
Mitten in Yekaterinburg finden wir einen Parkplatz in der 8 Marta ul. direkt vor der neu aufgebauten Bolshoi Zlatust Kirche,
praktisch nebenan in Nr. 21, 8 Marta die Tourist Info, wo wir von einer exzellent Deutsch und Englisch sprechenden Dame einen Stadtplan mit dem vorgeschlagenen, ca. 6km langen Rundgang durch die Stadt und dazu gleich noch ausführliche Erklärungen und Hinweise erhalten. Eigentlich bräuchte man hier nur einer auf dem Gehweg aufgemalten dicken roten Linie folgen, aber mit Plan und Zusatzinfo macht uns das Ganze noch viel mehr Spass. Wir beginnen, abweichend vom Plan, einem der Tipps folgend in der Fußgänger-Einkaufs-Zone,
der ‚Guten Stube‘ der Stadt und erreichen so am Lenin bewachten Platz vor dem Rathaus,
den rotmarkierten Pfad. Vorbei am Konservatorium und über den Damm am City Pond =‚Stadtteich‘
der mit seinen Dimensionen eher an die Binnenalster erinnert, zum Denkmal für die Stadtgründer Vassily Tatishchev und Georg Wilhelm de Gennin.
Vorbei am Sevastyanov’s Haus,
repräsentativ für die vielen herrlichen Paläste hier in der Stadt zur ‚Blutkirche‘
mit vollem Namen Church-on-the-Blood in the name of All Saints Shone Forth in the Land of Russia,
an dem Ort erbaut, an dem die Romanows am 16.7.1918 im Keller eines Hauses ermordet wurden.
Unser weiterer Weg führt uns vorbei am Opern und Ballett Theater,
das derzeit renoviert wird und dem Vysotsky Tower
mit seiner Aussichtsplattform in 186m Höhe (E=RUB 300) mit Blick auf ‚eines der schönsten Stadtpanoramen Russlands‘‚ deren Besuch bei diesem nebligen Wetter heute für uns aber wenig Sinn macht. Wir kehren vorbei am Beatles Denkmal
zum Auto zurück und fahren die 16km raus nach Ganina Yama, einem ehemaligen Minengebiet in dem die Leichen der Romanows damals ‚deponiert‘ wurden. Mittlerweile hat die orthodoxe Kirche hier zu Ehren der Romanows das Monastery of Holy Martyrs gegründet,
bestehend aus 7 Kirchen für die 7 Toten,
wobei unsere Besichtigung hier von einem der offensichtlich mittlerweile täglich hereinbrechenden Unwetter unterbrochen wurde.
Pause, Unterstehen, Abwarten. Wir fahren weiter zur Grenze zwischen Europa und Asien, ca. 17km vor der Stadt, ein kümmerlich wirkender Miko-Eifelturm vor ein paar Jahren von der Stadt Yekaterinburg als Touristenattraktion errichtet.
Da wirkt dieser Marker, ca. 40km von der Stadt entfernt, 1837 anlässlich des Besuchs von Zar Alexander II erbaut doch schon viel prächtiger
und wenn man dann noch bedenkt, dass der Zar hier einen neuen ‚Freizeitsport‘ kreiert haben soll mit: Trinke ein Glas in Europa, das nächste in Asien, … dann ist dies doch ein wahres Denkmal. Weiter geht die Fahrt durch Europa Richtung Westen, bis wir etwa 150km vor Kungur auf dem Gelände der Autobahn-Rettungssanitäter übernachten dürfen, denn Einladungen wie „Ja gerne, parkt da drüben und die Toilette ist da hinten“ kann man doch nicht ablehnen.
In Kungur unterbricht der erste Regenguss des Tages bereits unsere Besichtigung Tikhvinskaya Kirche,
so dass wir uns die Transfiguration Kirche nur noch von aussen ansehen,
bevor wir raus zur berühmten Eishöhle von Kungur fahren.
Dort lernen wir, dass die Besichtigung ab Rub 700 pP (=etwa Euro 10) kosten soll, etwa 1 ½ Stunden dauert, die Führungen nur auf Russisch abgehalten werden und dass solche Eiszapfen allenfalls im Winter zu sehen sind.
Wer jemals die Eishöhlen von Werfen bei Salzburg besucht hat weiss, dass wir uns unter einer Eishöhle etwas anderes vorgestellt haben. Dankend lehnen wir ab, um dann festzustellen, dass dieser Ort hier doch seine Attraktivität haben muss, rollen doch so nach und nach etwa 20 deutsche Wohnmobile in einen abgesperrten Bereich auf dem Parkplatz, Teil einer geführten Seabridge ‚Abenteuer‘ Reise von Berlin nach Peking.
Jo mei, das muss schon ganz schön abenteuerlich sein nach vorbereitetem Programm vom Leitwolf geführt im Schutz des Rudels Richtung Osten zu rollen, jeden Abend seinen vorreservierten Stellplatz zu haben,…
Nix für uns, wir fahren weiter nach Perm 36, dem einzigen Gulag Russlands, das den Umbruch um 1990 überdauert hat, da es 1994 in einen Museumskomplex umgewandelt wurde. Doch auch hier ist wieder alles im Umschwung. Der Innenbereich durfte von uns heute nicht betreten werden, nach einem Blick durch Lücken im Tor machte er einen eher verwahrlosten Eindruck, während gleichzeitig heute aussen am Zaun neue Lagepläne des Lagers aufgehängt wurden.
Andererseits, wer Lager wie Dachau und Co. gesehen hat, kann sich vorstellen, wie es da drinnen ausgesehen haben mag. Unser Versuch die Stone Town, eine Felsformation im Nirgendwo, etwa 60km nördlich von hier zu besichtigen endet dank der unaufhörlichen Regengüsse an einem Schlammbad, Einheimische stapfen mit Gummistiefeln ausgestattet unverdrossen da durch, aber wir mit unseren Sandalen – Nein, danke. Auf dem Weg zurück nach und durch Perm erfreuen wir uns noch ein paar mittelprächtigen Unwettern,
bevor wir in der Nähe des Khokhlovka Museum unseren SP für heute finden.
Das Khokhlovka Museum (E=Rub 130) selbst ein Freiluftmuseum, in dem 23 vom Typ her sehr unterschiedliche hölzerne Gebäude aus dem Gebiet um den Kama Fluss besichtigt werden können. Darunter Bauernhäuser,
mit stilechter Innenausstattung,
zwei Kirchen,
ein hölzerner Wachturm, einst Teil eines Forts,
ein Feuerwehrhaus,
drinnen noch die Zugehörigen mit Spritzen und Pumpen,
ein paar landestypische Jägerunterstände,
ein komplettes ehemaliges Salzwerk, mit Pumpenturm in dem die Sole hochgepumpt wurde,
dem hölzernen Tank in dem die Sole gespeichert wurde,
dem Trockenraum, in dem in riesigen, von unten beheizten Pfannen die Sole so lange verdampft wurde, bis trockenes, körniges Salz übrig blieb,
das dann in diesem Gebäude bis zum Verkauf / Abtransport zwischengelagert wurde.
Neben einer Windmühle, einer Dresch-Tenne und einem Getreidespeicher noch dieses Bauernhaus, das durch seine prachtvolle Innenbemalung heraussticht.
Nach unserer fast 3 Stunden langen Besichtigungsrunde fahren wir weiter in die Innenstadt von Perm. Auch hier sind die Gehwege mit dicken Farbstreifen markiert, ein grüner für die über 30 Stationen der ‚historischen Runde‘, ein roter für eine Runde zum Thema Grosse Liebesgeschichten und ein gelber der ausgewählte Highlight miteinander verknüpft. In der Tourist Info holen wir uns die Karte und die zugehörigen Erklärungen und versuchen der grünen Linie zu folgen, wobei für uns die Höhepunkte neben dem Bär von Perm
das Lenin Monument,
und das von Löwen bewachte Haus war, das einst einer Bergbaugesellschaft gehörte,
bevor der nächste Wolkenbruch unserem Forscherdrang ein jähes Ende setzte. Wir packen zusammen und brechen auf zu unserem nächsten grossen Ziel, das etwa 2.000km entfernte Archangelsk. Noch ein Stimmungsbild von unterwegs,
der nächste Wolkenbruch ist bereits in Sicht, aber die Sonne dahinter wartet auch schon auf uns. Etwa 250km sind schon mal geschafft, zum Ausschlafen parken wir bei einem Rasthaus in Lazukovy.
9 Tage Reisepause wegen Turboschaden
Am nächsten Morgen plötzlich ein seltsames Geräusch aus dem Motorraum, Leistungsverlust, rauchender Colt - pardon Auspuff, aus dem schon seit einiger Zeit wegen teils recht lauter Pfeifgeräusche vermuteten Turboschaden wurde ein Totalausfall. Wir schaffen aus eigener Kraft irgendwie die nächsten 80km bis zum Toyota Händler in Kirov wo zu unserem Glück der Chef recht gut englisch spricht. Man(n) nimmt sich unseres Autos sofort an, der Schaden wird bestätigt – und man verspricht (hofft??) innerhalb von 3 Tagen ein Ersatzteil aus Moskau organisiert zu haben – in Novosibirsk, wo wir mit Toyota den vorsorglichen Austausch des Turbo auch schon diskutierte hatten, war noch von ‚mindestens 2 Wochen Lieferzeit‘ die Rede. Schweren Herzens packen wir unsere Reisetasche, lassen SL3 bei Toyota im Hof zurück und ziehen ins Hotel, ins 4 Elements einem Business Hotel mitten im Herzen der Stadt.
Dank schnellem WiFi können wir endlich unsere liegengebliebenen ‚Büroarbeiten‘ erledigen, Updates am Smartphone und die neuesten Windows Updates runterladen, unzählige Mails schreiben, man glaubt gar nicht wie schnell so ein Tag ‚in der Zivilisation‘ verfliegt.
Am nächsten Morgen decken wir uns nebenan in der Tourist Info mit dem wenigen vorhandenen Info-Material in Englisch ein, einem Stadtplan und den thematisch sortierten Stadtrundgang-Beschreibungen, jeweils einer zum Thema historische Handelshäuser, orthodoxe Kirchen, Kunst und Kultur (=Museen) und romantische Geschichten. Legt man die Pläne nebeneinander, so sieht man schnell, dass die Wege sich grossteils überlappen. Sofort legen wir unseren eigenen, 15km langen Rundgang fest, der an allen 30 Sehenswürdigkeiten vorbeiführt und ziehen los.
In diesem Haus lebte um 1918 die Tochter des Königs von Serbien, die mit einem Enkel des Zaren verheiratet war,
der aber die Nacht des 17 Juli wie alle Romanows nicht überlebt hat. Hier ein paar der alten Handelshäuser und Kirchen die heute noch das Stadtbild zieren.
Hier lebte ein junger Schriftsteller einige Zeit im Exil
und unterhielt eine ‚sehr romantische Beziehung‘ zu seiner Nachbarin. Das Puppen Theater,
das Museum der Schönen Künste,
das Dramatische Theater
und das Luft- und Raumfahrt Museum, stellvertretend für die vielen Museen hier in der Stadt.
In diesem Haus soll sich die Beziehung zwischen Ludmilla Stal und Josef Stalin entwickelt haben,
während dieses Gebäude eher von einer unglücklichen Liebesgeschichte erzählen kann.
Diese Kirche wurde neben einem Massengrab zur Erinnerung an eine blutige Schlacht errichtet und
diese Kloster war zwischendurch auch schon mal eine profane Wohnanlage bevor es 1990 wieder der Kirche zurückgegeben wurde.
Der Rundgang endet am Hochufer bei diesem Denkmal an Alexander Grin,
einem hier recht bekannten Schriftsteller, der auch erst mit seiner dritten Frau so richtig glücklich wurde und seine volle Schaffenskraft erzielen konnte. Zum Abschluss unserer Bilderreihe dieses hübsche Kirchlein droben am Hochufer, in keinem der Pläne vermerkt, aber offensichtlich ein beliebtes Hintergrundmotiv bei den zahlreichen Hochzeitsfotos die heute hier gemacht wurden
und dieser Blick auf das gegenüberliegende Fluss-Strandbad,
in dem bei Tagestemperaturen von < 20º erwartungsgemäß gähnende Leere herrscht.
Mit der versprochenen Lieferung kommt das falsche Teil, ein neuer Turbo ist offensichtlich auf die Schnelle nicht aufzutreiben, es werden Ersatzteile (Lager??) bestellt und man versucht / hofft, das Ding bis ‚Ende der Woche‘ repariert zu haben. Wir besuchen in den nächsten Tagen zum Mittagessen die Lokale in der näheren Umgebung, von dieser einfachen „Kantine“, wo uns vor allem die kleinen Ravioli mundeten,
bis zum „München“ Restaurant, die Bar bis über die Toppen mit „HB“ Fähnchen beflaggt, im Eingangsbereich ein Fassdeckel vom „Weltenburger“ und einer Küche die am ersten Stern kratzt.
Endlich, wir reisen weiter
Nach Neun Tagen, Freitag morgens die erlösende Nachricht, „wir haben den Turbo repariert, Euer Auto läuft wieder“. Wir werden vom Hotel abgeholt und sind seit 11h wieder unterwegs. Die ersten 50km folgt uns noch ein Mitarbeiter von Toyota ‚für alle Fälle‘, aber bisher scheint alles rund zu laufen. Er kehrt zurück und wir fahren weiter Richtung Nord-Westen, dem nächsten Abenteuer entgegen. Unser Navi hat eine Abkürzung entdeckt, der wir doch prompt folgen. Nach etwa 70km endet die Teerstrasse und wir lernen ganz schnell, was eine sibirische ‚Allwetter Piste“ ist. Zwei Reihen wie auf einem Gartenweg aneinandergelegte Betonplatten, eine einspurige Rumpelbahn, die vom Schwerlastverkehr entsprechend nachgeformt wird
und nebendran noch so 4m Sand/Lehmpiste für die trockeneren Tage. Heute haben wir leider erst Niesel- dann richtigen Regen, der genauso wenig zur Verschönerung der Gegend beiträgt
wie diese Kirchenruine, irgendwo im Nirgendwo, sicher einst eine Schönheit, aber nach 80 Jahren Verfall,….
Gegen 20h beenden wir den Tag vor den Toren von Veliky Ustyug bei einem Rasthaus.
Wir fahren weiter in die Stadt und bekommen schnell den Eindruck, dass es hier fast mehr Kirchtürme als Profanbauten gibt.
Das war wohl einer der Gründe warum Veliky Ustyug von Moskaus ehemaligem Bürgermeister Luzhkov 1998 zur Heimat von Ded Moroz, dem Väterchen Frost erklärt wurde. Während viele der Kirchen hier immer noch auf den Maler oder die Abbruchbirne warten, ist die Uspenskly Sobor, bereits bestens renoviert,
vielleicht auch deshalb, weil sich direkt nebenan das Postamt von Väterchen Frost befindet.
Schon im August stapeln sich drinnen bereits Briefe und Karten aus aller Welt,
von Deutschland bis Australien, von Amerika bis Japan, alle schön länderweise sortier, warten sie auf die Bearbeitung durch die Schneejungfrauen. Ich wusste bisher gar nicht, das Ded Moroz weltweit so beliebt ist, eine starke Konkurrenz zu Santa Claus darstellt. Drinnen in der Stadt wie erwartet das Thema Väterchen Frost an allen Ecken, Enden und Souvenirläden, draussen vor der Stadt in einem Wald das Ded Moroz Estate (E=Rub 820),
ein auf die Unterhaltung von Kindern ausgerichteter Themenpark, ein Märchenwald mit bunten Holzhütten umgibt den ‚Frostlichen Palast‘ in dem Ded Moroz Küsschen verteilt. Es herrscht trotz des Nieselregens reger Besuch, aber wir trotzen der Versuchung und fahren weiter, schauen noch kurz bei den sehenswerten Kirchen am jenseitigen Flussufer vorbei,
werfen einen letzten Blick auf die Uspenskly Sobor
und erreichen etwa 200km weiter Totma, bereits 1137 gegründet und somit älter als Moskau, heute eine Kleinstadt geschmückt mit vielen Kirchen,
auf dem Marktplatz und in den umgebenden Strassen ein gut besuchter Jahrmarkt beschallt mit Live Musik,
draussen vor der Stadt das vor sich hin rottende Saviour Sumorin Kloster,
das von einem bestens gepflegten Fussballfeld begrenzt wird. Am Stadtrand von Vologda wie eine Trutzburg das Spaso Prilutsky Kloster,
in der Stadtmitte ein Kremlin, der aber seit 18h bereits geschlossen ist, wir müssen unsere Besichtigung auf das Ensemble vom Glockenturm
umgeben von der St. Sofia‘s Kathedrale und der Resurrection Kathedrale beschränken. Nochmals 120km weiter erreichen wir Kirillov und dürfen mit Erlaubnis der Mönche direkt vor dem Kirillov-Belozersky Kloster übernachten. Noch eine Runde um die riesige Anlage Abendstimmung am angrenzenden Fluss,
Bericht geschrieben, maximale Bilderanzahl erreicht, das Kapitel muss hier geschlossen werden.
Aufbruch: | 25.03.2019 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | 31.08.2019 |
Türkei
Iran
Turkmenistan
Usbekistan
Kirgisistan
Kasachstan
Russland / Russische Föderation
Mongolei
Norwegen