Patagonien - Auf der Straße nach Süden
Teil 16 - Zu den drei Türmen
11.02.2018 ... Im Frühtau zu Berge wir zieh’n, fallera!
Sollte ich jemals erwartet haben, hier in Südamerika auf ein wildes, archaisches Stück Land zu treffen, so wurde ich recht schnell eines Besseren belehrt. Selten habe ich während einer Reise so viele Regelungen und Formalitäten erlebt. Man erhielt ganz klar den Eindruck, hier würden die Züge, wenn es denn welche gäbe, noch pünktlich fahren.
Da lachte doch mein Beamtenherz!
Wissen Sie, gerade zum Schutze der empfindlichen Flora und Fauna hier ist das schon alles auch notwendig und sinnvoll. So viele Besucher kann man halt einfach nicht dem Zufall überlassen!
Und so gehörte zum „Aufnahmeritual“ in den Torres del Paine-Nationalpark, neben einer ausführlichen filmischen Anweisung über das richtige Verhalten, auch die genaue Erfassung aller einzelnen Besucherpersonalien, sowie, wie gesagt, die Notwendigkeit einer verbindlichen Buchungsbestätigung für die Übernachtung in einem der Camps.
Und, ähm, im Übrigen waren wir selbstverständlich auch nicht die einzige Reisegruppe, die hier gerade zu diesem Zeitpunkt Einlass begehrte ... Das heißt, Sie können sich vorstellen, wie glücklich wir beiden waren, als wir gegen 10.00 Uhr dann endlich diese Zettelwirtschaft hinter uns lassen und den Weg in Ruhe per pedes fortführen konnten.
Während sich der Großteil unserer Mitreisenden wieder träge in den Reisebussen verteilte, genossen wir die plötzliche Stille im morgendlich erwachenden Park unendlich und die Bewegung tat auch den durch das Warten steifgefrorenen Gliedern gut.
Die Wanderwege auch hier wieder ausgezeichnet beschildert, der erste führte uns zunächst bis zum ‚Main Camp‘. Danach endeten alle geteerten Versorgungsstraßen, parkten die Busse, ab hier ist jedermann nur noch zu Fuß unterwegs. Maximal noch zu Pferde.
So ist es Recht!
Das mächtige Bergmassiv der Torres grüßte uns bereits aus der Ferne im kalten, klaren Morgenlicht. Ein wunderschönes Spiegeln der Felsen im See .... Ähm... was eigentlich für ein See?? Auf den Karten war er nicht verzeichnet --- und auf dem Rückweg tags darauf einfach verschwunden.
Die Lösung: Es hatte sich um eine vom Regen überschwemmte Wiese gehandelt.
Ab dem Main Camp führte der Weg dann auch spürbar aufwärts, richtig, wir wollten ja „in die Berge“! Die Aussicht in malerische Schluchten entlohnt für jede nur erdenkliche Anstrengung tausendfach. Sehen Sie selbst!!
Das patagonische Wetter war uns ja schon wohlbekannt – sonnige, regelrecht heiße Abschnitte lösten kalte, äußerst windige Strecken ab. Gut, dass wir mittlerweile bestens ‚stoff-wechsel‘-erprobt waren!
Ein wenig Sorgen bereiteten uns die Wolken, die sich trotz (oder aufgrund?) des starken Windes mehr und mehr zwischen den Berggipfeln breit machten.
Gegen 14.00 Uhr, also rund 4 Stunden Wanderung, erreichten wir unser „El Chileno Refugio & Camping“.
Sollten Sie, als eine wie ich gänzlich camping-unerfahrene Person befürchten, sich jetzt mit dem Aufbau eines Zeltes befassen zu müssen, dann kann ich Sie beruhigen. Diese waren bereits, hübsch in Reih und Glied, auf jeweils kleinen Holzplattformen aufgebaut, sturmfest verankert und leuchteten uns wie orange Lampions einladend entgegen.
Das Camp bestand außerdem aus Gebäuden für Verwaltung, Duschen und Toiletten sowie einem großen Aufenthalts- und Speisesaal, in welchem wir dann gezwungenermaßen auch den Rest des Tages vertrödelten, mit Sichtung unseres bisherigen Bildmaterials und – dank auch hier draußen einwandfreier Internetverbindung – Kontakt zu den Lieben zuhause.
Die Wolken begannen nämlich großzügig Regen zu verteilen, jeder Berg war in einer grauen Suppe verschwunden und an einen weiteren Aufstieg damit heute nicht mehr zu denken.
Dafür wurde Tee ausgeschenkt und das lustige Treiben der Leute ringsum aus aller Herren Länder - Russen, Tschechen, Franzosen, Amerikanern, auch etliche Deutsche, erwies sich als durchaus unterhaltsam!
Gegen Abend klarte es auf, gab einen Blick auf die Torres frei und uns Hoffnung auf eine schöne Wanderung zum Sonnenaufgang.
Ach ja, eine Erwähnung ist in jedem Falle noch das Abendessen wert! Statt Camping- wurde nämlich regelrechte Sterneküche serviert: Ein liebevoll zubereitetes 3-Gänge-Menü, dessen Höhepunkt ein butterzart gegarter Lachs auf Couscous bildete. Wahnsinn, wer hätte denn das hier erwartet! Luxus pur.
Derart gestärkt, konnte ich mich nun auf mein erstes Campingabenteuer im Leben freuen. Ich hatte tatsächlich in den 40 Jahren bis dorthin noch nie zuvor in einem Zelt übernachtet. Nun, Pauli lacht mich deshalb heute noch aus. Es hatte sich schlichtweg vorher für mich nie ergeben. Aber bei der Übernachtung im Camp El Chileno handelte es sich auch, wie gesagt, um eine Art Soft-Einstieg in die Materie. Wir mussten kein Zelt mitschleppen, und, was wichtiger ist: Auch nicht selbst aufbauen. Stattdessen durften wir uns gleich in daunenweiche Schlafsäcke kuscheln, und der Fluss am Fuße des Campgrounds plätscherte uns sanft in den Schlaf. **hach**
Aufbruch: | 28.01.2018 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 21.02.2018 |
Argentinien