Wohnmobiltour: Finnland - Russland - Baltikum - Polen - De
Von Walday nach Lomonosov
Am nächsten Morgen gegen 5:30 Uhr wollen die Fahrer der Nachbarfahrzeuge gerne los, die Fahrzeuge aber nicht. So werden bei Wolga und Skoda ca. eineinhalb Stunden sämtliche Startversuche durchgeführt, die man sich vorstellen kann. Immer wieder heult einer der Motoren lautstark auf um kurz drauf wieder abzusterben. Als die Mission um sieben Uhr endlich glückt, sind wir so wach, dass an schlafen eigentlich nicht mehr zu denken ist, trotzdem gelingt es uns und als wir wieder aufwachen, ist es schon 10 vor 10 und das Glockenmuseum öffnet in 10 Minuten seine Pforten für Jessi. Also geht es ohne Frühstück los, erst zum Tourismusbüro (!!!) um zu fragen, wie und wo wir uns registrieren können. Vermutlich sind wir die ersten Touristen die mit solch einer Frage hier ankommen, denn zunächst einmal wird fleißig hin und her telefoniert. Nach etlichen Telefonaten und immer neuen Nummern sind wir nun schlauer und haben nun die Info, dass man das tatsächlich erst machen muss, wenn man drei Tage vor Ort ist. Sollte also irgendjemand mal Infos zu Walday und dem lokalen Nationalpark haben, kann er sich gerne an den sehr hilfsbereiten Michael Pikin wenden (mobil +8-960-205-02-23 valdaray@mail.ru). Eine Kontakt¬auf¬nahme sollte auch auf Englisch klappen, zumindest eine seiner beiden Kolleginnen konnte hilfreich über¬setzen. Von dort aus ging es dann zum benach¬barten Glocken-Museum, welches in einer an¬sehn¬lichen Rundkirche zu finden ist (geöffnet 10 - 18h, Ein¬tritt 100 Rubel, im Sommer ohne Ruhetag, im Winter Dienstag Ruhetag).
Während Jessi mit der netten alten Dame die Führ¬ung durchs Museum genießt und ein paar Glocken ertönen lässt, geht Jens durch den Ort und stellt fest, dass doch alle Läden aufhaben, wenn man zur richtigen Uhrzeit kommt und der Zebrastreifen¬hund morgens am Rand des Streifens wohnt.
Alles in allem ist Walday doch ein netter Ort, der sich gut für eine Zwischenübernachtung auf dem Weg von Moskau nach Sankt Petersburg eignet (andersherum vermutlich ebenso).
Und so folgen wir nun wieder der M10 immer Richtung Norden, fahren wieder durch viele kleine Dörfer, überholen etliche LKWs, die uns wiederrum in den Dörfern überholen. Und auch diesmal gibt es die eine oder andere Ampel, an der es zu halten geht. Diesmal erleben wir allerdings, was ein längerer Bremsweg bei einem LKW bedeutet. Mit deutlichem Gummigeruch und etliche Meter nach der Haltelinie kommt ein vor uns fahrender LKW dann doch passend zu stehen. Jetzt verstehen wir zumindest warum die Ampel deutlich vor der Kreuzung installiert ist und so hat es ja auch mit dem Querverkehr gepasst. Und wir wissen nun woher der auch zuvor bereits bemerkbare Geruch nach Gummi stammt, denn diesem LKW bin ich ziemlich viele Kilometer gefolgt.
Die Bremsspur des LKWs
Als nächstes nehmen wir nun den Abzweig nach Weliki Novgorod, um dort die Altstadt zu besichtigen. Wir parken auf der ge¬gen¬über¬liegen¬den Fluss¬seite direkt am Ufer, welches durch eine Fu߬gänger¬brücke verbunden ist. Und da der Weg nicht weit ist, geht Jessi nun erst einmal den Kreml be¬sichtigen. Hier gibt's übrigens keine Mücken, sondern größere flug¬fähige Tierchen, die aber scheinbar nicht stechen können. Dafür aber auch gleich in Massen auftauchen.
Neben der erhaltenen Befestigungs¬mauer, gibt es hier mal wieder eine schicke Kirche mit einem bemerk¬ens¬werten Glockenhaus an zugucken. Leider meint letzteres es ernst mit dem heutigen Ruhe¬tag, so dass es nicht möglich ist das Geländer von oben zu betrachten. Dennoch lohnt sich der Spaziergang über das Gelände, denn die Gebäude sind alle liebevoll restauriert. Am Fluss macht sich mal wieder das leichte Hoch¬wasser bemerkbar, denn hier stehen zum Beispiel die fest installierten Sonnenschirme am Ufer mitten im Wasser, was ja vermutlich nicht so gedacht ist.
Wie beschließen trotz des hübschen Panoramas weiterzufahren und verlassen somit Weliki Novgorod wieder Richtung M10, auf die wir einige Kilometer weiter im Norden wieder treffen.
Kreml-Panorama vom gegenüberliegenden Ufer
Um nicht wieder nach Sankt Petersburg rein zufahren, biegen wir rund 40 km vor dem Stadtring auf die A120 ab. Allerdings bereut Jessi (gerade als Fahrerin unterwegs) die Entscheidung sofort, denn dieser Ring entpuppt sich als absolute Schlaglochpiste. Insgesamt können wir zumindest festhalten, dass die Hauptstraßen im Leningradskaja Oblast zu den schlechtesten auf unsere Route gehören und somit passt die A120 bestens zu den bisherigen Erfahrungen. Kurz drauf kommt allerdings auch schon der erste Bau¬stellenhinweis und so merken wir recht schnell, dass schon fleißig am frischen Straßenbelag gearbeitet wird. Schlimmer als jede Schlaglochpiste sind allerdings jene Stellen an denen bereits die Schlaglöcher fein ordentlich weggefräst sind, um dann früher oder später aufgefüllt zu werden. Denn dann gibt es keine mehr oder weniger tiefen Löcher, sondern Kanten, die gleich rund 5 cm Höhenunterschied bedeuten und damit ein mehr oder weniger abruptes Abbremsen bedürfen. Diese Flächen sind natürlich in allen Größen vorhanden, so dass die kleineren dank Nutzung der kompletten Fahrbahn wieder in Schlangenlinien umrundet werden können. Glücklicherweise ist nicht die ganze A120 in Vorbereitung für den frischen Straßenbelag, so dass wir einige Zeit später auch schon über eine niegelnagelneue Landstraße fahren. Wir folgen der A120 immer weiter bis zur Bucht von Sankt Petersburg, wo Jessi gerne die Küste entlang Richtung Estland fahren möchte (das letzte Stück der A120, rund 40 km, befindet sich übrigens gerade im Schlagloch ausgefrästem Zustand).
Leider hat unser russischer Straßenatlas uns verschwiegen, dass es sich bei der Küsten¬straße um ein militärisches Sperrgebiet handelt. Und so werden am Schlagbaum von dem freundlichen Kontroll¬posten erst einmal unsere Pässe überprüft. Und natürlich dürfen wir nicht weiter fahren, bekommen aber gleich auf unserer Landkarte erklärt, dass wir schön über die gefräste A120 wieder zurückfahren müssen, um dann nach den bereits bekannten rund 40 km auf die Landstraße Richtung Estland zu kommen. Dumm gelaufen, aber Jessi hat ja ein Talent uns in Sackgassen zu führen. Diesmal endete diese dann zwar nicht mit einem unüberwindbaren Fluss, sondern halt an einem Schlagbaum. Ceddy verpennt übrigens alles bestens. Er hat sich scheinbar mit dem Straßenzustand arrangiert und genießt das in den Schlaf geschaukelt werden.
Unser schlafender Hund
Da es inzwischen aber schon relativ spät ist und wir auch dringend eine Tankstelle benötigen biegen wir nun nicht rechts ab auf die A120 sondern folgen nun der Küstenstraße Richtung Sankt Petersburg. Die Tankstelle, die auf unserer Straßenkarte eingezeichnet war und die wir eigentlich nehmen wollten, lag übrigens auf einem für uns unerreichbaren Kasernen¬ge¬lände. Aber diesmal werden wir schnell fündig, denn kurz drauf kommt eine frisch eröffnete Gasprom-Tankstelle. Die rund zehn Mitarbeiter verfolgen gespannt unser Tanken, denn außer uns ist natürlich sonst keiner auf der Tankstelle. Das Bezahlen mit Kreditkarte funk¬tioniert noch nicht, aber glücklicherweise haben wir ja noch einige Rubel in der Tasche.
Und so suchen wir nun in Lomonosov nach einem passenden Übernachtungsplatz für uns. Als wir schon fast wieder aus dem Ort raus sind, kommen uns plötzlich lauter Wohnmobile entgegen, die den kompletten Verkehrsfluss in der Gegenrichtung zum erliegen bringen. Und siehe da: es ist wieder eine Reisegruppe des Reiseveranstalters Seabridge, dessen Asien-Reisegruppe wir bereits in Moskau kennengelernt haben. Diesmal ist auf den großen blauen Aufklebern der Fahrzeuge "Russland" vermerkt.
Und so beschließen wir spontan eines der Womos zu fragen, ob sie hier denn in der Nähe übernachten. Wir drehen also um und schließen uns der Gruppe an, die allerdings mehr oder weniger nur im Schritttempo vorankommt. Damit auch alle Womos den Weg finden, wartet an den jeweiligen Abzweigen immer ein Fahrzeug. Und so folgen wir den freundlichen Hymerfahrern vor uns, bis ich irgendwann im Rückspiegel keine weiteren Womos mehr sehe. Kurz drauf kommt auch der Hymer vor uns zur Erkenntnis, dass wir wohl einen Abzweig verpasst haben. Und so wird wieder mal gedreht, bis an der nächsten Kreuzung lustigerweise aus allen Richtungen gleichzeitig Womos kommen. Eine Richtung ist dann aber doch die richtige und so sind wir kurz drauf auch schon am Übernachtungsplatz angekommen. Schnell ist der Reiseleiter gefunden und wir trauen unseren Augen nicht, denn es ist wieder Kostja, dem wir auch bereits in Moskau begegnet sind. Hier trifft sein Spruch "man trifft sich immer zweimal im Leben" bei der Abreise aus Moskau schneller als erwartet zu. Natürlich dürfen wir mit auf den Platz und so stehen wir schön auf grünem Rasen auf einem bewachten Gelände. Diese Reisegruppe ist auf dem Weg über Murmansk zum Nordkap und macht nun für vier Tage Station um sich Sankt Petersburg anzugucken.
Während Jens mit Ceddy zum nächsten Supermarkt spaziert, und erfolgreich zahlreichen streunenden Hunden ausweicht, beobachte ich fasziniert den Aufbau der langen Tafel der Reisegruppe. Es ist schon gar nicht so einfach so viele, unter¬schied¬liche Tische aneinanderzureihen, besonders vor dem Hintergrund dass der ein oder andere Teilnehmer lieber am eigenen Tisch sitzen möchte. Vermutlich findet sich dies aber im Verlauf der Reise, bisher ist die Gruppe ja erst wenige Tage gemeinsam unterwegs. Und übrigens befinden sich auch in dieser Gruppe mal wieder Münsteraner.
Den Abend beschließen wir dann mit leckerem Bortsch und Pelmeni, natürlich im Beisein von zahlreichen fliegenden Begleitern.
Abendstimmung am Platz in Lomonossov
Aufbruch: | 13.05.2010 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 06.06.2010 |
Russland / Russische Föderation
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