Zwischen Urlaub und Alltag
Zurück in die Hauptstadt
Mittwoch, 03.02.2010
Eigentlich wollten wir längst in Nairobi sein. Doch als ich uns gestern Abend ein Taxi zum Bahnhof rufen wollte, klingelte mein Handy und ein freundlicher Mitarbeiter der Rift Valley Railways verkündete, der Zug nach Nairobi würde wegen eines Motorschadens an der Lok ausfallen. Der Ersatz aus Nakuru käme erst weit nach Mitternacht. Dabei hatten doch Kimmy und Carol noch bis spät in den Abend rein beim Friseur ausgeharrt, um noch rechtzeitig fertig zu werden. Die Enttäuschung stand mir wohl im Gesicht geschrieben, als ich mich auf dem Weg zum Bahnhof machte. Man bot mir an, auf den Donnerstag-Zug umzubuchen oder die Fahrt zu stornieren. Doch wir haben nicht mehr viel Zeit und entschieden uns daher für letzteres. Ich ließ mir also den Ticketpreis erstatten und kaufte davon drei Bustickets der Akamba, denn Cynthia kommt nun auch mit. Dass das dritte Ticket wegen einer Werbeveranstaltung im Bus zum halben Preis zu haben war, war eher ein schwacher Trost für mich.
Nun sitzen wir jedenfalls hier in Kisumu am Frühstückstisch und warten auf die vier Motorräder, die uns, unsere Mutter und unser Gepäck zur Matatu-Station runter fahren sollen, doch als die Motorradfahrer vor dem Haus warten, ist von meiner Schwiegermutter plötzlich keine Spur mehr zu sehen. Sie sucht nach einer alternativen Transportmöglichkeit weiß Cynthia und kurze Zeit später taucht sie wieder auf, entschädigt die Moppedfahrer und schickt sie wieder fort. "Was kommt denn jetzt?", denke ich mir noch, als ich einen Nissan die Steinpiste kochkraxeln sehe. Ja, sie hat tatsächlich ein Matatu aus dem Verkehr gezogen und für kurze Zeit samt Crew für uns privatisiert und zwar zu einem Preis, den ich nicht einmal nach den härtesten Verhandlungen bekommen hätte. Anstelle der Liniennummer ziert nun ein Schild mit der Aufschrift "Private" die Windschutzscheibe.
Keine zehn Minuten später sitzen wir im Wartehäuschen der Akamba Busgesellschaft. Natürlich ist der Bus zur planmäßigen Abfahrtszeit um neun Uhr noch nicht einmal da, weshalb Carol und Cynthia beschließen, im unweiten Nakumatt noch ein paar kühle Getränke zu beschaffen aber als sie wieder zurück sind, werden sie von der Bus-Crew ungeduldig erwartet. Wir machen es uns im vorderen Teil des Busses bequem. Genau wie die zwei gewichtigen Fahrgäste arabischer Abstammung, die uns während der nun folgenden Fahrt in regelmäßigen Abständen mit Geräuschen, die man sonst eher aus einem Bauernhof kennt, unterhalten werden.
Zu unserer Erleichterung ist das Teilstück hinter Kericho inzwischen fertig gestellt und befahrbar. Damit präsentiert sich nun die gesamte Strecke von Kisumu nach Nairobi in einem akzeptablen Zustand. Zumindest für den Moment, denn ich fürchte, dass die Straße mangels Wartung in wenigen Jahren wieder genauso schlecht ist, wie früher. Wir sind jedenfalls angenehm überrascht, als wir gegen Mittag bereits Nakuru für eine 20-minütige Pause ansteuern. Die Anmutung unserer zwei arabischen Rotznasen relativiert sich ein wenig, als der dickere von beiden einen Maiskolben aus seiner Fresstüte zieht und an zwei hungrige Kinder verschenkt, die ihm dafür sichtlich dankbar sind.
Knapp zwei Stunden später steuern wir Nairobi an und da wir ja faul sind, lassen wir uns bei Kabete auf dem Waiyaki Way aussetzen, wo sofort ein geschäftstüchtiger Kofferträger mit einer Schubkarre herbeieilt. Doch dessen Dienste brauchen wir nicht. Evans nämlich hat zwischenzeitlich einen fahrbaren Untersatz von seinem Cousin organisiert. Das Problem dabei: Er selbst hat zwar einen Führerschein, traut jedoch seiner Fahrpraxis nicht über den Weg. Aber auch dafür gibt es eine Lösung: Mein Schwager Sascha ist nämlich Anfang der Woche aus Deutschland hier eingeflogen und übernimmt den Fahrdienst.
Am frühen Abend beschließen Evans und ich, irgendwo noch ein Bier verhaften zu gehen. Wir fahren mit dem Matatu in die City und suchen uns eine gemütliche Bar in der Accra Road. Zwei Bierlängen später ziehen wir weiter. Durch dunkle Gassen, vorbei an Prostituierten und anderen zwielichtigen Gestalten, führt mich Evans zu einem Club mit Musikbar in der chilliger Roots-Reggae läuft und der in den oberen Stockwerken einen Puff beherbergt. "Bleib mal dicht hinter mir", empfiehlt Evans als wir auf der schmalen, steilen Treppe das schlichte Gebäude hinauf steigen und zwar genau ein Stockwerk zu weit. Hier warten nämlich schon die leichten Damen auf ihr Geschäft, wobei der Begriff "leicht" für einige von ihnen eher unpassend ist. Allerdings sind sie bei Weitem nicht so penetrant wie man es von einigen deutschen Großstädten gewohnt ist. Trotzdem ziehen wir es vor, lieber eine Etage tiefer einzukehren. Wir setzen uns an die Bar, bestellen Bier, plaudern noch ein wenig und lassen uns von der Mucke berieseln. Während dessen wehen uns Düfte um die Nasen, die ich noch gut aus Jamaika kenne.
Dann klingelt mein Handy. Carol verkündet, dass wir aus Platzgründen nicht in Kabete pennen können, denn Sascha und Family sind ja noch da und es wurde ausgeknobelt, dass wir zu ihrer Cousine Maureen (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Freundin aus New Jamhuri) umziehen werden und diese sei auf dem Weg nach Kabete, um uns abzuholen.
Wir trinken also aus und machen uns dann auf den Rückzug. Kaum haben wir Ndumbuini erreicht, kommt uns Maureen schon mit Carol und Kimmy entgegen. Sie ist eine von wenigen hier, die ein eigenes Auto besitzen. Die Fahrt geht nach Lavington, einem Außenbezirk nordwestlich des Stadtzentrums. Hier leben vor allem Menschen mit höheren Einkommen. So auch Maureen, sie studierte Pharmazie in Indien. Viele Besserverdienende haben im Ausland studiert.
Von der Gitanga Road aus biegen wir in eine Einfahrt, wo wir uns erst einmal einer Gesichtskontrolle unterziehen müssen. Dass mit Maureen ein bekanntes Gesicht am Steuer sitzt, reicht dem Wachmann aus, um die Pforte zu öffnen. Die U-Förmig angeordnete Siedlung aus luxuriösen Apartmenthäusern ist umgeben von einer mehrere Meter hohen Mauer gekrönt von einem elektrischen Zaun. Dessen Sinn will mir, angesichts dessen, dass hier bei jedem Wetterfurz der Strom ausfällt, allerdings nicht so richtig einleuchten. Maureens Apartmentwohnung hat ein riesiges Wohn-/Esszimmer, drei Schlafzimmer, zwei Bäder, eines davon mit Badewanne, zwei Balkone und eine Einbauküche. Der Boden ist überall mit Parkett belegt. Maureen teilt sich die Wohnung mit einer weiteren Mitbewohnerin. Ein Schlafzimmer, das mit angrenzendem Bad, ist jedoch noch frei für uns. Und so verbringen wir unsere letzten Tage wie in einem guten Hotel, nur umsonst.
Aufbruch: | 08.01.2010 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 06.02.2010 |