Zwischen Urlaub und Alltag
Der letzte Tag
Freitag, 05.02.2010
Wir wollen noch ein letztes Mal nach Kabete. Maureen würde uns dafür sogar ihr Auto leihen, doch das steht noch bis heute Abend zur Inspektion in der Werkstatt. Nicht so das ihrer Mitbewohnerin und da es eh kaum bewegt wird, können wir es gern mitnehmen. Maureen zeigt mir, wie man die Wegfahrsperre überwindet und tatsächlich läuft wenig später der Motor des Toyota Allex, so die Verkaufsbezeichnung der letzten Generation des Corollas in der japanischen Rechtslenker-Version. Als ich es dann auch einmal versuchen will, kommt aus dem Motorraum nur Geratter heraus und auch Maureen schafft es kein zweites Mal, die Kurbelwelle zum Drehen zu überreden. Ich öffne die Motorhaube, doch alles was sich mir offenbart ist ein mit roter Erde überzogener Motorblock. Inzwischen haben wir das Interesse der Nachbarschaft geweckt und immer mehr selbst ernannte KFZ-Mechaniker versammeln sich um das Auto. Dann stellt Maureen fest, dass die Versicherungsplakette gestern abgelaufen ist und damit wird unsere Teilnahme am Individualverkehr immer unwahrscheinlicher.
Wir fahren also wieder mit der Fahrgemeinschaft, wobei die Tour recht überschaubar ist. Es gibt nämlich eine direkte Verbindung zum Waiyaki Way, von wo aus wir ein 22er anhalten können, ohne zunächst ins Stadtzentrum zu müssen. Ein paar Freunde von Carol haben sich in Kabete eingefunden, um uns zu verabschieden. Sogar Carols Mutter ist heute aus Kisumu hier eingetroffen. Und auch Marci ist hier, mit dem kleinen Frank.
Am Nachmittag entschließen wir uns, noch ein letztes Mal in die City zu fahren. Evans hat noch das Auto von seinem Cousin, doch da er sich immer noch nicht traut, es zu bewegen und Sascha irgendwie keinen Bock hat, werde ich dazu verdonnert. Mit dem Linksverkehr habe ich kein Problem, das rechtzeitige Erkennen und Bewerten der Schlaglöcher erfordert hingegen ein speziell geschultes Auge. Meine Spezialität jedoch sind die künstlichen Schwellen, die der Verkehrsberuhigung dienen sollen. Die meisten sind nämlich weder angekündigt, noch gekennzeichnet. Viel schlimmer aber ist, dass bei dieser Gurke das Fenster weder auf, noch richtig zu geht und der Scheibenwischer nur über die gerissene Scheibe kratzt, anstatt sie vom gerade einsetzenden Regen zu befreien. Dass mir selbiger inzwischen durch das undichte Schiebedach beständig auf die Brille tropft, empfinde ich auch nicht unbedingt als angenehm.
Um diese Uhrzeit in die City zu fahren war wohl keine gute Idee, denn als wir hier eintreffen, ist bereits eine Stunde vergangen. Carol muss noch ein paar Besorgungen für Freunde in Deutschland machen, wobei es weniger um Souvenirs geht, sondern um Sachen, die man bei uns nicht oder nur schwer beschaffen kann. Zum Beispiel spezielle Kosmetika und so 'n Zeugs oder Gewürze. Wir gehen noch etwas trinken, bevor wir zu Maureen fahren um zu packen. Doch vorher muss ich noch etwas tanken. Von unschätzbaren Vorteil wäre jetzt, wenn man den Trick zum Öffnen des defekten Tankdeckels kennen würde. Den lässt sich Evans nun am Telefon erläutern.
Nach dem Packen bleiben uns noch zirka vier Stunden. Genug Zeit, um noch der Einladung eines Onkels von Carol zu folgen, der in einer ziemlich noblen Gegend in der Nähe des Flughafens sein großzügiges Zuhause hat. Ein ganzes Verabschiedungskommando bestehend unter anderem aus Carols Eltern, Cynthia, Evans und Maureen wird uns dorthin und danach auch zum Flughafen begleiten.
Der Besuch wird zu einer Art Abschiedsparty, an deren Rande Evans und ich die letzten zwei Dosen Tusker vernichten. Es wird an einer Lösung für das Transportproblem zum Flughafen gearbeitet. Da die halbe Familie mitkommen will, müssen wir mit zwei Autos fahren. Eines davon wird Maureen steuern, aber der einzig in Frage kommende Fahrer für das zweite, ein Cousin Carols, hat keinen Führerschein. Von der Teilnahme am Straßenverkehr hält ihn das zwar grundsätzlich nicht ab, doch die Einfahrt auf das Flughafengelände wird von der Polizei kontrolliert. Die Ausfahrt hingegen nicht und damit ist dann schon mal klar, wer wieder heraus fährt. Die Lösung also: Ich fahre uns selbst zum Flughafen.
Ich nähere mich der genannten Polizeikontrolle und während ich noch grübele, ob ich hier nicht doch eventuell einen internationalen Führerschein brauche, kommt es wie es kommen musste. Ein ehrgeiziger junger Gesetzeshüter, der sich in seiner modischen Uniform gekonnt in Szene setzt, gibt mir das Zeichen zum Anhalten, dann fuchtelt er nervös an seiner Knarre herum, offensichtlich bin ich einen Zentimeter zu weit gefahren. Ich solle aussteigen und den Kofferraum öffnen, brüllt er mich an. Was mit meiner Windschutzscheibe los sei, will er dann noch wissen. "Was soll damit los sein?", frage ich verwundert. Die Scheibe hätte einen Sprung und damit sei das Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher und eigentlich müsse er es jetzt sofort still legen. Doch damit nicht genug, er redet weiter und wird lauter. Ich würde ihn gern fragen ob er nicht auch einen Sprung in seiner Schüssel hat, aber erstens fällt mir gerade kein passender Spruch in englischer Sprache ein und zweites habe ich auf einmal das Gefühl, dass ich nicht in der Situation bin, Witze zu machen. "Ich werde den Besitzer des Fahrzeuges darauf hinweisen", versuche ich mich heraus zu winden. Falsche Antwort! Jetzt kommt er erst richtig in Fahrt. Wenn das nicht mein eigenes Auto ist, müsse es ein Leihwagen sein und damit ein Public-Service-Vehicle und demzufolge hätte ich die falsche Versicherungsplakette drauf, kombiniert er scharfsinnig. Der gute Mann scheint allerdings doch geistig leicht verwirrt zu sein, denn offensichtlich hat er den Inhalt des Kofferraumes bereits wieder vergessen, den soll ich nämlich jetzt noch mal aufmachen. Worauf das Spiel hinauslaufen soll, kann ich mir eigentlich denken, aber ich stelle mich dumm. Dann betritt Evans die Bühne. Er steigt aus dem Fond des Wagens und ersucht um Gnade vor Recht. Nach weiteren fünf diskussionsreichen Minuten erbarmt sich der Officer und lässt uns passieren.
Wenigstens ist das Parken vor dem Terminal kostenlos. Nach einer rührenden Abschiedszeremonie betreten wir die Abflughalle und lassen uns am Turkish-Airlines-Schalter die Bordkarten ausdrucken. Wir betreten den Sicherheitsbereich und harren der Dinge die da kommen. Dann, knapp anderthalb Stunden nach der planmäßigen Abflugzeit, wird endlich das Gate geöffnet. Addis Abeba ist zwar auch ganz nett, wir müssen aber nach Istanbul. Die Gangway führt ins falsche Flugzeug, kann ja mal passieren - zumindest hier. Gegen vier Uhr in der Früh sitzen wir dann endlich auf dem richtigen Platz im richtigen Flugzeug und sind todmüde. Als wir kenianischen Boden verlassen, bin ich bereits im Reich der Träume...
Aufbruch: | 08.01.2010 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 06.02.2010 |