Geheimnisvolles Myanmar
Auf dem Weg nach Hsipaw
Myanmar - Reisetipp #14:
Man schläft nicht immer weich in diesem Land.
Um 08:20 sollte unser Zug in den nördlichen Shan-Staat, nach Hsipaw gehen, freilich waren wir rechtzeitig da und hatten unser Bahnticket besorgt. Statt "Upper Class" wie im Moulmein-Zug hieß es diesmal gar "First Class".
Wie lang waren die Gesichter als wir unsere zugewiesenen Plätze, Nr.3 und Nr.4, besetzten!
Kaum besser als die Ordinary von Yangon nach Bago waren die Sitze, uns gegenüber saß noch ein französisches Paar, zusammen waren wir die einzigen Ausländer dieses Zuges.
Dass sich in die Ordinary Class dieses Zuges noch ein anderer Ausländer verirrt hätte war auszuschließen.
Bis zur Fensterunterkante waren in den Waggons Reis-, Mais-, Gemüse- und sonstige Säcke unbekannten Inhalts gestapelt - Passagiere gab es auch noch, die machten sich darauf wie auf einem großem Bett breit.
Halbwegs pünktlich ruckelten wir los, es dauerte nicht lange und in einer Kurve plumpste der große Rucksack unversehens herunter, der Christa direkt auf den Kopf!
Lustig war das nicht, ihr stieg das Wasser in die Augen vor Schmerz - 15kg auf die Birne sind nicht angenehm!
Während sie noch etwas von "hoher Querschnitt" und "Peitschenschlag" erzählte hat sie sich noch 2x geschüttelt und die Sache war gegessen. Schon ein harter Knochen, diese Christa!
Die Fahrt an sich war jetzt eher weniger aufregend um nicht zu sagen mühsam. Einzige Abwechslung brachten die diversen Stopps, immer ein großes Hallo für Ankommende, Abreisende, Durchreisende, Verkaufende und - ich bin mir sicher - manch einer kommt gewiss nur um ein wenig Abwechslung in den Alltag zu bringen.
So eine Zugdurchfahrt ist nun mal ganz großes Kino!
Mit ein Grund warum wir diese Fahrt unternahmen war die Überquerung des Gokteik-Viaduktes.
Bei seiner Entstehung Ende des 19. Jhdts. war es immerhin die zweithöchste Eisenbahnbrücke seiner Art weltweit.
Heute wird in der Station extra lange Halt gemacht damit jeder sein Foto schießen kann. Oder liegt es daran dass ein Filmteam mitfährt, das seine Aufnahmen erst fertig stellen muss?
In unserem Waggon geht es derweil rund, eine Reihe vor uns sitzen eine Hand voll junger Burschen die alle derartig weggetreten sind dass man sich fragt wovon. Opium, Alkohol oder die allgegenwärtige Betelnuss?
Ganz hinten lassen es einige Nepalesen ordentlich krachen. Die Männer geben ihre Volksweisen zum Besten, die Frauen tanzen dazu im Gang.
Keineswegs dezent aber durchaus unterhaltsam!
Später erfahren wir dass weiter im Norden, in Lashio, ein großes nepalesisches Fest ansteht. Offensichtliches Ziel für unsere Reisegenossen.
Wir jedenfalls haben noch einige Stündchen Fahrt vor uns als der Zug wieder einmal hält. Die beiden Franzosen steigen aus, wir freuen uns darauf die Füße ausstrecken zu dürfen und ich gehe erstmal raus um die Lage zu checken (man muss hier keine Angst haben dass der Zug gleich wieder losfährt wenn er erstmal steht...).
Hurra, es gibt kaltes Bier! Das muss ich ganz schnell Christa erzählen. Halt, nein - schnell noch vorher eines gekauft ehe man nicht mehr wiederkommen kann...
Ich komme also mit meinem Schatz zum Waggon zurück da haben sich schon 3 junge Burschen um meine Frau geschart. Ohne schlechte Absicht freilich, es handelte sich um Englischstudenten die schlicht und einfach die Sprache üben wollten so lange der Zug in der Station hält.
Englisch und Christa? Es gibt bessere Kombinationen und so war sie froh als ich wieder auftauchte und mit den Jungs ein wenig Konversation machte.
Dauerte nicht lange, dann taucht am Waggonfenster ein Tourguide auf. Relativ schüchtern fragte er ob wir nicht Lust hätten hierzubleiben, bei diesen Worten zückt er eine abgegriffene Kladde die er aufschlägt.
Darin handgeschriebene Referenzen von Leuten aus aller Herren Länder, für uns noch kein Grund auszusteigen - unsere Pläne sind andere.
Dann zeigt er uns noch - nicht ohne Stolz - 2 Zeitungsartikel, einer davon sogar aus dem deutschen Globetrotter-Magazin, in denen er mit Namen und Bild erwähnt wird.
Nun hatte ich ja irgendwann erwähnt dass einem das Leben manchmal Bälle zuwirft, mir schien die Zeit gekommen einen dieser Bälle zu fangen und so stiegen wir in diesem Städtchen aus.
Nyaing Nyaing war der Name des Mannes, wir sollten aber der Einfachheit halber 99 - Nine-Nine - zu ihm sagen. Er bot uns eine Trekking-Tour durch die umliegenden Berge des nördlichen Shan-Staates mit Homestay in einem Dorf. Heute 3 Stunden, morgen 7 Stunden zu gehen, Vollverpflegung für 35000 Kyatt.
OK, nehmen wir!
Wir wollten vor dem Start noch essen gehen - immerhin, es war schon nach 14:00 - 99 meinte kein Problem, zuerst fahren wir zu mir, dann sehen wir weiter. Er und einer unserer nepalesischen Englischsprechübungskumpels luden uns auf ihr Motorbike und fuhren uns zu 99´s Haus.
Dort gab es Instruktionen was wir für die 1 ½ Tage brauchen würden, die Hektik war groß, und auch eine warme Mahlzeit gab es für uns beide - frisch von seiner Frau zubereitet.
Danach mussten wir noch mit 2 Motorbikes auf Schleichwegen zum Stadtrand gefahren werden. Es ist nicht einfach hierzulande, es gibt einiges zu bedenken wenn man die verpflichtende Ausländerregistrierung umgehen will!
Dann hieß es absitzen und wir marschierten los. Nicht lange, bald zeigte er uns eine Bambuspapiermanufaktur die wir uns ansehen konnten.
Wieder einmal wird hier alles in Handarbeit gefertigt, es ist einfach nicht zu glauben mit welchem Aufwand, mit wievielen Arbeitsschritten ein paar Seiten billiges Papier hergestellt werden!
Am Ausgang sind 2 altertümliche motorisierte Maschinen zu sehen die stillstehen. Auf meine Nachfrage meinte 99 lapidar: "Entweder die Bediener haben heute frei oder es weiß niemand wie die Maschinen funktionieren."
Leute, meint nicht es wäre eine Verkaufsvorführung gewesen!
99 kannte die Leute hier gar nicht. Man kann hier einfach so in eine Betriebsstätte reinmarschieren, sich umschauen und dann wieder gehen.
Man wird entweder ignoriert oder bestaunt, eine kurze Ablenkung wir meist gerne und mit einem Lächeln gesehen.
Dann geht es Stadtauswärts in die Berge. Bald zeigt uns 99 die ersten Zaubertricks, manche hatte der gute alte Wutschiwutsch schon auf Lager, aber einige lassen uns jetzt noch rätseln. Ich sehe erstmals Ananasfelder, schade dass jetzt nicht Saison ist, sie müssen noch einige Monate wachsen!
Bei einem der Ananasbauern machen wir Rast und 99 bietet uns Marschverpflegung an:
Nicht lange währt die Pause - Freunde wir müssen dann!
Wo man Menschen sieht - lachende Gesichter und freundliches Winken. Trotz harter Arbeit - dafür ist immer Zeit!
Nun ist ja nicht ganz auszuschließen dass auch der reisewilligste Waldviertler einmal müde wird und so sind wir später froh das Ziel des heutigen Tages erreicht zu haben.
Es handelt sich um ein Dorf in dem Leute des Shan-Volkes leben, bei einer dieser Familien soll unser Nachtlager aufgeschlagen werden.
Es gibt einige Frauen im Haus und viele Kinder, die ganz aufgeregt sind weil heute Ausländer zu Gast sind!
Bei Shan´s zu Hause
Ein einfaches aber leckeres Abendmahl wird uns aufgetragen, die Oma und die Grande Dame der Familie setzen sich zu uns an den Tisch. Es wird viel gelacht, wir sprechen mit Händen und Füssen und was gar nicht geht übersetzt 99.
Dieser wollte dann ganz gerne zur Ruhe sich begeben, war jedoch nicht möglich weil heute einer von 2 Tagen des Monats war wo es abends Strom gab.
Und weil diese Familie einen Fernseher besaß, noch dazu Ausländer die es auch lohnte sich anzuschauen, war in kürzester Zeit unser vorgesehenes Wohn-, Schlaf- und auch sonst Raum-für-alles-mögliche dicht besetzt!
Wir teilten derweil Luftballons aus, bekamen von kleinen Kindern Ehrenbezeugungen bisher ungekannten Ausmaßes, (Buddha würde vor Neid erblassen) und nahmen - ob der einsetzenden Kaltluft - mit einem Platz in der Küche vorlieb.
Christa gleich neben dem Herd...
...und ich, weil es einfach eine nette Location ist um einen Reisebericht zu schreiben.
Um halb 10 ist der Film dann vorbei, die Ausländer auch nicht mehr sooo interessant und deshalb können wir dann unser hartes Lager auf Bambusmatten mit Deckenunterlage in besagtem Zimmer für alles einnehmen.
Gleich neben unserer Liegerstatt ist der Familienschrein und deshalb wird noch, als wir schon am Einschlafen sind, von jeder Dame des Hauses ein flinker buddhistischer Rosenkranz gesprochen und allen lebenden und verstorbenen Verwandten, Bekannten und Gästen (in diesem Falle auch uns) nur das Allerbeste gewünscht.
Sonnenuntergang des Tages: In den nördlichen Shan-Bergen
Buddhistische Weisheit zum Tag:
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten.
Aufbruch: | 15.02.2011 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 13.03.2011 |
Thailand