Geheimnisvolles Myanmar
Upper-Class nach Moulmein
Myanmar - Reisetipp #6:
Eine Reise in die "Gute alte Zeit"? Der Süden Myanmars könnte dir bei diesem Vorhaben dienlich sein.
Wie nicht anders zu erwarten funktioniert unser Pick-Up-Service morgens vom Hotel klaglos. Kein Wunder, hatten wir doch unsere beiden Kumpels vom Vortag für den Transfer zum Bahnhof engagiert. Einer von ihnen hat uns sogar noch in den richtigen Waggon verfrachtet (wir sind normal nicht so hilflos - was aber wenn die Waggonnummer nur in Kringelschrift bezeichnet ist?)
Diesmal aber: Upper-Class!
Es ist durchaus bequem, es stört auch nicht dass alle Sitze in Liegeposition "eingefroren" sind. Unangenehm ist vielleicht der manchmalige Klapptablettabfall auf die Knie, verursacht von nachlassenden Haltefedern in den letzten 60 oder mehr Betriebsjahren.
Außer uns befinden sich noch ein Ungar sowie besagte burmesische Geldsäcke im Waggon. Be- bzw. überwacht werden wir von einer Abordnung staatlicher Überwachungsorgane mit finsterem Blick.
Einen weiteren Passagieranteil bildet der Mönchsorden, für Menschen des Glaubens dürfte die Upper-Class gratis sein (Später steigen auch Nonnen zu, was unsere Annahme bekräftigt).
08:15 - pünktlich startet unsere Reise in den Süden. Zuerst noch durch flaches Land, Wasserkresse wird von Reisfeldern abgelöst.
Später gibt es ausgedorrte Flächen zu sehen wofür wir 2 Theorien anbieten:
a) Es wird von der Myanmarischen Regierung eine Brachprämie ausgeschüttet.
Oder
b) Es ist einfach Schweinetrocken vor dem Beginn der Regenzeit.
Wir tendieren eher zu (b), wissen es aber nicht genau.
Der erste Halt ist in Kyaikhto, hier wären wir auch ausgestiegen hätten wir ein freies Zimmer am Golden Rock bekommen. Viele Menschen verlassen hier den Zug, unser Waggon ist jetzt halb leer. Der Golden Rock ist vor allem am Wochenende - und heute ist Freitag - ein beliebtes Pilgerziel für burmesische Gläubige.
Nun, liebe Freunde, begann für mich eine der wundersamsten und bemerkenswertesten Zugfahrten die ich je gemacht habe (und machen werde). Vergesst Shinkansen, TGV und alle sonstigen Hochgeschwindigkeitszüge!
Was bekommt man da geboten? Man fährt weg und wenn man ankommt ist man zwar weit gekommen, trotzdem ist es später als beim Wegfahren.
Anders bei uns: Mit einer verfeinerten Version von Doc Brown´s Fluxkompensator scheinen wir durch die Zeit zu reisen. Einen DeLorean brauchen wir nicht und es geht auch nicht schlagartig, beim Blick aus dem Zug spult sich Jahrzehnt für Jahrzehnt zurück während die Dörfer am Fenster langsam vorbeiziehen.
Kein Asphalt, kein Stromkabel, keine Sat-Antenne und kein Auto geben Hinweis auf die Jetztzeit. Eines der wenigen motorisierten Gefährte das wir vor Moulmein gesehen haben könnte evtl. einer unserer daheimigen Traktoristen identifizieren:
Tatsächlich fühle ich mich ganz und gar in das Leben vergangener Zeiten zurückversetzt. Während aus jedem armseligen Dorf die Kinder auf die Bahn warten um den Reisenden zuzuwinken ist es beinah so als wäre man ein britischer Kolonialherr, im Privatzug durch die Lande ziehend.
Versteht mich nicht falsch werte Leser, durchaus ein fragwürdiges Kapitel europäischer Geschichte.
Und trotzdem eine faszinierende Epoche, die Entdeckung fremder Kulturen, die Erforschung ferner Länder (die Ausbeutung lassen wir jetzt mal außen vor...).
Ich kann mich kaum sattsehen an der Vergangenheit, zudem wird die Landschaft immer bergiger und beinah jeder Gipfel ist mit einer vergoldeten Pagode gekrönt. Nicht nur das, immer wieder ragen aus dem Dschungel an den Hängen goldene Spitzen heraus, an unzähligen Stellen kann man Stupas sehen.
Es stellt sich die Frage: Wer hat das alles gebaut und mit wessen Geld? Eine mögliche Erklärung, naemlich den Fleiss der Birmanen betreffend, liefert folgende Beobachtung:
Hier wird der Berg abgetragen, er besteht aus reinem Granit.
Und hier, direkt an der Bahnstation von Zingyike, wird er mit Hammer und Muskelkraft emsig gebrochen - der Bahn- und Straßenbau in Myanmar benötigt Schotter!
Ich bin kein geduldiger Mensch, das Fliegen zum Beispiel ist mir ein Graus.
In diesem Fall aber war es schade dass die Bahn nur eine Stunde Verspätung hatte und so ratterten wir über die neue Brücke - welche die längste des Landes ist - und waren nun nach 8 Stunden angekommen in der alten Kolonialstadt Moulmein.
Sicher denkt ihr hier wäre jetzt wieder alles hip, bei Twitter, Facebook und Co., immerhin ist Moulmein die drittgrößte Stadt des Landes. Na ja, hip war es schon in Yangon nicht...
Genau wie gestern gibt es kein Taxi, die Transportmittel heißen wieder mal Motorbike, allerdings zum halben Preis als noch in Bago. Dafür sprechen die Fahrer noch weniger Englisch und unser burmesisch ist im Vergleich zum ersten Tag auch nicht nennenswert besser geworden - was die Sache zwar billiger aber nicht einfacher macht.
Aber weil wir schon das Kolonialfeeling haben lassen wir uns ins Than Lwin Hotel fahren, Loose empfiehlt die Junior Suite im alten Herrenhaus.
5m hohe Decken, Schnitzwerk, Teak-Vertäfelung und ein Ventilator der -wupp-wupp-wupp-wupp- träge die stickigheiße Luft umwälzt. Dazu Teatime und ein Tropenhelm auf der Hotelterrasse an der Strandroad, genau so wie Sir und Lady Winterbottom vor 80 Jahren.
Very British!
Der Tag war noch nicht ganz um, der Tatendrang war groß und deshalb machten wir uns auf die Suche nach einem Mopedtaxi.
Manche werden nun meinen: diese Schnorrer, ehe sie mit dem Auto fahren sparen sie lieber 2 Euro. Dem mag zwar manchmal so sein, in Moulmein jedoch ist die Auswahl diesbezüglich gering.
Im Hotel wird zwar gebuckelt und bedient, aber für Stadttouren ist man hier nicht vorbereitet (So etwas hätte Sir Winterbottom vor 80 Jahren auch kaum gemacht...).
Uns doch egal, gehen wir eben 2x um die Ecke und winken 5x vergebens ehe wir wissen wer das Motorbiketaxiservice anbietet (normal eh jeder 2.).
Wir lassen uns auf den Stadthügel bringen. Zur Kyaik Thanlan-Pagode. Ja ... ich verspreche euch mit diesen Namen aufzuhören. Euch interessiert es nicht und ich breche mir jedes Mal die Finger beim Schreiben.
Wird auch gerade renoviert und hat deshalb ein Mäntelchen an.
Egal, wir sind ja auch nur für den Sonnenuntergang hier. Und der ist, mit Verlaub, á la bonneur!:
Buddhistische Weisheit zum Tag:
Nicht der ist der Beste, der der Beste von allen ist, sonder der, der sich selbst überwindet.
Aufbruch: | 15.02.2011 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 13.03.2011 |
Thailand