Projekt X – Ein Jahr durch Asien.
Indonesien: 07.07. - 12.07.2011 Immer noch ...
Hihi, ich bin ...
... immer noch am Toba-See! Es ist aber auch zu schön hier. Und ich habe ja Zeit!
Heute gibt es ein bisschen Kultur. Anna hat mich während der letzten Tage zu einer Beerdigung, einem großen Familienfest und einem Kirchenjubiläum mitgenommen.
08.07.2011 Beerdigung
Die Familie des Toten steht "meiner Familie" nicht sehr nahe, aber Beerdigungen werden hier traditionell im großen Kreis begangen.
Trotzdem es mir an diesem Tag überhaupt nicht gut geht (mich plagen Magen und Kopf), lasse ich mir die Beerdigung nicht entgehen.
Was ich erlebe, ist eine fast heitere Veranstaltung, die hauptsächlich dazu dient, sich bei dem Toten zu bedanken und ihm eine gute Reise zu wünschen.
Was gleich auffällt: Einige große Tafeln, auf denen mit Hunderten künstlichen Blüten Danksagungen und Wünsche für den Toten aufgebracht sind.
Immer wieder wandelt die Familie des Toten - in die prächtige Batak-Tracht gehüllt - nach Art des traditionellen Batak-Tanzes durch die Reihen der Freunde oder Kollegen des Toten, und umgekehrt. Dabei wird immer Geld übergeben. Ich möchte nicht wissen, welche Summen an diesem Tag fließen.
Am Rand der Veranstaltung wird bereits Reis gekocht. Später gibt es dazu den Ochsen und das Schwein, die dran glauben mussten. Allerdings nicht für mich, ich kann heute schon kaum den Geruch des Essens ertragen.
Auf dem vorherigen Bild seht Ihr auch mal, wie die Frauen alle möglichen Sachen transportieren - in einer schwarzen Plasteschüssel auf einem Tuch auf dem Kopf. Hier ein alltägliches Bild, vor allem, wenn die Frauen zum See gehen, um ihre Wäsche oder Geschirr zu waschen. Gerade merke ich, dass ich noch gar kein richtiges Foto davon habe. Allerdings scheue ich mich oft, Menschen "ins Gesicht" zu fotografieren.
Der Sarg ist während der gesamten Zeit halb geöffnet, immer sitzt jemand von der engeren Familie bei dem Toten. Als sollte er alles miterleben und noch mal einen schönen Tag haben.
Nach dem Essen werde ich mit dem Moped nach Hause gefahren. Mir geht es inzwischen überhaupt nicht mehr gut. Anna und Tim ergehen sich in Mutmaßungen darüber, woher das wohl kommt. Hier eine Auswahl: Ich zu viel geschlafen. Ich habe zu wenig geschlafen. Ich habe zu viel gelesen. Ich bin am Vorabend zu spät ins Bett gegangen, weil Anna und ich "Hulk" im Fernsehen geguckt (und uns dabei über "gute" amerikanische Filme unterhalten) haben. Ich bin zu allein. Ich unternehme zu wenig. Ich habe Heimweh. Ich habe einen Sonnenstich.
Ich nehme diese Schlussfolgerungen zur Kenntnis, habe allerdings meine eigene Theorie: Traditionell essen die Batak mit der rechten Hand - ohne Besteck. Die linke Hand ist für die Körperhygiene vorbehalten und gilt deshalb beim Essen als unrein. Die rechte Hand wird zwar vor und nach dem Essen gewaschen, aber meist nur mit Wasser. Da kommt es sehr darauf an - vor allem mit einem verwöhnten Touri-Magen - in welchem "Zustand" die Hand vor dem Essen war.
Ich esse normalerweise mit Löffel und Gabel (Messer gibt es hier nicht), aber insbesondere zu den offiziellen Anlässen gibt es diese Annehmlichkeiten nicht. Da muss man die Hand nehmen oder hungern. Ich entscheide mich immer für die Hand. Meistens gibt es dann Reis mit Fleisch oben drauf. Das Fleisch ist ..., sagen wir, nicht sehr ausgesucht. Das Fett kann schließlich nicht einfach übrig bleiben. Und dann muss der Magen eben manchmal leiden ...
Am nächsten Tag ist aber alles wieder normal.
09.07.2011 - Familienfest und Kirchenjubiläum
Der Samstag steht ganz im Zeichen des Namens "Siallagan". Die Nachkommen dieses früheren Clans sind heute weit verzweigt und zum Teil über ganz Indonesien, Asien und sogar über die ganze Welt verstreut.
Tim - seit ihrer Hochzeit auch Anna - gehört zum Clan der "Siallagan", der früher in dem Dorf Ambarita hier auf Samosir ansässig war. Heute gibt es dort ein Freiluftmuseum, die "Stone Chairs" des Königs der Siallagan (Ein Besuch lohnt sich übrigens, da die Guides sehr gute "Performer" sind. Die Batak-Clans haben bis vor einigen Jahrhunderten ab und zu Krieg gegeneinander geführt. Dabei wurden auch manchmal Gefangene gemacht, die während eines Rituals getötet und gegessen wurden. Vor allem diese Szenen präsentieren die Guides sehr authentisch und mit großem Engagement!).
In diesem Museum findet das Fest des Siallagan-Clans statt. Alle Siallagans - aus ganz Indonesien und sogar aus Australien, Holland, Kanada - sind dafür zusammen gerufen worden - für mich eine unfassbare Vorstellung.
Anna fragt mich, ob ich mit möchte. Natürlich! Als wir ankommen, ist das "Kulturprogramm" in vollem Gang. Präsentiert wird Batak-Folklore, selbstverständlich von Angehörigen des Clans, zu dem auch ein "Celebrity" aus Jakarta gehört. Und wieder fließt sehr viel Geld. Bei jedem Beitrag auf der Bühne steht ganz vorn eine Bananenkiste, in die immer wieder Scheine fallen. Teilweise größere Summen, welche den Zuschauern auch gern vorher präsentiert werden.
Zwischendurch - zur Motivation der Massen - immer wieder der Ruf:
Moderator: Pasibor! (So ähnlich wie "Vereinigte!")
Publikum: Horas! (Hallo)
Moderator: Horas!
Publikum: Pasibor!
Nach einer Weile lasse ich mich mitreißen und rufe mit.
Ca. 1500 Leute sind zu diesem Fest gekommen, was sehr professionell wie ein großes Volksfest aufgezogen wird.
Es wird getanzt ...
... und mitgetanzt (zunächst nur im Sitzen - ausgeflippt wird erst abends).
Diese Frauen sind entzückt von ...
... diesen 3 Brüdern, die Batak-Folklore darbieten. Aber wie!
Diese Kleinen beherrschen bereits die ganz großen Gesten.
Und verdienen eine Menge Geld an diesem Tag. So viel, dass der Kleinste gar nicht weiß, wohin mit den vielen Scheinen.
Von diesem habe auch ich gegessen. Ohne Besteck. Aus einer Papiertüte. Mit der rechten Hand.
Als "eine Stunde Ausruhen" verordnet wird, gehen Anna und ich zu einem anderen Fest. Die Kirche im Ort Ambarita feiert 150jähriges Jubiläum.
Hier gibt es ebenfalls Kulturprogramm: Ein Wettbewerb zwischen 5 Tanzgruppen findet statt. Endlich sehe ich "Batak Dancing" von Frauen getanzt - und nicht von 17jährigen Mädchen zur Belustigung von betrunkenen Touristen abends in der Bar (Damals hatte ein alter Mann durch das Programm geführt. Er hatte einen ganz krummen Rücken - wahrscheinlich vor lauter Gram darüber, dass er zweimal pro Woche diese fast erbärmliche Veranstaltung über sich ergehen lassen muss.).
Die erste Gruppe.
Die Damen der vierten Formation.
Und die letzte Darbietung.
Haarteil ist Pflicht. Leider gibt es die nur in Schwarz.
Die offizielle (und inoffizielle?) Jury
Die Band mit Batak-Trommeln ...
und anderen Schlaginstrumenten.
Ich bin für bunte Plastestühle in jeder Kirche!
Nach dem Wettbewerb gehen wir wieder zum Fest. Dieses wurde vom Museum an den See verlagert. Inzwischen ist es dunkel. Das Spektakel geht genau so weiter, wie es am Nachmittag aufgehört hat. Immer wieder "Pasibor! Horas! Horas! Pasibor!. Jetzt auch immer wieder Feuerwerk. Immer wieder Live-Batak-Musik. Hier und da wird gegessen. Hier und da wird getanzt und den Sängern zugejubelt.
Anna erzählt am nächsten Tag (mit tiefen Augenringen), dass es sehr spät geworden ist.
Aufbruch: | 20.06.2011 |
Dauer: | 18 Monate |
Heimkehr: | 31.12.2012 |
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