Peru erwartet uns
Märkte
Heute Morgen hiess es Abschied nehmen vom Titicacasee auf 3800 m. Vom Blau des Wassers, von der Weite die uns alle fasziniert hatte. Ein letzter Blick aus dem Frühstücksraum hinaus auf die tiefblaue Bucht, unser Bus wartete um acht Uhr.
Unser heutiges Ziel war die Inka-Metropole Cusco. Gut 400 km lagen vor uns, aber da wir ein paar Stopps eingeplant hatten, dauerte die Fahrt den ganzen Tag. Die klassische Touristenroute, die kaum ein Peru-Reisender auslässt. Eine äusserst abwechslungsreiche Fahrt. Meist fuhren wir entlang der Bahnlinie, die hier täglich einmal zwischen den beiden Metropolen verkehrt.
Unser erster Halt galt Pucara. Hier hatte man Ausgrabungen aus der Prä-Inka-Zeit gefunden, die um das Jahr 200 datiert werden. Bereits damals wurden Terrassen angebaut und es taucht zum ersten mal das Andinenkreuz auf, das an allen Marktständen als Anhänger gekauft werden kann.
Wir besuchten das kleine Museum und entdeckten so nebenbei zum ersten Mal die beiden Kühe, die auf einigen Häusern stehen. Sie symbolisieren einen Stier und eine Kuh und sollen die bösen Geister abhalten und Glück bringen. Wie gut, dass sie auf dem Markt vor der Kirche in Miniaturausgabe angeboten werden. So konnten ganz individuell ein paar Kuhherden eingekauft werden.
Die Strasse stieg wieder einmal an und irgendwann grüssten uns die Schneeberge der Anden mit ihren 5 - 6000 Metern. Bald schon hatten wir unseren heutigen höchsten Punkt erreicht: La Raya mit 4335 m. ü. Meer. Selbstverständlich lockten auch hier ein paar Händler mit ihrem farbigen Angebot. Was sich allerdings am Himmel zeigte, hatten wir alle noch nie gesehen. Rund um die Sonne lag ein Regenbogen. Wir versuchten das Phänomen zu fotografieren, konnten aber keine Erklärung dafür finden.
Bald gab es einen Mittagshalt in einem Touristenrestaurant, wo ein Buffet die verschiedensten Spezialitäten anbot.
Der nächste Halt galt Raqchi, einem Sonnentempel aus der Inkazeit. Zwar ist nur die mittlere Mauer des Tempels stehen geblieben, aber sie zeigt die Reste einer gewaltigen Anlage mit runden gemauerten Säulen was in der Inkaarchitektur eine Einmaligkeit darstellt. Hinter dem Tempel besuchten wir auch die alten Vorratsspeicher in denen die Vorräte zum Teil über Jahre aufbewahrt werden konnten. Und hier trafen wir auf Maria. Sie hatte einen Korb Holz auf dem Rücken und schien auf dem Heimweg zu sein. Wir gaben ihr ein paar Soles für die Foto, wurden aber später die Vermutung nicht los, dass sie sich als Fotosujet jeden Tag hier aufhält und den Korb über Nacht hinter einer Mauer deponiert. Egal, es gibt eben verschiedene Möglichkeiten, sich den Lebensunterhalt zu verdienen.
Auf dem Markt in Raqchi herrschte eine gute Stimmung. Überall erklang Musik. Sei es vom Verkäufer, der seine Panflöten und Flauten anbot und dabei zeigte, wie sie tönen, sei es von der Verkäuferin, die ganz fein mit einem Stecklein auf einen ihrer Töpfe schlug, um so die Aufmerksamkeit aus sich zu ziehen oder von einem Lautsprecher, wo wieder einmal 'el condor pasa' erklang.
Ich versuchte die Stimmung mit der Videokamera einzufangen und half nebenbei beim Uebersetzen und Einkaufen. Interessant zu sehen, dass wir alle den Bezug zu den Wochentagen schon längst verloren hatten und öfters mal bei Rene nachfragen mussten, was für ein Tag denn heute sei, die Enkelkinder aber gerade auf all den Märkten immer wieder auftauchen. Da werden Pulloverchen gekauft, Anhänger, Spielzeug, Pfeiffen, Käppchen. Immer wieder die Frage: "Würde ihm das passen? Glaubst du dass er sich daran freut? Passt das für ein kleines Kind?"
Diese bunten Märkte haben eine magische Sogwirkung auf uns Frauen. Es nutzt auch gar nichts, wenn wir ohne Geld aus dem Bus steigen, um ja nicht den Verführungen zu erliegen, am Schluss findet immer wieder ein kleines oder grösseres Souvenir den Weg in unsere Tasche. Man glaubt, sie wären alle gleich, diese farbigen Verkaufsstände und doch entdeckt man immer wieder etwas neues, etwas das noch niemand sonst angeboten hat. Ich fand zum Beispiel ein kleines bunt gemaltes 'Eile mit Weile' das ich für meine Lodge unbedingt kaufen musste.
Manchmal braucht es etwas Geduld von unseren Männern, die nur ganz selten auch einen Einkauf tätigen. Darum trifft man sie dann eher irgendwo im Schatten oder vor der Kirche sitzend an, wo sie dem Treiben mit gemischten Minen zusehen.
Der nächste Markt fand vor der alten Jesuitenkirche von Andahuaylillas statt. Diese kleine Kirche wird auch die sixtinische Kapelle der Anden genannt, weil ihr Inneres reichhaltig geschmückt ist. Die Wände sind über und über mit Fresken bemalt. Darüber hängen gewaltige Bilder und die Altäre und Kanzeln sind mit Gold und prunkvoll gewandeten Heiligenstatuen überhäuft.
Dass in der Kirche fotografieren verboten ist, wusste ich, hatte mir aber vorgenommen, trotzdem heimlich die eine oder andere zu knipsen. Das ging aber nicht, weil bei der Kanzel eine Frau stand, die offensichtlich jeden genau ins Auge nahm, der auch nur den entferntesten Anschein machte, dass er die Kamera zücken könnte. Ausserdem wurde die Kirche restauriert, überall standen abenteuerliche Gerüste und so verschwand auch der Reiz der verbotenen Foto. Ich fragte die Frau, wer denn diese aufwändige Renovation finanzieren würde. 'Repsol', eine der grossen Treibstofffirmen, war die überraschende Antwort.
Vor der Kirche traf ich Narcissa, eine alte Frau, die vergessen hatte, wie alt sie ist. Sie lebt mit ihrem Hund, ganz ohne Mann und Kinder in der Nähe und bettelt um ein paar Soles für ihren Lebensunterhalt.
Schwierig, mit solchen Leuten zu sprechen, denn manchmal können sie kaum spanisch, und ausserdem sprechen sie so leise, dass ich das Gefühl habe, dass sie über lange Zeit kaum mit jemandem ein Wort wechseln. Ich kaufte im nahen Dorfladen ein paar Brötchen für sie und konnte sehen, wie ihre Augen leuchteten.
Draussen zog die Gegend vorbei. Wir sahen Frauen am Bach ihre Wäsche waschen, Männer die mit dem Ochsenpflug ihre Felder bestellten. Es war als ob wir durch eine andere Zeit fahren würden.
Bei Sonnenuntergang um sechs Uhr kamen wir in Cusco an. Nach der langen Fahrt kam das bequeme Hotel gerade richtig. Nur noch ein kurzer Spaziergang zur Plaza des Armas, wo die Kathedrale in einem magischen Licht leuchtete. Nachtessen in einem Restaurant mit Aussicht auf die Kathedrale und danach gab es für mich nur noch eines: schlafen.
Da das Internet eh nicht funktionierte, fiel ich fast unmittelbar in einen tiefen Schlaf.
Mr. Woodman war heute schon am Morgen sehr entspannt. Er hatte gestern seine Antwort geschrieben und fühlte sich recht selbstbewusst.
Auf der Passhöhe wollte er unbedingt Bekanntschaft mit einem Alpaka machen und schloss auch gleich Freundschaft mit der Frau, die es an der Leine führte. Ein Orang Utan auf dieser Höhe, da staunten selbst die Souvenirhändler, die aus ihren Alpakafellen gefertigte warme Mützen und kleine Alpakas anboten.
Aufbruch: | 30.08.2011 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 25.09.2011 |