Peru erwartet uns
Klosterdorf
Sonntagmorgen. Strahlender Sonnenschein weckt mich. Frühstück gibt es draussen im Hof. Wir müssen heute sogar nicht so früh raus und ausserdem bleiben wir noch eine Nacht länger im Hotel. Also fällt das Kofferpacken aus.
Um neun erwartet uns Marcia zur Stadtführung. Zuerst fahren wir mit dem Bus hinauf zum Aussichtspunkt Carmen Alta wo man einen grandiosen Blick hat zu den drei Vulkanen, die Arequipa einrahmen sowie die Terassen, die schon von den Inkas angelegt und bis heute für den Anbau von Gemüse benutzt werden. Fast alles wächst in und um Arequipa, erzählt Marcia.
Danach fahren wir zu einem zweiten Aussichtspunkt, wo uns Marcia an der Fassade im spanisch-barocken Stil die drei Symbole der Inkas erklärt, die von der christlichen Kirche übernommen wurden, um das Verständnis der Ureinwohner zu gewinnen: die Schlange für den Untergrund, den Wohnsitz der Toten, der Puma für die Erde und das Leben und den Condor für die Luft und die Welt der Götter.
Danach fahren wir zurück zur Plaza des Armas, von wo wir zu Fuss weiter gehen. Der Platz ist voller Leute. Das Fest der heiligen Rosa von Lima wird gefeiert und darum folgen der sonntäglichen Parade viele verschiedene Vereine und Universitäten. Alle, die die Heilige als Patronin haben, begleiten heute die Parade. Es wimmelt nur so von Menschen. Die Teilnehmer der Parade marschieren mit ensten Minen und im Stechschritt. Alle Altersstufen sind vertreten. Da gibt es kleine Kinder, die mit der ganzen Schulklasse in ihren Uniformen antreten, aber auch gestandene Männer oder Frauen. Es sind einige Musikkorps dabei, so dass der Platz von Musik dröhnt. Eine Zeitlang sehen wir dem Treiben zu, staunen und sind beeindruckt von der Ernsthaftigkeit und überschäumenden Lebensfreude, mit der die Menschen diesen Festtag feiern.
Marcia drängt weiter, sie will uns noch so vieles zeigen. Übrigens spricht sie sehr gut deutsch, so dass Rene heute einmal nicht so viel erklären muss.
Als nächstes kommen wir zum Jesuitenkirche. Als wir unter die grosse Kuppel treten, verschlägt es uns fast die Sprache. Der ganze Raum, alle Wände und die ganze Decke sind vollständig bemalt. Es gibt Symbole aus allen Teilen Perus. Das ganze Leben und alle Pflanzen und Tiere sind dargestellt. Wir kommen aus dem Staunen fast nicht mehr heraus. Leider ist es verboten, Fotos zu machen. Marcia passt ganz genau auf, dass die Regeln eingehalten werden, so dass ich auch gar nicht versuche, versteckt auf den Auslöser zu drücken.
Das ist das einzige Bild, das ich von der Kuppel im Internet gefunden habe. Anscheinend halten sich die Leute an das Fotografierverbot.
In den Arkaden der wunderschönen Innenhöfe gibt es kleine Geschäfte. Hier erklärt und zeigt uns Marcia die Unterschiede von Alpaca und Lamawolle. Und sie zeigt uns die seidige Feinheit von Vicuna-Wolle. Vicunas leben wild über 4000 m. Ihre Wolle ist so wertvoll, dass ein Pullover aus diesem Material mehrere Tausend Franken kostet. Pro Vicuna kann zweimal im Jahr höchstens 200 Gramm Wolle geschoren werden. Hier in Arequipa ist das Zentrum der Wollfabrikation und deshalb könne man nirgendwo sonst so günstig Produkte aus Alpaka einkaufen.
Ganz können wir der Versuchung nicht widerstehen und so verlassen einige von uns die Läden mit einem Plastiksack.
Als nächstes kommen wir zum Kloster Santa Catalina. Hier wohnen heute noch 20 Nonnen. Früher war es ein geschlossenes Kloster für Töchter reicher Familien. Es war günstiger, den Eintritt ins Kloster zu finanzieren, als einer Tochter eine würdige Mitgift in die Ehe zu bezahlen und so kam es, dass viele Frauen ihr Leben im geschlossenen Kloster fristeten. Dieses Kloster war allerdings etwas sehr spezielles. Die Nonnen wohnten in eigenen Häusern. Sie hatten zwar keinen Kontakt untereinander, wurden aber begleitet von Dienerinnen, die zum Teil mit ihren Kindern in den Häusern wohnten. Heute kann man die Zimmer besuchen, die verschiedenen Küchen, in denen von den Dienerinnen die Mahlzeiten gekocht wurden und die Arbeitszimmer, in denen die Nonnen wertvolle Kleider für die Priester herstellten. Es gibt im Klosterinnern Strassen mit Namen wie Toledo, Granada, Cordoba. Und es gibt eine kleine Krankenstation, wo die Krankenbetten in Nischen aufgestellt waren, so dass keine Kontakte untereinander möglich waren. Selbstverständlich durften Nonnen keine Männer sehen, darum kam kein Priester ins Kloster. Lediglich ein paar Nonnen, die Lesen und Schreiben konnten, durften sich um die medizinische Versorgung der Kranken kümmern.
Nach dem sehr interessanten Rundgang durch das Dorf im Kloster hatten wir Hunger und liessen uns auf der Dachterrasse in einer ruhigen Gasse ein feines Mittagessen schmecken. Es gab Pizza, Pasta und Beat und ich bestellten die Spezialität von Arequipa: pickant gefüllte Chilli. Etwas scharf, aber sehr gut.
Der Nachmittag stand zur freien Verfügung und ich suchte den Kodak-Shop. Meine Kamera war seit dem Sandabenteuer noch immer kurzsichtig, das heisst, ich konnte noch immer nicht den Zoom benutzen. Leider war der Shop geschlossen und kein Schild zeigte an, ob er heute noch einmal öffnen würde. So muss ich wohl auch in Zukunft mehr aus der entfernen Übersicht fotografieren, oder selber näher an die Dinge rangehen. Danach spazierte ich über die Plaza de Armas, wo es seit dem Vormittag ruhiger geworden war. Ich sah den Fotografen zu, die Liebespaare und ganze Familien ablichteten, beobachtete den Getränkeverkäufer, der seine in Plasticksäcklein abgefüllten Flüssigkeiten anbot. Dort las ein älterer Mann aus der Bibel vor und da drüben verkaufte eine Frau ihre Handarbeiten. Aus einem Torbogen ertönte Panflötenmusik und um die Ecke versuchte jemand ein paar Takte auf einer verstimmten Gitarre anzuschlagen. Ich liebe dieses Gewusel und komme manchmal mit jemanden ins Gespräch.
um 17.00 trafen wir uns alle wieder beim Hotel. Warme Jacke mitnehmen, hatte Rene gesagt. Er führte uns auf die Terrasse eines Restaurants. Und hier, hoch oben, gleich neben den Türmen der Kathedrale warteten wir auf den Sonennuntergang.
Er war so grandios, so farbig, so romantisch, dass ich jetzt beim Betrachten der Bilder einfach immer noch staunen muss. Wenn ich sie nicht selbst geschossen hätte, würde ich behaupten, sie seien getürkt.
Als ich gestern Abend nach dem Nachtessen ins Zimmer kam, war Mr. Woodman noch da. Aber später muss er durch das offene Fenster ausgebüchst sein, jedenfalls wurde er des Nachts in der Stadt gesehen. Er wird mir langsam etwas unheimlich. Am Morgen sass er nämlich neben meinem Bett und plädierte auf unschuldig.
Aufbruch: | 30.08.2011 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 25.09.2011 |