Peru erwartet uns

Reisezeit: August / September 2011  |  von Beatrice Feldbauer

Knochen

Nach dem gestrigen Erlebnis in Machu Picchu sind wir am Morgen alle noch etwas geschafft. Lucco, unser Chauffeur holt uns ab. Wir fahren durchs heilige Tal, kommen in die Nähe von Chinchero. Der Ort ist berühmt für seine reich bemalte Kirche, seinen Sonntagsmarkt und seine Textilarbeiten.

Und genau diese zeigt uns die junge Frau auf dem Balkon des Inka. Zuerst erzählt sie von den verschiedenen Materialien, die zum Färben der Wolle verwendet werden und dann zeigt sie uns die unscheinbare graue Laus, die auf den Kaktusfeldern gezüchtet wird. Immer wieder haben wir diese grossohrigen Kaktusse auf der Reise gesehen. Man erntet ihre Kaktusfeigen, pflanzt sie aber vor allem wegen den Cochinilla an, die den roten Farbstoff produzieren. Verwendet wird er vor allem in der Kosmetikindustrie und zum Färben von Textilien.

Die Kleine verfügt über eine natürliche Komik mit der sie uns alle verblüfft und begeistert.

Die Kleine verfügt über eine natürliche Komik mit der sie uns alle verblüfft und begeistert.

Mit einem Fingerdruck hat sie die Laus zerquetscht und auf ihrer Handfläche entsteht ein grosser roter Fleck. Sie wäscht sie in einer Schüssel klarem Wasser und taucht einen lockeren Wollballen in die tiefrote Flüssigkeit. "Was für eine Farbe entsteht, wenn ich Zitrone hineingebe?", fragt sie keck die Männer, "es gibt einen Preis für die richtige Antwort". Orange entsteht und als Preis darf man sich eine der älteren Frauen auswählen. Beat kann sich nicht entscheiden und verzichtet dankend.

Als nächstes zeigt uns die junge Verkäuferin wie gewoben wird. Der Knochen, den sie dazu schwingt, sei das Überbleibsel des letzten Touristen, der sich weigerte, etwas zu kaufen.

Weben, nähen und sticken

Weben, nähen und sticken

Wink mit dem Knochen, nicht mit dem Zaunpfahl, für alle Besucher, die glauben, dass sie nichts kaufen müssen.

Wink mit dem Knochen, nicht mit dem Zaunpfahl, für alle Besucher, die glauben, dass sie nichts kaufen müssen.

Die typischen drei Frisuren des Dorfes:
ledig (für jeden Freund einen Zopf)
verheiratet
verwitwet

Die typischen drei Frisuren des Dorfes:
ledig (für jeden Freund einen Zopf)
verheiratet
verwitwet

Witzig ist sie, die Siebzehnjährige und gerne hätten wir der Dorfgemeinschaft mehr abgekauft. Leider entsprechen ihre Gegenstände nicht ganz unserem Geschmack. Wir versuchen aber trotzdem, nicht als Knochen zu enden und jedes findet wenigstens etwas Kleines zum Mitnehmen.

Wir fahren weiter ins Dorf Chinchera auf der anderen Talseite. Zwar locken noch immer viele Handarbeiten zum Kaufen, aber der grosse Kaufrausch ist etwas verebbt. Viel interessanter ist es inzwischen, den Leuten bei der Anfertigung ihrer Sachen zuzusehen. So zum Beispiel dem Künstler, der mit einem spitzen Messer das ganze Leben der Bauern auf kleine und grosse Kalebassen bannt.

Hier entsteht eine ganze Alpaca-Herde. Oder sind es doch Lamas?

Hier entsteht eine ganze Alpaca-Herde. Oder sind es doch Lamas?

Oben auf dem Platz steht die alte Kirche, erbaut auf den Grundfesten eines Inkatempels. Es ist Messe und die Luft im Innern ist weihrauchgeschwängert. Die Kirche ist voll, doch immer wieder kommen Leute hinein, begrüssen die Umstehenden mit Handschlag, einem Nicken, knien nieder und sind schon bald in ein inniges Gebet versunken. Die Messe scheint endlos zu gehen. Man kommt, man geht, man kennt sich, grüsst sich, singt mit, gehört dazu.

Vor der Kirche breiten die Frauen ihre Angebote auf dem Boden aus und unten auf dem Hauptplatz findet der Gemüse und Früchtemarkt statt. Ein paar Planen spenden etwas Schatten. Wir schlendern durch den Markt, lassen uns von unbekannten Gerüchen verwirren, finden farbigen Mais, unbekannte Kartoffeln und winzige Karotten.

Der Gemüsemarkt findet auf dem Boden statt.

Der Gemüsemarkt findet auf dem Boden statt.

Ruth hat sich heute besonders hübsch gemacht

Ruth hat sich heute besonders hübsch gemacht

Dann fahren wir nach Cusco, wo wir in der Nähe der Plaza des Armas ein Hotel beziehen. Mit Martha und Xavi besuche ich den Sonnentempel, das einstige Zentrum der Inkawelt, auf dessen Mauern heute eine Kirche steht. Es sind unerwartet wenige Touristen da, darum können wir die alten Mauern ungestört bewundern. Und uns vorstellen, wie es war, als die Spanier die goldverzierten Zimmer vorfanden, den unvorstellbaren Reichtum der Inkas entdeckten.

Mit solchen Goldplatten waren die Räume des Sonnentempels ausgestattet.

Mit solchen Goldplatten waren die Räume des Sonnentempels ausgestattet.

Der ehemalige Sonnentempel

Der ehemalige Sonnentempel

Den Rest des Nachmittags verbummeln wir auf dem Platz vor der Kathedrale. Wir trinken einen Kaffee auf einem der schmalen Balkone und als uns ein Tourist von unten zufällig fotografiert, sage ich, dass es doch lustig wäre, wenn er uns diese Foto per mail schicken würde. Wir sehen ihm nach, wie er sich auf die Treppe setzt und da meint Martha, sie wolle ihm meine Bitte vorbringen. Gesagt, getan, sie schnappt sich meine Visitenkarte mit der email-Adresse und geht los.

Wir beobachten sie von oben, wie sie ihn anspricht, sein erstauntes Gesicht, die Erkenntnis, was sie von ihm will und tatsächlich, er schiesst noch einmal eine Foto von der lachenden Gruppe auf dem Balkon und scheint mit einem Nicken anzudeuten, dass er unserem Wunsch entsprechen wird. Jetzt warte ich natürlich gespannt, wann der Franzose, als solchen hat Martha ihn identifiziert, das nächste Mal zu einem Internet kommt.

Falls die Foto ankommt, werde ich sie nachträglich hier einfügen.

Von diesem Balkon aus hatten wir den ganzen Platz unter Kontrolle.

Von diesem Balkon aus hatten wir den ganzen Platz unter Kontrolle.

Ich muss noch einen Fotoapparat besorgen und im fünften Geschäft werde ich fündig. Weil ich die gleiche Marke will, wie den, den ich mit Sand von Ica gefüllt hatte, ist das gar nicht so einfach.

Zum Nachtessen gehen wir gemeinsam. Es gibt Meerschweinchen für alle zur Vorspeise. Das musste ja noch kommen. Es ist nicht schlecht, aber niemand hat das Bedürfnis, ein ganzes als Hauptgang zu bestellen.

Jetzt fehlt nur noch der Zwölferstein, der in einer nahen Mauer eingelassen ist, und wir haben das Programm für Cusco erfüllt. Selbstverständlich weiss ich, dass Cusco noch voller Entdeckungen ist, aber wir sind erstmal gesättigt und müde.

Während sich die Gruppe je nach Ermüdungsgrad auf eigene nächtliche Erkundungen aufmacht, treffen sich René und ich mit Andreas, einem Agenturleiter und Touroperator in Cusco. Er zeigt uns ein kleines interessantes Restaurant, wo wie er sagt, der beste Kaffee von Cusco zubereitet wird. Für Kaffee ist der Abend schon zu sehr fortgeschritten, der Pisco ist aber auch nicht ohne.

Der Zwölferstein heisst so, weil er zwölf Ecken hat.

Der Zwölferstein heisst so, weil er zwölf Ecken hat.

Als Mr. Woodman am Mittag hörte, dass wir am Abend ein Meerschweinchen essen wollen, hat er sich schmollend ins Hotel verzogen und konnte nicht dazu bewegt werden, sich noch einmal zu zeigen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich bin so begeistert von Peru, dass ich am liebsten all meine Freunde und Bekannten mitnehmen würde. Morgen starte ich mit sechs Leuten. Wir werden alle Höhepunkte dieses faszinierenden Landes besuchen und ganz am Schluss noch ein paar Tage in meiner Lodge am Amazonas verbringen.
Details:
Aufbruch: 30.08.2011
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 25.09.2011
Reiseziele: Peru
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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