Peru erwartet uns
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Der Urubamba, der später zum Ucayali wird und bei Nauta zusammen mit dem Maranon den Amazonas bildet.
Machu Picchu
Wunschziel seit meiner Kindheit. Zwar war ich vor drei Jahren schon einmal hier, aber damals war ich gesundheitlich etwas angeschlagen. Nach gut 3 Monaten herumreisen konnte ich neue Eindrücke nicht mehr so richtig aufnehmen. Ausserdem versteckte sich die Stadt hinter tief liegenden Wolken.
Diesmal aber bin ich fit, ausgeruht. Der Urubamba vor dem Hotelfenster hat mich in den Schlaf gewiegt und am Morgen mit seinem ungeheuren Brausen wieder geweckt. In ein paar Tagen werden wir seine Wasser wieder antreffen, wenn er als Ucuyali vor meiner Lodge vorbeizieht.
Um sieben Uhr erwartet uns Piter, unser lokaler Guide an der Rezeption. Als ich ihn frage, ob Mr. Woodman in seinem Rucksack mitkommen dürfe, hängt er ihn kurzerhand neben seinen eigenen Glücksbringer, ein kleines Eichhörnchen aus Germany, das ihm ein Tourist einmal geschenkt hat.
Zuerst fahren wir mit dem Bus die schmalen Serpentinenkurven hinauf zum Eingang nach Machu Picchu, dann heisst es noch einmal Wasser fassen und wir registrieren uns beim Eingang der Anlage.
Hinauf geht es auf dem alten Inka-Weg, der schon vor 500 Jahren von den Inkas angelegt und heute täglich von Tausenden von Touristen benutzt wird. Der Zugang wurde limitiert, nur noch 3000 Touristen werden pro Tag zugelassen.
Und dann liegt sie vor uns, die geheimnisvolle Stadt in den Anden auf 2360 m. Die Morgennebel haben sich verzogen und vor uns liegt das ganze phänomenale Panorama. "Genau hier hat die National Geographic damals die erste Foto geschossen", erklärt uns Piter und zeigt auf eine grosse Steinplatte. Natürlich müssen auch wir dieses legendäre Foto einfangen. Mit und ohne Teilnehmer, in den abenteuerlichsten Posen.
Und dann betreten wir die Stadt durch das offizielle Eingangstor. Piter führt uns hinauf zum Sonnentempel. Dem Altarstein werden magische Energien zugesprochen und darum sieht man immer wieder ganze Gruppen die dem Stein ihre flachen Hände entgegenstrecken, atemlos versuchen, etwas von dessen Energien einzufangen. Berühren ist allerdings streng verboten.
Wir kommen zum Tempel des Condors und zur Pacha Mamma wo noch immer das Herz hängt, mit dem mir bei meinem letzten Besuch mein Guide wieder etwas Kraft gegeben hatte. Heute brauche ich diese Aufmunterung nicht, ich fühle mich gut. Etwas mitgenommen zwar, vom Auf- und Absteigen, von der Höhe, von den vielen Eindrücken, aber stark genug für meine heutigen Pläne.
Zwischen den ehemaligen Wohnhäusern geht es zurück zum Eingang, wo wir noch einmal unseren Wasservorrat auffüllen. Wir sind bereits seit zwei Stunden in der Anlage unterwegs.
Ob ich den geplanten Aufstieg zum Wayna Picchu wohl schaffe? Steil ragt er über der Stadt und ich kann gerade mal den Einstieg erkennen, die ersten Meter des Weges, dann verliert sich der Pfad in den Felsen, im Wald und es scheint unmöglich, dass es einen Aufstieg geben soll. Ganz oben erkennt man ein paar Gemäuer, die in den Steilhang gebaut wurden.
Zuerst sind es Stufen, die zum Fuss des Berges hinunterführen. Dann geht es bergauf. Steinstufen, harter Waldboden, Steinbrocken. Bald sind die Männer unseren Blicken entschwunden. Auch Ruth entschliesst sich, ihrem eigenen Schritt zu folgen, die eigene Kraft einzuteilen.
Ich will es unbedingt schaffen, egal wie lange es dauert. Obwohl ich mich wehre, Romy will mir dabei helfen. Zwar käme auch sie schneller voran. Ich weiss das, obwohl sie behauptet, auch ihr käme das gemächliche Tempo gerade recht. Ein Blick zurück zeigt, dass wir schon bald eine beachtliche Höhe erreicht haben. Wir sind in sehr steilem Gelände unterwegs. Nicht immer sind es Stufen, manchmal muss man hohe Steine überwinden, an einigen Stellen gibt es Seile in der Wand.
Immer wieder bleibe ich stehen, verschnaufe. Manchmal verdecken Bäume die Sicht, manchmal öffnet sich ein Fenster, wir sehen immer tiefer unten die Mauern von Machu Picchu. Romy hat alles dabei, mich zu motivieren. Traubenzucker, ein Stücklein Schokolade zwischendurch, einen guten Spruch. Irgendwann fangen auch die herunterkommenden Touristen an, mich anzuspornen: "Falta poco, vale la pena." "it's worth it, you will do it." "Gleich seid ihr oben, es ist wunderschön", "Fantastic!"
An ein Umkehren ist nicht mehr zu denken. Irgendwann erreichen wir die Mauern. Und jetzt wird es wirklich gewaltig.
Wir stehen auf einer Terrasse hoch über Machu Picchu. Jetzt gibt es auch für mich kein Halten mehr, ich will die Spitze erreichen. Es sind waghalsige Stufen, die wir jetzt erklimmen, nur keinen Blick in die Tiefe, ohne Sicherung geht es rechts hinunter. Nach oben sehen, wir durchqueren eine schmale Stelle, kriechen durch einen engen Tunnel, erreichen eine Holzleiter und sind endlich oben, ganz oben auf einer schrägen Steinplatte. Rund um uns Berge, tiefe Täler. Der Urubamba schlängelt sich dazwischen, die Sicht ist atemberaubend, schwindelerregend.
Wir werden erwartet. Der Wärter scheint zu wissen, dass wir als letzte am Berg unterwegs sind. Eineinhalb Stunden brauchten wir für den Aufstieg. Doppelt so viel wie vorgesehen ist. Romy hätte es bestimmt schneller geschafft.
(Herzlichen Dank für deine Hilfe Romy, habe sie zwar zuerst abgelehnt, aber ich weiss, dass ich es ohne deinen Zuspruch nicht geschafft hätte.)
Geduldig wartet der Wärter bis ich Atem geholt habe, schiesst für mich die Gipfelfoto und drängt dann zum Abstieg. Es geht über eine lange steile Treppe hinunter zur Terrasse, auf der wir noch vor ein paar Minuten den Blick in die Tiefe genossen hatten.
Wir steigen ab, klettern hinunter. In gebührendem Abstand, aber unter Kontrolle des Wärters. Er sammelt derweil liegen gebliebenen Abfall ein, leere Petflaschen, Plastik, Papier. Wir sind nicht ganz die letzten, es sind noch ein paar andere auf dem Rückweg. Der Einstieg ist nur bis 11.00 Uhr gestattet und man musste sich eintragen. So kann niemand verloren gehen.
Xavi kommt uns von unten entgegen. Es scheint, dass die Männer schon länger zurück sind und sich langsam Gedanken gemacht haben, wo wir blieben. Ob es für sie anstrengend war, will ich wissen. "Es geht so". Die Antwort ist knapp, typisch. Auch Ruth hat es geschafft. Wir könnten Bäume ausreissen, auch wenn wir ziemlich geschafft sind. Kleine jedenfalls, ich meine die ganz dünnen.
Wir gehen zurück zum Eingang, zum Restaurant, wo Lotti und Martha uns erwarten. Dank Mr. Woodman kamen sie mit den verschiedensten Leuten in Kontakt. Sie kennen sich unterdessen aus. Wissen, wo der Kaffeeautomat steht, wo es Hotdogs gibt, was die Toilette kostet.
Am späteren Nachmittag fahren wir mit dem Bus zurück nach Aguas Calientes und warten auf den Zug. Auf der Hinfahrt war der Zug ausgebucht und jetzt staunen wir nicht schlecht, als wir entdecken, dass René für uns den Speisewagen reserviert hat. Wir sind die einzigen Gäste, was für ein Luxus!
Die zwei Kellner servieren uns ein wunderbares Dreigangmenu mitsamt Wein und Kaffee. So erreichen wir nach einer kurzweiligen Fahrt Ollantaytambo. Draussen ist es längst dunkel, aber die farbigen Bilder in uns werden uns noch lange begleiten.
Piter, unser Guide für Machu Picchu erklärte sich bereit, Mr. Woodman an seinem Rucksack mitzunehmen. Als wir ihn später darauf aufmerksam machten, dass ihm das ewige Schaukeln nicht so gut bekomme, und er etwas bleich aussähe, nahm er ihn auf den Arm und gab sorgfältig acht, dass es ihm auch wirklich gut gehe.
Während wir anderen den Aufstieg auf Wayna Picchu wagten, vertrieb Mr. Woodman Martha und Lotti die Zeit und machte ganz nebenbei auch noch unzählige neue Bekanntschaften.
Aufbruch: | 30.08.2011 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 25.09.2011 |