Traumreise Irland

Reisezeit: August 2013  |  von Mirjam & Nico L.

Belfast - Titanic Quarter

Wir hatten unser Hotel ohne Frühstück gebucht, daher frühstückten wir Tee und Obst auf unserem Zimmer und machten uns dann wieder auf dem Weg zu der Stelle, wo wir am Vortag unseren Spaziergang aufgehört hatten. Auf also zum Ufer des Lagan.
Heute stand nochmal ein wirklich besonderer Tag vor der Tür - unser Titanic-Tag! Ich bin sehr fasziniert von der Geschichte der Titanic (und nein, nicht nur wegen Leonardo DiCaprio!) und als ich vor genau einem Jahr in einem Flugzeugmagazin auf dem Flug von Edinburgh nach Köln/Bonn von der neueröffneten Attraktion Titanic Belfast gelesen hatte, war mir sofort klar: Da musste ich auf unserer Irland-Reise hin!
Mein Rough Guide ist schon ein bisschen älter, und so wird dort die Transformation des Lagan-Ufers erst angekündigt, und der geplante Bau eines Titanic-Museum wird lediglich erwähnt. Inzwischen war es schon längst fertig, und das gesamte Gebiet wurde in Titanic Quarter umbenannt. Man könnte dies vielleicht angesichts des schrecklichen Schiffsunglücks ein wenig pietätlos nennen - ich finde es nur fair, dass Belfast versucht, sich nach den Jahren der Troubles neu zu erfinden und damit an seine reiche Schiffbaugeschichte anknüpft, deren berühmtestes Schiff nunmal die Titanic ist.
Bei der Recherche sah ich, dass es verwirrend viele kleine und große Anbieter gibt, die irgendwelche Titanic-Touren anbieten, und letztendlich entschieden wir uns für Titanic Belfast, eine Bootstour auf dem Lagan und einen Besuch der Nomadic, des letzten erhaltenen Schiffs der White Star Line.
Wir machten uns also morgens auf den Weg zum Ufer des Lagan, wo wir ja am vorherigen Nachmittag schon kurz gewesen waren. Nun gings über die Brücke, von hier aus war Titanic Belfast schon gut ausgeschildert. Mich erinnerte alles unheimlich an Cardiff, wo ja in der Hafengegend ein ähnliches Projekt durchgeführt worden war - alles nigelnagelneu, große moderne Gebäude, alles schick und sauber, aber auch ein kleines bisschen ohne wirklichen Charakter. Trotzdem gefällt mir sowas.
Als das Gebäude von Titanic Belfast in Sicht kam, war ich total begeistert. Die Architektur überzeugte mich sofort, ich mochte das Design wirklich sehr!

Titanic Belfast

Titanic Belfast

Das Gebäude soll an den Bug der Titanic und ihrer Schwesterschiffe erinnern, aber es sieht auch ein wenig wie ein Eisberg aus

Das Gebäude soll an den Bug der Titanic und ihrer Schwesterschiffe erinnern, aber es sieht auch ein wenig wie ein Eisberg aus

Skulptur am Eingang

Skulptur am Eingang

Im Gebäude befindet man sich zuerst unten in einem großen Eingangsbereich, wo man Audioguides bekommen kann. Dann reist man quasi mit der Titanic von ihren Ursprüngen bis hin zu ihrem heutigen Ruheort unten auf dem Meeresgrund. Das Ganze ist sehr informativ und einfühlsam gemacht, und keineswegs effektheischerisch - im Gegenteil.
Insgesamt ist es kein Museum, sondern eher eine Multimediaausstellung.

Die erste Ausstellung widmet sich Belfast zur Zeit der Titanic - dies war das Zeitalter der großen Dampfschiffe, die nach Amerika fuhren, und die White Star Line lieferte sich einen Konkurrenzkampf mit der Cunard Line um die schnellsten, größten und schönsten Schiffe

Die erste Ausstellung widmet sich Belfast zur Zeit der Titanic - dies war das Zeitalter der großen Dampfschiffe, die nach Amerika fuhren, und die White Star Line lieferte sich einen Konkurrenzkampf mit der Cunard Line um die schnellsten, größten und schönsten Schiffe

Mir gefiel diese Ausstellung sehr gut, denn es wurde richtig deutlich gemacht, wie erfolgreich und wichtig Belfast zu dieser Zeit war. Als nächstes ging es in eine Art Sessellift, der einen durch die Werft fährt, auf der die Titanic gebaut wurde - natürlich nur die nachgestellte Werft. Das Ganze ist aber sehr gut gemacht und verdeutlicht die unglaublichen Dimensionen, aber auch die Lautstärke und den Gestank! Am Ende betritt man einen Raum mit Glaswänden und schaut genau auf die riesige Ablaufbahn, die in den Fluss Lagan führt - und auf der die Titanic vor über hundert Jahren zu Wasser gelassen wurde. Ein wahrer Gänsehautmoment!
Dann meine Lieblingsausstellung - Design und Innenausstattung des Schiffs!

Es wurden Kabinen der drei verschiedenen Klassen nachgebaut - hier eine der ersten Klasse. Leider war alles wegen der Glasscheiben schwer zu fotografieren.

Es wurden Kabinen der drei verschiedenen Klassen nachgebaut - hier eine der ersten Klasse. Leider war alles wegen der Glasscheiben schwer zu fotografieren.

Absolut genial gemacht: Man betritt einen Raum, indem die Wände rundum Monitore sind, und erlebt eine Reise durch viele Bereiche des Schiffes. Hier ganz unten die Maschinenräume...

Absolut genial gemacht: Man betritt einen Raum, indem die Wände rundum Monitore sind, und erlebt eine Reise durch viele Bereiche des Schiffes. Hier ganz unten die Maschinenräume...

...der Aufenthaltsraum der zweiten Klasse...

...der Aufenthaltsraum der zweiten Klasse...

...ein Salon der ersten Klasse...

...ein Salon der ersten Klasse...

...und die berühmte Treppe.

...und die berühmte Treppe.

Es folgt ein interessanter Bereich, der viele Passagiere des Schiffs vorstellt, sowie ihre Beweggründe, auf der Titanic zu reisen. Und dann kommt der unumgängliche Teil: Der Untergang.
Man betritt einen vollkommen dunklen Raum, in dem Originalaufnahmen zu hören sind, auf denen Überlebende des Unglücks im Alter von ihren Erlebnissen erzählen. Auf den schwarzen Wänden werden dazu kurze Funk- und Morsewechsel aus der tragischen Nacht angestrahlt. Es ist eine so bedrückende Atmosphäre, dass hier niemand sprach.
Am Ende steht ein Nachbau eines Rettungsboots, dann steigt man eine Treppe hinunter, vorbei an einer großen weißen Wand aus Rettungswesten - weiß wie der Eisberg.

Man gelangt nun durch den schon erwähnten Filmraum, und schließlich in eine Art Theater, in dem man eine virtuelle Reise zum Wrack der Titanic unternehmen kann. Auf einer riesigen Leinwand werden Aufnahmen vom Wrack gezeigt, außerdem werden auch Tauchgeräte ausgestellt. Dieser Raum hat mir auch gut gefallen, da es sehr interessant war, sich über diese faszinierende Technik zu informieren.

Hier gibt es auch weitere Monitore und Ausstellungen zu Unterwasserexpeditionen - sehr spannend!

Hier gibt es auch weitere Monitore und Ausstellungen zu Unterwasserexpeditionen - sehr spannend!

Dieses Gerät nennt man Tow Fish - es wird von einem Schiff gezogen und kreiert dabei durch eine spezielle Sonar-Technik eine Karte vom Meeresboden. Wow!

Dieses Gerät nennt man Tow Fish - es wird von einem Schiff gezogen und kreiert dabei durch eine spezielle Sonar-Technik eine Karte vom Meeresboden. Wow!

Fast den gesamten Vormittag hatten wir in den Ausstellungen verbracht und waren nun recht erschöpft, und auch mitgenommen. Es hatte uns noch viel besser gefallen, als wir es uns vorgestellt hatten, vor allem, da es tatsächlich ein Tribut an das Schiff war, und nicht nur eine kommerzielle Veranstaltung, die Profit schlagen möchte. So habe ich es zumindest empfunden.
Nach einer kleinen Pause machten wir uns auf den Weg, noch die nähere Umgebung zu erkunden - zuerst die Ablaufbahn (Slipway), die wir schon von oben gesehen hatten. Danach ging es zum Trockendock, das ein bisschen weiter entfernt war. Hier sah man doch, dass das Titanic Quarter noch nicht fertig war: Plötzlich wirkte Vieles etwas verfallen und verlassen, es gab noch einige Baustellen und große freie Flächen. So mussten wir ein bisschen suchen, bis wir das Trockendock fanden.

Die gigantische Ablaufbahn - hier lief die Titanic im Jahr 1911 vom Stapel!

Die gigantische Ablaufbahn - hier lief die Titanic im Jahr 1911 vom Stapel!

Einer von zwei riesigen Kränen von Harland & Wolff, die Samson und Goliath genannt werden und zu den Symbolen Belfasts gehören.

Einer von zwei riesigen Kränen von Harland & Wolff, die Samson und Goliath genannt werden und zu den Symbolen Belfasts gehören.

Hier liegt auch die HMS Caroline, ältestes erhaltenes Kriegsschiff der Royal Navy - eingesetzt bereits im Ersten Weltkrieg und ausgemustert 2011!

Hier liegt auch die HMS Caroline, ältestes erhaltenes Kriegsschiff der Royal Navy - eingesetzt bereits im Ersten Weltkrieg und ausgemustert 2011!

Das Pumpenhaus am Trockendock - dazu da, um das Wasser aus dem Dock zu pumpen.

Das Pumpenhaus am Trockendock - dazu da, um das Wasser aus dem Dock zu pumpen.

Eröffnet wurde das Dock im Jahr 1889, aber das ursprüngliche Dock wurde für die riesigen Schiffe bald zu klein, so dass noch ein neues gebaut wurde...

Eröffnet wurde das Dock im Jahr 1889, aber das ursprüngliche Dock wurde für die riesigen Schiffe bald zu klein, so dass noch ein neues gebaut wurde...

...das Thompson Dock, Baubeginn 1904.

...das Thompson Dock, Baubeginn 1904.

Das große Becken, in dem das Wasser für die Pumpen gestaut wurde

Das große Becken, in dem das Wasser für die Pumpen gestaut wurde

Eine der drei riesigen Pumpen - sie konnten das gesamte Dock, das 85 Millionen Liter Wasser(!) fasste, innerhalb von 100 Minuten leer pumpen!

Eine der drei riesigen Pumpen - sie konnten das gesamte Dock, das 85 Millionen Liter Wasser(!) fasste, innerhalb von 100 Minuten leer pumpen!

Nachdem wir diese Maschinenräume besichtigten hatten, traten wir wieder ins Freie und gingen rüber zum Dock - und das war wirklich beeindruckend!
Ich hatte noch nie zuvor ein Dock gesehen und war wirklich beeindruckt von der schieren Größe. Auf der anderen Seite war es auch wirklich ein emotionaler Moment, hier zu stehen und zu wissen, dass hier die Titanic gelegen hatte, und dass sie hier fertig gebaut worden war.

Das riesige Dock

Das riesige Dock

Eine Originalaufnahme aus der damaligen Zeit - der Schornstein des Pumpenhauses wurde leider abgerissen.

Eine Originalaufnahme aus der damaligen Zeit - der Schornstein des Pumpenhauses wurde leider abgerissen.

Wieder zurück im Pumphaus, aßen wir im Café zu Mittag, denn hier konnte man viel günstiger und gemütlicher essen als im überfüllten und überteuerten Restaurant im Titanic Belfast. Bei Salat und leckerer Suppe tankten wir also erstmal neue Kraft!
Nun hatten wir noch etwas Zeit bis zur Bootstour und entschieden uns daher, dem Souvenirshop im Titanic Belfast einen Besuch abzustatten. Als wir ankamen, waren wir dann doch etwas geschockt, wie voll es inzwischen, um die Mittagszeit, war.
Im Souvenirshop gibt es natürlich alles, was das Herz (nicht) begehrt, und hier kommt der absolute Kitsch- und Geschmacklosigkeitsoverkill - Titanic-Boxershorts, anyone?
Nun war es auch schon Zeit, sich wieder auf den Weg zu machen, denn um zur Ablegestelle der Bootstour zu gelangen, mussten wir den ganzen Weg bis zum anderen Ufer zurückgehen.
Ich liebe Bootsfahrten und so freute ich mich echt. Außerdem war es auch sehr entspannend, nach der ganzen Lauferei nun einfach mal zu sitzen und die Szenerie an sich vorbeiziehen zu lassen. Es waren nur wenige Passagiere an Bord.

Unser kleines Boot

Unser kleines Boot

Raus geht es ins Hafengebiet

Raus geht es ins Hafengebiet

Juhu, Seehunde

Juhu, Seehunde

BBC-Studios! Noch ein Déjà-vu! Die gibt es in Cardiff nämlich auch, und die sehen ganz genauso aus... 
Hier wurden unter anderem Szenen für Game of Thrones gedreht!

BBC-Studios! Noch ein Déjà-vu! Die gibt es in Cardiff nämlich auch, und die sehen ganz genauso aus...
Hier wurden unter anderem Szenen für Game of Thrones gedreht!

Die Bootsfahrt war wirklich entspannend und eine gute Möglichkeit, um etwas auszuruhen.
Aber wir hatten ja noch einen Programmpunkt vor uns: Die Nomadic! Erstmal hatten wir aber schon wieder Hunger und sahen uns hoffnungsvoll im Titanic Quarter am Wasser um - hier hatte aber alles noch zu. Und zwar nicht im Sinne von geschlossen, sondern die Läden waren noch gar nicht eröffnet! Schließlich fanden wir aber einen kleinen Supermarkt und kauften zwei kleine Tüten Walkers, mit denen wir uns ans Wasser setzten.

Die Nomadic ist das letzte Schiff, das von der White Star Line übrig ist - und sie war ein Tenderboot der Titanic, also eine Art Zubringer, der Passagiere von anderen, kleineren Häfen aus zur Titanic nach Cherbourg brachte.
Bei Ankunft im Titanic Quarter hatten wir sie schon gesehen und mir verschlug es echt ein bisschen die Sprache. Die Nomadic sah wirklich wie eine Mini-Titanic aus - das Design, die Farben... unverwechselbar!

SS Nomadic

SS Nomadic

Traumhaft schön!

Traumhaft schön!

Wow!

Wow!

Ich fand es einfach nur wunderschön! Die Nomadic wurde 1911 gebaut, eben zu dem Zweck, ein Tender für die Titanic und ihre Schwesterschiffe zu sein. Sie brachte einige der berühmtesten Passagiere zur Titanic, z.B. Margaret (Molly) Brown und Benjamin Guggenheim. Dann aber brach der Erste Weltkrieg herein und sie wurde für das Militär eingesetzt, so transportierte sie Soldaten und wurde als Wachschiff eingesetzt. Das Gleiche passierte im Zweiten Weltkrieg, und erst danach konnte sie wieder für ihre ursprüngliche Aufgabe genutzt werden, und zwar bis 1968. Was danach passierte, ist echt traurig: Sie wurde von einem reichen Franzosen gekauft, was sie immerhin davor rettete, abgewrackt zu werden, wurde dann aber als Restaurantschiff und Partyboot genutzt. Von ihrem ursprünglichen Aussehen war rein gar nichts mehr übrig. Als ihr Besitzer 2005 starb, blühte ihr wieder das Schicksal des Abwrackens, bis eine Kampagne gestartet wurde. Die lange Restaurierung begann und erst 2013 konnte das Schiff endlich für Besucher eröffnet werden!
Ich habe diese lange Geschichte hier aufgeschrieben, weil ich persönlich sie sehr spannend finde - hätte man in den 1960er Jahren gewusst, dass später noch einmal ein so reges Interesse an der Titanic bestehen würde, dann wäre der Nomadic vielleicht einiges erspart geblieben...
Aber zurück zu unserer Besichtigung!

Eleganter Eingangsbereich der Nomadic

Eleganter Eingangsbereich der Nomadic

Herrlicher Stuck an den Wänden

Herrlicher Stuck an den Wänden

Dies sind originale Möbel, die noch erhalten sind!

Dies sind originale Möbel, die noch erhalten sind!

Es ist unübersehbar, dass das Design dem der Titanic sehr ähnelt - dieselben Leute waren für beide Schiffe verantwortlich

Es ist unübersehbar, dass das Design dem der Titanic sehr ähnelt - dieselben Leute waren für beide Schiffe verantwortlich

Auch hier gibt es einige Ausstellungen zu den Passagieren der Nomadic und zur Geschichte des Schiffs

Auch hier gibt es einige Ausstellungen zu den Passagieren der Nomadic und zur Geschichte des Schiffs

Der Schornstein in der Farbe, die das Markenzeichen der White Star Line war

Der Schornstein in der Farbe, die das Markenzeichen der White Star Line war

Insgesamt gab es auf der Nomadic doch weniger zu sehen, als ich dachte, und auch die Ausstellungen waren etwas dürftig, insgesamt hat es sich aber trotzdem sehr gelohnt - es war einfach toll, auf diesem letzten Überbleibsel einer Ära zu stehen, die Atmosphäre zu genießen und ein Stück reale Geschichte zu erleben!
Nun waren wir aber auch wirklich platt! Dieser Tag war so voll gepackt gewesen mit Eindrücken, Geschichte, Informationen und Emotionen... das mussten wir erstmal verarbeiten!

© Mirjam & Nico L., 2020
Du bist hier : Startseite Europa Großbritannien Belfast - Titanic Quarter
Die Reise
 
Worum geht's?:
Rundreise mit Bus und Zug rund um die Grüne Insel, einschließlich Nordirland... Station in Dublin, Cork, Killarney, Galway und Belfast, mit vielen Ausflügen und Tagestouren und nur wenig Regen! Ein Kindheitstraum wurde wahr :-)
Details:
Aufbruch: 10.08.2013
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 28.08.2013
Reiseziele: Irland
Großbritannien
Der Autor
 
Mirjam & Nico L. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors