Uta und Hartmut in Südamerika
Chile von Nord nach Sued
Hola ! (Nachtrag von Mitte Januar)
Nachdem wir also San Pedro de Atacama verlassen haben, dauert es nur eine gute Stunde, und wir erreichen Calama.
Dorthin selbst zieht es uns eigentlich nicht, aber wir wollen ein Auto mieten fuer die Weiterfahrt nach Santiago, um noch einmal in diesen unbeschreiblichen Genuss von Selbstbestimmung und Freiheit zu kommen ! Und Autovermietungen gibts eben nicht in SPA, sondern nur in Calama (oder weiter weg). Wir sind jedoch nicht ganz so erfolgreich wie erhofft - man hatte uns immer gewarnt, dass in der Hochsaison ohne Vorbestellung Engpaesse drohen. Tatsaechlich muss "rent-a-car" (=Europcar) erstmal nach einem Wagen suchen, deren Rueckfuehrungsgebuehr, wenn man in Calama ausleiht und in Santiago abgibt (ca. 1500Km) ist uns aber eh zu hoch. Lokale (guenstigere ?) Vermieter finden wir nicht (auch unser Buch gibt ueber Calama nicht viel her...), und bei Hertz finden wir zwar einen netten Herrn mit der Positionsbezeichnung "Chefe de Counter", aber kein Auto.
Das ist insofern etwas doof, als unser Zeitplan nun langsam eng wird - mit Martin und Alessandra ist der kommende Freitagnachmittag als Termin fuer die Fahrt von Santiago de Chile nach Mendoza in Argentinien vereinbart, und das ist schon in gut zwei Tagen !
In einer solchen Situation hilft am besten, sich erstmal hinzusetzen, Ruhe zu bewahren und gegebenenfalls etwas gutes essen Dafuer sucht Uta das "Bavaria" aus, es sieht sauber und ordentlich aus, ist in unserem Buch erwaehnt und "laeuft uns gerade uebern Weg". Als wir drinnen jedoch feststellen, dass es sich wirklich um ein "bayrisches" Lokal handelt, mit Holzmoebeln von Segmueller (), Schweinshaxn und deutschem Bier auf der Karte und deutschen Urlaubern als Gaesten, ist ihr das so peinlich, dass sie am liebsten sofort wieder gehen moechte. Durch einen genialen Trick meinerseits ("aber wo sollen wir denn dann hin, du hast doch auch Hunger, oder ? Es ist im Buch nichts anderes empfohlen in diesem Kaff - und gesehen haben wir auch nichts !" etcpp. - komme ich zu meinem lecker Bierchen
Und siehe da, am naechsten Morgen hat der nette Herr von Hertz ein Auto fuer uns, und Hertz ist in diesem Fall sogar am guenstigsten, da sie vermutlich durch ihe Groesse die Ruckfuehrungsbebuehr geringer halten koennen. Was nicht heisst, dass es sich um ein Schnaeppchen handelt...
Uta packt, und ich verscherbele unsere Bustickets nach Santiago, die wir am Vorabend vorsichtshalber noch erstanden hatten. Dabei gibt es mal wieder Sonderpunkte fuer Tur-Bus, denn sie nehmen die Tickets kommentarlos zurueck und erstatten 100% des Kaufpreises - und das nur 5-6 Stunden vor der Abfahrt !
Und ab in die Wueste ! Das Nachfolgemodell unseres vorherigen Chevrolet-Pickups ist klimatisiert, nicht ganz so wackelig bei Geschwindigkeiten ueber 80 Km/h, und ist, wie scheinbar alle Autos in dieser Region, fuer den (anschliessenden ?) Einsatz in der Mine vorbereitet: mit Vorbereitungen fuer Spezialantennen, Blau-/Gelblichter etc...
Wir fahren nach Suedwesten Richtung Meer und sehen am Wegesrand unzaehlige Minen bzw. deren Officinas. Hier wird wirklich die Erde umgegraben ! Es stoert jedoch nicht sosehr, da man die Loecher ja nicht sieht (so nah fuehrt die Strasse nicht vorbei) und die wenigen vorhandenen ueberirdischen Anlagen eine Wueste nicht wirklich verschandeln koennen. Die groesste aller chilenischen Minen ist nur 16 Km von Calama entfernt, aber leider koennen wir dieses "groesste Loch der Erde" aus Zeitgruenden nun doch nicht mehr besuchen...
Antofagasta macht auf uns einen eher abstossenden, heruntergekommen und dreckigen Eindruck, Hafenstadt hin oder her. Wir bleiben nur solange, wie man fuer ein paar Emails, eine Fastfood Mittagessen und einen Espresso braucht. Warum bedeutet selber mit dem Auto fahrend zu reisen eigentlich immer schlechtes Essen ?
Ab jetzt gehts nach Sueden, spaeter sehr reizvoll direkt am Meer. Unser naechstes Ziel: Pinguine gucken. Wir fahren lange bis in die Nacht und schlafen irgendwo neben dem Auto, fluechten dann frueh am Morgen vor dem feuchten Kuestennebel. Nach ein paar Kilometern Fahrt "zum warmwerden" zuerst die Einsicht, dass das "Bavaria" (ja - es ist eine Kette !) in Copiapo nicht frueh genug oeffnet fuer einen gescheiten Kaffee. Einige weitere Kilometer spaeter dann die viel schlimmere Einsicht: nach unseren Informationen ist zwar eine "Pinguin-Insel" suedlich von uns bei La Serena eingezeichnet (unser momentanes Ziel), aber die schriftlichen Informationen, die konkret eBesuchmoeglichkeiten einer kleinen Insel mit Humboldt-Pinguin-Kolonie beschreiben, beziehen sich auf einen kleinen Nationalpark NOERDLICH von uns ! Ja sind wir denn wirklich so doof !?
Es hilft nix, wir drehen um. Das Gute daran ist, dass wir nun sowohl den Kuestenabschnitt als vor allem den Nationalpark "Pan de Azucar" = "Zuckerbrot" zum ersten mal bei Tageslicht sehen duerfen - es offenbart sich als der landschaftlich allerschoenste Teil ! In den Nationalpark fuehrt eine Ministrasse (aber geteert !), die wir erst nach einigem Rumfragen finden. Uta geht dafuer in ein Museum in einem kleinen Ort, wo der arme Hausherr schon aufgeregt alle Lichter einschaltet (ein Besucher, ein Besucher !), bevor er mitbekommt, dass es sich nur um die Suche nach einer anderen Attraktion handelt...
Die Straende, die wir nun auf den 30 Km bis zum Ende der Strasse sehen, sind fantastisch ! Hier muessen wir nachher unbegingt baden gehen !!
so ein Strand und niemand da !!!
Aber zuerst entrichten wir unsere kleine Gebuehr fuer den Park und fahren soweit, wie es moeglich ist. In dieser Bucht am Ende kann man also ein Fischerboot chartern und zu den Pinguinen tuckern !
ein verschlafenes Paradies
Wir sind aber wohl viel zu frueh dran (ca. 10 Uhr ?). Man wacht hier erst langsam auf. Also setzen wir uns ins naechste "Restaurant" und geniessen ein Fruehstueck mit Kaffee und superleckerfrischselbstgemachten Empanadas mit Kaese und spaeter mit allem moeglichen anderen Fuellungen
Dann beginnen wir herumzufragen wegen der Boots-Charter, da das entsprechende "Officina" - ein offener Holzverschlag - unbesetzt bleibt. Das Modell, um den Touristen moeglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen, sieht hier wie folgt aus:
- es gibt 4 Boote, die zur Insel fahren (duerfen/koennen ?)
- die vier Bootsbesitzer nehmen pro Fahrt einen festen Betrag
- vermittelt werden die Fahrten jedoch von mehreren - von den Bootsbesitzern unabhaengigen - "Agenturen" (= 1-Mann-Betriebe)
- diese arbeiten jedoch nicht in Konkurrenz zueinander, sondern in festgelegter Reihenfolge abwechselnd !
d.h. wir gehen zu "Pingu-Tours", der Typ ist sehr sympathisch, schickt uns aber schliesslich zu einer anderen "Agentur", weil der andere Typ eben "dran ist".
natuerlich liegt allen Agenturen daran, Fahrten zu organisieren, auch wenn sie gerade nicht dran sind, denn wenn es an einem Tag z.B. doppelt soviele Fahrten gibt, kommen sie selber ja auch 2mal dran...
- der einzige Verlierer bei diesem "homogenen Oligopol mit Kartellbildung" (Danke an Wikipedia ! ist natuerlich der Kunde, denn Verhandeln ist nicht moeglich - friss oder stirb...
Nach einigem Warten auf weitere Kunden (es ist zu frueh) entscheiden wir uns fuers Fressen. Zu unserem Glueck faehrt jedoch gerade noch ein zweites Mietauto auf den Strand, und wir springen gleich hin und koennen das britische Paaerchen, welches auch wegen den Pinguinen gekommen ist, zum mitmachen ueberreden. Nun zahlen wir zu viert die gesamte Bootsfahrt (statt bis zu 12 Personen), und fuer 15 Euro pro Person gehts endlich los.
da vorne wohnen die Pingus (und nein - wir mussten nicht rudern...)
Das Ganze macht viel Spass (ein bischen wie "Galapagos light") und ich versuche, Utas Begeisterung durch die Anzahl der Fotos zu dokumentieren, da ein "naeher-ran" wie auf Galapagos nicht moeglich ist (wir duerfen "nur" vor der Insel mit der Kolonie hin-und-her kreuzen). Im Wesentlichen mache ich also eine dreistellige Anzahl von Fotos mit 1-dreistelliger Zahl von Pinguinen... Ein paar Albatrosse, Seeloewen etc. bringen Abwechslung hinein.
"Achtung - wir werden fotografiert !" "Wo ?" "Von wo ?" "Ich seh nix !" "Was ?" "Warum ?" Von wo ?"...
Nun aber baden !
Und weiter Richtung Sueden. Heute abend wollen wir im Esqui-Tal ein Sterne-Observatorium besuchen (fuer den Besuch einer Pisco-Brennerei sind wir wohl schon zu spaet dran...)
Das Observatorium "Mamalluca" ist kein wissenschaftliches, sondern ein ausschliesslich fuer Touristen gebautes. Die weltbekannten wissenschaftlichen Observatorien der ESO etc. in der Umgebung, die man als weisse Gebaeude auf den Wuestengipfeln sogar von der Panamericana sieht, muesen natuerlich wochentags bzw. wochennachts arbeiten und bieten Touristenfuehrungen daher nur an Samstagen an. Wir lernen trotzdem (mehr als) genug, denn unser lustiger Guide ist sehr kompetent. Naiv haben wir uns natuerlich vorgestellt, wir schauen in so ein tolles 36cm Teleskop (fuer das man ja extra ein eigenes Gebaeude hat) und sehen tolle bunte Bilder von fernen Sternen, Galaxien und Nebeln...
Da hat mich wohl ein bischen meine Ausbildung verlassen (Astronomie war nicht wirklich ein fester Bestandteil), denn wir sehen: ...helle Punkte... und sind fast ein bischen enttaeuscht. Aber wie immer steckt die Magie nicht unbedingt im Offensichtlichen, und begleitet von den Erklaerungen des Guides stellen wir uns die hinter dem Sichtbaren ablaufenden Vorgaenge eben vor. Sofern man sich tausende von Lichtjahren und Millionen von Zeitjahren vorstellen kann, geschweige denn die Entstehung von so etwas wie einer Galaxie aus einem Nebel...
Vielleicht hilft ein Pisco in diesem Fall, und wir kaufen im Ort gleich mehrere Flaschen (dies ist das "Pisco-Valley")...
Eine Begegnung der besonderen (netten) Art ist auch die im Hostal: auf Empfehlung von Martin fragen wir vor dem Besuch des Observatoriums (es ist kurz vor 23 Uhr) nach dem Hostal - niemand kennt es (und wir haben nur den Namen, keine Adresse). Schliesslich erwaehnen wir noch, dass die Besitzerin eine Deutsche ist, und schwupps erklaert man uns den Weg. Es ist ja schon laenger dunkel, und kein Schild weist darauf hin, dass man hier uebernachten koennte. Etwas zoegernd klingeln wir. Nix passiert. Nun klingeln wir gleich nochmal, um zu zeigen, dass wir keine Klingeltour machen, sondern ernsthaft Einlass wuenschen (und weil wir sonst keine Uebernachtungsmoeglichkeit haben - die Tour zum Obeservatorium geht gleich los !). Schliesslich: ein Omchen im Nachthemd oeffnet uns (nachdem wir ueber die Mauer deutsch miteinander geredet haben). Sie stellt sich als Freundin der Wirtin mit Zimmervergaberecht vor. Wir bedanken uns, stellen unser Gepaeck in den Hof und muessen auch schon wieder los, nachdem wir verabredet haben, zwangslauefig noch einmal klingeln zu muessen, wenn wir zurueck kommen (zwischen Mitternacht und 1 Uhr !).
Als wir schliesslich zurueck kommen, ist es doch spaeter. Mit schlechtem Gewissen klingeln wir (armaes Omchen - aber sie wollt uns ihren Schluessel nicht geben...) und die Dame des Hauses oeffnet uns. Sie ist total nett und laesst sich auch nicht davon abbringen, am naechsten Morgen um 5.30 Uhr aufzustehen um uns ein Fruehstueck zu machen ("gehoert ja schliesslich dazu !"). Letzeres ist eines der allerbesten unserer Reise: selbstgemachtes Brot, guter Kaffee, etc.
Und so verlassen wir diesen Geheimtipp fast noch im Dunklen, nachdem wir ja erst im Dunklen angekommen waren, viel zu schnell wieder: hier in Vicuña sollte man laenger bleiben !
Uns steht jedoch noch eine laengere Fahrt bis nach Santiago bevor, die meiste Zeit mit Blick aufs Meer ! Richtung Hauptstadt wird auch die Autobahn bald viel besser, dabei sooo wenige andere Fahrzeuge !!! Mit festem Blick auf den Strassenrand (wie sehen chilenische Blitzer aus ?) statt auf den Tacho kommen wir gut voran. Erst kurz vor Santiago sehe ich dann (Gottseidank rechtzeitig !) eine Kontrolle: ein Polizist steht aufrecht auf dem Gruenstreifen zwischen den Fahrbahnen und zielt mit der Laserpistole in unsere Richtung - wie gemein ! Als Ausgleich fuer die weitreichende Messmethode traegt er jedoch eine mindestens genauso weitreichend signalgebende quietschgelbe Sicherheitsweste ! Vorschrift ist halt Vorschrift und Sicherheit geht vor... Sowas Gelbes sollten sie in Deutschland auch gleich zur Vorschrift machen, am besten auch fuer die gruenen und grauen Starenkaesten !
Eine repraesentative Erhebung waehrend dieser Fahrt ergab im Uebrigen, das TUR-Bus 37/34 mal so toll ist wie Pullmann, denn genau soviel (mehr) Busse hat Uta gezaehlt (37 TUR-Busse, 34 Pullmaenner).
Unser "Besuch" in Santiago ist insgesamt nur wenige Stunden lang. Es reicht genau zum Abgeben des Autos, Taxifahrt zum Busterminal und ein bischen Warten hier und dort. Wir sind wahrscheinlich die einzigen Chile-Reisenden, die nix in Santiago anstellen / besichtigen !!! Und ein bischen schaemen wir uns auch dafuer.
Mit Martin und Alessandra geht es dann per Tur-Bus (natuerlich !) nach Mendoza - eine landschaftlich einmalig schoene Fahrt ! Und mehr oder weniger spontan festigt diese Tatsache (tolle Berge !) bei Uta und mir eine Entscheidung, ueber die wir in den vergangen Tagen und Wochen schon viel nachgedacht und gesprochen haben - Uta schreibt darueber im naechsten Bericht...
Zuerst einmal geniessen wir jedoch zu viert das Wochenende in Mendoza, wo vermutlich immer Ferienstimmung ist...
Die Argentinier erleben wir als sehr sympathisch, offen, und ihre Esskultur als suedlaendisch-gefaehrlich. Gefaehrlich insofern, als man bestimmt nicht abnehmen kann (allerhoechstens als Vegetarier, denn oft ist Fleisch im Spiel). Jedenfalls bekommt man fuer wenig Geld (dank des Zusammenbruchs der Wirtschaft - des einen Leid, des anderen Freud...) sehr viel kulinarischen Genuss !
Aufbruch: | 19.11.2005 |
Dauer: | 12 Wochen |
Heimkehr: | 12.02.2006 |
Bolivien
Chile
Argentinien