Ostwärts - immer ostwärts
Vietnam - Tor nach Südostasien
Hanoi
Wir erreichten die chinesisch-vietnamesische Grenze am späten Abend des 16.11.2019 in unserem wackeligen Zug, der von Aufbau und Ausstattung ganz den Zügen der Transsib entsprach. Unser Abteil teilten wir uns mit einem sehr lieben Pärchen aus England Jack und Amy, mit denen wir uns in den nächsten Tag öfters trafen. Doch zuerst musste die Grenze überwunden werden. Und da trat zu unserer Überraschung ein Problem auf. Denn als wir unsere Pässe und das Visum vorzeigten, erklärte uns der Grenzbeamte, dass dieses ungültig sei, da wir einen anderen Grenzübergang zur Einreise angegeben hatten (wie wir später erfuhren, befand sich dieser ca. 10km weiter südlich). Die Zöllner hatten wohl die Order bei solchen Bagatellen besonders strikt zu bleiben, weshalb wir statt des anvisierten 30-Tage-Visums nur eine 15-tägige Aufenthaltsberechtigung erhielten, die man als Deutscher auch ohne vorherigen Antrag bekommt. Das warf zwar unsere Reisepläne für Vietnam etwas durcheinander, war aber nicht das Ende der Welt.
Weiter ging es also durch die Nacht, bis wir in aller Hergottsfrühe Hanoi erreichten. Da wir in der Nacht maximal drei Stunden geschlafen hatten, waren wir mal wieder fix und alle, kamen jedoch bis zum Mittag nicht in unser Zimmer herein. Also schlugen wir uns wie schon so oft nach einer Nacht im Zug mit viel Kaffee durch und gewannen schon einmal einen Eindruck von der Hauptstadt Vietnams. Und der war Chaos!
Die Innenstadt von Hanoi ist ein wuseliges Durcheinander von engen Straßen, Marktständen, die die Gehsteige besetzen, sodass man als Fußgänger notgedrungen auf der Straße laufen muss, und Motorrollern. Ampeln sind hier genauso Fehlanzeige wie alle Arten von Straßenverkehrsregeln. Hier macht jeder, was er will, und als Fußgänger ist man bekanntlich das schwächste Glied. Also erst einmal langsam herantasten und gucken, wie das hier so alles funktioniert. Und tatsächlich: Mit der Zeit beginnt man, die ungeschriebenen Gesetze des Hanoier Staßenverkehrs zu verstehen. Der Trick ist, langsam und kontinuierlich zu gehen. Auch wenn zwanzig Roller auf einen zubrausen, während man die Staße überquert, nicht die Ruhe verlieren, sondern einfach langsam weitergehen. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer merken das und auch wenn ein Mensch mitten auf der Straße noch lange kein Grund ist, die Bremse zu betätigen, lenken sie doch so um einen herum, dass man unbeschadet die Staße überqueren kann. Meistens, denke ich... Zumindest ist bei uns immer alles gut gegangen.
Aus der minutiösen Ordnung Chinas kommend, war der erste Eindruck des chaotischen Hanois schon ein kleiner Kulturschock. Doch groß wollten wir da in diesem Moment gar nicht drüber nachdenken, denn endlich konnten wir unser Zimmer beziehen und endlich den verpassten Schlaf aus der vergangenen Nacht nachholen.
Hanoi ist eine verrückte Stadt, die man auf jeden Fall einmal gesehen haben muss, wahnsinnig viele klassische touristische Sehenswürdigkeiten gibt es hier allerdings nicht. Die meisten davon klapperten wir an unserem zweiten Tag ab: Wir umrundeten den Stadtsee Hoan-Kiem und besuchten ein Kloster, das in dessen Mitte liegt. Dort wurde ich nichts ahnend kurzerhand adoptiert. Und zwar von einer rund 1,40m großen 80-jährigen Omi, die aus irgendeinem Grund einen Narren an mir gefressen hatte. Flux wurde ich bei der Hand genommen und für die nächsten paar Meter liefen wir so durch den Tempel. Die alte Frau strahlte übers ganze Gesicht, als wäre diese Begegnung das, worauf sie den ganzen Tag gewartet hätte. Schließlich ließ sie meine Hand los und wandte sich dem Schrein des Tempels zu und der Moment war vorbei. Das war das erste Mal, dass wir der sagenhaften Lebensfreude der Südostasiaten begegnet waren, doch es würde bei weitem nicht das letzte Mal bleiben.
Anschließend liefen wir weiter zum Vietnamesischen Nationalmuseum, welches jedoch eher enttäuschend war und schlenderten dann mit Zwischenstop in einem Café zurück ins Hostel.
Am Abend trafen wir uns wieder mit Jack und Amy aus dem Zug "auf ein zwei Bier". Der Plan wurde allerdings spätestens von der Gin-Tonic für 1€ Happy hour zerstört (aua aua). In reichlich angeheitertem Zustand besuchten wir zu späterer Stunde auch noch die Beer-Street, die ihrem Namen alle Ehre macht und selbst an einem Montag brechend voll war. Ballermann lässt grüßen.
An den kommenden beiden Tagen ließen wir es wieder etwas ruhiger angehen. Wir stellten durch Zufall fest, dass wir unser Visum, das ja leider auf 15 Tage reduziert worden war, doch um weitere 15 Tage verlängern können, was wir natürlich sofort machten.
Ansonsten besuchten wir noch den Regierungsbezirk, in dem sich die Thang Long Königliche Zitadelle, das Ho Chi Minh Mausoleum und eine ganze Reihe wichtiger Gebäude des Staatsapparats befinden. Überhaupt wird einem hier ziemlich schnell deutlich, dass wir mit dem Verlassen Chinas keineswegs den Kommunismus hinter uns gelassen haben. Hammer, Sichel und Stern sind hier mindestens genauso präsent, der Personenkult um Ho Chi Minh sogar noch um ein Vielfaches intensiver als der um Mao Zedong in China. Zwar hat das moderne Vietnam mit echtem Kommunismus genauso wenig gemein, wie die Volksrepublik im Norden, doch zum Machterhalt der Einheitspartei und zur Unterdrückung Andersdenkender taugen die alten Symbole und Parolen heute offensichtlich immer noch.
Es lohnt sich Hanoi zu bereisen. Die Stadt ist unfassbar hektisch, stinkt und ist eng und gleichzeitig gewährt sie einen guten Einblick in das Wesen Südostasiens. Überall wird gerödelt und getan, es wir verkauft und gekauft und das von früh bis spät. Jeder arbeitet von 6 bis 20 Uhr, jeden Tag. Nur ist kein Ziel zu erkennen. Ein perfektes Perpetuum Mobile des Chaos.
Hier tagte der Kriegsrat des kommunistisch Nordvietnams im Krieg gegen die kapitalistischen Invasoren.
Exkurs: Kontakte
Eine der schönsten Eigenschaften einer langen Reise ist, dass man eine Unzahl an Menschen kennenlernt. Einheimische und (vor allem) andere Reisende.
Mit Ersteren ist das nicht immer so einfach. Häufig steht einem die gigantische Hürde namens Sprache im Wege, wie zum Beispiel in Russland und China. Es wäre wahnsinnig schön gewesen, mehr mit den Menschen in Kontakt zu treten, aber in der Realität geht es leider zumeist nicht über ein Lächeln und einen kurzen Gruß hinaus. In China etwa hatten wir nur ganz selten das Glück, mit Locals wirklich sprechen zu können. Das war praktisch immer in Hostels, wo entweder Gäste oder das junge Personal Englisch sprach. Überhaupt, die Zukunft lässt hoffen. Wenn jemand Englisch spricht, dann sind es die Jungen. In Hanoi wurden wir gleich am ersten Tag von Schülerinnen und Schülern im Alter von acht bis zwölf angesprochen, ob wir nicht mit ihnen ein paar Minuten auf Englisch sprechen wollen. Wie wir schnell mitbekamen, machen das hier viele Kinder, deren Eltern erkannt haben, wie wichtig Englisch für den Erfolg ihrer Kinder im Leben ist. Ansonsten bleibt der Kontakt leider (großes leider!) häufig auf einer recht geschäftlichen Ebene. Man wird sehr höflich und freundlich behandelt. Fast überall haben wir bisher sehr liebe Menschen kennengelernt. Doch es ist auch klar, worum es den Menschen eigentlich geht. Nämlich um das Geld, das wir reichen Weißbrote mitgebracht haben. Natürlich ist das auch nicht weiter verwunderlich, wo die Menschen in den meisten von uns bereisten Ländern deutlich ärmer sind als wir und wir Touristen eine wichtige, wenn nicht sogar die einzige Einnahmequelle bilden. Ein bisschen schade ist es allerdings schon. Ausnahmen wie Oggy, unser toller Tourguide in der Mongolei, bestätigen zwar die Regel, bleiben aber halt die Ausnahme.
Viel leichter ist hingegen der Kontakt zu anderen Reisenden. Meist durch Deuter- oder Osprey-Ausrüstung zu erkennen oder spätestens seit der Mongolei einfach daran, dass es andere Weiße sind. Man kommt leicht ins Gespräch, weil von Anfang an klar ist, dass man ein gemeinsames Thema hat: die Reise. So haben sich über die vergangenen Wochen schon eine ganze Reihe tolle Begegnungen ergeben.
In Kopenhagen haben wir mit einem deutschen Geschäftsreisenden namens Christian, der jeden Morgen um 6 Uhr Yoga macht und Barfuß durch die Stadt joggt, ein Hostelzimmer geteilt. In Moskau haben wir einen Brasilianer namens Daniel getroffen, der seit sieben Jahren immer woanders auf der Welt lebt und währenddessen auch Zeit in Marburg und Essen verbracht hat. In der Mongolei hatten wir eine grandiose Gruppe von sechs Leuten, wobei wir uns mit dem Holländer Rinze bis nach Kambodscha immer wieder getroffen haben. In Vietnam lernten wir unabhängig voneinander zwei tolle Paare kennen, ein Deutsches und eines aus England, die beide ähnlich wie wir für mehrere Monate unterwegs sind.
Das alles sind sehr schöne Gelegenheiten, neue Kontakte zu knüpfen, von denen mit etwas Glück auch noch über die Dauer der Reise die ein oder andere Freundschaft bestehen bleibt. Eines haben internationale Reisende aber fast überall gemein, nämlich die Kontaktfreudigkeit. Von Russland bis China haben wir vermehrt Langzeitreisende wie uns getroffen, häufig auch mit der Transsib als Teil der Reise, während in Südostasien die zwei- bis dreiwöchigen Urlauber zunehmen.
Shout-out für individuelles Reisen: Das Schöne daran, wenn man seine Reise selbstständig plant und durchführt, ist, dass man vollkommen frei ist, wann und wie viel man mit anderen Menschen in Kontakt tritt. Wenn einem gerade nicht danach ist, kann man sich auch einfach für ein paar Tage zurückziehen. Dann bleiben wir zumeist unter uns und geben dem Hirn ein bisschen Zeit, die erlebten Eindrücke zu verarbeiten. Wenn die Festplatte dann wieder Aufnahmefähig ist, kommt meistens schon die nächste Begegnung um die Ecke, mit der man nicht gerechnet hatte. Das alles geht so nur, wenn man selbstständig reist, statt mit einer zufällig zusammengewürfelten Reisegruppe und einem festen Tourplan.
Ha Long Bay
So und da schreib ich so vor mich hin, wie doll das alles ist mit dem Reisen auf eigene Faust, und was machen wir als nächstes? Genau, eine zweitägige Kreuzfahrt. Der Endgegner in Sachen Massentourismus und vor allen Dingen das glatte Gegenteil von individuellem Reisen. Warum machen wir das also? Naja, die Ha Long Bay eine der Places-to-be im Norden Vietnams und wir wollten sie aus diesem Grund unbedingt mitnehmen. Leider kann man die Bucht bzw. die besonderen Sehenswürdigkeiten dieser nur vom Schiff aus beobachten. Das Meer ist dort nämlich gespickt mit kleinen Inseln, die ähnlich wie in Xingping in China zuckerhutförmig aus dem Wasser ragen. Natürlich ist das schon längst kein Geheimtipp mehr und so tummelt sich hier eine Vielzahl von Reiseanbietern, die die Touristen für ein bis drei Tage durch das Insellabyrinth fahren. Wir hatten von Hanoi aus eine dieser Touren für eine Nacht und zwei Tage gebucht. Also los.
Nachdem uns ein Bus von der Hauptstadt zum Hafen von Ha Long gebracht hatte (nicht ohne 30 Minuten halt bei einer riesigen Souvenir-Kaufhalle zu machen), bestiegen wir zusammen mit ca. 25 anderen Touristen unser Schiff. Als erstes ging es durch das malerische Inselgewirr zu einer Höhle und danach auf eine der Zuckerhutinseln hinauf. Es fällt mir schwer die Absurdität dieser beiden Landgänge zu beschreiben. Da stehen wir inmitten dieser einzigartigen Landschaft, allerdings leider wie die Sardinen in der Dose. Durch die Höhle und auf den Berg drückten sich neben uns tausende (!) andere Menschen. Das war der komplette Wahnsinn. Der absolute Ausverkauf des eigenen Landes. Auf diese Weise war es uns leider komplett unmöglich, die wirklich beeindruckende Schönheit der Bucht zu genießen.
Am Abend ging es im gleichen Stil weiter: Erst wollte man uns eine "Party" an Deck verkaufen und dann einen Karaokeabend im Speiseraum. Wir waren konstaniert! Ist das jetzt die Art und Weise, wie die kommenden Wochen in Vietnam werden würden? War es das jetzt mit dem selbstständigen Entdecken? Wir waren komplett ernüchtert.
Am zweiten Tag ging es ähnlich weiter: Wir fuhren zu einer Perlenfarm, wo uns gezeigt wurde, wie hier Muschelperlen gewonnen werden. Natürlich war der entsprechende Verkaufsraum direkt angegliedert. Von hier hatten wir unfassbare 40 Minuten Zeit, um mit dem Kajak durch die in der Umgebung befindlichen Buchten zu paddeln. Da wir uns hier das erste und einzige Mal von den Menschenmassen absetzen konnten und weil die Umgebung einfach traumhaft schön war, gefiel uns dieser Abstecher mit Abstand am besten. Zurück auf dem Schiff ging es dann weiter mit einer "Kochstunde", wo man uns zeigen wollte, wie vietnamesische Frühlingsrollen gemacht werden. Da Rieke und mir durch das Fenster des Speiseraums aufgefallen war, dass wir gerade durch eine der schönsten Abschnitte des ganzen Inselreichs hier fuhren, verdrückten wir uns kurzerhand und genossen das verwaiste Deck und die warme Sonne. Am Mittag waren wir zurück im Hafen und am Nachmittag wieder in Hanoi.
Hui... Ein Satz mit X, das war wohl nix. Allein der Gedanke daran, dass die meisten der anderen Touristen an Bord noch zehn Tage mit dieser Tour unterwegs sind, ließ uns innerlich mit den Köpfen schütteln. Ohne Flax, das waren mit Abstand die schlechtesten zwei Tage unserer Reise. Wer plant, diese Ecke Vietnams selbst einmal zu bereisen, sollte sich vorher gut darüber informieren, wohin es gehen soll. Wir haben gehört, dass die Insel Cat Ba, die sich hier ganz in der Nähe befindet, besser geeignet sei, um die Natur ohne gigantische Touristenmassen zu entdecken.
So, jetzt ist Schluss mit Gemäcker und Genöhle, aber das musste sein. Eine Anekdote hab ich allerdings noch. Dieses Mal auch eine von der netten Sorte: Mit uns auf der Kreuzfahrt der Ölsardinen waren zwei Deutsche. Deniz, einer der beiden, kommt aus Betzdorf, was etwa 20km von Siegen, unserer Heimat entfernt liegt. Netter Zufall haben wir gedacht. Richtig verrückt wurde es aber, als wir absolut zufällig herausfanden, dass er der Exfreund einer ehemaligen Grundschulfreundin von Rieke war. Wieder einmal bewahrheitet sich also der Satz, dem ich so langsam eine eigene Rubrik widmen sollte: Die Welt ist klein!
Die Idee, hier das erste Mal auf unserer Reise ins Meer zu springen, verwarfen wir bei dem Anblick sofort.
... ohne den Massentourismus, an dem wir uns schließlich auch beteiligt haben, ware es hier absolut paradisisch.
Am Abend zurück in Hanoi trafen wir uns zum nunmehr fünften Mal seit der Tour in der Mongolei mit Rinze und genossen zusammen das selbstbenannte "günstigste Bier der Welt" namens Bia Hoi. Zum Preis von rund 20 Cent gibt es hier frisch gezapftes Bier aif der Straße. Das war definitiv ein Hanoi To-Do, das wir noch mitnehmen mussten.
Sa Pa
Zurück in Hanoi schliefen wir noch eine Nacht in demselben Hotel wie zuvor und genossen das leckere Frühstück, bevor es sogleich weiterging. Wir hatten nämlich von einem Freund schon vor Beginn unserer Reise die Empfehlung bekommen, ein paar Tage in die Bergwelt im äußersten Norden des Landes zu fahren. Der bekannteste Ort dort heißt Sa Pa (oder Sapa, mal so mal so). Wir nahmen also einen ziemlich bequemen Liegebus und fünf Stunden später waren wir da.
Sa Pa liegt auf 1400m über dem Meer, weshalb es hier ganz anders aussieht als etwa in Hanoi oder an der Ha Long Bay. Die Bergtäler sind fast immer von tiefhängenden Wolken durchzogen, die Temperaturen besonders Nachts eher frisch. Zum Glück sind wir dem Rat unseres Reiseführers gefolgt und haben die neonbunt blinkende Stadt Sa Pa links liegen gelassen und haben uns stattdessen etwa zehn Kilometer südlich bei einer Familie in einem sogenannten Homestay einquartiert. Die Familie gehört der Ethnie der Hmong an, welche eine der indigenen Völker Vietnams darstellen. Sie leben hier traditionell vom Reisbau oder als Selbstversorger, heute natürlich mehr und mehr von Touristen wie uns. Das Gasthaus war gar nicht so leicht zu finden, da es schon dunkel war, als wir ankamen, und weil es einige hundert Meter von der Straße den Hang hinauf lag. Neben uns waren noch etwa ein halbes Dutzend anderer internationaler Gäste da.
Hier in Sa Pa verbrachten wir drei Nächte und zwei Tage hauptsächlich wandernd und entspannend in der frischen Bergluft. Am ersten Tag unternahmen wir eine kleine Wanderung entlang ausgetretener Wege in dem Tal, wo sich unsere Unterkunft befand. Obwohl es ziemlich einfach ist, sich hier zurechtzufinden, boten uns einheimische Frauen immer wieder ihre Dienste als "Wanderführerinnen" an. Teilweise mit den ulkigsten Methoden: Wenn man sie abwies oder an ihnen vorbeiging, verfolgten sie uns einfach still für mehrere Minuten, ganz nach der Devise, man muss nur lange genug nerven, dann werden sich die Weißbrote schon erweichen. Die meisten dieser Frauen waren dabei auch noch so lieb, dass es einem tatsächlich manchmal schwer fiel, ihnen nicht doch einfach ihre Dienste abzukaufen. Allerdings wollten wir einfach nur in Ruhe für uns einen Spaziergang machen und so ließen die Damen immer nach ein paar Minuten von uns ab. Ob die "Wanderführerinnen", die kaum ein Wort Englisch sprachen, eine Bereicherung dargestellt hätten, sei einmal dahingestellt, allerdings sind ihre Bemühungen, ein wenig von den reichen Touristen zu profitieren, mehr als verständlich. Ohne den Tourismus leben die Menschen hier nämlich in absolut bitterster Armut. Wir haben durch offene Türen in Hütten geblickt, in denen nichts als ein einfaches Bett und eine primitive Feuerstelle auf dem lehmigen Boden standen. Die meisten Menschen besitzen hier nur einen Wasserbüffel und ein paar Quadratmeter Reisfeld. Aus dieser Situation heraus ist es gut zu verstehen, warum die Menschen so nachdrücklich versuchen, ein paar Dong von den Touristen zu ergattern. Auch aus diesem Grund sind wir froh, unsere Zeit in dieser Region nicht in einem Hotel in Sa Pa sondern bei einer Hmong-Familie verbracht zu haben. Nachdem uns unsere Wanderung also an den hartnäckigen Damen vorbei durch terrassenförmige Reisfelder, dichte Bambuswäldchen zu einem schönen Wasserfall geführt hatte, traten wir den Rückweg an und waren gerade rechtzeitig vor dem Wolkenbruch zurück in unserer Unterkunft.
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich zum ersten Mal einen Motorroller ausleihen, um damit die Gegend zu erkunden, doch leider stellte sich das Wetter gegen uns. Die lehmigen Hänge und Straßen, die am Tag zuvor schon überaus flutschig waren, entwickelten sich durch den Regen zu wahren Matschrutschen. Daher war unsere einzige Unternehmung an diesem Tag ein Besuch des im Tal befindlichen Dorfes inklusive Vietnamesischem Kaffee und Billiard. Abends wartete eine kulinarische Überraschung auf uns. Unsere Gastgeber hatten wieder für uns gekocht und alle Gäste saßen mit ihnen am Tisch. Zwischen all den Leckereien, die für uns kredenzt wurden, befand sich auch ein Teller mit Froschschenkeln. Frisch vom Markt, aus lokaler Zucht. Wenn es einen Ort und eine Zeit gibt, wo es sich richtig anfühlt einmal Frosch zu probieren, dann war das hier. Also Augen zu und durch... Und es war gar nicht mal übel. Ein wenig wie Hühnchen nur fester. Überhaupt bewahrheitete sich hier der Eindruck, den wir schon in Hanoi von dem vietnamesischen Essen bekommen hatten: Viel mehr Geschmack und viel weniger Saucen und Fritteuse als in China. So kann es gerne weitergehen.
Als es am nächsten Morgen um halb sechs aus den Federn ging, waren wir froh diesen Abstecher in den Norden gemacht zu haben. Von hier hätten wir die Region noch weiter bereisen können in der Nachbarprovinz Ha Giang, da jedoch durchgehend schlechtes Wetter angesagt war, entschieden wir uns, die Rückreise nach Hanoi und am selben Abend die Weiterfahrt ins Zentrum des Landes anzutreten.
Aufbruch: | 04.09.2019 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 22.03.2020 |
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