Ostwärts - immer ostwärts

Reisezeit: September 2019 - März 2020  |  von Janis Dinter

Neuseeland - Das Beste kommt zum Schluss

Auckland

Und wieder rein in den Flieger, drei Stunden bis nach Auckland und da waren wir endlich am Ende der Welt angekommen, in Neuseeland! Wir brachten die üblichen Einreiseformalitäten hinter uns, wurden aber dann noch einmal aufgehalten: Bio Hazard Inspection. "Haben sie etwas zu verzollen?" auf Neuseeländisch. Allerdings ging es hier ausschließlich um organisches Material, das möglicherweise schädlich für die heimische Flora und Fauna sein könnte. Und so kam es, dass Rieke ihre dreckigen Wanderschuhe abgeben musste, die dann fünf Minuten später geputzt wieder bei uns ankamen. Das war das erste aber nicht das letzte Mal, dass uns auffiel, mit wie viel Aufwand und Akribie die Neuseeländer ihre Natur behüten.
Mietwagen geholt und ab in unsere Unterkunft im Westen von Auckland. Wir kamen nachts um eins am 18.02.2020 dort an und fielen nach 36 Stunden ohne echten Schlaf direkt in die Kissen.

Die vier Tage in Auckland wollten wir neben dem Besichtigen der Stadt auch für die Planung der nächsten viereinhalb Wochen nutzen. Denn wir wussten noch nicht genau, auf welche Weise wir durch Neuseeland reisen wollten. Viele Besucher mieten sich einen Camper und fahren damit quer über die beiden Inseln. Für uns waren die aber leider nicht bezahlbar. Also Plan B: Mietwagen und Zelt. Klang für uns erst verlockend, aber als wir dann in Auckland waren, konnten wir uns nicht so recht vorstellen, vier Wochen im Zelt zu schlafen. Also Plan C: Mietwagen und AirBnB. So machen wir es und es war eine gute Entscheidung.

Endlich wieder selber kochen!

Endlich wieder selber kochen!

Und noch etwas änderte sich in unserer Planung. Denn die ursprüngliche Idee war es gewesen, sowohl die Nord- und Südinsel zu besuchen. Bei unserer detaillierteren Recherche im Reiseführer fiel uns aber ziemlich schnell auf, dass dafür einfach nicht genug Zeit ist. Die von vielen als spektakulärer beschriebene Südinsel mussten wir also schweren Herzens komplett weglassen, nicht aber ohne die feste Absicht einmal wiederzukommen und das dann nachzuholen.

So, alle Klarheiten beseitigt, dann kann es ja jetzt losgehen. Auckland ist eine sehr vielseitige Stadt. Mit 1,5 Millionen Einwohnern ist sie die einzige echte Großstadt des Landes. Wir fuhren als erstes einmal in die Stadt und rauf auf den Mt Eden, einen von fünfzig Vulkanen der Stadt. Von hier hat man einen wunderbaren Blick in alle Himmelsrichtungen und wir bekamen das erste Mal ein Gefühl für die tollen Landschaften, die wir in den nächsten Wochen sehen würden.

Auckland!! Mit Abstand die größte Stadt des Landes. Vom Mount Eden lässt sich das Stadtzentrum besonders gut überblicken.

Auckland!! Mit Abstand die größte Stadt des Landes. Vom Mount Eden lässt sich das Stadtzentrum besonders gut überblicken.

In den kommenden drei Tagen sprangen wir quer durch Auckland und arbeiteten uns so durch die wichtigsten Empfehlungen unseres Reiseführers. Das hippe Bar- und Restaurant-Viertel Ponsonby gehörte da ebenso zu wie ein Sightseeing Walk durch die Innenstadt, der uns an den bedeutendsten Orten Aucklands vorbeiführte. Angefangen mit einer Einkaufsmeile aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende, vorbei an Theatern und Kinos, die mehr wie Casinos aus den 1920er Jahren aussahen, zur prachtvollen University of Auckland. In Mitten von ausgedehnten Parkanlagen sieht diese tatsächlich mehr aus, wie ein englisches Kloster der schönsten Sorte. Zum Ende der Tour gelangten wir durch das Hochhaus-Viertel zum Hafen, der allerdings leider gerade eine gigantische Baustelle ist.

Teile der University of Auckland

Teile der University of Auckland

Am anderen Ende der Welt, doch auch irgendwie zu Hause.

Am anderen Ende der Welt, doch auch irgendwie zu Hause.

Nachdem wir noch ein paar weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt abgeklappert hatten, schauten wir uns schmunzelnd an und stellten fest, dass wir uns zwar geographisch ziemlich exakt am anderen Ende der Welt befinden, doch trotzdem das Gefühl nicht los werden, irgendwie nach Hause zu kommen. Alles wirkte irgendwie vertraut. Westliche Architektur, Menschen die sprechen, denken und aussehen wie man selbst. Neuseeland hatte jetzt schon erreicht, was wir uns erhofft hatten, nämlich, dass wir zum Ende unserer Reise Vertrautes mit völlig Neuem verbinden können.

Bevor es für uns aber in die Weiten des Landes hinaus ging, fuhren wir noch zwei Mal an die nur rund dreißig Kilometer entfernte Westküste. Hier liegen die beiden Strände Piha und Karekare, zwei absolute Perlen für Surfer und Naturliebhaber. Kurzum: Uns fielen die Kinnladen herunter bei der Schönheit dieser Strände. Wilde Dünen, tosende Wellen und blauer Himmel. Ein Traum! Ich hatte schon die Sorge, dass wir da schon die Highlight-Strände Neuseelands gesehen hatten und dass alle weiteren Beaches dahinter verblassen würden. Wie sehr ich mich doch geirrt habe...

Piha-Beach

Piha-Beach

Coromandel Peninsula

Und raus geht's ins weite Land. Allerdings nicht bevor wir nicht den Mietwagen gewechselt haben. Leider hatten wir ursprünglich, geizig wie wir sind, gedacht, dass wir für die Tage in Auckland kein Mietauto bräuchten, weshalb wir erst für den heutigen Tag den Vertrag abgeschlossen hatten. Bevor wir nach Auckland gekommen waren, entschieden wir uns dann aber um und buchten bei einer anderen Gesellschaft für die drei Tage in der Stadt ebenfalls einen Wagen. Und der Tausch dieser beiden kostete uns jetzt gute drei Stunden. Aber Schwamm drüber, auf geht es. Im Uhrzeigersinn über die Nordinsel.

Unser erster Stop lag nur rund 170km östlich und so brauchten wir auch nur etwas über zwei Stunden bis zum Ziel. Die Coromandel Halbinsel ist ein beliebtes Ziel für Wochenendausflüge der Großstädter aus Auckland und deshalb in der Hauptsaison wohl für neuseeländische Verhältnisse recht überlaufen. Allerdings befanden wir uns bereits eher gegen Ende der Sommerurlaubszeit und man merkt schnell, was für einen Neuseeländer "voll" bedeutet, unterscheidet sich doch erheblich von dem, was wir so gewohnt waren.
Am ersten Tag auf der Halbinsel fuhren wir an deren Ostküste zu dem Dorf Hahei, einem kleinen Ferienort mit schönen Aussichtspunkten und einer kleinen Wanderung zu einem der Highlights der Region: der Cathedral Cove. Tatsächlich war hier vergleichsweise viel los. So viel, wie wir es kaum ein zweites Mal an vergleichbaren Orten in unseren viereinhalb Wochen Neuseeland erlebten. Die Cove (zu deutsch: Brandungsnische) war aber auch sehr spektakulär und so wunderte uns die Ansammlung an Touristen nicht weiter. Auf dem Rückweg zum Auto wurden wir dann eiskalt erwischt. Und zwar von einem Platzregen, der uns innerhalb weniger Minuten bis auf die Unterhose durchweichte. Pitschnass und frierend liefen wir zurück zum Auto und fuhren zu unserer Unterkunft zurück.

Ein Felsen in der Nähe von Hahei an der Ostküste der Coromandel Peninsula.

Ein Felsen in der Nähe von Hahei an der Ostküste der Coromandel Peninsula.

Palmen? Farn? Falmen?

Palmen? Farn? Falmen?

Cathedral Cove

Cathedral Cove

"Der Wanderer über dem Nebelmeer" von Caspar David Friedrich

"Der Wanderer über dem Nebelmeer" von Caspar David Friedrich

Wieder warm, trocken und ausgeschlafen ging es am nächsten Tag genau in die andere Richtung, und zwar nach Norden. Um hierhin zu kommen, hätten wir entweder den weiten Umweg der Ringstraße auf uns nehmen müssen oder, was wir dann auch taten, die Schotterpiste durch die Wildnis des Inneren der Halbinsel. Die war zwar nur 20 Kilometer lang, aber ziemlich kurvenreich und eng. Tatsächlich kamen wir nach der knappen Hälfte des Weges auch an einem Auto vorbei, dessen Fahrer beherzt auf die Seite gelegt hatte. Eine Familie, natürlich Touristen. Wir hielten kurz an, um nach dem Rechten zu sehen, alles war in Ordnung, niemand verletzt, ein Local kümmerte sich schon um sie, also weiter.
Der Nordzipfel der Halbinsel ist ohne Frage der landschaftlich spektakulärste Teil dieser Region. Hier gibt es nur noch absolut winzigste Dörfer von kaum über einhundert Einwohnern. Wir verbrachten quasi den gesamten Tag damit, von einem schönen Fleckchen zum nächsten zu fahren, kurz auszusteigen, vielleicht mal ein paar hundert Meter in die eine oder andere Richtung zu laufen und weiterzufahren. Hier wurde uns zum ersten Mal die Vielseitigkeit der neuseeländischen Landschaften bewusst: Undurchdringliches Dickicht wechselt zu saftigen Weidelandschaften wechselt zu weißem Sandstrand innerhalb kürzester Zeit.

Seit sechs Monaten hat es hier nicht mehr richtig geregnet. Die sonst saftig grünen Weiden sind daher im Moment sehr trocken.

Seit sechs Monaten hat es hier nicht mehr richtig geregnet. Die sonst saftig grünen Weiden sind daher im Moment sehr trocken.

Was für ein Panorama im Norden der Coromandel-Halbinsel.

Was für ein Panorama im Norden der Coromandel-Halbinsel.

Mt Maunganui & Hobbiton

Und schon ging es wieder weiter. Wir verließen die Coromandel Halbinsel in Richtung Südosten in die Nähe der fünftgrößten Stadt des Landes: Tauranga. Auf dem Weg machten wir noch in der Karangahake Schlucht Halt, weil wir hier "ein kleines Ründchen" drehen wollten. Daraus wurde dann eine ausgewachsene Wanderung von rund vierzehn Kilometern, die sich aber wirklich gelohnt hatte. Die Region ist eine alte Bergbauregion und ein wichtiger Ort für die lokalen Maori. Als wir endlich mit dem ausgedehnten Spaziergang fertig waren, hatten wir ein wenig Zeitdruck, um nicht allzu spät bei unserer Unterkunft anzukommen, doch eine "Die Drei ???"-Folge später waren wir auch schon da.

Karangahake Schlucht

Karangahake Schlucht

Wie ich so schreibe, fällt mir mal wieder auf, dass ich bei weitem nicht alles in diesen Bericht hineinpacken kann, was ich gerne beschreiben würde. Das scheint ja so langsam wirklich zum Running Gag zu werden. Aber in Bezug auf Neuseeland erreicht das wirklich ungekannte Dimensionen. Jeder Ort, den ich hier beschreibe, verdient eigentlich sein eigenes Kapitel in diesem Reisebericht, aber das liest dann ja doch keiner und mir würden irgendwann die Finger abfallen. Aber ich wollte es nochmal gesagt haben, damit sich hinterher keiner beschwert.

Die Region um Tauranga befindet sich im zentralen Norden der Nordinsel an der gigantisch weiten Bay of Plenty. Und die Region lässt vermuten, woher der Name kommt, denn hier schlägt das landwirtschaftliche Herz Neuseelands. Weite hügelige Felder so weit das Auge reicht, unterbrochen nur von ein paar hüfthohen Zäunen oder Hecken. Kein Wunder, dass Peter Jackson hier den idealen Ort für das Auenland gesehen hat. Aber der Reihe nach.
Denn zu erst fuhren wir an die Küste zum Mount Maunganui. Natürlich wieder ein Vulkan sitzt der Berg am Ende eines langen Streifens Strand und blickt aufs Meer hinaus. Selten habe ich einen Berg gesehen, der flehendlicher darum bittet, erklommen zu werden. Also kommen wir seinem Wunsch nach et voilà, was für ein Panorama! Von hier oben kann man die gesamte Bay of Plenty überblicken. Wir sehen draußen auf dem Meer sogar den Vulkan Whakaari, der drei Monate zuvor spektakulär in die Luft geflogen war und leider zahlreiche Menschenleben gekostet hatte. Er raucht immer noch gewaltig. Das war es für den Tag tatsächlich schon mit Programm und wir entspannten den restlichen Nachmittag mit einem Gläschen Wein oder zwei in unserem persönlichen Garten unserer Unterkunft.

Promenade am Mt Maunganui

Promenade am Mt Maunganui

Im Hintergrund ist ganz schwach der rauchende Whakaari zu sehen.

Im Hintergrund ist ganz schwach der rauchende Whakaari zu sehen.

Von unserer wunderbaren und strategisch ausgezeichnet gelegenen Unterkunft in Oropi fuhren wir anschließend zu der Sehenswürdigkeit, für die allein einige Menschen den weiten Weg nach Neuseeland auf sich nehmen. Die Rede ist natürlich von Hobbiton! Für eingefleischte Herr der Ringe Fans wie uns war das natürlich auch ein absolutes Muss. Also nichts wie hin.
Das Filmset ist nur über eine gebuchte Tour zu besuchen, die einen in Gruppen mittlerer Größe für rund anderthalb Stunden durch die malerischen Hügel Hobbitons führt. Wir waren auf jeden Fall sofort im Modus und genossen jeden Augenblick in dieser malerischen Umgebung. Über vierzig Hobbithöhlen, zahlreiche Gärten und Terrässchen, der Baum, unter dem Bilbo seine berühmte Rede hält ("Ich kenne die Hälfte von euch nicht halb so gut, wie ich es gern möchte, und ich mag weniger als die Hälfte von euch auch nur halb so gern, wie ihr es verdient.") und nicht zuletzt die Schenke namens Zum Grünen Drachen. Alles war absolut authentisch in Stand gehalten und einfach herrlich anzusehen. Fast erwarteten wir, dass aus einer der Hobbithöhlen jeden Moment einer seiner Bewohner auf den Weg purzelt. Das geschah allerdings erstaunlicherweise nicht. Das schöne in Neuseeland ist, dass hier alles ein paar Nummern kleiner und familiärer ist als in Europa oder Asien. Und so haben sie es auch hier toll geschafft, trotz vieler hundert Besucher pro Tag die verträumte Auenland-Stimmung zu bewahren.

Bilbos und Frodos Höhle

Bilbos und Frodos Höhle

Zum Abschluss ein Getränk im Grünen Drachen

Zum Abschluss ein Getränk im Grünen Drachen

Rotorua

Es dampft! Das ist das wichtigste, was man über die Stadt Rotorua und die Umgebung wissen muss. Und es riecht nach Schwefel. Hier ist man dem Erdinnern gefühlt ganz schön nahe. Wir befinden uns immer noch im zentralen Norden der Nordinsel nur rund sechzig Kilometer südlich von unserer letzten Unterkunft in einer der aktivsten Thermalregionen des Landes. Rotorua besticht nicht gerade als schöne Stadt, dafür hat sie aber so einiges anderes zu bieten, nämlich besagte Thermalquellen sowie Maori- und Kolonialgeschichte.
Auch wenn die meisten Thermalquellen in dieser Region zu hochpreisigen Spas für den besserbetuchten Besucher umgewandelt worden sind, so ist es trotzdem nicht schwer freizugängliche Hot Springs zu finden. Einer befindet sich zum Beispiel mitten in der Stadt in einem Stadtpark, wo es einen Spielplatz gibt und Spazierwege, nur die Teiche sind paar Grad wärmer, dampfen und riechen nach Ei. Auch anderswo in der Stadt sieht man immer wieder Risse im Asphalt, aus denen es zischt und blubbert. Shit's on fire, yo!
In einem jungen Land wie Neuseeland ist mit Geschichte nach unserem Verständnis zwar nicht unbedingt so viel los, aber in Rotorua fällt uns zum ersten Mal auf, dass die Maori-Kultur eine viel größere Rolle spielt, als wir gedacht hätten. Mehr dazu aber später im Exkurs. In Rotorua finden sich neben Siedlungen und Kulturzentren der Maori auch einige der ältesten kolonialen Gebäude des Landes, wie etwa das Rotorua Museum in den Government Gardens. Wie um das alte britische Erbe vor unseren Augen zu zelebrieren, spielten tatsächlich ein paar betagtere Kiwis auf dem Rasen davor eine Runde Cricket. Ein Bild wie aus einer anderen Zeit.

Es blubbert im Kuirau Park in Rotorua.

Es blubbert im Kuirau Park in Rotorua.

Pukeko

Pukeko

Ein Versammlungshaus der Maori

Ein Versammlungshaus der Maori

Das Rotorua Museum mit Cricket-Spielern, wie in der Alten Zeit.

Das Rotorua Museum mit Cricket-Spielern, wie in der Alten Zeit.

Rund um Rotorua erstreckt sich eine weite Seenlandschaft, die durch vulkanische Aktivitäten geschaffen wurde. Wir verbrachten einen ganzen Tag wandernd in dieser Region. Besonders der Wald hier hatte es uns angetan. Der ist hier von so romantischer Schönheit, dass man es manchmal einfach nicht fassen kann. Moosbewachsene Bäume, Farn überall und einfach ein ehrfurchterweckender Urwald-Zauber. Und wieder dachten wir uns: Kein Wunder, dass der Herr der Ringe hier gedreht wurde.

Der Farn ist das Symbol Neuseelands. Kein Wunder, denn die Wälder sind voll davon.

Der Farn ist das Symbol Neuseelands. Kein Wunder, denn die Wälder sind voll davon.

Exkurs: Maori

Wie schon angedeutet, spielt die Kultur und Sprache der Maori in Neuseeland eine überaus große Rolle. Ich weiß nicht genau, warum, aber bis wir hier ankamen, hatte ich die Vorstellung, dass die Maori in Neuseeland eine ähnliche Rolle innehätten, wie die Indianer in den USA oder die Aborigines in Australien. Sozusagen als die rechtmäßigen Bewohner des Landes, die de facto aber von der weißen Übermacht marginalisiert worden sind und heute als schrullige Naturvölker entwürdigt werden. In Neuseeland ist das aber definitiv nicht der Fall. Nach langen Jahren der Unterdrückung auch hier, kann man denke ich guten Gewissens behaupten, dass die Kultur der Maori von der Mehrheitsbevölkerung als ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Teil der Kiwi-Identität angenommen wird. Und so haben grob geschätzt 90% der Orte Maori-Namen, ein großer Teil des Landes ist (wieder) in Maori Hand und es gibt ein politisches System, das neben der westlichen Demokratie des Staates Neuseeland ebenfalls wichtige Entscheidungen trifft. Aber das wichtigste finde ich, ist die Tatsache, dass der überweltigende Teil der Neuseeländer den Eindruck vermitteln, die Maori-Kultur als schützenswert erachten und das Miteinander zwischen Weißen und Maori wertschätzen und zwar deutlich über politische Lippenbekenntnisse hinaus.
Trotzdem will ich nicht unerwähnt lassen, dass das Verhältnis zwischen Maori und ihren weißen Landsleuten nicht vollkommen ungetrübt ist. Ein Großteil der sozialen Unterschicht sind noch immer Maori und Bandenkriminalität und Drogenmissbrauch ist unter Maori extrem hoch. Der Umgang Neuseelands mit diesen Problemen ist aber zumindest im Gegensatz zu den eben genannten Ländern dem eines aufgeklärten Staates des 21. Jahrhunderts würdig.

Achtung, Kiwis!

Achtung, Kiwis!

Gisborne

Mittlerweile hatten wir uns vollkommen an das Reisen mit dem Mietwagen gewöhnt. Welch ein Luxus! Nach einem halben Jahr voller Planung von wo nach wo und um wie viel Uhr der nächste Bus oder Zug geht, war es einfach eine unsagbare Wohltat, dann ins Auto steigen zu können, wann wir wollten, und die Orte zu besuchen, die uns in den Sinn kamen. Die Reise durch Neuseeland fühlte sich tatsächlich gar nicht mehr wie ein Teil der Weltreise an, sondern mehr wie ein Urlaub nach der Reise.
Und so nutzten wir unsere neugewonnene Mobilitätsfreiheit und entschieden, dass wir den äußersten Nordosten auslassen und stattdessen durch die Berge direkt an die lange Ostküste fahren würden - in das Städtchen Gisborne.
Hier hatten wir mal wieder großes Glück mit unserer AirB&B-Unterkunft bei einem netten britischen Paar mit vier Katzen und einem Hund. Überhaupt waren wir ziemlich zufrieden mit der Entscheidung, nicht das Zelt sondern die bequemere Variante genommen zu haben. Das Kapitel Campervan kommt ein anderes Mal. Gisborne ist ein recht ruhiges Fleckchen allerdings wieder mit einer Menge Geschichte im Gepäck, denn hier hatte James Cook 1769 als erster Europäer neuseeländischen Boden betreten. Dieses Ereignis und andere Geschichten werden in dem Tairawhiti Museum behandelt, welches als das beste Regionalmuseum des Landes gilt und das wir natürlich besichtigten.
Ansonsten gibt es hier sehr viel einsame, raue Gegend und (mal wieder) unglaublich schöne Strände.

Etwas nördlich von Gisborne. Der perfekte einsame Strand, den man andernorts vergeblich sucht, hier gibt es ihn noch.

Etwas nördlich von Gisborne. Der perfekte einsame Strand, den man andernorts vergeblich sucht, hier gibt es ihn noch.

Gisborne

Gisborne

Hastings & Napier

Die Ostküste der Nordinsel zählt nicht zu den absoluten Hotspots Neuseelands, was aber nicht bedeutet, dass es hier nichts zu sehen gäbe. Wir fuhren von Gisborne aus südwärts und machten an einer windigen Halbinsel namens Mahia Peninsula Halt. Entlang der Küste pfiff hier ganz ordentlich der Wind, es war ein wenig kühl und die wolkenüberschattete See ließ ein wenig Nordsee-Feeling aufkommen. Doch gerade als wir dachten, dass hier nicht viel von der tropischen Seite Neuseelands zu sehen ist, führte uns ein Wanderweg in das bewaldete Herz der Halbinsel und paff, wir waren wieder im Dschungel. Dieser Wechsel zwischen den Landschaften ist einfach erstaunlich und ziemlich einmalig.

Vom kargen Küstenstreifen...

Vom kargen Küstenstreifen...

... in den tiefsten Dschungel...

... in den tiefsten Dschungel...

... und zurück innerhalb weniger hundert Meter.

... und zurück innerhalb weniger hundert Meter.

Aber auch wenn der Osten der Nordinsel nicht auf der Bucketlist eines jeden Neuseelandreisenden steht, so gibt es doch eine Stadt, die etwas heraussticht - nämlich Napier. Die Stadt wurde durch ein Erdbeben in den 1930er Jahren zerstört und anschließend im damals angesagten Art déco Stil wieder aufgebaut. Davon profitiert Napier noch heute besonders während des jährlich stattfindenden Art déco Festivals, welches wir leider um eine Woche verpassten.
Das Städtchen ist sehr sehenswert mit seinen netten Cafés und Weinbars. Leider hatten wir an dem Tag nicht das tollste Wetter, aber selbst das passte irgendwie zum Flair Napiers.

Während unserer Zeit in dieser Ecke Neuseelands übernachteten wir in der Nachbarstadt von Napier namens Hastings, welche allerdings nicht ansatzweise so ansehnlich ist wie Erstere. Einzig der Berg Te Mata ist hier eine echte Sehenswürdigkeit. Von dem hat man allerdings einen wirklich spektakulären Blick über die umliegende Hawke's Bay Gegend. Hier sahen wir ziemlich eindrücklich, wie ausgetrocknet das gesamte Land war... zumindest bis wir von den Unmengen an kleinen Fliegen in die Flucht geschlagen wurden.

Der Berg Te Mata

Der Berg Te Mata

Und wieder eine Unterkunft mit Hund und Katz!

Und wieder eine Unterkunft mit Hund und Katz!

© Janis Dinter, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine (halbe) Weltreise! Sechs bis sieben Monate überwiegend mit Bus und Bahn von Deutschland aus in Richtung Osten, dann Süden, dann wieder Osten. Unsere Reise führt uns durch Skandinavien, das Riesenreich Russland, die Mongolei und China, nach Südostasien und zuletzt nach Neuseeland. Ein halbes Jahr haben wir dafür grob eingeplant - ob es noch mehr wird, wer weiß?
Details:
Aufbruch: 04.09.2019
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 22.03.2020
Reiseziele: Deutschland
Dänemark
Schweden
Finnland
Russland / Russische Föderation
Mongolei
China
Hongkong
Vietnam
Kambodscha
Laos
Thailand
Malaysia
Singapur
Australien
Neuseeland
Der Autor
 
Janis Dinter berichtet seit 6 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Janis sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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