Ostwärts - immer ostwärts
Singapur - Als wär die Zukunft schon da
Ein letztes Mal! Wir saßen im Bus von Kuala Lumpur nach Singapur und dachten so bei uns, wow, das wars! Die letzten Kilometer unserer Über-Land-Weltreise. Wir haben es doch tatsächlich geschafft. Von Siegen in Westfalen über Skandinavien nach Russland, da mit der Transsib bis in die Mongolei und nach China. Dort immer weiter nach Süden und in Schlangenlinien durch Südostasien. Und da sind wir, am südlichsten Zipfel, den wir ohne Flug auf unserer Reise erreichen werden. Das macht schon ein wenig stolz. Was für eine gewaltige Distanz und wir haben es wirklich durchgezogen. Yes!
Nach nur elf Tagen in Malaysia verließen wir dieses spannende Land schon wieder und hüpften über die schmale Meeresstraße am 13.02.2020 nach Singapur. Der erste Eindruck: Same same but richer. Und ich glaube das trifft es auf den Kopf. Auch hier die drei Ethnien Malaien, Chinesen und Inder, allerdings in einer anderen Gewichtung. 75% der Einwohner sind chinesischen Ursprungs. Das macht sich auch im Stadtbild bemerkbar. Aber eigentlich ist Singapur ein riesiger Melting Pot. Jeder spricht Englisch, alles ist durchorganisiert, jeder hat Rechte und Pflichten und alles ist auf Hochglanz poliert. Spätestens hier haben wir nicht mehr das Gefühl, in Südostasien zu sein. Die Ähnlichkeiten zwischen Singapur und Hanoi scheinen in etwa so groß wie die zwischen Kopenhagen und Lima. Eine komplett andere Welt.
Die einzige Stadt, an die wir uns entfernt erinnert fühlen, ist Hong Kong - allerdings nur der reiche Inselteil. Singapur ist ein absolut einmaliges kapitalistisches Erzeugnis. Hier regiert Geld die Welt. Und nicht nur Zeit ist Geld, sondern auch Platz. Und so war die einzig bezahlbare Unterkunft ein "Kapselzimmer" im Stadtteil Little India. Bei unserer Ankunft erfuhren wir, dass das Hotel heute (!) aufgemacht hatte. Wir waren die dritten Gäste, die eincheckten. Das eigenartige an unserem Zimmer war, dass das Bett in eine Nische in der Wand und das Bett des Nachbarzimmers quasi über uns war. Das war zwar etwas gewöhnungsbedürftig, ließ sich für drei Nächte aber gut aushalten.
Wir verbrachten die drei Tage in der Stadt meist so, dass wir vormittags für ein paar Stunden nach draußen gingen, um dann über die Mittagsstunden, wenn die Hitze zu heftig wurde, wieder in unserer Kapsel zu verschwinden. Am frühen Abend ließ es sich dann in den Straßen wieder aushalten und wir schauten uns meist nochmal etwas an oder gingen zu unserem Lieblingsinder um die Ecke.
Es gibt in Singapur all das zu sehen, was wir schon aus Malaysia kannten: Chinatown, Little India, Britischen Kolonialstil und postmoderne Prunkbauten. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass man hier wortwörtlich vom Boden essen könnte. Ich weiß nicht, ob es die Gewöhnung an den Dreck in den anderen Ländern ist, aber wir waren absolut baff von der Sauberkeit in dieser Stadt.
Kampung Glam, das ehemalige Zentrum Singapurs, ist heute ein bunter Stadtteil mit zahlreichen Kaffees und Restaurants in schmalen Gassen. Was hier sogleich auffällt, ist dass die Angebote nicht für Touristen geschaffen sind. Die Singapurer selbst gehen hier hin, um etwas zu kaufen, herumzuschlendern oder Selfies zu machen. Das ist auch ganz anders als in den Ländern zuvor und es fühlte sich gut an, nicht mehr das Gefühl zu haben, einen Zirkus zu besuchen, der nur für uns reiche westliche Touristen aufgezogen wird.
China Town ist hier ein bisschen lustig, da ja wie gesagt die meisten Singapurer von dort kommen. Vielleicht auch aus diesem Grund wirkt China Town hier auch mehr wie ein ganz normales Viertel mit ein paar Tempeln und Chinarestaurants. Schön ist es aber trotzdem.
Hier gehen alle Stadtteile ziemlich unmerklich in einander über. Es ist nicht so, als würde man in Little India keine Malaien sehen oder als gäb es im Hochhausdistrikt namens Raffles Place nicht auch Chinesische Tempel. Über allem steht aber das wahnsinnig moderne urbane Design, das die Stadt absolut einzigartig macht.
Das Bestreben hier alles so futuristisch wie möglich aussehen zu lassen, gipfelt ohne Frage in den anderweltlichen "Gardens by the Bay". Hierhin sind wir am zweiten Abend gegangen, um uns die Lightshow und das weltberühmte Marina Bay Hotel anzusehen. Ich weiß nicht wie viele Gärtner hier beschäftigt sind, aber das Ergebnis ist der absolute Hammer: eine riesige Fläche mit gewundenen Wegen durch Palmendschungel, künstlichen Lagunen und verträumter Musik aus Lautsprechern. Sogar Fahrradwege wurden hier quer durch den Park angelegt. Für mich waren die Gärten eindeutig das Highlight von Singapur.
Und dann war der Tag gekommen. Unser Abenteuer quer durch Asien ist zu Ende. Hätte uns das einer vor einem halben Jahr gesagt... Dann hätte ich wahrscheinlich gesagt, jop so hatten wir das ja auch geplant. Nein, aber im Ernst, es ist der Hammer, dass alles exakt so geklappt hat, wie wir es uns vorgestellt haben. Kein Diebstahl, kein Unfall, keine größere Krankheit. Machen wir glaub ich nächstes Jahr mal grad wieder.
Ein Highlight hatte Singapur allerdings noch auf Lager. Denn am Flughafen steht seit kurzer Zeit zwischen den Terminals ein Luxuseinkaufszentrum namens The Jewel. In dessen Mitte befindet sich ein Springbrunnen. Alles klar, so weit so normal. Aber wir wären ja nicht in Singapur, wenn der Springbrunnen nicht ein gigantischer kreisrunder Wasserfall wäre, umgeben von einem angelegten mehrgeschössigen Wald, während der Shuttlezug zwischen den Terminals auf Augenhöhe mit dem fallenden Wasser durch das Jewel fährt.
Wenn es eine Möglichkeit gibt, wie Singapur uns perfekt aus Asien verabschieden könnte, dann so. Wahnsinn!
The Jewel: Ein Einkaufszentrum. Am Flughafen. Mit gigantischem künstlichem Wasserfall. Und mehrstöckigem Wald. Absolut irre!
Das Fazit für Singapur fällt kurz aus. Der kleine Inselstaat hat rein gar nichts mit dem Rest Südostasiens gemein. Alles ist perfekt und perfekter. So sauber wie es hier ist, habe ich es noch nie in einer Großstadt erlebt. Die Menschen machen einen extrem arbeitsamen und zielstrebigen Eindruck. Jeder spricht Englisch und mindestens zwei weitere Sprachen.
Singapur ist für Reisende ein echter 'jaw-dropper', aber zum Leben wäre es für uns definitiv nichts. Zu steril wirken die Hochhausschluchten, in denen alles künstlich ist und nichts dem Zufall überlassen wird.
Aufbruch: | 04.09.2019 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 22.03.2020 |
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