Ostfriesland für Fischliebhaber und Nicht-Wassersportler

Reisezeit: September 2023  |  von Herbert S.

Ostfriesland Mitte - (Aurich u.a.) : Moordorf -Moormuseum

Moordorf

Der Ort liegt etwa sechs Kilometer westlich der Stadt Aurich und 18 Kilometer nordöstlich der Stadt Emden. Er entstand entlang eines alten Handels- und Postweges von Aurich nach Marienhafe am so genannten Schwarzen Weg inmitten des ehemaligen großen Hochmoorkomplexes des Münkeboe-Tannenhauser Moores. Dieser erstreckte sich noch bis in das 18. Jahrhundert nordwestlich von Aurich. Die ersten Siedler erschlossen das Moorgebiet durch Brandrodung mit anschließendem Anbau von Buchweizen sowie Viehhaltung. Inzwischen ist das Moor nahezu vollständig abgetragen worden. Im Ort selbst gibt es heute kein Hochmoor mehr. Reste dieses Moores haben sich unmittelbar an der Ortsgrenze erhalten, zählen aber zum Ortsteil Victorbur.
etwas schwer zu finden, aber ...

Das Moormuseum Moordorf beschäftigt sich mit der Moorkolonisierung. Als Museum der Armut hat es sich zur Aufgabe gesetzt, die schwierige Entwicklungsgeschichte des Ortes aufzuzeigen. Auf der drei Hektar großen Freifläche stehen mehrere nachgebaute Kolonistenhütten und -häuser, von nachgebauten Plaggenhütten der ersten Siedler über die Lehmbauten späterer Bewohner bis zu den Kolonistenhäusern, die teilweise bis in die 1960er Jahre das Ortsbild prägten.

Noch bis in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden in Moordorf noch Lehmhütten gebaut.
Die beiden Hütten unterscheiden sich geringfügig voneinander. In einem befindet sich kein Schornstein, vielmehr brannte das Feuer auf dem Lehmfußboden.
Im anderen befindet sich der Schornstein an der Giebelwand.

Ein Torfabstich zeigt di verschiedenen Gerätschaften.

Einschienenbahn

Einschienenbahn

Tragegestell

Tragegestell

Schubkarre

Schubkarre

Die Torf-Schichten sind verschieden alt und bestehen aus abgestorbenen und verfaulten Pflanzenteilen. Die älteste Schicht sitzt ganz tief unten, es ist der „Schwarztorf'. Mit diesem Torf hat man die Häuser geheizt und Essen auf dem Torffeuer gekocht. Wenn man sich den Torf genau anschaut, dann sieht man noch Gräser und kleine Äste, sie sind etwa achttausend Jahre alt. Die obere Schicht ist jünger und darum noch nicht so dunkel, es ist der „Weißtorf*. Auch hier drin findet man Pflanzenteile. Diesen Torf haben die Menschen früher in die die Schafställe gestreut. Dann haben die Schafe draufgepupt. Die Moormenschen haben ihn als Düngertorf an die Stadtmenschen verkauft. Heizen konnte man mit ihm nicht, er qualmte und stank nur das ganze Haus voll. Und oben drauf ist die neueste Schicht. Die Pflanzen sind noch nicht verfault und so nennt man sie auch nicht Torf sondern „Bunkerde" _ .

Hochmoor
So weit man sehen kann, reicht das Hochmoor des Moormuseums. Es umfasst eine Fläche von etwa 2 ha = 20.000 m2.
Ein trockenes Hochmoor entwickelt sich zu einer Moor-/Heidelandschaft. Das ist keine Natur-, sondern eine Kulturlandschaft, und diese muss von Schafen „bearbeitet' werden. Bäume wie Birken und Ebereschen sollten hier nicht wachsen, weil sie dem Boden Wasser entziehen.
Im Vordergrund sieht man Glockenheide, Besenheide und Bentgras (Pfeifengras) als hauptsächliche Vegetation.
Etwas weiter hinten - leider nicht zu sehen - wachsen einige geschützte Pflanzen wie z. B. seltene Orchideenarten.
Deswegen ist das Betreten des Hochmoors nicht gestattet.
So weit der Bohlenweg führt kann man in das Hochmoor hinein gehen. Das Hochmoor steht unter Landschaftsschutz.

Jäger / Schäferhütte
So können die Jagd- oder Schäferhütten des Grafenhauses Cirksena, dessen Residenz sich in Aurich befand, ausgesehen haben. •
Wurde im Schloss ein Fest gefeiert, mussten hunderte Fasanen, Rebhühner, Birkhühner, Hasen und anderes Wild herangeschafft werden. Dieses Wild wurde in den umliegenden Hochmooren geschossen. Tage vor dem Fest hielten sich die Jäger in solchen Unterkünften auf, um bei Sonnenaufgang gleich an Ort und Stelle die ersten Tiere zu erlegen.
In der übrigen Zeit waren es Schutzhütten für die Schäfer, deren Herden wochenlang auf den Hochmooren weideten.
Die Cirksenafamilie ist eine aus einem Greetsieler Häuptlingsgeschlecht hervorgegangene ostfriesische Adelsfamilie, die ab 1464 als Reichsgrafen, ab 1654 als Reichsfürsten in Ostfriesland regierte und 1744 im Mannesstamm erlosch.
Carl Edzard war der letzte Fürst von Ostfriesland aus dem Haus Cirksena. Nach den Dauerkonflikten der vorangegangenen Jahre zwischen dem Fürstenhaus und den Ständen hatte jenes kaum mehr ein Ansehen. Die Stadt Emden und andere renitente Landstände verweigerten ihm die Huldigung. Nach seinem Tod fiel Ostfriesland an König Friedrich II. von Preußen.
(Das heutige Schloss in Aurich wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut, als Aurich zum Königreich Hannover gehörte. Das Schloss ersetzte seinerzeit die Burganlagen der ostfriesischen Häuptlingsfamilie Cirksena.

Ein Spitt ist die Stelle, wo im letzten Jahr Torf gegraben wurde.
Hier ist noch das Loch zu sehen, woraus man den Schwarztorf gegraben hat. Nun ist es voll Wasser und ein paar Pflanzen siedeln sich hier schon wieder an.

Spitt

Spitt

Die ältesten „Häuser" Moordorfs waren die Plaggen- und Sodenhütten der ersten Moorkolonisten.
Die Plaggenhütten wurden aus Plaggen (ausgestochene Stücke aus der obersten, fest verwachsenen Schicht des Heidefeldes) die Sodenhütten aus getrockneten Torfstücken (Soden) gebaut.
Gebaut wurde also mit dem, was man in der unmittelbaren Umgebung finden konnte.
Plaggen- und Sodenhütten wurden manchmal an der abgegrabenen Hochmoorkante errichtet, so dass diese bereits eine Gebäudewand des Hauses bildete. Manche Hütten errichtete man auch oben auf dem Hochmoor.
Die beiden Hütten, die hier stehen, sind beide ganz aus Heideplaggen gebaut und dienten als erste Unterkunft für neue Kolonisten.
Lehmhüttenerrichtung war erst nach umfangreichem Abtorfen und der Entwässerung möglich, da der Lehm sich unter der Torfschicht, die vor der Moorkultivierung 8 bis 12m betrug, befand.
Außerdem wären auf dem kaum entwässerten, weichen Moorboden Lehmhütten zu schwer gewesen.

Diese Lehmhütte hat nur eine Tür. Die Ziege musste also durchs "Wohnzimmer", um in den kleinen Stall zu gelangen.
Die Hütte hat einen Lehmschornstein in der Giebelwand. Brände solcher Hütten waren keine Seltenheit.
Der vordere Teil des Gebäudes ist in den letzten Jahren in den weichen abgetorften Boden gesunken. Dadurch kann man im Haus kaum stehen, so niedrig ist die Decke.
Ein Pfarrer berichtete für die Zeit um 1900, dass
man sich in solchen Fällen behalf, indem man den Lehmfußboden 20 cm tiefer legte.

Lehmhütten versinken im Boden

Lehmhütten versinken im Boden

Torfbrunnen (Torfpütt) Die Bewohner der Lehmhütten entnahmen das benötigte Wasser einem Brunnen, der in den Moorboden eingegraben wurde.
Dieser Brunnen wurde Schicht auf Schicht ringförmig mit extra zugeschnittenen Torfsoden aus der oberen Moorschicht "ausgepflastert". Nun konnten die Seitenwände nicht mehr einstürzen, außerdem wurde das eindringende Grundwasser durch die Torfwand gefiltert.
Das Wässer eignete sich hervorragend zur Teezubereitung.
Zur Abdeckung des Brunnenloches wurde darüber ein kleines Häuschen errichtet, das sogenannte "Pütthuus".

Landarbeiterhaus im Stil des 19. Jahrhunderts. Diese Gebäude wurden in Moordorf erst sehr spät errichtet, weil vorher den Siedlern das notwendige Geld fehlte.
Es unterscheidet sich von den anderen vor allem durch seine Größe. Die wesentlichen Baumaterialien sind Backsteine, Rundhölzer, handgeformte Tonpfannen und Reet sowie Strohdocken. All diese Merkmale sind Anzeichen für einen gewissen Wohlstand der Erbauer.
Dieses Haut, das ursprünglich 1844 ca. 7 km westlich von hier in Engerhafe erbaut wurde, war noch bis Dezember 1979 bewohnt. Bemerkenswert ist vor allem, dass das Gebäude im Wesentlichen nur zwei Räume hat. Mensch und Tier lebten dicht beieinander unter einem Dach.
Rechts vom Eingang ist ein kleiner Wirtschaftraum mit Spülstein und Loch in der Wand zum Wasser hinausschrubben.
Das Haus wurde von Vereinsmitgliedern 1980 am damaligen Standort im Dorf Engerhafe abgebrochen und hier ab 1981 wiederaufgebaut.Landarbeiterhaus

© Herbert S., 2023
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach langer Zeit (Corona und 3 abgesagten Urlauben) können wir uns noch einmal aufraffen, ein Stück unerlebtes Deutschland zu entdecken. In der Zeitschrift Landlust hat meine Frau Ulrike eine Ferienwohung entdeckt, die uns reizt. Auf der Hinfahrt sind allerdings in den Niederlanden noch ein paar Besichtigungen eingeplant.
Details:
Aufbruch: 10.09.2023
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 19.09.2023
Reiseziele: Niederlande
Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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