Mittelamerika..oder: wohin mich der Wind treibt
Nicaragua: und ich besteige tatsaechlich einen Vulkan
10.11. We are lions!" ruft unser Fueher Berman ein paar mal an diesem Tag. Wahrscheinlich eher, weil er kuerzlich erst den Hollywoodstreifen mit dem leckeren Brad Pitt "Troy" gesehen hat, aber uns spornt es an.
An diesem Tag soll ich wieder einmal erleben, dass sich Erlebnisse staendig steigern koennen, auch wenn man denkt, besser (oder schlimmer) kann es nicht werden.
Der Tag beginnt um 4 Uhr 50. Aus irgendeinem Grund habe ich beschlossen, vor dem Hike eine Dusche zu nehmen. Wenigstens hat es meinen Kreislauf im schoensten fruehen Licht des Tages ordentlich in Schwung gebracht. Ich war sogar vor den mindestens 50 Haehnen der Nachbarschaft wach, die aber keine 10 Minuten spaeter ihr Morgenkonzert begonnen haben.
Um halb sechs sitze ich mit Berman, Sarah, Dominik und einem weiteren dazugestossenen- Mark aus England, im Van und wir bewegen uns holprig ueber die noch gepflasterte Strasse der Insel. Schnell stelle ich fest, dass das Leben hier im allgemeinen mit dem Sonnenaufgang beginnt. Die Strasse ist schon voller Leben, Menschen, Huehner, Kuehen und Hunden. Auch wenn es scheint, als koennte auf so einer Insel nicht jeder einer Arbeit nachgehen, hat trotzdem jede Person an der wir vorbei fahren irgendetwas auf dem Rad, dem Ruecken oder dem Kopf, was einen arbeitsreichen Tag verspricht. Nur die aelteren Leute sitzen am Strassenrand, rauchen, spielen Karten oder beobachten den Vulkan.
Die Atmosphaere ist jedoch unheimlich. Schnell erleben wir warum. Der Conception grummelt und spuckt kurz darauf eine dicke dunkelgraue und braune Wolke aus Asche. Selbst Berman, der Oekologie studiert hat und der Ansprechpartner fuer National Geographics oder BBC fuer Berichte ueber diese Vulkaninsel ist, wirkt aufgeregt. Wenig spaeter sieht es aus, als wuerde es regnen. Aber als wir aus dem Van steigen, weil Berman die Sache genauer beobachten will, regnet es kein Wasser sondern Asche! Eine Menge Asche. Es riecht stark nach Schwefel und das frische Morgengrauen ist einem Braun gewichen und auch die Haehne scheinen still geworden zu sein. So etwas habe er noch nicht gesehen, sagt Berman, was mich neben all der Faszination doch etwas beunruhigt. Ja, der letzte Ausbruch war 1957, aber das koennte auch ein Zeichen dafuer sein, dass es wieder Zeit ist.. Auf meine Frage, ob wir dann vielleicht lieber nicht wieder in die Naehe der Faehre fahren sollten, statt immer weiter davon weg, schmunzelt Berman und erklaert, dass wir den Punkt auf dem Maderas passieren, von dem im Notfall alle evakuiert werden. Irgendwie beruhigt mich dass und ich denke nicht weiter drueber nach.
Es geht eine weitere halbe Stunde ueber Holperpisten mit ziemlich tief ausgewaschenen Schlagloechern und irgendwann kommen wir zu unserem Fruehstueckspunkt.
Ich fuehle mich nicht wirlich danach, um diese Uhrzeit Gallo Pinto (Reis mit roten Bohnen und Ruehrei) zu essen, aber wir brauchen Energie, so wird uns befohlen.
Bevor es aufwaerts geht erkunden wir die Petroglyphen. 1500 Jahre alte Steinzeichnungen der Indios. Wir lernen, dass dieser Ort fuer die Indios ein heiliger Ort ist. Chief Nicaragua hat das fuer richtig befunden, denn alte Geschichten erzaehlen von einem Ort, an dem sie Sonne zwischen zwei Vulkanen aufgeht. Und diesen Blick hat man von der Fahere aus.. Ausserdem werden die suendigen Menschen nicht lebend von der Vulkanbesteigung zurueckkehren, da sie auf eine bestimmte seltene Blume treten, was bewirkt, dass sich die Menschen verirren.
(das war die Geschichte in kurz und ich bin anscheinend nicht suendig..)
Allerdings sind vor 4 Jahren tatsaechlich noch 2 Junge Menschen hier ums Leben gekommen, weil sie den Vulkan ohne Fueher bestiegen haben.
Es geht also aufwaerts. Wir lernen Schlangenarten kennen, ziemlich grosse und aggressive Ameisenarten und erleben unmittelbar den Unterschied zwischen Trockenwald und Nebenlwald.
Die Groesse dieses Dings kommt leider nicht richtig zur Geltung
Als wir das erste mal pausen und ich meinen Blick von meinen Fuessen aufrichte und mich umdrehe, fuehle ich mich trotz der Hoehe ziemlich klein..
und so sollte es mir in den folgenden 5 Stunden Aufstieg noch oefter gehen.
Die erste Stunde wandern wir durch Trockenwald, entdecken eine kleine gelbe Schlange und bekommen eine Menge Flora und Fauna erklaert.
"A snake- a big one- come on, come on..!" Ich sehe nur noch die Haelfte der Schlange, was mir aber auch genuegt. Mit einem langen Stock stochert Berman in dem Baum rum, weil er so eine grosse hier auch noch nicht gesehen hat und gucken will, ob sie giftig ist.. Ha, haha.. hm.
Er beschliesst, ueber die heutige Besteigung einen Artikel fuer ein nicaraguanisches Magazin zu schreiben und uns namentlich zu erwaehen.. Na, da muss ich mal fleissig noch spanish lernen, denn er will uns allen die Zeitung schicken.
Zunaechst ist es relativ still in dem Trockenwald, man hoert nur eine Menge Voegel, besonders die vielen Bluetailbirds (oder so aehnlich), fuer die Ometepe bekannt ist. Aber dann laesst unser genialer Fueher einen Bruelllaut von sich, wie in nur ein Boxer von sich geben kann. Und er bekommt Antwort. Viel Antwort von wahnsinnig lauten Bruellaffen und ich bin mir nicht sicher, ob sich diese bedroht fuehlen oder lustig ueber uns machen.
Ploetzlich aendert sich die Umgebung und es wird nass.
Nebel umringt die Baeume, es ist stiller, man hoert fast keine Voegel mehr auch die Affen sind verstummt. Nur noch unsere Schritte durch Knoechelhohen Matsch und Wassertropfen. Die Umgebung ist unheimlich und unheimlich schoen. Ich erinnere mich an eine Szene vom Herrn der Ringe, kann aber nicht laenger daruber nachdenken, da ich mich sehr auf meine Schritte konzentrieren muss. Zum einen werden die Beine doch nach einiger Zeit muede und zum anderen greift das Profil meiner Wanderschuhe nicht mehr, weil es so matschig ist. Meine gruene Hose ist jetzt nur noch von den Knien aufwaerts an gruen.. Aber es lohnt sich! Wir legen immer wieder ein paar kleine Stopps ein, aber nie laenger als 4-5 Minuten, denn vor 17 Uhr muessen wir wieder unten sein, weil es dann beginnt zu daemmern. Ich fuehle mich jetzt, auf etwa 1000 Metern allerdings fitter als noch bevor, denn es wird kuehler und kuehler. Leider wird auch der Nebel dichter. Die Spitze ist wolkenbehangen. Dann sind wir oben. Auf 1.394 Meter. Keine Zeit um das zu realisieren, denn wir gehen steil bergab, bis in den Krater. Es ist schwer, sich in diesen Wolken vorzustellen, dass wir jetzt im Krater des Vulkans stehen. Doch das Gefuehl ist grandios.
Nach einer halben Stunde Pause zum wechseln des T-Shirts und Essen gehts wieder raus aus dem Krater. Und dann bergab. Stellenweise verdammt steil und rutschig und wir alle landen des oefteren auf dem Hintern. Meine Hose hat es dabei leider auch hinter sich gebracht.. Glueck fuer mich, musste ich sie nicht waschen..
Weitere 3 ½ Stunden spaeter sind wir wieder unten und es beginnt zu daemmern. Alles Irreal. Wir haben gerade einen Vulkan bestiegen. Durch verschiedene Urwaldarten hindurch. Haben im Krater gestanden. Sind schon 12 Stunden auf den Beinen. Und ploetzlich geht die Sonne wieder unter.
Kaum sitzen wir im Van beginnt es in Stroemen zu regnen. Die Goetter haben es verdammt gut mit uns gemeint.
..weitere Fotos werden folgen. Zwar gibt es hier ueberall Internet, aber nicht dass schnellste..
Aufbruch: | 26.09.2005 |
Dauer: | 12 Wochen |
Heimkehr: | 16.12.2005 |
Costa Rica
Panama
Nicaragua