Neuseeland '13 - ein altes Projekt
Neuseeland - Nordinsel: Rotorua
Unser Aufenthalt in Rotorua war leider von schlechtem Wetter geprägt. Da wir erst um 9 Uhr Abends angekommen sind blieb uns nur ein voller Tag um die Gegend zu erkunden. Freundlicherweise hatte uns unser Busfahrer direkt am Hostel abgesetzt und uns so einen Fußmarsch mit den zwei großen und zwei kleinen Rucksäcken erspart. Da wir in New Plymouth nochmal Lebensmittel nachgekauft haben und unter anderem das tolle 1,5kg Nudelangebot nicht ungenutzt lassen konnten tragen wir derzeit relativ viel Essen mit uns rum
Rotorua ist bekannt für seine geothermische Aktivität und zahlreiche sprudelnde Schlammgruben in der Stadt, sogenannte mud pools. Durch den Sulfatausstoß dieser Löcher stinkt es in der gesamten Stadt nach faulen Eiern. Je nach Wind mal mehr und mal weniger, wenn man neben einem dieser dampfenden Gruben steht aber mit Sicherheit. Wir haben uns im Stadtpark einige dieser Löcher angesehen, bis wir genug davon eingeatmet hatten und uns auf Lake Rotorua konzentrieren wollten. Da der Regen stärker wurde sind wir dann doch auf die Mall ausgewichen um neuen Lesestoff zu besorgen. Ich warte nun seit geraumer Zeit darauf in einem Hostel den ersten Teil der "Das Lied von Eis und Feuer"-Reihe abgreifen zu können, Lena sucht den neusten Nicholas Sparks Schmöker. Die Busfahrten geben eine Menge Zeit zum Lesen und in jedem Hostel gibt es ein Bücherregal, wo man beliebig Bücher austauschen kann. Aber es gehört eben auch Glück dazu.
Für unseren Weg nach Taupo hatten wir ursprünglich schon unsere Bustickets gebucht, diese aber dann doch wieder storniert. Da wir bemerkt hatten, dass von Rotorua der State Highway 5 in südliche Richtung ohnehin nur nach Taupo führt wollten wir die Chance nutzen und das erste Mal hitchhiken.
Am Abend zuvor kamen wir mit zwei Frankfurterinnen ins Gespräch, die nach einer Aktivität für den nächsten Tag suchten. Zwanzig Autominuten südlich von Rotorua befindet sich der Wai-o-tapu Park. Ein großes Areal mit sprudelnden Schlammlöchern, kleinen Wasserfällen, dampfenden Wasserflächen und einem Geysir. Da die Mädels von Lenas Erzählung über den Park sichtlich angetan waren und einen Mietwagen besaßen boten sie uns kurzerhand an am nächsten Morgen mit ihnen zu kommen. Da wir ohnehin gen Süden wollten und der Park auch für uns interessant und sehenswert wirkte sagten wir natürlich zu.
Der Park befindet sich in der vulkanisch extrem aktiven Taupo Region und wurde über zig Jahre durch Eruptionen und Einstürze zu dem was er heute ist. Durch Magma Kammern in erdnahen Schichten erhitzt, tritt an einigen Stellen Wasser und Schlamm an die Oberfläche. Temperaturen von bis zu 300 Grad Celsius sorgen einerseits für reichlich Dampf beim Austritt, andererseits für Mineralablagerungen nachdem die Stoffe aus den umliegenden Felsen herausgelöst wurden. Grün, Orange, Gelb, Braun und Rot dominieren die Ablagerungen an den Kraterrändern. Zwischen den vielen Löchern sind breite Holzwege angelegt, die in drei Wanderrouten unterteilt Läufe mit bis zu 75 Minuten Dauer zulassen und wieder am Tickethäuschen mit Café enden. Also kommerziell astrein ausgenutzt. Als kleines warm-up gibt es unweit des Parks eine "völlig natürliche" Eruption des Lady Knox Geysirs zu bestaunen. Wie es die Natur so wollte geschieht dies einmal täglich um Punkt 10.15 Uhr. Den Willen der Natur steuert heute nämlich der Mensch: In einer halbmondförmigen Arena versammeln sich zahlende Schaulustige (und es ist ein bisschen unangenehm dazu gehört zu haben), um 10.05 Uhr tritt ein mit Mikrofon bewaffneter Parkmitarbeiter hinter die Absperrung, erzählt 10 Minuten etwas über die Region und kippt anschließend einen Sack Waschpulver in die Öffnung des kleinen, steinernen Ameisenhügels. Eine chemische Reaktion lässt ihn kurz brodeln, dann überkochen und anschließend endlädt sich die angestaute Energie mit einer hohen Wasserfontäne. Das Schauspiel dauert zwischen zwei Minuten und zwei Stunden, so der Pulvermeister. Wir hatten besonders viel Glück und erleben es eineinhalb Minuten Nicht meine Art von Sehenswürdigkeit aber wer hat schon nen Geysir gesehen?
Nach unserem Marsch bedankten wir uns mit einer Runde Cappuccino bei den Mädels und fanden uns am Straßenrand mit hochgerecktem Däumchen wieder. Tramper Time.
Nach 10 Minuten schon das erste Angebot! Das ging fix und deckte sich soweit mit den Erfahrungen der anderen Reisenden in den Hostels. Alles was folgte deckte sich nicht im Geringsten mit den Erfahrungen.
Angehalten hatte ein Neuseeländer mit einem Toyota Kombi in "gebrauchtem Zustand". Der Fahrer übrigens auch. Sein Name war Bodi, Künstler auf Reisen mit halbem Hausrat im Gepäck. Dem war beispielsweise auch die Rückbank zum Opfer gefallen, weshalb ich auf dem Bauch liegend, auf einer Matratze hinter dem Beifahrersitz Platz fand. Lena konnte sich irgendwie auf den Beifahrersitz quetschen nachdem Bodi das Gerümpel mit einigen Wischbewegungen von der Sitzfläche in den Fußraum verfrachtet hatte. Unsere Rucksäcke lagen neben mir und der Stehlampe die Bodi unter anderem mit sich führte. Ranzig, gequetscht aber für 30km auszuhalten. Nach 10km offenbarte uns Bodi dass er schon einige Stunden unterwegs ist und die Nacht kaum geschlafen hatte. Da er sich immer öfter die Augen rieb und den Kopf in den Nacken legte begannen Lena und ich unisono damit banalste Fragen zu stellen um ihn wach zu halten. Da er es vorzog in 1-2 Sätzen zu antworten war dieses Vorhaben nicht wirklich von Erfolg gekrönt und führte zu meinem verzweifelten Vorschlag, dass ich auch fahren könnte. Er erkundigte sich ob ich einen Führerschein besäße und Lena attestierte mir umgehend herausragende Fahrfertigkeiten (völlig zu Recht übrigens!). Er erwähnte fast beiläufig, dass er schonmal in dieser Situation war und damals ein Spanier sein Auto gecrashed hatte. Doch die Müdigkeit war zu groß: Seitenstreifen und Fahrerwechsel. Tatsächlich! Ich war noch dabei meine Brille aus meinem Rucksack zu popeln als Bodi schon durch die Kofferraumklappe geschlüpft war und seine Schlafposition eingenommen hatte. Nun saß ich also neben Lena, am Steuer eines fremden Autos, unvorbereitet im Linksverkehr und mit einem schlafenden Mann im hinteren Teil des Fahrzeugs. Blinker rechts und drauf aufs Gas. Auf 80km/h hab ich die Karre mit angezogener Handbremse gebracht! Kleiner Schönheitsfehler, passiert den Besten. Die restlichen 15km haben wir den Wagen also entlang des SH5 auf Taupo zubewegt indem Lena darauf geachtet hat, dass ich nicht zu weit links fahre und ich versucht habe alles andere zu verarbeiten. Bodi war da ganz locker und ist umgehend in einen tiefen Schlaf gefallen. Nachdem wir das Ortseingangsschild passiert hatten wollten wir auf den nächstbesten Parkplatz und den Rest zu Fuß absolvieren um kein Risiko einzugehen. Also direkt nach dem ersten Kreisverkehr links auf den Countdown Supermarkt Parkplatz eingebogen, Motor aus und nichts wie raus aus der Schleuder. Schnell die Rucksäcke auf die Schultern, noch ein kurzer Hinweis an Bodi, dass wir in Taupo sind und die Schlüssel noch in der Zündung stecken. War ihm schnuppe, er wollte einfach nur pennen. Erstmal um die nächste Ecke und Feuer frei: Was für eine verrückte Fahrt war das gerade!? Wir haben uns einfach nur kaputtgelacht über dieses Abenteuer. Lena hat mir von der kleinen, gelben Made erzählt, die sie von unserem Essensbeutel weggeschnippst hat und ich offenbarte ihr, dass über ihrer Kopfstütze eine von Bodi's sandigen Boxershorts gespannt war. Großer Ekel auf beiden Seiten Zum Glück hatten wir zufälligerweise nur 150m entfernt von unserem Hostel geparkt und konnten uns direkt frisch machen!
So endete also unsere erste hitchhiking Erfahrung. Was ein verrückter Tag, was ein verrückter Mensch. Letztendlich war alles ein riesiger Spaß und eine Story die mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Anbei ein paar Fotos aus dem thermal wonderland! Macht's jut!
Aufbruch: | 06.02.2013 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 18.04.2013 |