365 +

Reisezeit: November 2012 - Februar 2015  |  von Alexandra M.

Zurück in OZ: Dicker Hals in Melbourne

01/12/13 - 11/01/14

Schon an meinem letzten Tag in Samoa merke ich - irgendetwas stimmt nicht, Lymphknoten im Gesichts- und Halsbereich, von deren Existenz ich bislang noch nicht mal wusste sind plötzlich geschwollen. Irgendwie überstehe ich trotzdem den langen Flug - ich fliege über Auckland, wo ich die Nacht im Transitbereich des Flughafens verbringe.

In Samoa habe ich den Antrag für ein Touristenvisum für Australien gestellt, der auch ohne Probleme genehmigt wurde. Nur: in Melbourne schaut der Immigrationsmitarbeiter kurz in meinen Pass, scannt diesen ein und bittet mich ihm in ein Büro zu folgen. Nun schwitze ich richtig, nicht nur vom zwischenzeitlich eingesetzten Fieber.

Man stellt mir Fragen: Ob ich schon mal in Australien war (hmmm, mal überlegen...), was ich in Australien gemacht habe das vergangene Jahr, was ich diesmal vorhabe und warum ich denn überhaupt schon wieder zurück bin. Auch wieviel Geld ich habe ist interessant und man überprüft meine Aussage doch tatsächlich - ich muss mich in mein Bankkonto einloggen und den Kontostand zeigen. Schlussendlich entscheidet man - ich darf nochmal einreisen, aber nur für drei Monate und nochmals wird das - wahrscheinlich, sagen sie - nicht funktionieren - sollte ich nur für wenige Wochen für einen "Visarun" das Land verlassen, wird man mich anschließend - wahrscheinlich - am Flughafen in Australien abweisen.
Dass mit dieser Aussage meine Pläne - mir ein Auto zu kaufen und für sechs Monate damit Australien zu bereisen - erst einmal geplatzt sind, interessiert mich in meiner Situation gar nicht besonders. Ich will nur noch im Bett liegen und mich auskurieren. Und einen Arzt aufsuchen, um abzuklären was ich mir denn eigentlich da eingefangen habe.

Einen Arzt zu finden ist in Melbourne einfach, solange man die erforderliche $80 bis $90 für eine kurze Konsultation vorab in bar oder mit Kreditkarte bezahlt und nach ein paar Minuten verlasse ich die Praxis mit einer Packung Antibiotikum in der Hand; der Arzt hat irgendwas von "undefinierbarem Infekt" gemurmelt. Ich lege mich wieder ins Bett und nehme meine Tabletten - am späten Abend jedoch ist meine rechte Gesichtshälfte völlig angeschwollen; meine Mitbewohnerin Minami guckt mich mit großen besorgten Augen an und meint ich soll ins Krankenhaus fahren. Nach einem Blick in den Spiegel weiß ich was sie meint - meine rechte Gesichtshälfte ist völlig angeschwollen, ich sehe aus wie ein Boxer nach seiner Niederlage. Mit der Befürchtung allergisch auf das Antibiotikum zu reagieren, fahre ich gegen Mitternacht in die Notfallaufnahme des Melbourne Royal Hospital - und wieder nach Hause, nachdem ich höre, was es denn kosten soll, heute Nacht noch eine Arzt zu sehen - $450! Jedoch, nach einem weiteren Blick in den Spiegel entscheide ich - ich kann nicht bis zum nächsten Tag warten - die Backe ist noch dicker und zudem mit roten Quaddeln übersehen - ein eindeutiges Zeichen, dass mein Immunsystem überreagiert.

Also fahre ich wieder zurück ins Krankenhaus; mir wird Blut abgenommen und dann muss ich erstmal - warten. Und zwar bis sechs Uhr morgens - 6 Stunden, die ich irgendwann schlafend im Wartezimmer verbringe bis ich von einem Arzt geweckt werde, der mich ins Behandlungszimmer führt. Und zwar wurde in meinem Blut nichts gefunden, aber eine Blickdiagnose reicht wohl erstmal und die Dinge kommen ins Rollen- ein Chirurg wird hinzugezogen, der mich noch mal zum Blut abnehmen schickt und danach glücklicherweise ausschließt bei den Schwellungen könne es sich um Abszesse handeln; das hätte mir ja gerade noch gefehlt. Man ruft die Chefärztin der Abteilung für Hautkrankheiten an, die noch zu Hause ist aber ein Bild von mir geschickt bekommen will. Der mich behandelnde Arzt schickt ihr dies aufs Smartphone zu; ich frage mich, ob ihr nicht das Müsli im Hals stecken bleibt bei meinem Anblick. Das Bild hilft ihr aber auch nicht weiter und so weist sie an, dass sie mich sehen will, sobald sie vor Ort ist und ich werde in die Abteilung für Hautkrankheiten geschickt.

Dort stehen irgendwann fünf Ärzte um mich herum und beraten was ich haben könne - niemand weiß nichts; einig ist man sich jedoch darin, dass ich keine allergische Reaktion auf das eingenommene Antibiotikum habe. Ich kann der Situation mittlerweile eine gewisse Komik abgewinnen - mein Fieber ist weg und eigentlich fühle ich mich, abgesehen von meinem geschwollenen Gesicht und totaler Übermüdung, gut, ich weiß, was ich wissen wollte (keine Allergie) und will eigentlich nur noch nach Hause in mein Bett. Stattdessen meinen die Herren und Damen in Weiß jedoch, ich soll mich stationär aufnehmen lassen, man wolle mir intravenös Antibiotikum geben. Dies verweigere ich, zu groß die Befürchtung, ich bin mit meiner deutschen Krankenversicherung nur ein gefundenes Fressen mit dem man gut die vielleicht gerade nicht ausgelasteten Krankenbetten füllen kann. Jedoch möchten die Menschen in den Kitteln wenigstens noch ausschließen, ich könne eine exotische Tropenkrankheit haben - man überweist mich in die Tropenabteilung. Hier werde ich noch mal durchgecheckt, und zwar gründlich, inklusive einer Anamnese meiner vollständigen Krankheitsgeschichte, und der meiner Familie, zwei Bluttests (Mumps? Denguefieber?) und einer gründlichen Untersuchung meiner geschwollenen Lymphknoten. Man möchte auch dass ich wiederkomme - zum Ultraschall, hierzu soll ich in der entsprechenden Abteilung einen Termin machen. Ziemlich genervt und müde, gehe ich aber einfach nicht dorthin, sondern nach Hause ins Bett und nehme das neu verordnete Antibiotikum in hoher Dosis.

Am Nachmittag klingelt mein Telefon - die Ärztin aus der Tropenabteilung ist dran - nein, man hätte noch nichts gefunden, aber warum ich keinen Termin zum Ultraschall gemacht hätte und zudem möchte sie mich am nächsten Tag noch einmal sehen, für weitere Untersuchungen. Ich verweigere auch dies und sage, dass ich erstmal abwarten möchte, was auf Unverständnis stößt, aber schließlich einigen wir uns, dass ich in einer Woche nochmal komme bzw. wieder in die Notaufnahme gehe, sollten die Symptome schlimmer werden.

Zur Sicherheit rufe ich am Abend einen befreundeten Arzt in Deutschland an und bitte um Rat. Und auch dieser sieht auch keinen Grund zur Panik - erstmal abwarten und weitere Untersuchungen nur vornehmen lassen, sollte nicht innerhalb von 48 Stunden eine Besserung eintreten.

Nach ein paar Tagen gehen die Symptome auch tatsächlich zurück; ich fühle mich wunderbar und erholt. Bei der Nachuntersuchung eine Woche später gibt man auch Entwarnung - man hätte nichts auffällige sin meinem Blut finden können; vermutlich habe ich samoanische Viren oder Bakterien eingefangen, auf die mein Körper einfach völlig überreagiert habe. Viel Lärm um nichts eben und dafür um eine australische Krankenhauserfahrung reicher und um etliche Dollar ärmer. (An dieser Stelle im Übrigen ein Hoch auf meine deutsche Auslandskrankenversicherung, die mir jeden Dollar - inklusive der Taxikosten zum Krankenhaus und nach Hause erstattet hat).
(Im Nachhinein glaube ich einfach, dass an meinem letzten Abend in Samoa nicht nur Stühle sondern auch jede Menge Viren und Bakterien geflogen sind.)

Meine Zeit in Krankenbett nutze ich dazu um neue Reisepläne zu schmieden und da es mir auf Samoa so gut gefallen hat, beschließe ich einen weiteren Inselstatt im Pazifik zu erkunden. Nach etwas Internetrecherche steht fest: Es soll Vanuatu sein.
Andererseits möchte ich Australien nicht verlassen, ohne wenigstens noch ein bisschen gesehen zu haben und da Freunde aus Deutschland im Januar ihren Urlaub ab der Westküste verbringen, will ich zumindest dorthin, um einige Tage mit ihnen zu verbringen. Außerdem reizt mich Tasmanien und - ich will zum Uluru.

Nachdem ich einige Leute, die ich im vergangenen Jahr so kennen gelernt habe, kontaktiert habe und gefragt habe, wo sie sind, was sie gerade machen und ob sie Zeit/ Lust haben eine Teilstrecke mit mir zu reisen, nachdem Flug- und Mietwagenpreise gecheckt sind, steht fest: Ich werde Mitte Januar zuerst nach Tasmanien fliegen um mich dort mit einer Freundin zu treffen, die dann dort mit ihrem eigenen Auto herumreist und die ich für zwei Wochen begleiten kann. Anschließend werde ich wieder in den Flieger steigen, und zwar Richtung Perth, Westaustralien, wo ich mich mit meinen deutschen Freunden treffen sowie einen weiteren Roadtrip an der Westküste machen werde. Von dort soll es dann Richtung Uluru gehen, wo ich bei einer Freundin, der Tasmanien-Reisebegleiterin couchsurfen kann; anschließend dann für einen kurzen Zwischenstop nach Sydney und von dort nach Vanuatu. Soweit plane ich; die weitere Route lasse ich offen, denn ich schwanke zwischen Neuseeland oder Indonesien als nächste Station.

Aber auch Melbourne will ich nicht so Knall auf Fall verlassen; schließlich habe ich ein Jahr hier verbracht und habe noch so einiges zu organisieren bevor ich weiterziehe: Ich organisiere die Übergabe in der Schule, in der ich zuletzt gearbeitet habe, mache meine Steuererklärung, stelle den Antrag auf die Rückzahlung meiner Renteneinzahlungen und erledige weiteren ungeliebten Papierkram (auch am anderen Ende der Welt ist dies kein Spaß).

Zudem fallen natürlich etliche Abschiede an - Etienne und Riccardo, meine zuverlässigen Ausgehbegleitungen, verlassen das Land vor mir um nach Europa zurück zu kehren - wir nutzen die Zeit um noch etliche Male ins Kino und auf diverse Livekonzerte zu gehen.

Auch mit Minami verbringe ich noch so viel Zeit wie möglich in den japanischen Restaurants Melbournes. Karl bietet mir an über Weihnachten und Silvester, da er bei seiner Familie ist, in sein Zimmer zu ziehen und so komme ich für meine letzten zwei Wochen in Melbourne in den Genuss in der Mitte der Stadt in seinem Luxusappartement zu wohnen; mit Marton als Mitbewohner. Dieser hat gerade eh Urlaub und Langeweile und freut sich über Gesellschaft.
Mit ihm und Minami mache ich noch einen Tagesausflug zur Coromandel Peninsula und mit allen Franzosen zu einer Weinprobe ins Yarra Valley - der Wein ist gut und wir reden nicht nur den ganzen Tag Französisch, sondern gehen auch französisch essen - ach, und die wissen halt einfach, wie man ein schmackhaftes Mahl zu bereitet!

Zudem gibt es ja da noch Jen und Isa, Nick und die Hühner und auch hier schaue ich noch einige Male vorbei - und kann vor allem Jen nicht oft genug danken für all' die Hilfestellung, die sie mir im letzten Jahr gegeben hat und die unzähligen Bio-Eier, die ich bei ihr essen durfte.

Und so neigten sich meine 14 Monate in Melbourne endgültig dem Ende entgegen. Ich habe in dieser Stadt eine zwar anstrengende, aber auch aufregende, spannende, erkenntnisreiche Zeit gehabt, habe viele Leute kennen gelernt, von denen einige zu guten Freunden geworden sind.

Im Bus zum Flughafen fließen die Tränen - auch wenn ich mich aufs Reisen freute - der endgültige Abschied von "meinem" Melbourne fällt sehr schwer.

Im nächsten Kapitel - von Reiseanfangsschwierigkeiten und ersten Reiseerlebnissen

Eure Alex

Mit den Franzosen bei der Weinprobe

Mit den Franzosen bei der Weinprobe

Coromandel Peninsula...

Coromandel Peninsula...

...mit Minami und Marton

...mit Minami und Marton

Abschied von Max...

Abschied von Max...

...und Jen...

...und Jen...

...Isa und Iwan

...Isa und Iwan

...und ein letztes Bier mit Marton, meinem Mitbewohner auf Zeit

...und ein letztes Bier mit Marton, meinem Mitbewohner auf Zeit

© Alexandra M., 2012
Du bist hier : Startseite Australien & Ozeanien Australien Dicker Hals in Melbourne
Die Reise
 
Worum geht's?:
Der Plan: Diesmal keine halben Sachen machen; wenn schon, dann richtig. Also: Job ist weg, Wohnung fürs erste auch, Abschiedstränchen sind gekullert und jetzt gehts los: 365 Tage oder länger, Australien und mehr.
Details:
Aufbruch: 01.11.2012
Dauer: 28 Monate
Heimkehr: 28.02.2015
Reiseziele: Singapur
Malaysia
Australien
Samoa
Vanuatu
Neuseeland
Der Autor
 
Alexandra M. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.