365 +

Reisezeit: November 2012 - Februar 2015  |  von Alexandra M.

Neuseeland: Queenstown

22/03 bis 25/03/2014

Manchmal lohnt sich frühes Aufstehen einfach. Zum Beispiel dann, wenn man sich in der klaren frischen Morgenluft bereits auf dem Landeanflug zum nächsten traumhaften Reiseziel befindet und einen umwerfen Blick auf umgebende Berge und Gletscher hat. Einen solchen Morgen habe ich auf meinem Weg nach Queenstown auf der Südinsel Neuseelands, wo ich von Auckland aus hinfliege.

Queenstown ist jedoch nicht nur bekannt für die Berge, von denen es umringt wird; Queenstown ist vor allem bekannt als Welthauptstadt der Abenteuertourismus.

Und was macht dann so eine feige Kartoffel wie ich ausgerechnet hier? Erstmal schauen, erstmal umsehen. Und den nächstgelegenen Gipfel besteigen, was denn sonst. Und zwar ist dies der Bowen Peak, dessen ersten Höhenmeter ganz bequem mittels Seilbahn erklommen werden können. Auf der Bergstation wird man empfangen mit "queenstowner" Angeboten - man kann hier Bungeespringen, Paragliden, Sommerrodeln oder mit dem Mountainbike ins Tal fahren. Ich schlage all' diese Angebote heute aber ausnahmsweise aus und erklimme ganz langweilig den Bowen Peak. Na ja, langweilig - es ist fantastisch hier; die Luft so klar, die Farben so kräftig. Ich kann gar nicht mehr aufhören Fotos zu machen, aber die einsetzende Dunkelheit treibt mich dann doch wieder zurück ins Tal, zurück in mein verranztes und viel zu teures Hostel.

Morgendliche Ankunft in Queenstown

Morgendliche Ankunft in Queenstown

Fahrt mit der Gondel mit Blick auf Queenstown und natürlich die obligatorische Bungeejump-Plattform

Fahrt mit der Gondel mit Blick auf Queenstown und natürlich die obligatorische Bungeejump-Plattform

Auf dem Weg zum Bowen Peak. 
(Nie kann man mal irgendwo die erste Alex sein!)

Auf dem Weg zum Bowen Peak.
(Nie kann man mal irgendwo die erste Alex sein!)

Bowen Peak

Bowen Peak

...

...

...

...

Queenstown ist furchtbar touristisch; hier trifft sich die junge Backpacker-Gemeinde - die ganze Stadt scheint eigentlich nur aus braungebrannten sportlichen solchen zu bestehen. Hauptgesprächsthemen sind der letzte oder der nächste Bungeesprung, das letzte oder das nächste Date, die letzte oder die nächste durchgefeierte Nacht. Ich müsste diesen Ort eigentlich hassen, aber das tue ich nicht, ich mag die Stimmung, die einen irgendwie mitreißt. Eine lange Nacht plane ich heute nicht, im Gegensatz zu meinen Schlafsaalmitbewohnern, die irgendwann spät nachts zurück kommen; ich jedoch gehe ins Bett mit dem festen Vorsatz mein sauer verdientes Geld am nächsten Tag in irgendeinen Unsinn zu investieren.

Als ich am nächsten Morgen aufwache steht die Entscheidung - nachdem Bungeesprung, Zipline, Paragliding usw. in meinem Kopf lange genug herumkursiert sind: Wenn schon, dann richtig - wenn schon Nervenkitzel, dann ordentlich, wenn schon Geld ausgeben, dann viel. Also auf zur Touristeninformation: Jaja, ich weiß, es ist immer alles ausgebucht, aber gibt es denn heute nicht doch noch eine Möglichkeit Fallschirmspringen zu gehen? Jaja, die gibt es, in drei Minuten fährt der Minibus zum Flugstartplatz, die haben da noch einen Platz frei. Also auf zum Bankautomat, mal schnell das Budget für die nächsten zwei Reisewochen abgehoben, die Finger zittern bereits. Was mache ich hier? Aber keine Zeit nachzudenken, zum Glück, sonst würde ich garantiert kneifen, schnell zurück zur Touristeninfo, bezahlen und ab in den Bus. Der fährt, nein rast, zum Flugplatz - das Wetter droht umzuspringen, aber man will die drei anwesenden Zahlungskräftigen ja noch schnell in die Luft und wieder runter befördern, sonst fehlt viel Geld in der Kasse.

Am Flugstartplatz schnell in den Anzug gestiegen, jetzt aber hopp hopp, denn das Wetter droht ja umzuspringen, aber zwei Minuten Zeit um nochmal kurz auf die Toilette zu gehen erkämpfe ich mir noch - mein Tandempartner ist ein, das kann ich nicht anders schreiben, Idiot, jaja, du bist ein ganz Cooler, nur, dass ich Dich nicht verstehe, liegt nicht nur an mir, Du redest viel zu schnell, denn das Wetter droht ja umzuschlagen und außerdem hast Du einen spanischen Akzent und überhaupt bin ich nervös. Was mache ich hier eigentlich? Und noch viel mehr: Warum habe ich so viel Geld bezahlt um hier sein zu können? Aber keine Zeit nachzudenken, sind ja alle ziemlich in Eile hier; zu sechst quetschen wir uns in die kleine Flugzeugkabine; Rücken an Rücken und ich zuvorderst, heißt das, wir springen zu erst? Ja, das heißt es, aber ersteinmal schraubt sich dieses Flugzeug in die Höhe, wo ist denn meine Flugangst geblieben, die ist irgendwie weg und irgendwie ist die Aussicht hier gigantisch, kann ich bitte hier sitzen bleiben? Nein, das kann ich nicht, denn die Luke wird schon aufgeschoben, aber erst nachdem mein Tandempartner, der Idiot, mich an sich festgezurrt hat (was mache ich hier eigentlich?) und wir auf 16.000 feet (Wie hoch ist das nochmal? Auf jeden Fall viel zu hoch!) angekommen sind, Absprunghöhe. Jetzt soll ich meine Beine aus der Luke hängen, soviel verstehe ich trotz spanischem Akzent - verdammt, ganz schön hoch hier und was mache ich....? Aber dann - der Sprung - plötzlich geht es ganz schnell (was auch sonst) und ich fliege, im Freifall, kann nicht glauben, was ich hier mache, warum habe ich nochmal so viel Geld bezahlt hierfür - ah ja, ich weiß es, das hier macht verdammt großen Spaß! Schade, dass dann doch irgendwann die Reißleine gezogen wird und der Fall in ein langsames Dahingleiten übergeht. Und das, obwohl doch der Adrenalinspiegel gerade auf so schöne schwindelerregende Höhen geschossen ist.

Unten angekommen ist alles plötzlich entspannter, alle wollen wissen, wie war es, wie hat es Dir gefallen? Ich will aber jetzt nicht reden, schon gar nicht mit dem Menschen mit dem spanischen Akzent, ich will zurück nach Queenstown - es ist doch erst Mittagszeit, da bleiben noch ein paar Stunden für weiteren Unsinn.

Start- und Landeplatz

Start- und Landeplatz

Lake Wakatipu an dem Queenstown liegt

Lake Wakatipu an dem Queenstown liegt

...

...

Also zurück zur Touristeniformation, wo man mich mit breitem Lächeln begrüßt - und wie war es, wie hat es Dir gefallen? Ich aber will auch hier nicht reden, will buchen und zwar eine Canyon Swing - wenn schon, dann richtig - wer Flugangst überwinden kann, kann auch Höhenangst überwinden. Man schaut mich mit großen Augen an, aber ok, welche Swing willst Du denn, die höchste oder die beängstigstende? Die beängstigstende bitte, jaja, ich bezahle auch, aber erst nachdem ich zum zweiten Mal an diesem Tag am Geldautomaten stehe und Geld abhebe - diesmal immerhin nur ein Wochenbudget und mit noch immer zitternden Händen. Was mache ich hier eigentlich? Ah ja, ich bezahle Geld um mich eine Schlucht hinunterzustürzen und ein paar Minuten später sitze ich auch schon im nächsten Minibus, auf dem Weg zum nächsten Tatort. Am Steuer sitzt ein furchtbar lustiger Franzose, toll, den verstehe ich immerhin besser, aber will ich das? Der erzählt lustige Geschichten von lustigen Sprüngen und lustigen Leuten die diese gemacht haben. Im Auto ist es ziemlich still, ich bin wohl nicht die einzige, die sich fast in die Hosen macht, aber gut, wir schaffen das schon, irgendwie.

An der Absprungplattform werden wir angegurtet, einer nach dem anderen, wie wollt Ihr denn springen - vorwärts, rückwärts, seitwärts, alleine, zu zweit, auf einem Stuhl sitzend? Gar nicht, eigentlich, aber nun gut, dann bitte rückwärts. Sicher, das Du das willst, das ist das schlimmste? Jaja sicher, denn wer stürzt sich schon sehenderweise in eine Schlucht? Die anderen, die schlauen, die vor mir springen, denke ich mir, als ich mit dem Rücken zur Schlucht auf der Absprungrampe stehe. Bin ich auch richtig gesichert? Hmmm, sind wir nicht so sicher, wir glauben schon, sagt der französische Akzent. Das ist nicht lustig, giftet der deutsche zurück und will auch nicht einsehen, dass nicht spontan doch vorwärts gesprungen werden kann. Aber der fiese Franzose verbietet das - einmal entschieden, gibt es kein zurück und nein, ich stoße Dich auch nicht, springen musst Du schon selber. Ich antworte irgendwas, weiß nicht was, spreche auch den Satz nicht zuende, denn ich falle, 60 Meter tief, Augen zu und durch im wahrsten Sinne des Wortes. Irgendwann greift das Seil ich pendle durch diese Schlucht, man zieht mich hoch und ich habe wieder festen Boden unter den Füßen. Ob ich nochmal will - der zweite Sprung kostet nur $20 - ne danke, nochmal mache ich das nicht, es sei denn, man bezahlt mich. Aber ja, ich weiß wieder, was ich hier mache: Ich verschleudere Wochenbudgets um mich irgendwo herunterzustürzen. Queenstown, ich hasse Dich. Queenstown, Du bist großartig, aber ich muss bald hier weg, denn sonst gehe ich gar nicht mehr.

Canyon Swing

Canyon Swing

Vorbereitungen

Vorbereitungen

Noch immer mit zitternden Händen stehe ich später am Nachmittag zum dritten Mal an diesem Tag in der Touristeninformation, diesmal um mir für den darauffolgenden Tag einen Ausflug zu buchen. Ja, ich nehme an einer organisierten Tour teil, einfach weil es diesmal einfach keinen Sinn macht, alleine zu fahren. Und zwar möchte ich zum Milford Sound, einer der bekanntesten Touristenattraktionen Neuseelands.

Der Milford Sound ist auch einer der regenreichsten Gebiete der Erde. Und nein, diesmal habe ich kein Glück - es regnet nicht, es kübelt Wasser vom Himmel, an dem Tag, an dem ich Stunden mit dem Bus dorthin fahre um zwei Stunden auf einem Boot durch Nebel zu fahren und wieder Stunden mit dem Bus zurück.

Auf dem Weg zum Milford Sound

Auf dem Weg zum Milford Sound

Mirror Lake

Mirror Lake

Fantastischer Milford Sound (und diese tollen Farben, die man da sehen kann!)

Fantastischer Milford Sound (und diese tollen Farben, die man da sehen kann!)

...

...

...

...

Bis demnächst, dann aus dem beschaulichen Wanaka

Alex

© Alexandra M., 2012
Du bist hier : Startseite Australien & Ozeanien Neuseeland Queenstown
Die Reise
 
Worum geht's?:
Der Plan: Diesmal keine halben Sachen machen; wenn schon, dann richtig. Also: Job ist weg, Wohnung fürs erste auch, Abschiedstränchen sind gekullert und jetzt gehts los: 365 Tage oder länger, Australien und mehr.
Details:
Aufbruch: 01.11.2012
Dauer: 28 Monate
Heimkehr: 28.02.2015
Reiseziele: Singapur
Malaysia
Australien
Samoa
Vanuatu
Neuseeland
Der Autor
 
Alexandra M. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.