From North to South - einmal durch die amerikanischen Kontinente
Fería y Carneval en Colombia
Wir wollten von El Cucoy nach Bucaramanga, von den Kilometern her die nächstgelegene Stadt mit Flughafen. Wir hatten von dort in zwei Tagen einen Flug nach Cali. Der kürzeste Weg geht mit zwei bis drei verschiedenen Bussen über sehr kurvige und schlechte Straßen. Der Anschluss der Busse ist nicht so richtig sicher. Der unkompliziertere Weg ist mit dem bequemeren Bus nach Tunja zu fahren und dort den Bus nach Bucaramanga zu nehmen. Hätten wir dass gewusst, hätten wir einen Flieger von Bogota genommen, Tunja liegt nämlich näher an der Hauptstadt wie an Bucaramanga. Der Bus war wenigstens bequemer wie auf der Hinfahrt. Nach über 6 Stunden waren wir dann in Tunja. Wir gönnten uns dann einen kleinen Bus, der zwar teuer war, dafür aber etwas schneller. Nach weiteren 5 Stunden waren wir um kurz vor Mitternacht in Bucarramanga im Hostel, mal wieder eine ganz schön lange Odyssee! Europa ist schon toll, man ist so schnell in einem anderen Land, das Reisen ist unkompliziert!
In Bucaramanga gibt es nicht wirklich viel zu sehen. In der Nähe gibt es eine schöne Schlucht bzw. Berglandschaft zu besichtigen. Wir hatten aber keine Lust auf Busfahren, also schlenderten wir durch die Stadt. Die Stadt ist bekannt für seine offenen und freundlichen Menschen sowie das gute Essen. Der Unterschied der Menschen zu Bogota oder auch El Cocuy konnten wir sofort bestätigen.
Wir gönnten uns vorm Abendessen in einem netten Restaurant einen Aperitif und probierten dann die gute Küche von Bucarramanga aus. Sehr lecker! Jedoch muss man sagen, dass die kolumbianische Küche nicht wirklich die Beste ist, viel Fleisch, Reis, frittierte Kochbananen und Pommes, Gemüse und Salat ist Mangelware!
Und was kurioses haben wir in Bucarramanga gesehen. In einem Laden wurde Miderwäsche für eine bessere Figur verkauft, aber nicht nur für Damen auch für Herren!
Am nächsten Morgen ging’s zum Flughafen und nach Cali. Von dort gleich weiter mit dem Bus nach Buenadventura an der Pazifikküste. Und wir konnten es gar nicht fassen. Ich dachte eigentlich die Erfindung der Tunnels ist nicht bis nach Kolumbien vorgedrungen! Aber auf der Strecke nach Buenadventura gab es tatsächlich einige davon!
Wir wollten eigentlich an den Strand. Aber Ruths Reiseplanung ging nicht auf, da wir das letzte Boot von Buenadventura nach Playa del Dios nicht schaffen konnten. Also mussten wir uns in dem Städtchen für eine Nacht einquartieren. Buenadventura ist eine etwas heruntergekommene Stadt mit einem großen Anteil schwarzer Bevölkerung und viel Armut. Eigentlich kein Ort in dem man sich aufhalten möchte, aber für eine Nacht sehr spannend. Der Check-In im Hotel war auch sehr lustig. Ich musste mit einer Mitarbeiterin erst die Minibar durchgehen, der Bestand wurde genau in eine Liste eingetragen. Dann gingen wir die Snackbar durch, danach musste ich ihr ins Bad folgen. In einem Körbchen lagen Hygieneartikel, die man auch kaufen konnte. Jedes einzelne Teil hielt sie hoch und vermerkte es in der Liste. Diese musste ich dann noch unterschreiben und dann hatte ich den längsten Check-In meines Lebens hinter mir.
Die halbe Nacht regnete es in Strömen und auch noch den ganzen Vormittag. Daher nahmen wir nicht das erste Boot in die Bucht. Wir haben dann den Wetterbericht gecheckt: viel Regen in den nächsten Tagen. Daher entschieden wir uns, auf den Strand zu verzichten und unsere Pläne neuzuordnen. Wir schlenderten noch mal durch den Ort, bevor wir uns wieder mit dem Bus nach Cali aufmachten.
In Cali war gerade Fería. Eine Woche Salsa und Feiern. Und Feiern lieben die Kolumbianer. Ich glaube man kann in Kolumbien von einer Fería zum nächsten Karneval reisen und vermutlich das ganze Jahr durchfeiern. Bei der Fería in Cali dreht sich alles um Salsa, es ist ja schließlich die Salsastadt Kolumbiens. Wir machten uns abends auch auf in die Innenstadt, um uns das Ganze anzuschauen. Es gab überall Fressstände und mehrere Bühnen wo Salsamusik gespielt wurde. Die Fußgängerzone war immer noch weihnachtlich beleuchtet und eindeutig, die Beste, die ich bis jetzt in Kolumbien gesehen habe.
Die Fußgängerzone war voll mit Leuten und die Hauptbeschäftigung der Kolumbianer, war mal wieder Selfies zu machen und sich gegenseitig zu fotografieren. Ich kenne keine Nation, die sich so oft selber fotografiert. Mich würde es nicht wundern, wenn auf dieser Fußgängermeile pro Sekunde hundert Fotos gemacht wurden.
Eine Bühne war kostenlos und so schlenderten wir dort hin und lauschten der Salsamusik und schauten, den Leuten beim Tanzen zu. Die Menschen hier beherrschen eindeutig diese Tanzrichtung, deutlich besser wie die Menschen in El Cocuy.
Den nächsten Tag streiften wir durch Cali und schauten uns den Katzenpark an. Dort sind Katzenskulpturen zu sehen, die von verschiedenen Künstlern gestaltet wurden.
Dann schlenderten wir noch durch ein Altstadtviertel von Cali. Und dann war es auch schon Zeit für die Corrida. In vielen Städten findet auch während der Fería Stierkämpfe statt. So auch in Cali. Heute war der letzte Tag der Fería und auch der letzte Tag an dem ein Stierkampf zu sehen war. Stierkampf ist in Kolumbien sehr populär. Wir kauften uns Karten für die billigsten Plätze. Die Kolumbianer hatten sich alle fein hergerichtet für das Ereignis. Die Frauen waren schick angezogen, die meisten mit einem Ruana, einem Poncho, der hier aus einem dünnen Baumwollstoff ist. Die meisten Männer hatten zudem einen Hut auf. Unsere Plätze waren ganz oben auf der Tribünen auf der Sonnenseite. Heute stellten sich die billigsten Plätze als die Besten heraus. Die letzten drei Reihen waren überdacht, so dass die Sonne nicht wirklich auf uns niederbrannte. Es zogen jedoch relativ schnell Wolken auf und fing an zu tröpfeln, hörte dann aber wieder auf. Neben mir saß ein netter Herr aus Cartagena, der mir die Regeln des Stierkampfs erklärte. Ruth und ich hatten uns gut überlegt, ob wir uns einen Stierkampf anschauen sollten oder nicht. Wir entschieden uns, dass es aus kultureller Sicht spannend ist, anzuschauen und dass es andere Sachen gibt, die im Bezug auf Tierschutz deutlich schlimmer sind, zum Beispiel das Leben vieler Straßenhund, der Stier hatte sicherlich bis zu seinem Kampf ein ziemlich gutes Leben.
Beim Stierkampf gibt es drei Toreros, jeder kämpft zwei Mal mit einem Stier. Das Publikum entscheidet letztendlich, wie der Torero geehrt wird, je nachdem wie zufrieden sie mit seinem Kampf waren. Der Stier wird zu Beginn in die leere Arena gelassen. Dann versuchen die Helfer des Toreros, die Aufmerksamkeit des Stiers aus verschiedenen Winkeln der Arena auf sich zu lenken. Der Torero spielt auch ein bisschen mit dem Stier, um seine Art des Kämpfens zu lesen. Dann kommen zwei Reiter mit Pferden, die rund herum abgepolstert sind, in die Arena. Den Pferden wurden die Augen verbunden, so dass sie blind sind und nicht in Panik geraten. Einer der Reiter stößt dem Stier eine Sperrspitze in den Nacken, so dass er den Kopf nicht mehr ganz nach oben heben kann. Dies ist sehr wichtig, damit der Torero am Ende des Kampfes den Todesstoß präzise setzten kann, so dass der Stier schnell stirbt. Danach spielt der Torero nochmal vorsichtig mit dem Stier um seine Kampfeseigenschaft weiterhin zu lesen. Dann werden von zwei Helfern dem Stier vier Stäbe an denen Spitzen mit Widerhacken sind in den Nacken gestochen. Diese bleiben auch im Stier hängen. Dann beginnt der eigentliche Kampf. Am Ende dessen setzt der Torero mit einem Degen den Todesstoß. Sobald dieser zu Boden geht, kommt ein Helfer des Matadors und versetzt dem Stier zur Sicherheit nochmal einen Stoß mit einem Dolch direkt ins Gehirn. Das Ganze dauert nicht länger wie eine halbe Stunde. Die Pferde tun mir wirklich sehr leid und dieser Moment war nicht leicht zum Zuschauen. Sobald der Stier mit dem Sperr gestoßen wird, geht er gegen das Pferd los. Er schiebt sich mit seinen Hörner unter das Pferd und drückt mit seinem ganzen Gewicht dagegen. Es dauert immer ein bisschen bis die Toreros den Stier vom Pferd ablenken können. Erstaunlich, dass das Pferd bei dem ganzen so ruhig stehen bleibt! Der eigentliche Kampf zwischen Stier und Matador hat etwas sehr kunstvolles, die Bewegungen des Matadors sind sehr grazile und wenn er sehr gut ist, kommt er dem Stier beim Kampf sehr nah, manchmal berühren sich sogar die Bäuche der Beiden.
Der erste Kampf war laut meinem Nachbarn ganz okay. Der Matador ging nach dem Kampf in die Mitte der Arena und verbeugte sich, wurde aber nicht übermäßig von der Menge gefeiert. Dann kam der zweite Stier, aber noch bevor die Reiter zu Pferd kamen, war klar der Stier ist nicht fähig zu kämpfen, da er sich beim wütend durch die Arena rennen, am Fuß verletzt hat. Dies kommt immer mal wieder vor, die Stiere wiegen fast 500 kg und da wundert es mich nicht, dass sie sich beim plötzlichen Abbremsen vor der Arenawand auch mal den Fuß verknaxen können. Der Stier wurde dann aus der Arena gelockt und ein neuer Stier betrat die Bühne. Der nächste Kampf war aber nicht gut, selbst für einen Neuling wie mich war das erkennbar. Der Matador stürzte sogar zu Boden, was kurz für Aufregung und Eingreifen der Helfer sorgte.
Der dritte Kampf war dafür sehr gut, die Menge tobte und zur Belohnung bekam der Matador die zwei Ohren des Stieres nach Ende des Kampfes. Normalerweise gibt es nach einem guten Kampf nur ein Ohr, der Matador muss schon besonders gut sein, um beide zu bekommen.
Danach dreht der Matador eine Ehrenrunde durch die Arena, die Zuschauer schwenken ihre Ruanas und werfen ihre Hüte runter in die Arena. Der Matador hebt diese auf und wirft sie wieder zurück. Dann kam wieder der erste Matador dran, auch er bekam am Ende seines großartigen Kampfes zwei Ohren und durfte die Ehrenrunde drehen. Dann wurden unsere billigen Plätze noch beliebter. Der Regen ging richtig los und die Menschen stürmten zu den hinteren, überdachten Reihen.
Es schüttete nur so und blitzte und donnerte. Der Kampf ging jedoch weiter. Der zweite Matador war wieder dran. Die Arena wurde zunehmend zu einem Sandbad, so dass der Matador in Socken den Kampf durchführte und zwischendurch sein durchnässtes Tuch austauschen musste. Anscheinend wollte der Matador seinen schlechten Kampf von vorhin wieder gut machen, denn auch dieser Kampf war außergewöhnlich gut, dass die Menge verlangte ,den Stier zu begnadigen. Dieser Wunsch wurde gewährt und der Stier aus der Arena gelockt. Besonders gut Kampfstiere, die begnadigt wurden, werden für die Zucht verwendet. Der Matador bekam zwei symbolische Ohren und durfte auch eine Ehrenrunde drehen.
Das Wasser in der Arena reichte mittlerweile bis zum Knöchel. Daher machten sich die Helfer erstmal auf die Suche nach dem Abfluß, um den Deckel zu öffnen, damit das Wasser wie in einer Badewanne ablaufen kann!
Der letzte Kampf, war vorbei bevor er überhaupt begann. Der Stier schien nach dem Sperrstoß schon so verletzt zu sein, dass er nicht kämpfen konnte. Der Matador gab ihm daher gleich den Todesstoß. Damit war unser Ausflug in die Stierkampfwelt beendet. Und die Matadore wurden auf den Schultern der Helfer aus der Arena getragen. Wir hatten Glück, alles was beim Stierkampf passieren kann, haben wir zu sehen bekommen!
Dann hieß es abwarten, da es immer noch schüttete. Nach einer halben Stunde ließ der Regen etwas nach, also nach draußen rennen und ein Taxi schnappen, was uns glücklicherweise relativ schnell gelang. Und nicht alle Taxifahrer in Kolumbien sind ehrlich. In den Städten haben die Taxis alle ein Taximeter. Es hat ein paar Taxifahrten gedauert bis ich die Geräte verstanden habe, bzw. meine Vermutung, dass uns ein paar übers Ohr gehauen haben, bestätigt hat. Das Gerät zeigt immer die Einheiten an. Diese Zahl ist immer etwas höher wie der Betrag in Pesos allerdings ohne die Nullen. Wenn der Taxifahrer auf einen Knopf drückt, zeigt das Gerät den zu bezahlenden Betrag an. Einige Taxifahrer drücken nicht auf den Knopf und verlangen die Einheiten als Pesosbetrag.
Am nächsten Morgen verließen wir Cali und machten uns auf den Weg nach Popayan, ein kleines Bergstädtchen. Als wir dort ankamen war erstmal einkaufen angesagt. Es war Silvester und in unserem Hostel wurde ein gemeinsames Abendessen veranstaltet, jeder kocht was und steuert es zum Essen bei. Da es regnete entschieden wir uns auch für ein gemütliches Beisammensein im Hostel. Auch Silvester fühlte sich nicht nach Silvester an, aber da dass schon an Weihnachten war, passte es zu dem Jahr. Am nächsten Morgen hätten wir gerne etwas unternommen, aber es gab keine Busverbindung in die Umgebung, auch waren fast alle Läden geschlossen. So schlenderten wir durch den Ort und zu einer Kirche auf einem Hügel am Rand des Städtchen. Das besondere an der Kirche war, dass der Altar in der Mitte des Gebäudes war, vom Altar weg ging das Hauptschiff sowie zwei Seitenschiffe. All drei waren bestuhlt und mit Messebesuchern voll. In Kolumbien ist es auch nicht so, dass man pünktlich zur Messe kommt. Die Messe hatte schon begonnen und mit einer Seelenruhe kamen 10 Minuten später immer noch Gäste. Dann schlenderten wir weiter zum nächsten Hügel der Stadt, von wo man aus den besten Blick über Popayan hat und mit Glück auch auf den Vulkan Purace, so aber nicht an diesem Tag.
Da war wohl bei einigen Damen das nach Hause laufen in High Heels in der Silvesternacht wohl nicht mehr möglich?!
Und dann ging es los. Mich fing es an, heftig zu jucken. Auf der Stirn war es am schlimmsten, dann kamen Ellenbogen und Schulter. Ich war total zerstochen, da müssen irgendwelche Mistviecher im Zimmer gewesen sein. Wir schlenderten zurück ins Zentrum und gönnten uns ein Neujahrseis, dass wir nicht mal bezahlen mussten, da wir von Einheimischen sofort eingeladen wurden. Auch hier sind die Leute unglaublich freundlich, unterhalten sich kurz mit einem über Gott und die Welt oder man wird gefragt, ob man bereit ist, sich mit dem Sohnemann zu fotografieren.
Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, wir wollten den Vulkan Purace besteigen. Um 5 Uhr waren wir am Busbahnhof. Der Bus war schon ziemlich voll, aber wir bekamen noch die letzten zwei Plätze. Um die Aussicht zu genießen, war es noch zu früh und ich noch zu müde, also Augen zu und dösen. In Minas de las Cruces stiegen wir aus, mit uns eine Gruppe junger Kolumbianer in Begleitung eines jungen Holländers. Bis zur Rangerstation war es eine halbe Stunde und dort frühstückten wir erst mal. Dann schlossen wir uns der Gruppe Kolumbianer an, da man nur mit Guide auf den Vulkan darf. Es nieselte leicht und war dadurch auch relativ frisch bzw. wir waren ja auch schon relativ hoch ca. 3000 Meter überm Meer. Ruth und ich waren eigentlich die einzigen, die für dieses Wetter mit Regenjacke und Regenhose richtig ausgerüstet waren. Je höher wir stiegen, desto schlimmer wurde das Wetter, es windete, die Wolken hingen sehr tief und der Regen wurde stärker, man konnte nicht wirklich die schöne Paramólandschaft genießen. Nach zwei Stunden beschlossen wir, umzukehren: das war definitiv kein Wetter zum Vulkanbesteigen.
Unten angekommen haben Ruth und ich erstmal unsere Socken ausgewrungen und uns mit einem warmen Getränk und Mittagessen aufgewärmt. Da unsere Wanderung so kurz war, konnten wir sogar den früheren Bus nehmen. Das war zumindest der Plan. Es sollte ein Bus um ca. 14.30 und einer um 17 Uhr fahren. Viertel nach zwei standen wir auch in Minas de las Cruces an der Straße. Dann hieß es warten auf den Bus. Das Ganze entpuppte sich jedoch als absurdes Theater und machte „Warten auf Godot“ alle Ehre. Nach eineinhalb Stunden kam endlich ein Bus. Überglücklich winkte ich dem Busfahrer zu, die anderen sprangen von ihren Sitzplätzen auf, schnappten sich ihre Rucksäcke und bewegten sich Richtung Bus. Der Busfahrer lächelte mir zu, winkte, hupte zwei Mal und, unfassbar aber war, fuhr einfach an uns vorbei! Wir konnten es nicht glauben. Dort wo wir warteten, gab es ein Haus und einen kleinen Straßenladen. Die Leute, die dort wohnten, meinten, dass der Bus vermutlich voll war. Der Bus war vielleicht voll, sprich alle Sitzplätze belegt, aber es gab definitiv noch genügend Stehplätze. Bis jetzt waren die anderen Busfahrer auch nicht zimperlich, wenn es um Überfüllung ging. Wir fragten die Leute, ob sie jemanden wüssten, der uns nach Popayan fahren könnte. Bis zum nächsten Bus mussten wir ja noch mindestens eine Stunde warten und die Wahrscheinlichkeit, dass der uns auch einfach nicht mitnimmt, war ja gegeben. Die kannten tatsächlich jemanden, konnten diesen aber per Telefon nicht erreichen. Auch hier war das Glück nicht auf unserer Seite. Nach einer halben Stunde kam ein Pick-up Truck, der für Personenbeförderung umgebaut wurde. Auf der Ladefläche gab es zwei Sitzreihen und die Seiten und das Dach war mit Planen abgedeckt. Oben auf dem Dach gab es Platz für Gepäck. Wir hielten ihn an, auch dieser war voll, diesmal aber wirklich. Einer der Kolumbianer konnte ihn aber überreden, uns bis ins nächste Dorf trotzdem mitzunehmen. Dort war die Wahrscheinlichkeit größer, jemanden zu finden, der uns nach Popayan bringt. Zwei Mädels setzten sich oben aufs Dach und hielten sich am Dachgepäckträger fest, einer stellte ich auf die Seite des Pick-ups und hielt sich am Dachträger fest. Wir restlichen vier stellten uns auf den schmalen Fußtritt am hinteren Teil des Pick-ups. Ruth und ich rechts und links außen. Der Fußabtritt war so schmal, dass jeweils nur der vordere Teil des Fußes drauf passt. Die Fußspitze konnte man jedoch unter die Ladefläche einquetschen, zwar nicht bequem, aber man hatte das Gefühl, so nicht vom Fußtritt zu fallen. Dann hieß es, mit beiden Händen sich so fest wie möglich am Dachgepäckträger festzuhalten. Das nächste Dorf war 20 Minuten entfernt, die Straße ein kurvige Schotterstraße mit vielen Schlaglöchern, der Fahrstiel, abrupt und relativ schnell (teilweise fast 60 km/h). Am Anfang fand ich das Ganze noch sehr lustig abenteuerlich, aber nach kurzer Zeit war das Moto nur noch: „hold on to your dear life!“ Es war unglaublich anstrengend und die längsten 20 Minuten meines Lebens. Irgendwann kamen uns große LKW entgegen, die sehr nahe an dem Pick-up und mir vorbei fuhren, es waren vielleicht 15 cm zwischen mir und den Fahrzeugen, etwas gruselig. Aber dann kam die Erlösung, wir hatten es in den nächsten Ort geschafft. Zwei machten sich dann auf, um eine Fahrgelegenheit zu organisieren. Ruth und ich beobachteten derweil das traurige Leben einiger Dorfmänner. Auf jeder Straßenseite saßen mehrere Männer. Um sie herum mehrere Flaschen Bier sowie Aquardiente. Die Männer waren in unterschiedlichen Alkoholisierungszuständen. Irgendwie sehr deprimierend.
Die Suche nach einer Fahrgelegenheit war nach 10 Minuten beendet und so saßen wir in einem Jeep, der uns nach Popayan brachte.
Meine Stiche juckten immer schlimmer, es waren auch einige über Nacht dazugekommen. Es wurde mir dann auch leider klar, dass es keine Moskitostiche sind, sondern einer meiner schlimmsten Reisealpträume war wurde: Bettwanzen. Ruth war bis auf ein/zwei Bisse verschont geblieben. Ich hatte 30 Bisse auf der Stirn, weitere 10 im Gesicht, sowie zwei Ellenbogen und Schultern mit vielen Bissen. Und auch auf diese reagiere ich ziemlich allergisch. Schön sah ich nicht mehr aus mit meiner Kraterlandschaft im Gesicht. Schönheitswettbewerbe waren für die nächste Zeit definitiv gestrichen. Eine Recherche im Internet machte die Aussichten auch nicht besser, die Bisse können bis zu 10 Tage jucken. Zum Hostel wechseln war es zu spät und morgen reisten wir eh ab. Also dick einpacken und mit Moskitoschutzmittel einsprühen, vielleicht hilft es ja. Hoffentlich schleppe ich die Viecher mit meinen Klamotten nicht mit. Am nächsten Morgen checkten wir früh aus, lagerten unsere Sachen im Hostel und machten uns auf den Weg nach Silvia. Dies ist ein kleines Bergdorf in der Gegend, in dem es jeden Dienstag einen traditionellen Markt gibt. Heute war das Wetter richtig gut, strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Auf dem Weg nach Silvia bekamen wir sogar den Vulkan Purace ohne Wolkenumhang zu Gesicht, kein Vergleich zu dem Wetter gestern!
Die indigene Bevölkerung trägt in dieser Gegend noch ihre traditionelle Kleidung, auch die Männer, was nur noch selten zu sehen ist.
Wir schlenderten durch den Markt und gönnten uns einen einheimischen Snack: eine Art von panierten Kartoffelscheiben mit gebratener Blutwurst. Zudem probierten wir ein uns unbekannte Frucht aus. Diese sah aus wie eine schrumpelige Zitrone, hatte innen weißes baumwollartiges Fruchtfleisch mit einem Kern und war sehr lecker.
Wir schlenderten noch zu einem kleinen Hügel mit Kirche und genossen die Aussicht über den Ort und die Landschaft. Dann ging es wieder zurück, wir holten unsere Sachen aus dem Hostel und ich sprach die Mitarbeiterin auf die Bettwanzen an. Diese schien aber nicht sehr überrascht darüber zu sein. Jetzt wurde mir auch klar, warum die Matratzen in einem Plastikschutzumzug waren. Erst auf Nachdruck von mir, dass man da unbedingt was machen muss, dackelte sie los und ging in den Raum mit einem Spray. Na ja so wird man die Viecher definitiv nicht los. Das Bettwanzenerlebnis schafft es dafür unter die Top five der schlimmsten Reiseerlebnisse von mir! Um das Jucken gerade so erträglich zu machen, so dass ich nicht kratzen musste (kann zu schlimmen Entzündungen oder sogar zu allergischem Schock führen!), musste ich alle meine Mittel, sprich Kortisoncreme, Globuli und Bite-away Hitzestick, zum Einsatz bringen. Ich finde jetzt habe ich eindeutig den Titel Zen-Meisterin der Gelassenheit verdient.
Unser letzter Stopp in Kolumbien war Pasto. Die Stadt liegt im Süden von Kolumbien. Sie ist bekannt für sein Festival Blanco y Negro, das mittlerweile zum Weltkulturerbe gehört und jedes Jahr Anfang Januar stattfindet. Es geht eine ganze Woche lang. Und damit den Kolumbianern das Feiern nicht ausgeht, gibt es direkt danach das Fest der Meerschweinchen, das dann nahtlos in das Fest der Forellen übergeht. Also die Kolumbianer sind eindeutig das feierfreudigste Land der Welt. Wir kamen am 3. Januar spät abends an, das Festival ging also schon ein paar Tage, aber die wichtigsten und interessantesten sind die letzten drei bzw. vier Tage. Am 4. Januar war der Tag an dem die Farbe weiß angesagt war. Es sollte eine Parade stattfinden, Beginn 10 Uhr. Also machten wir uns nach dem Frühstück auf den Weg ins Zentrum. Das Wetter war schön, überall waren Händler, die Sonnenbrillen verkauften unterwegs. Komischerweise verkauften sie auch Skibrillen. Es gibt in Pasto weit und breit keinen Schnee! Die Kolumbianer soll mal einer verstehen! Das Rätsel klärte sich jedoch eine viertel Stunde später auf. Wir waren an der Straße, an der die Parade entlang führt, angekommen und schlängelten uns durch die Massen, um einen guten Platz zu finden. Keine 50 Meter weit kamen wir, dann waren wir passend dem Moto des Tages weiß! Jeder, wirklich absolut jeder, war mit einer Sprühschaumflasche bewaffnet. Wir bekamen auch die volle Ladung ab. Glücklicherweise war es ein schöner Tag und wir hatten Sonnenbrillen auf. Nach kurzer Zeit hat man natürlich nichts mehr gesehen, aber wenigstens waren die Augen geschützt. Ein Fehler war es allerdings, die ganze Sache lustig zu finden. Kaum fing ich an herzhaft zu Lachen, hatte ich auch schon eine Ladung Schaum im Mund. Und der Schaum stank nach Banane! Nicht so toll, wenn man den dann als Bananenhasser in der Nase hat.
Wir fanden dann ein nettes Plätzchen, an dem es relativ ruhig war. Wir bewaffneten uns auch gleich mit einer Sprühschaumflasche und dann hieß es warten, da die Parade natürlich nicht um 10 Uhr losging. 1 1/2 Stunden später ging es dann endlich los. Bei der Parade heute ging es darum, dass verschiedene Gruppen ihre Handwerkszunft oder das Leben früher und heute in Kolumbien darstellten.
Der Weg zum Hotel war ein einziger Schaumkampf und nicht immer fair, teilweise drei zu eins, erfahrene Schaumkämpfer gegen unerfahrene Touristin, aber ich hatte einen riesen Spaß. Im Hotel angekommen, sind wir erstmal unter die Dusche, die Haare waren von dem ganzen Schaum doch ziemlich klebrig. Gegen Abend machten wir uns wieder auf in Richtung Zentrum für das Abendessen. Der Schaumkampf war immer noch im Gange, wir hatten glücklicherweise auf Nummer sicher unsere Sonnenbrillen und unsere Schaumsprühflasche mitgenommen. Da wir wenig Lust hatten, wie die Schaumschneefrauen im Restaurant zu sitzen, versuchten wir, den Kämpfen so weit wie möglich auszuweichen. Was gar nicht so leicht war. Manchmal fühlte man sich in Sicherheit, doch dann wurde man von einem vorbeifahrenden Auto aus einem Fenster, dass nur ein spaltbreit geöffnet war, beschossen. Die Hardcore Guerillakämpfer waren auch unterwegs. Diese waren auf der Ladefläche von Pick-up Trucks, mit mehreren Sprühflaschen bewaffnet sowie Säcken voll mit Talk. Beides wurde während der Fahrt auf die Passanten abgeworfen. Und wirklich keiner blieb verschont, nicht mal die Wachposten des Militärstützpunktes. Als wir vorbei kamen, war der Ärmste gerade dabei, sein Maschinengewehr und seine Sonnenbrille wieder zu entschaumen! Wir schafften es relativ trocken bis zu unserem Restaurant und gönnten uns eine trockene Taxifahrt zurück.
Am nächsten Tag war schwarz das Moto. Man wird mit schwarzer Farbe im Gesicht beschmiert, aber auch bunter Farbe. Die Schaumflaschen sind weiterhin im Einsatz. Bei dem Tag geht es darum, dass jeder Mensch ungeachtet seiner Herkunft und seiner Hautfarbe akzeptiert wird. Wir entschieden uns dieses Spektakel auszulassen, wir hatten nicht so wirklich Lust, mit Farbe vollgeschmiert zu werden. Stattdessen wollten wir zur Laguna Verde, einem grünen Kratersee ca. 1 ½ Stunden von Pasto entfernt. Doch der Tag begann schon nicht so gut. Nach dem Frühstück war klar, dass Abendessen gestern habe ich nicht vertragen und Durchfall ist mal wieder angesagt. Irgendwie steht Kolumbien unter keinem guten gesundheitlichen Stern. Ich habe dann ein paar Kohletabletten genommen sowie Imodium akut und los ging es. Mit dem Bus ging es bis Tuquerres, von dort muss man dann ein Taxi bis zum Startpunkt der Wanderung nehmen. Unser Taxifahrer war ganz gut, schon am Bergfuß war die Straße gesperrt, zu viele Autos sind zum Vulkan hoch, aber er kannte einen Schleichweg, so dass er uns noch ein Stückchen weiter noch oben fahren konnte. Trotzdem mussten wir noch eine halbe Stunde laufen, bis wir beim eigentlichen Startpunkt der Wanderung war. Die Wanderung ist sehr beliebt, unglaublich wie viele Leute unterwegs waren. Die Höhe machte mir wieder etwas zu schaffen. Körperlich schlechte Verfassung und Höhe verträgt sich einfach nicht. Das Wetter wurde auch immer schlechter, es zogen immer mehr Wolken auf und es war praktisch kein Sicht. Kurz vorm Gipfel hatte Ruth keine Lust weiter zu gehen, da wir auch keine 50 Meter weit gesehen haben und klar war, vom grünen Kratersee werden wir wenn dann nur ein Ministück sehen. Langsam ging es mir körperlich auch immer schlechter und so hatte ich keine Einwände gegen Umkehren.
Als wir dann abends beim Hotel zurück waren, ging es mir so schlecht, dass nur noch ins Bett legen und frieren bzw. schwitzen angesagt war. Ich hatte mittlerweile Fieber und Schüttelfrost. Also nichts mit in die Stadt gehen. Am nächsten Morgen fühlte ich mich zwar besser, konnte sogar Frühstücken, auch wenn ich es nicht lange bei mir behalten habe. Ruth ging es mittlerweile auch nicht so gut, sie ließ das Frühstück aus. Heut war aber der große Tag der bunten Parade und dass wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Also habe ich mir wieder eine Imodum akut eingeschmissen und wir sind los. Diesmal mit Regenjacke, Regenhose und Sonnenbrille und natürlich dem Schaumspray ausgerüstet. Wir kauften uns auch noch einen Mundschutz.
Und es war gut, dass wir so gut ausgerüstet und eingepackt waren. Die Schaumschlacht der letzten Tage war nichts im Vergleich zu dem heutigen Tag. Es wurde auch deutlich wie vielfältig so ein Ruana ist. In den Bergen aus dicker Schurwolle zum Wärmen, beim Stierkampf zum Schwenken, bei der Schaumschlacht um sein Bier vor Schaum und Talk zu schützen, sowie um seine Sonnenbrille immer wieder sauber zu putzen! Wir hatten, glaube ich, den schlimmsten Platz. Wir zahlten etwas, um uns auf einen Wagen zu stellen, damit wir auch aus der hinteren Reihe Sicht auf die Parade hatten. Rechts und links von uns waren Jugendliche. Es stellte sich heraus, dass sie eher weniger Interesse an der bunten Parade hatten, wie am Schaumkampf. Jeder war mit mehrere Schaumsprühflaschen ausgerüstet und jede Gruppe einen 10 Kilo Sack mit Talk. Es ging zu, dass kann man sich gar nicht vorstellen. Irgendwann war auch klar, dass ich meine Kamera nicht mehr aus der Tasche hole, sondern nur noch Fotos mit dem Handy mache. Wir wären relativ schnell komplett weiß und sobald der Kampf wieder losging, war nur noch Kopfeinziehen angesagt.
Die Parade war toll, unglaublich bunt und kreativ. Auch beeindruckend was für schwere Kunstskulpturen die Männer auf den Schultern trugen. Zum Schluß der Parada kamen dann die großen, bunten Wägen!
Zurück im Hotel habe ich versucht so grob meine Regenklamotten und meine Kameratasche sauber zu bekommen, dann alles in eine Plastiktüte gepackt, die gründliche Reinigung muss ich in Ekuador machen, und meine sieben Sachen zusammen gepackt. Dann hieß es Abschiednehmen von Ruth, sie machte sich auf den Weg mit dem Flieger nach Bogota und dann nach Deutschland und ich mit dem Bus zur Grenze, um dann nach Quito weiter zu reisen. Es war klar, es wird eine lange Reise bis Quito. Ich wollte es aber trotzdem versuchen, es bis dorthin zu schaffen. Es fuhr auch relativ schnell ein Bus bis nach Ipales und ich konnte auch ein bisschen auf der Fahrt dösen. Dann ging es weiter mit dem Colectivo zur Grenze. Auch dass fuhr nahtlos weiter. So war ich um 16 Uhr dort. Doch dann war Kolumbien pur angesagt: eine riesen Schlange am Grenzposten von Kolumbien. Ich stand über zwei Stunden in der Warteschlange für einen einfachen Ausreisestempel! Die Kolumbianer hatten nur drei Schalter besetzt!!! Das war eindeutig die längste Grenzüberschreitung meines gesamten Reiselebens! Meine Vorsätze für die Grenzüberschreitung: die gesundheitlichen Probleme hinter mir zu lassen, sowie das schlechte bzw. durchwachsene Wetter! Ich will definitiv mehr Sonne und weniger Regen!
Aufbruch: | 09.08.2016 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 09.03.2017 |
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