From North to South - einmal durch die amerikanischen Kontinente
Patagonien II
Dann war ich in Argentinien, meinem letzten Land meiner Transamerikareise. An der Grenze mussten wir unser komplettes Handgepäck mit aus dem Bus nehmen. Es begrüßte mich ein großes Schild, dass darauf hinwies, dass keine Fleischprodukte und Gemüse mit ins Land mitgeführt werden dürfen. Daneben stand ein Röntgengerät. Na toll, jetzt sind die in Argentinien auch ganz streng, was das Mitführen von Lebensmittel angeht. Das letzte Mal, als ich nach Argentinien gereist bin, war es denen völlig egal. Da werde ich mich vermutlich von meinen frisch gekauften Würstchen und meinen Karotten verabschieden müssen. Doch ich hatte Glück, das Röntgengerät war heute nur zur Zierde da, ich bekam einen Stempel in meinen Pass und kein Mensch interessierte sich für mein Handgepäck bzw. was ich ins Land mitbringe. So habe ich mal wieder erfolgreich Lebensmittel geschmuggelt.
Die Grenze zwischen Osorno und Bariloche befindet sich auf einem Pass. Ab der argentinischen Grenze beginnt auch der Nationalpark Nahuel Huapi. Ich bin diese Strecke schon mal gefahren und wusste, dass sie wunderschön ist. Daher hatte ich mir auch den Sitz oben, vorne am Fenster gesichert. Um einen herum türmen sich die Berge auf und dazwischen schimmern blau mehrere Seen. Wenn man unten das Tal und den größten See erreicht hat, ist man in Bariloche. Der Busbahnhof ist am Rande der Stadt. Leider gab es dort keinen Geldautomaten, daher blieb mir nichts anderes übrig, als in die Stadt zu laufen. 2,5 Kilometer bis ins Zentrum sind mit meinem Gepäck mit ein paar Pausen gerade so machbar. Untergekommen bin ich in Bariloche im Hostel Penthouse 1014, das zum besten Hostel Argentiniens gewählt wurde und es ist wirklich toll. Hostels in Bariloche sind nur leider nicht so günstig, unter 20 Euro gibt es eigentlich keines. Das Penthouse hat eine gut ausgestattete Küche, der Aufenthaltsraum ist sehr schön, das Personal ist unglaublich freundlich, das Beste ist jedoch die Sicht. Es befindet sich im 10 Stock und man hat einen unglaublichen Blick über den See auf die Berge.
Ich habe mich erstmal an die Organisation meiner Mehrtageswanderung gemacht. Als erstes zum Club Andino, dort habe ich mir meine Tour nochmal erklären lassen. Die Wanderung, die ich mir rausgesucht hatte, ähnelt der Victoria Cross Range aus Kanada. Der dritte Tag ist der schwierigste, der Weg ist nur schlecht markiert, man muss mit Händen und Füßen über Felsen klettern und es gibt kein Wasser. Ich habe mir dann auch eine Karte gekauft, Kompass habe ich auch dabei, damit sollte die Navigation funktionieren. Falls mir die Teilstrecke alleine zu heikel ist oder das Wetter umschlagen sollte, habe ich auch immer noch die Möglichkeit, meine Tour ab dem zweiten Tag zu ändern. Dann habe ich Lebensmittel für vier Tage eingekauft, das Benzin im Kocher sollte für zwei Abendessen reichen, nachfüllen lohnt sich nicht mehr, für die letzte Nacht werde ich die Küchenbenützung der Refugios gegen eine Gebühr nutzen. An jedem Refugio kann man umsonst Campen, d.h. die nächsten drei Tage schonen eindeutig meine Reisekasse. Dann bin ich zurück zum Hostel, den Platz am ersten Refugio muss man seit neustem per Internet reservieren, dadurch kann die Anzahl in der Region reguliert werden. Leider war der Campingplatz für den nächsten Tag am Refugio Frey voll, ich wollte dann für eine Nacht ins Refugio, laut Internetseite gab es da noch Plätze, ließ sich aber nicht buchen. Also bekam ich einen Ruhe Tag mehr und starte die Wanderung einen Tag später. Leider war im Hostel auch kein Platz für die folgende Nacht, außer ich habe Glück und einer storniert seine Reservierung.
Am nächsten Morgen genoss ich das gute Frühstück des Hostels und packte meine Sachen, leider hatte keiner storniert, aber ich könnte ja auschecken und noch ein bisschen warten, vielleicht wird doch noch was frei. Den Vormittag habe ich dann mit dem Studieren des Argentinienreiseführers des Hostels verbracht und den Rest meiner Argentinienreise ein bisschen geplant. Um 11 Uhr habe ich aber das Warten aufgegeben und habe mich im Internet nach einem anderen Hostel schlau gemacht. Dort bin ich hin, allerdings konnte ich erst ab 14 Uhr in mein Zimmer. Das Hostel war auch nicht schlecht, an einem Hügel von Bariloche, auch mit tollem Blick auf den See und die Berge, der vom Penthouse ist jedoch besser. Bis mein Zimmer frei wurde habe ich dann das gute Internet genutzt und meinen letzten Reisebericht online gestellt. In der Nähe von Bariloche gibt es auch ein kleines Sportklettergebiet, aber um dort hinzu gehen, war es dann leider zu spät. Also bin ich zu der Kletterhalle des Ortes, aber die hat nur unter der Woche abends auf. Okay, dann ist halt faulenzen angesagt und zurück ins Stadtzentrum.
Auch in Bariloche haben sich viele Deutsche angesiedelt, was man bei den Namen der Hotels und Restaurants deutlich erkennen lässt, wie in fast jedem Alpenort gibt es auch hier ein Hotel Edelweiss. Und in fast jedem Restaurant gibt es deutsches Bier von Franziskaner bis Warsteiner, fast als wär man Zuhause. Zudem ist Bariloche die Stadt der Schokolade und des Eis. Überall gibt es Läden in denen man Schokolade kaufen kann. Da darf natürlich auch nicht Milka fehlen, denn auch in Bariloche sind die schönsten Pausen Lila!
Und Eisliebhaber kommen auch voll auf ihre kosten, sehr leckeres Eis, dass man sich sogar in einem 1 !!! Kilo Becher kaufen kann. Ich habe mich jedoch für die zwei Kugel Variante entschieden. Dann schlenderte ich zum Busbahnhof, nur faulenzen ist auch nicht gut, etwas Bewegung brauch ich schon. Und man merkt sofort, dass man in Argentinien ist, immer wieder laufen einem Mate Tee Trinker mit ihren Bechern und Thermoskanne unterm Arm über den Weg. Und ich muss mich nicht nur an die neue Währung gewöhnen (darin bin ich mittlerweile sehr schnell), auch an den neuen Dialekt. Ich bin gerade mit dem Chilenisch klar gekommen und jetzt das Argentinisch. Diese sprechen zwar langsam und deutlich, aber überall wo irgendwie möglich, ersetzten sie den Laut durch ein SCH, hört sich sehr lustig an, jedoch brauche ich immer ein bisschen bis ich das Wort erkenne. Das Ganze hat so ein bisschen was von dem Lied „drei Chinesen mit dem Kontrabass“.
Am Bahnhof buchte ich meine Busfahrt nach Mendoza. Dabei traf mich erstmal der Schlag, Busfahren in Argentinien ist verdammt teuer. Für meine Fahrt von Bariloche nach Mendoza, das sind ca. 18 Stunden Fahrt, muss ich 100 Euro hinblättern. Ich habe mir dann sogar die Mühe gemacht, mehrere Busunternehmen abzuklappern, ob es bei einer günstiger ist, aber alle kosteten das Gleiche. Na ja die nächsten Tage kosten mich kaum was, das gleicht sich somit erstmal aus. Da mir das Hostel Penthouse besser gefallen hat, habe ich mir ein Bett für nach meine Wanderung reserviert und es war auch kein Problem, dass ich mein Zeug, dass ich nicht auf die Wanderung mitnehme, vorher zum Lagern vorbei bringe. Dann bin zum Hostel zurück geschlendert, habe gepackt für meine Wanderung und dann mir ein Feierabendbier auf dem Balkon mit Seeblick gegönnt.
Am nächsten Morgen habe ich dann meine Sachen zum Hostel Penthouse gebracht. Und das Hostel hat gleich nochmal Pluspunkte bekommen. Meine größte Sorge beim Lagern der Sachen gilt ja meinem Ecuadorhut. Auf Busfahrten schaffe ich es ganz gut, ihn zu transportieren, so dass er nichts abbekommt. Bis jetzt hatte ich auch bei meinen Unterkünften immer Glück, in Castro habe ich meine Sachen im Zimmer lassen können und in Cochamo wurde mein Hut auch sicher ins obere Regalfach gelegt. Auch im Penthouse bekam mein Hut eine Sonderzuwendung, vorsichtig in eine Tüte gepackt wurde er im Büro gelegt und mit einem Zettel „Fragile“ versehen.
Dann ging es zur Bushaltestelle. Und dort war „Warten auf Godot“ angesagt. Das Busunternehmen, dass zum Startpunkt der Wanderung fährt, hat die vergangene Woche gestreikt und so auch diese Woche. Es fuhren Busse, wann stand jedoch in den Sternen. Da ich heute aber nur drei Stunden wandern muss, kann ich mir lange Warten erlauben. Es gibt für den Bus im Zentrum auch zwei verschiedene Haltestellen, an einem hält der Bus zur geraden Uhrzeit an der andern zur ungeraden. Der erste Bus kam natürlich nicht. Eine Gruppe Israelis wartete mit mir, sie wollten auch zum Refugio Frey. Wir fanden dann heraus, dass vierhundert Meter weiter eine Bushaltestelle ist, an der normalerweise jede Stunde der Bus vorbeifährt. Wir sind dann dort hin, aber auch hier kam der Bus nicht zur vorgegeben Zeit. Nachdem wir fast drei Stunden gewartet hatten, entschieden wir uns auf Plan B umzusteigen. Man kann noch von einem anderen Ort starten, man läuft da nur ca. eine halbe Stunde länger. Der Bus kam, war aber schon total voll und vor uns zu viele Menschen, da war klar, da kommen wir mit unseren Rucksäcken nicht mit. Aber keine zwei Minuten später kam der nächste und wir waren glücklicherweise relativ vorne. Mit ordentlich Gequetsche kamen wir auch mit. Um 13.30 Uhr ging es dann endlich mit Wandern los. Das Wetter war wie die letzten Tage traumhaft, Sonne und strahlendblauer Himmel. Die erste halbe Stunde ging es entlang eines großen Sees. Bevor es den Berg hoch ging, entschied ich mich am Ufer meine Mittagspause zu machen und verabschiedete mich vorerst von den netten Israelis. Der See und das Wetter luden auch zu einem erfrischenden Bad ein, toll, so stell ich mir eine Wanderung vor. Dann war aber wirklich Wandern angesagt. Der Rucksack war auch gar nicht so schwer, da ich diesmal nur das aller nötigste mitgenommen habe und die letzten Touren machten sich bei meiner Fitness bemerkbar. Und klein ist die Welt, nach einer weiteren halben Stunde traf ich auf meine Reisegesellschaft vom Cochamo Tal. Der kam gerade von einer Tagestour zum Refugio Frey zurück.
Obwohl es schon Nachmittags war, war es ordentlich heiß und der Weg sehr staubig. Zum ersten Mal habe ich einen Vorteil in Matschwanderungen entdeckt. Das permanente Einatmen von Staub sorgt dafür, dass die Kehle noch trockener war, sich wie Schmiergelpapier anfüllt und den Durst deutlich erhöhte. Am liebsten hätte ich alle 5 Minuten einen halben Liter Wasser getrunken! Der rauschende Fluß unten im Tal entpuppte sich als Foltergeräusch. Aber irgendwann musste ich diesen Fluß überqueren, also Wasserfilter raus, Flasche aufgefüllt, halb leer getrunken und nochmal aufgefüllt.
Dann kam der letzte Anstieg und der zog und zog sich. Als ich endlich die letzte Bergkuppe erreicht hatte, wurde das Refugio sichtbar und die Lage ist traumhaft. Unterhalb des Refugios ist ein kleiner Bergsee und daneben türmt sich der Torre Frey auf und dahinter weitere Felszacken.
Ich habe auch noch einen netten Platz mit direktem Seeblick und nettem Nachbarn aus Santiago erwischt. Dann schnell das Zelt aufgebaut und dann die letzten Sonnenstrahlen für einen Sprung in den See genutzt. Der Torre Frey ist ein beliebter Kletterfels und so ist der Campingplatz voll mit Kletterern. In der letzten Abendsonne waren auch noch einige am Turm am Klettern, da kam bei mir auch die Klettersehnsucht wieder zum Vorschein.
Doch dann kam die Herausforderung des Tages, meinen Campingkocher zum Laufen zu bringen. Eigentlich war ja noch genügend Benzin für ein/zwei Mal drin, aber irgendwie wollte er nicht wirklich brennen. Das Benzin aus Chile war auch unglaublich schlecht und hat den Kocher immer ziemlich verrußt. Irgendwie muss er beim letzten Transport vermutlich etwas in die Düse bekommen haben. Ich hatte jedoch kein Glück, ich bekam ihn einfach nicht zum Laufen. Okay, dann doch in der Küche kochen, die vier Euro sind nicht die Welt, ein kühles Bier dazu, was will mehr, vielleicht nur die köstliche Pizza, die das Refugio bäckt. Bei mir war allerdings nur Spagetti mit Thunfisch-Tomaten-Soße angesagt und das für die nächsten drei Tage. Kurz habe ich noch den wunderschönen Sternenhimmel bewundert, aber relativ schnell war klar, das „Augen-zu“ die Devise ist.
Ein neuer Morgen und ein weiterer Tag mit strahlendblauem Himmel. Ich kann es gar nicht glauben, so viele Tage schon ohne Regen! Heute standen zwei Bergüberschreitungen bis zum nächsten Refugio an. Die Bergfront die sich um den Seetürmte musste als erstes überschritten werden. Auf den ersten Blick, denkt man, wo will man den da rüberkommen, aber es sieht immer schlimmer aus, wie es ist.
Aber auch heute war es unglaublich heiß und der Weg und somit die Luft staubig. Den ersten Berg habe ich noch relativ schnell erklommen. Allerdings stellte sich heraus, dass oben angekommen noch nicht bedeutete, oben am Bergkamm angekommen zu sein. Es eröffnete sich ein Bergplateau mit einer Lagune und dahinter ging der Bergkamm weiter, was bedeutete nochmal 150 Höhenmeter hinauf.
Die Schwierigkeit der Wanderung steigerte sich auch, einen Weg gab es nicht mehr wirklich, es hieß einfach über die Felsen nach oben krakxeln. Dafür bedurfte man beider Hände und Trittsicherheit und Schwindelfreiheit.
Aber dann war ich wirklich oben und es bot mir ein toller Blick ins nächste Tal.
Um dort hinzugelangen war ein steiler Abstieg zu bewältigen. Zuerst wieder Kletterei mit Händen und Füßen, dies war zwar anspruchsvoll aber als Kletterin angenehm. Dann kam eine steile Schotterpiste, die auch ganz angenehm war, da man einfach seine Hacken da reindrückt und schön Schritt für Schritt schnell den Berg hinunterrutscht. Jedoch nach kurzer Zeit waren meine Schuhe voll mit Geröll, so entschied ich mich trotz Hitze meine Garmaschen anzuziehen, was auf einem ziemlich steilen Hang gar nicht so leicht war. Dann konnte ich die Rutschpartie ohne blinde Passagiere im Schuhe genießen. Leider war auch diese Rutschpartie irgendwann zu Ende, der Steilhang leider aber noch nicht bewältigt. Der letzte Rest des Berges war von der Sorte, die meine Knie gar nicht mögen. Aber auch dass hatte ich irgendwann hinter mir. Im Tal war dann im Schatten des Waldes Mittagspause angesagt. Ich traf die Israelis wieder und schloss mich ihrer Gesellschaft an. Dann ging es zügig durchs Tal, am Ende dessen war wieder eine Bergkamm zu überqueren. Es war weiterhin unglaublich heiß und staubig. Ich habe selten beim Aufstieg so viele Pausen machen müssen. Ich quälte mich aber nicht alleine hoch, ich war umgeben von treuen Begleitern: Pferdebremsen. Es surrte und schwirrte um mich herum. Rumfuchteln brachte gar nichts. Daher war ignorieren angesagt, solange man sich auch bewegte, schwirrten sie auch nur um einen herum und stachen nicht. Bei der Anstrengung stapfte ich jedoch mit offenem Mund den Berg hoch, um genügend Sauerstoff zu bekommen, mehr als einmal konnte ich gerade noch rechtzeitig meinen Mund schließen, bevor eine von den Viechern hineingeflogen wäre. Irgendwann hatte ich auch diesen Bergkamm erklommen und konnte den wunderschönen Blick ins Tal auf die Lagune Jacob genießen.
Der Abstieg ins Tal war länger und steiler wie der vorherige. Und so quälte ich mich über eine Stunde den Berg hinunter, es gab leider keine angenehme Kletterei und keine Rutscheinlagen sondern nur steile Quälerei! Das Wetter verschlechterte sich auch. Laut Wettervorhersage sollte ich bis auf den letzten Tag traumhaftes Wetter haben. Jedoch zogen immer dunklere Wolken auf und Donnergrollen war zu hören. Daher gönnte ich mir auch keine Pausen beim Abstieg, wollte definitiv mein Zelt im Trockenen aufbauen. Aber irgendwann hat glücklicherweise jede Quälerei ein Ende und ich war am wunderschönen Refugio San Martin. Ich fand auch einen schönen Platz unter Bäumen, also schnell Zelt aufgebaut, so lange es noch trocken war. Das mit dem Baden im See musste heute leider ausfallen, dafür war es mittlerweile einfach zu frisch. Ein letztes Mal startete ich einen Versuch, meinen Kocher zum Laufen zu bringen, aber keine Chance. Was also mit dem restlichen Benzin in der Flasche machen? Da kam mir die rettende Idee, ich habe dann Schluck für Schluck vorsichtig in einer leeren Thunfischdose das Benzin verbrannt. Nach einer halben Stunde war ich endlich damit fertig.
Das Refugio San Martin gefällt mir besser wie das Refugio Frey. Es ist deutlich weniger los hier. Allerdings ist alles etwas teuer wie in Frey, vermutlich liegt es daran, dass das Refugio schlechter zugänglich ist. Das Refugio ist sehr urig und man kocht auf einem alten Holzofen. Drei junge Männer bewirtschaften die Hütte, einer davon sehr musikalisch, so dass ich zum Abendessen Gitarrenmusik und Gesang zu hören bekam. Mittlerweile war auch der Regen angekommen, jedoch nieselte es nur für eine halbe Stunde und dann war es auch schon wieder vorbei. Ich war mit meinem Abendessen rechtzeitig zum Sonnenuntergang fertig. Und was für ein Sonnenuntergang das war! Sicherlich einer meiner schönsten!!! Der Himmel färbte sich erst gelb, dann orange und dann pink und blutrot hinter den Bergen. Der See war komplett still und zeigte eine fast perfekte Spiegelung der Berge und so färbte sich auch das Wasser in den schönsten Farben.
Hier in Argentinien ist alles etwas später. Als ich mich bereit machte, um mich in mein Zelt zu verkriechen und in einer Alpenhütte die Nachtruhe beginnen würde, wurde für die Refugiogäste das Abendessen aufgetischt. In der Nacht regnete es nochmal für ein paar Stunden, aber am Morgen begrüßte mich wieder ein strahlend blauer Himmel. Mein ursprünglicher Plan war, über den Bergkamm zur nächsten Hütte zu wandern. Dieses Teilstück ist das schwierigste in dieser Region vor allem beim ersten Teil der Wanderung gibt es einige schwierigere Kletterpassagen, zudem ist der Weg nur sehr spärlich markiert. Um dieses Teilstück zu machen, sollte man einige hochalpine Bergerfahrung haben. Ich hatte mich aber schon am Vortag beim steilen Abstieg gegen dieses Teilstück entschieden. Mein Rucksack war mir für so eine schwierige und ausdauernde Wanderung einfach zu schwer. Mehr als max. 7 Stunden möchte ich den Rucksack nicht tragen, bei meinem Tempo brauche ich jedoch vermutlich 8 Stunden. Zudem gibt es auf dem ersten Teil der Strecke keine Möglichkeit sein Wasser aufzufüllen. Bei der momentanen Hitze war klar, dass ich 6 Stunden mit nur einem Liter Wasser nicht auskomme. Bei der Victoria Cross Range gab es auch kein Wasser, aber das war aufgrund anderer Temperaturen mit einem Liter gut machbar. Ich beschloss also, meinen Knien etwas gutes zu tun und ein Tag länger im Refugio San Martin zu bleiben und eine Tageswanderung zu machen. Dies wird die letzte Wanderung meiner Wanderschuhe sein und so haben sie zum Abschluss nochmal einen Gipfel verdient, um den See herum gibt es ja ein paar davon.
Ich schaute mir aber trotzdem noch die Fotos der Überschreitung zur nächsten Hütte an. Sie erinnerte mich sehr an die Victoria Cross Range, wobei diese jedoch technisch etwas schwieriger ist.
Ich besprach mich mit den Hüttenwirten und die empfahlen mir den Cerro Cella, der hinter der Laguna Jacob hervor rag. Es gibt keinen Weg dort hinauf, wie in den Rockies ist Scrambling angesagt. Es gibt zwei Möglichkeiten den Berg zu besteigen. Ich entschied mich für die steilere und technisch anspruchsvollere für den Aufstieg und die andere für den Abstieg. Zu Begin folgt man noch einem gut markierten Wanderweg bis zu einer weiteren Lagune.
Dann folgt man weiter dem Weg immer mit Blick auf die schönen Teufelshörnern, den Cuernos del Diabolo. Am Paso Schweitzer verlässt man den Weg. Bis fast zum Gipfel hinauf gibt es eine Verschneidung, in der arbeitet man sich bis zu mehreren roten Felsbrocken hinauf, um dann hinter diesen das letzte Stück zum Gipfel zu erklimmen. Der erste Teil ist noch relativ flach jedoch schon sehr geröllig. Irgendwann war Wanderstöcke weg packen angesagt, da die Kletterei losging. Hierbei war aber Vorsicht angebracht, der Fels war teilweise lose. Einen gut aussehenden Griff konnte man plötzlich als Steinbrocken in der Hand haben. Aber mit Kletter- und Scamblingerfahrung ist der Berg ist das kein Problem.
Kurz vor den roten Felsblöcken hörte die Kletterei auf und Trettmühlenschotter war angesagt, glücklicherweise nur ein kurzes Stück. Nach den roten Felsblöcken kam nochmal etwas Kletterei und dann war ich auf 2080 Metern Höhe. Und was für eine 360 Grad Sicht. Zur einen Seite ragten der Torre Frey sowie seine Nachbartürme auf. Auf der anderen Seite erblickte man die Cuernos der Diabolo so wie dahinter den Donnerberg, el Tonador. Bei der Sicht und bei der schönen Wanderung war ich mehr als glücklich über meinen Planwechsel.
Dann beschloss sich noch die Abschiedswanderung meiner treuen Wanderschuhe zu würdigen und baute einen Steinturm. Die erste Variante zerfiel noch, bevor ich ein Foto machen konnte, dank einer Windböe. Aber die nächste Variante war standfester!
Dann ging es an den Abstieg. Das erste Teilstück war nur loser Schotter, denn man schnell und knieschonend hinunter rutschen konnte. Dann öffnete sich ein Tal und es begann ein Flusslauf, der eigentlich sofort zwischen einer kleinen Schlucht entlangschlängelt. Diesem folgt man immer direkt am Fluss. Oberhalb der Schlucht ist ein Baum- bzw. Gestrüppwald, der nur schlecht passierbar ist. Während ich dem idyllischen Fluss folgte, hoffte ich inständig, dass ich nicht irgendwann an einen Wasserfall gerate und James Bond spielen muss. Jedoch wurden meine Befürchtungen war. Mit dem Problem, wie ich den Wasserfall hinunterkomme, beschloss ich mich später zu beschäftigen, denn dieser Ort war magisch! Der Wasserfall teilte sich in mehrere Wasserfälle. Der erste war relativ klein und endete in einem kleinen glasklaren Pool, dem sich eine Steinterrasse anschloss bevor der nächste Wasserfall sich ins Tal ergoss. Aber das Beste war der Blick ins Tal! Und dieses kleine Naturjuwel hatte ich ganz für mich, also beschloss ich wie die Kanadier so schön sagen, skinny dipping zu machen oder zu deutsch, der Freikörper Kultur zu frönen. Das Wasser war nicht zu kalt sondern genau richtig erfrischend. Zwischen meinen Erfrischungen legte ich mich nackt auf die Steine, genoss die Sicht und ließ ich die Seele baumeln und mich von der Sonne trocknen!
Aber irgendwann musste ich auch dieses kleine Paradies verlassen. Rechterhand konnte man entlang des Gestrüpps die Steinterrasse verlassen und es sah dort so aus, als ob das Gestrüpp lichter wurde und man dadurch ins Tal steigen kann. Es gab auch ein paar freie sandige Stellen in denen ich Fußspuren entdeckte. Also wird das schon richtig sein, letztendlich muss ich nur immer nach unten bis ich am See bin. Irgendwo hier sollte es auch einen Weg geben. Aber die Spuren entpuppten sich eher als Pfad der Verlorenen. Das Gestrüpp war nur ein kurzen Moment lichter, wurde sehr schnell wieder sehr dicht. Zum Umkehren war ich aber schon zu sehr abgestiegen, um einen Weg den Wasserfall runter entlang des Flusses zu suchen. Also war Bushwacking angesagt, der Kampf mit dem Gestrüpp begann. Nach 80 Metern war er aber auch vorbei und ich war unten am See angekommen.
Dort stoß ich auch endlich auf den Weg, na ja gerade noch so konnte man es als solchen bezeichnen. Er löst in einem sofort die Sehnsucht nach einer Machete wach. Ich freute mich schon auf die Hütte und einer weiteren Abkühlung im See. Also diesen schnell umrundet. Am Refugio angekommen, war leider nichts mit gleich in den See hüpfen. Ein Tornado oder so was ähnliches muss in meiner Abwesenheit gewütet haben. So etwas hatte ich noch nie gehabt. Mein Innenzelt war unter meinem Außenzelt mit einer dünnen Staubschicht bedeckt, da dass Innenzelt zum größten Teil nur aus Netz besteht, war diese dünne braune Staubschicht auch über allem in meinem Zelt. Also war erstmal entstauben angesagt und zur Sicherheit Zelt versetzten. Aber dann war wirklich nur noch Faulenzen angesagt, ab in den kühlen See und sich auf den warmen Felsen trocknen lassen.
Am nächsten Morgen war Wettrennen mit dem Regen angesagt. Laut Wettervorhersage, sollte es ab 9 Uhr regnen. Die Nacht hatte ich leider nicht gut geschlafen, bzw. eigentlich nicht schlecht, aber die erste Hälfte der Nacht konnte ich einfach nicht einschlafen, daher war die Nacht sehr kurz und ich relativ müde. Trotzdem bin ich um 7 Uhr aufgestanden. Schnell alles eingepackt und gefrühstückt. Um 8.30 Uhr war ich startklar. Erstes Ziel des Tages, das Zelt trocken einzupacken, hatte ich erreicht. Das nächste war trocken in Bariloche anzukommen. Die erste Stunde geht es relativ steil ins Tal hinunter, daher konnte ich nicht besonders schnell losschreiten. Dann ging es aber mehr oder minder eben durchs Tal hinaus. Also habe ich meinen Turboschritt eingelegt. Vom Refugio bis zum Ende des Wanderweges sind es 18 Kilometer. Nach zwei Stunden wurde ich doch so langsam müde und musste mein Tempo etwas drosseln. Ich schaffte es jedoch trotzdem trocken zum Ende des Wanderweges auch in einer ganz guten Zeit mit 3 Stunden und 45 Minuten. Allerdings ist man dann noch relativ weit von der Zivilisation bzw. einer Bushaltestelle entfernt. Am Parkplatz waren zwar einige Autos, aber keine Menschenseele weit und breit. Also noch mal 15 Minuten weiter auf einer Schotterpiste bis man zu einer besser befahrenen Schotterstraße kommt. Es kam auch gleich ein Pick-up vorbei, leider falsche Richtung. Bis zur nächsten Bushaltestelle sind es sicherlich 6 Kilometer, wenn nicht mehr. Also weiter und hoffen, dass bald eine Mitfahrgelegenheit kommt. Keine 5 Minuten später kam auch ein Pick-up, der Fahrer winkte mir freundlich zu, nahm mich aber nicht mit. 5 Minuten später ein weiteres Fahrzeug, aber der Fahrer zeigte mir an, dass er leider keinen Platz hat. Da beschloss ich, mal ein ernstes Wort mit dem Universum zu wechseln: „In Cochamo habe ich zwei gute Taten vollbracht, liebes Universum, jetzt wäre der Zeitpunkt, dass ich auch was vom Universum zurück bekomme!“ Kaum gedacht, kam der nächste Jeep und hielt tatsächlich an! Der nette, ältere Herr brachte mich zur Bushaltestelle, mittlerweile fing es auch mit nieseln an. Laut ihm habe es die letzten zwei Monate hier nicht mehr geregnet. Tja, mit mir kann man auf Regen zählen! Keine 15 Minuten später kam der Bus. Leider verpasste ich meine Haltstelle in der Innenstadt und so musste ich in Bariloche 15 Minuten bis zu meinem Hostel laufen. Und dann war ich in jeder Hinsicht am Ziel. Ich war im Hostel und ich hatte den Wettlauf mit dem Regen gewonnen. Aber es war ein knapper Sieg, kaum war ich im Trockenen ging auch schon das Unwetter los. Es regnete in strömen und stürmte nur so, aber mir konnte das alles egal sein. Ich verabschiedete mich von meinen Wanderschuhen, die mir auch zum Abschied nochmal eine Blase verschafft haben, diese Schuhe sind wirklich so was von durchgelatscht. Dann schnell unter eine heiße Dusche und die kurze Regenpause zum Einkaufen nutzen. Und was in Argentinien wirklich billig ist, ist Fleisch. Ich bekam bestes Rindfleisch für nicht mal 2 Euro! Ich glaube, ich werde, wenn ich hier koche, nur noch Steak braten! Unglaublich lecker.
Und dann hieß es Abschied nehmen vom wunderschönen Patagonien!
Aufbruch: | 09.08.2016 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 09.03.2017 |
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