Fachwerk und Romanik im Nordharz

Reisezeit: April / Mai 2019  |  von Herbert S.

Strasse der Romanik: Gernrode (SdR)

Als Namensgeber und Stadtgründer wird Burgherr Gero genannt, der ab 937 unter Otto I. zum Markgrafen der Ostmark aufstieg, mit der die Grenze gegen die Slawen geschützt werden sollte. Gero gründete ein Damenstift und ließ eine Kirche errichten, die 963 geweiht und in den Folgejahren immer wieder erweitert wurde. Dies zeugt von der Finanzkraft des Stifts, in dem Damen des Hochadels auf das gesellschaftliche Leben vorbereitet wurden. Berühmt ist das Städtchen vor allem für diese romanische Stiftskirche, eines der markantesten Bauwerke aus der Zeit der Ottonen. (Dumont)

Blick von Südosten

Blick von Südosten

Die Stiftskirche in Gemrode gilt in ihrer künstlerischen Einzigartigkeit als eines der bedeutendsten Zeugnisse ottonischer Architektur in Deutschland. Das Frauenstift wurde im Jahr 959 von Markgraf Gero. Feldherr von Otto 1. dem Großen, auf dem Gelände seiner Burg am nördlichen Rand des Harzes gegründet, und ist nach einem Märtyrer, der den Teufel gebändigt haben soll, benannt. Gero wurde 965 im Querhaus der dreischiffigcn Basilika bestattet. Der Gründungsbau, eine flachgedeckte kreuzförmige Emporenbasilika mit drei Ostapsiden, ist im Wesentlichen erhalten. Der Westbau wurde im 12. Jahrhundert ergänzt.

Westbau

Westbau

Nach der Auflösung des Stifts ließ der preußische Konservator Ferdinand von Quast im 19. Jahrhundert die Kirche grundlegend restaurieren und farbig gestalten.
Wiederhergestellt wurde auch die Wandmalerei der Apsis und die ungewöhnlichen Langhausemporen. Beide beweisen byzantinischen Einfluss, der wohl auf Theophanu, die aus Byzanz stammende Gattin Ottos II., zurückgeht.
Der Innenraum wird bestimmt durch die flache Holzbalkendecke und die rhythmische Gliederung durch Stützenwechsel im Untergeschoss.

Ostapsis - Langhaus 
mit Stützenwechsel (einfacher oder rheinischer) Säulen und Pfeiler wechseln einander ab. Dazu Blattwerk an Kapitellen und Dreieck
Langhausempore - um 1000 im byzantinischen Stil mit Doppelbögen über den 2x12 Fensternischen

Ostapsis - Langhaus
mit Stützenwechsel (einfacher oder rheinischer) Säulen und Pfeiler wechseln einander ab. Dazu Blattwerk an Kapitellen und Dreieck
Langhausempore - um 1000 im byzantinischen Stil mit Doppelbögen über den 2x12 Fensternischen

Ostkrypta - um 960 älteste dreischiffige Krypta nördlich der Alpen mit Nische für die Reliquie des Heiligen Cyriakus

Ostkrypta - um 960 älteste dreischiffige Krypta nördlich der Alpen mit Nische für die Reliquie des Heiligen Cyriakus

Westapsis - 
um 1180 erweitert für Friedrich I. Barbarossa - Gestaltung und Ausmalung um 1870 von Ferdinand von Quast mit Weltgericht Mt 25 und Darstellung der Askanier

Westapsis -
um 1180 erweitert für Friedrich I. Barbarossa - Gestaltung und Ausmalung um 1870 von Ferdinand von Quast mit Weltgericht Mt 25 und Darstellung der Askanier

Westkrypta - um 1000 - erweitert um 1180 mit 2 Säulenreihen mit Kapitel und Kreuzgratgewölbe

Westkrypta - um 1000 - erweitert um 1180 mit 2 Säulenreihen mit Kapitel und Kreuzgratgewölbe

Im südlichen Seitenschiff der Stiftskirche findet man die wohl älteste erhaltene Nachbildung des Heiligen Grabes von Jerusalem (11. Jh.) in Deutschland. Die Heilige-Grab-Anlage ist in eine Vor- und eine Grabkammer geteilt. Die Außenwände tragen reichen plastischen Schmuck in Form gegossener Stuckreliefs und ornamentales Rankenwerk in Hausteintechnik und erinnern in ihrer Art an ottonische Reliquienkästchen. Während die Vorkammer innen schmucklos gehalten ist, beeindrucken die in Stuck gegossenen und angetragenen Figuren in den Nischen der Grabkammer. Für das historische Erscheinungsbild von großer Bedeutung ist die für das 11. Jahrhundert seltene Farbfassung der Stückarbeiten und Steinoberflächen. Das ikonographische Programm der Darstellungen bezieht sich - bis auf die Christusfigur über der Tür des Heiligen Grabes auf den Osterfestkreis. Die Grabanlage spielt eine zentrale Rolle beim jährlichen Gemroder Osterspiel, welches bis heute der Anleitung aus dem 11. Jh. folgt.

Nachbildung des Heiligen Grabes von Jerusalem (11. Jh.)

Nachbildung des Heiligen Grabes von Jerusalem (11. Jh.)

Es gibt viele Details an und in der Stiftskirche zu entdecken

An der südlichen Seite befindet sich ein zweistöckiger Wandelgang mit interesanten Säulenpaaren.

Südflanke von St. Cyriakus

Südflanke von St. Cyriakus

leider kann man nur in den unetren Wandelgang gelangen

leider kann man nur in den unetren Wandelgang gelangen

© Herbert S., 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Hexen umflogen und von Literaten beschrieben, vom Bergbau ernährt und von Naturenthusiasten geschätzt - das ist der Harz, die bewaldete Mittelgebirgsinsel im Herzen Deutschlands. Aber nicht nur Naturliebhaber kommen auf ihre Kosten, denn der Harz ist eines der burgenreichsten Gebiete Deutschlands und beheimatet zahlreiche schmucke Fachwerkstädte, Schlösser und Klöster.
Details:
Aufbruch: 24.04.2019
Dauer: 13 Tage
Heimkehr: 06.05.2019
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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