Fachwerk und Romanik im Nordharz

Reisezeit: April / Mai 2019  |  von Herbert S.

Quedlinburg: Quedlinburg - Altstadt

Im Schatten des Schlossbergs entwickelt sich eine bedeutende Kaufmannssiedlung, die schon 994 unter Otto III. Markt-, Münz- und Zollrecht erhält. Nach dem Ende der ottonischen Kaisermacht 1024 übt das reiche Frauenstift noch jahrhundertelang die Herrschaft über die Stadt zu ihren Füßen aus, gegen zunehmenden, aber lange erfolglosen Widerstand der Bürger. (Dumont)

Wir steigen hinab in die Stadt

Wir steigen hinab in die Stadt

Der Weg führt fast ununterbrochen an Fachwerk aus dem 15. bis 19. Jh. vorbei. Die Lange Gasse geht über in die Hohe Straße, wo wir bald rechts in die Blasiistraße einschwenken.

Die Blasiikirche gehört zur kleinsten und wohl auch ältesten Pfarre der Stadt.
Zwischen den spätromantischen Doppeltürmen sind noch Reste einer um 1000 entstandenen Dorfkirche vorhanden.
Im 13. Jh. als dreischiffige, flachgedeckte gotische Basilika neugebaut, wurde parallel der romanische Turm um ein Stockwerk erhöht.
Von 1714-1717 wurde wiederum ein Neubau in Angriff genommen, diesmal mit neuem Langhaus als gestrecktes Oktogon unter dem Einfluss des oberitalienischen Barock.

Der Innenraum wird geprägt durch die den Wänden an drei Seiten vorgelagerten, in warmen Naturholz belassenen Emporen, die auch den Orgelprospekt mit einbeziehen. Aus dem gleichen gebeizten Fichtenholz sind auch die schlichten Priechen des Langhauses.
Einen farbenfrohen Kontrast dazu bildet der Altar mit integrierter Kanzel.

Ganz in der Nähe liegt das in seiner Art bisher einzige Fachwerkmuseum. Es ist wohl das älteste Fachwerk der Stadt und in einem Hochständerbau aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts untergebracht. Die Ständer umstellen den Hauskörper ungeteilt vom Sockel bzw. von der Grundschwelle bis zum Dach. Durch die Ständer hindurch sind Deckenbalken "geschossen", die das Haus in zwei Geschosse unterteilen. Herausragende Zapfen mit Holzsplinten sichern gegen Zug- und Schubkräfte.
Leider ist das Museum heute geschlossen.

Bald sind wir am Marktplatz, auf dem heute Markt stattfindet.

Das 1310 erstmals erwähnte Rathaus verdankt seine heutige Erscheinung einem Umbau von 1616, bei dem auch das prunkvolle Renaissanceportal vorgesetzt wurde. Im Inneren sind besonders die Glasmalereien im Treppenhaus und Wandgemälde im Festsaal sehenswert, beide um 1900 entstanden.

der 1477 zerstörte steinerne Roland wurde 1869 wieder errichtet und steht an der Marktfassade neben der Freitreppe

der 1477 zerstörte steinerne Roland wurde 1869 wieder errichtet und steht an der Marktfassade neben der Freitreppe

fachwerkensemble am Marktplatz

fachwerkensemble am Marktplatz

Rathaus Seitenfassade

Rathaus Seitenfassade

Hinter dem Rathaus erhebt sich die einst wichtigste Bürgerkirche der Stadt aus dem 13. Jh.. Zwei spätgotische Flügelaltäre, die Kanzel von 1595 und der Hochaltar von 1700 stellen bedeutende Schnitzkunstwerke dar.

Entlang der Marktstraße geht es zum Kornmarkt, an den mit der Ratswaage, der Adlerapotheke (beide um 1615) und dem Salfeldtschen Palais (1737) drei schmucke Gebäude gren-

Adler-Apotheke

Adler-Apotheke

Beim Übergang der Alt- zur Neustadt fällt uns noch ein fantastischer Jugenstilbau auf, den ich natürlich unter die Lupe nehemen muß.

Die Wipertikirche liegt etwas außerhalb der Stadt, aber wir hätten durchaus zu Fuß hingehen können, denn von unserem Parkplatz sind es nur wenige hundert Meter.
Entstanden im 10. Jh., wurde sie bis auf die Krypta 1148 durch die heutige Pfeilerbasilika ersetzt. Nach der Reformation 1539 wurden die evangelische Pfarrkirche und ihre Ausstattung in die Stiftskirche überführt, die Gemeinde zog 1812 nach, die Wipertikirche wurde an den benachbarten Gutshof verkauft und als Scheune genutzt. Dies änderte sich erst 1955, als das mittlerweile enteignete Gebäude einer katholischen Gemeinde übertragen und saniert wurde.

Dabei wurde auch das Marienportal, einziges Überbleibsel der Klosterkirche auf dem Münzberg, in die Südseite der Wipertikirche eingebaut.

Berühmtester Teil der Kirche ist die um das Jahr 1000 erbaute Krypta, ein kleiner, dreischiffiger Raum mit niedrigem Tonnengewölbe und einem schlichten Sandsteinaltar im Zentrum. Die Seitenschiffe, von Säulen und Pfeilern begrenzt, bilden dahinter einen Rundgang. Der Raum wirkt archaisch und geheimnisvoll.

Trotzdem ist es gut, dass wir gefahren sind, da ich nun an die Südseite der Stadt kommen kann, wo ich neben einem tollen alten unrestaurierten Gebäude noch ein Foto vom Panorama der Stadt machen kann.

An dem kleinen Wald voller Bärlauch machen wir dann unser Autopicknick, bevor wir nach Frose weiterfahren.

© Herbert S., 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Hexen umflogen und von Literaten beschrieben, vom Bergbau ernährt und von Naturenthusiasten geschätzt - das ist der Harz, die bewaldete Mittelgebirgsinsel im Herzen Deutschlands. Aber nicht nur Naturliebhaber kommen auf ihre Kosten, denn der Harz ist eines der burgenreichsten Gebiete Deutschlands und beheimatet zahlreiche schmucke Fachwerkstädte, Schlösser und Klöster.
Details:
Aufbruch: 24.04.2019
Dauer: 13 Tage
Heimkehr: 06.05.2019
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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