Canada und Alaska
Es geht zur nächsten Wilderness Lodge
Freitag, 1. Juni 2007
Seit langem klingelt uns heute wieder einmal der Wecker aus dem Bett. Da wir Big Creek verlassen und eine längere Fahrt vor uns haben, wollen wir die auch mal angehen.
Obwohl es langweilig wird es immer wieder zu erwähnen: Ein Blick zum Fenster hinaus zeigt uns einen blauen wolkenlosen Himmel. Ich glaube soviel Wetterglück haben wir in Canada noch nie gehabt.
Um acht gibt es das letzte Frühstück in der Lodge. Danach packen wir zusammen und räumen das Eagles Nest auf. Bei Joe begleichen wir die Rechnung und danach gibt es den grossen Abschied von Joe, Sabine und den beiden Mädchen. Nach drei Tagen haben wir das Gefühl, dass wir hier eine grosse Familie verlassen, zu der wir auch ein wenig gehören. Ein schönes Gefühl... In der grossen Scheune verabschieden wir uns von Steven und Werner und dann geht unsere nächste grosse Reise los.
Für die 50 Kilometer Fahrt auf der unbefestigten Piste benötigen wir fünfviertel Stunden. Ein Mal verfahren wir uns fast, da sich die Strasse gabelt, und wir uns nicht sicher sind, ob wir nun rechts oder links müssen. Dann kreuzen immer wieder Rehe unseren Weg. Acht an der Zahl. Doch der Höhepunkt erwartet uns kurz vor der Einfahrt in den Highway 20. Schon von weitem erblicke ich das dunkle Fellknäuel am Strassenrand und ich wundere mich, dass Jürg nicht die Geschwindigkeit drosselt. Erst im letzten Moment als ich verzweifelt rufe "halt an halt an - ein Bär!", wird er langsamer. Gemütlich trottet der Bär über die Strasse und verschwindet auf der anderen Seite in einer Senke. Die Zeit reicht um schöne Aufnahmen zu machen. Doch völlig entgeistert schaue ich Jürg an, warum er denn einfach weiterfahren wollte. Nun er dachte es sei eine Kuh... Ich kugle mich vor Lachen! Wir müssen unbedingt üben wie man Kühe von Bären unterscheidet. Jürg findet meinen Sarkasmus gar nicht lustig...
Auf dem Highway 20 geht es auf befestigter Strasse rasant Richtung Osten. Gegen Mittag erreichen wir die Zivilisation, was schon daran zu erkennen ist, dass wir wieder ein Handynetz haben! So rufe ich als erstes Vreneli an, um ihr mitzuteilen, dass wir trotz Wildnis noch am Leben sind. Sie kann es kaum glauben, dass wir seit Tagen schönstes Wetter und über dreissig Grad haben. In der Schweiz sei es grad mal fünf Grad verbunden mit Dauerregen. Die Flüsse führen Hochwasser, in Grindelwald ist eine Strasse gesperrt wegen Erdrutsch und Touristen mussten auf dem Jungfraujoch die Nacht verbringen. Das hört sich ja lustig an... Sonst gehe es aber allen gut und die Katzen geniessen die Anwesenheit von "Oma und Opa". Das kann ich mir vorstellen...
In Williams Lake kaufen wir uns Lebensmittel für die nächsten drei Mittagessen ein: Früchte, Babybel, Hüttenkäse und Mineralwasser. Nebenan im Liquor Store auch noch zwei Flaschen Wein.
Unsere Fahrt geht südwärts weiter auf dem Cariboo Highway bis nach Lac La Hache. Am See machen wir einen kurzen Halt und geniessen ein kleines Mittagessen. Lästige Mücken verderben uns aber die Freude am See, so dass wir schnell einmal wieder aufbrechen, den Highway verlassen und auf eine weitere unbefestigte Strasse abbiegen. Die 30 Kilometer zum Spout Lake sind weitaus angenehmer zu befahren, da die Strasse in besserem Zustand ist.
Hatten wir das Gefühl mit Big Creek ein Zuhause zu verlassen, so übermannt uns um zwei Uhr als wir die Ten-ee-ah Lodge erreichen, definitiv das Gefühl nach Hause zu kommen - in unsere schöne Schweizer Lodge, die wir zum vierten Mal besuchen.
Alles ist so wie wir es in Erinnerung hatten: man überquert einen kleinen Fluss und erreicht die grosse Wiese, welche von Wald umrandet ist. Vorne am See erblickt man die wunderschöne Lodge typisch erbaut im canadischen Log-Stil, Pferde weiden auf der Wiese und Hunde toben sich aus. Es ist so schön!
Und auch das gehört zur Tradition: betritt man die Lodge wird man bereits auf Mundart begrüsst - sogar auf Berndeutsch: Marc aus Adelboden arbeitet für eine Sommersaison in der Lodge und an der Bar sitzt Res aus Interlaken, der mit seinem Camper unterwegs ist. Wir werden herzlich willkommen geheißen!
Wir setzen uns an die Bar und erhalten etwas zu trinken. So haben wir Zeit schon viel zu erzählen woher wir kommen und was wir hier in Canada schon alles gesehen haben. Danach überreicht uns Marc den Schlüssel für unser Cabin und zeigt uns, welches Chalet für die nächsten 3 ½ Tage uns gehört.
Wie gewohnt ist die Lodge mehrheitlich durch Schweizer geführt, aber auch die Gäste kommen meistens aus unserem Land. Eine holländische Familie, die mit ihrer Kinderschar an unserem Cabin vorbeispaziert, ist da schon äußerst exotisch.
In Ruhe räumen wir unser Auto aus und das Cabin ein und nachdem das Pflichtprogramm erledigt ist, strahlt Jürg wie ein Maikäfer mit Blick zum Bootssteg. Endlich kann er seinem liebsten Hobby hier frönen, mit dem Boot über den See zu düsen. Also begeben wir uns hinunter an den See. Marc läuft uns grade über den Weg, so dass wir ihn informieren, dass wir ein Boot nehmen werden.
Während Jürg überprüft, welches Boot das beste ist und ob der Tank voll ist, kralle ich mir die Schwimmwesten und balanciere ins wackelige Boot. Jürg macht die Leinen los und gemütlich tuckern wir aus der kleinen Bucht über das Grünzeug, das gleich zu Beginn bis an die Oberfläche wächst und dann raus auf den See! Es ist einfach nur herrlich und Jürg strahlt wie ein Honigkuchenpferd! Wenn man manchmal zuhause so seine deprimierenden Tage hat und sich weit weg wünscht, dann ist es oft hierher: in die Ten-ee-ah Lodge auf den schönen Spout Lake.
Ein strahlend blauer Himmel mit ein paar wenigen weissen Puschelwolken begleiten unseren Weg. Der Fahrtwind pfeift uns kühlend um die Ohren. Die Welt ist einfach perfekt! Wir umkurven unsere geliebten kleinen Inselchen, besuchen hier und da eine der kleinen Buchten und fahren bis ganz ans Ende des Sees, wo wir am Horizont knapp ein paar Schneeberge erblicken. Wie gewohnt stellen wir dann den Motor ab und lassen uns gemütlich durch den See tümpeln. Die kleinen Wellen schaukeln uns langsam vor sich her und schlagen melodisch an die Bootswand. Hoch in der Luft erblicken wir Adler, die einsam ihre Kreise ziehen. Es ist einfach idyllisch!
Um halb fünf sind wir von unserer Bootstour zurück in der Lodge. Obwohl wir hohe Temperaturen haben, ist es im Cabin kühl. Fast zu kühl. So hackt Jürg draussen Holz und kommt mit einem Korb voll Holzschnitzel zurück um einzufeuern. Schon bald riecht es herrlich nach Harz und knistert romantisch im Cheminée, ein spezielles canadisches Feeling! Ich widme mich derweilen weniger romantischer Dinge und wasche mal von Hand unsere Unterwäsche, welche ich dann im Bad auf meiner Reisewäscheleine aufhänge.
Um halb sieben begeben wir uns zur Lodge. Das Abendessen wird draussen auf der Terrasse serviert, was wir bei unseren früheren Aufenthalten nur einmal erlebt haben. Es ist wunderschön hier draussen zu sitzen und auf den spiegelglatten See zu blicken mit der idyllischen Abendstimmung! Zur Vorspeise gibt es leckere Ravioli. Dann Braten mit Polenta und Lauchgemüse und zum Dessert drei Apfelküchlein. Es schmeckt alles hervorragend! Und die Ambiance ist nicht zu überbieten.
Nach dem Abendessen spazieren wir nochmals hinunter zum Bootssteg. Der völlig unbewegte See sieht aus wie ein Spiegel. Die Lodge, die dunklen Tannen rundherum, die Wolken, alles spiegelt sich gestochen scharf im Wasser. Ein Traum für jeden Fotografen!
Danach begeben wir uns zurück in unser Raven Cabin. Das Feuerchen knistert immer noch ein wenig im Cheminée und es ist angenehm warm. Bei Country Music (es lebe der iPod mit Boxen) lesen wir in unseren Romanen bis wir um zehn dann zu Bett gehen.
Aufbruch: | 17.05.2007 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 13.06.2007 |
Vereinigte Staaten