Urlaub 2010 in Südafrika
von Struis Bai nach Mossel Bai
Am Abend nahm ich mir vor, früh auf zu stehen und den Sonnenaufgang zu fotografieren. Dafür hatte ich mir den Wecker gestellt. Dieser Wecker tat auch brav seine Pflicht und holte mich früh aus dem Bett. Ich ging unter die Dusche, rasierte mich, putzte die Zähne. Als ich fertig war, stellte ich fest, dass der Wecker viel zu früh geklingelt hatte. Es war erst kurz nach 4.00 Uhr! Also bin ich wieder ins Bett gestiegen und habe weiter geschlummert. Kurz vor Sonnenaufgang bin ich dann aufgestanden und mit dem Auto allein zum Strand gefahren. K schlief noch weiter und verpasste einen herrlichen Morgen. Die Wolken am tief blauen Himmel färbten sich langsam rot. Über dem Meer wurde es immer heller, doch die Sonne war noch immer hinter dem Horizont verborgen. Ein paar wunderschöne Möwen ließen sich angeschwemmte Muscheln schmecken, während ich dem Konzert der Singvögel lauschte. Es gab keinen Wind und der Ozean war vollkommen ruhig und glatt wie ein Spiegel. Während ich noch die Singvögel und die Möwen filmte, kam ein Mann mit einem Plastikeimer auf mich zu. Nur ein paar Schritte entfernt, hob er ein mir unbekanntes Schalentier vom Strand auf, schnitt es mit seinem Messer auf und holte wunderschönes Fleisch heraus, welches die Form und die Farbe einer geschälten Klementine hatte. Dieses Fleisch steckte er in eine Plastiktüte und verbarg die Tüte in dem Plastikeimer. Ich fragte ihn, was er da aus Meer geholt habe. Er antwortete nicht, sondern hob ein zweites Schalentier auf und zeigte mir die Prozedur erneut. Mit der Kamera hielt ich die Szene fest. Bei dieser Aktion schnitt er sich beinah in den Finger, weil sein Messer so stumpf war, dass er abrutschte. Es war ein Frühstücksmesser aus einem billigen Hotel, mit dem sicher schon tausende Gäste ihre Marmeladenstullen bestrichen hatten. Trotzdem schaffte es der Mann, das harte Schalentier zu öffnen, ohne sich selbst dabei um zu bringen. Wieder holte er das Fleisch des Tieres aus der Schale und erzählte mir, dass er es als Köder zum Angeln verwenden würde. Dabei lachte er und zeigte mir eine riesige Zahnlücke. Alle vier oberen Schneidezähne fehlten. Während er ein weiteres Schalentier aufschnitt, schaute ich auf seine Schuhe. Sie waren an der Ferse oft geflickt und bestanden beinahe aus mehr Nähten und Garn, als aus Leder. Noch während ich filmte, fragte ich ihn nach seinem Namen. Mit seiner Zahnlücke konnte ich ihn nur schwer verstehen, doch glaube ich, dass er Rolf gesagt hat. Der ärmliche Fischer tat mir leid und so griff ich in die Hosentasche und gab ihm einen 100 Rand Schein, mit der Bemerkung, dass er sich ein neues Messer kaufen möge. Er steckte das Geld ungerührt weg und verlangte noch einen Schein für seine Frau. In diesem Moment hasste ich mich Selbst für meine Dummheit. Am liebsten hätte ich ihm für diese Frechheit den Schein wieder weggenommen. Doch dann sah ich noch einmal auf seine Schuhe und verabschiedete mich von ihm. Mit herrlichen Aufnahmen in der Kamera fuhr ich zu unserem Gasthaus und ging mit K Frühstücken. Das Buffett war eine Wucht! Es war reichhaltiger als in jedem Hotel. Es gab frische Croissants, Muffins, Käse, Wurst, selbst gemachte Marmelade, Quark, frische Früchte wie z. B. Annans, Äpfel, Apfelsinen, eingelegte Kirschen und eingelegte Annanas und Vieles mehr. Pauletta brachte mir Tee und für K einen richtigen Filterkaffee. Es war der erste Kaffee, der ihr wirklich schmeckte. Allein dafür hätte sie Pauletta wohl gern umarmt. Nach dem wir mit dem Essen fertig waren, fragte Pauletta, ob sie den jetzt das Frühstück servieren dürfe, und wie wir unsere Eier wünschten. Wir schauten uns ein wenig verdutzt an und bestellten die Eier als Spiegelei. Eigentlich waren wir schon satt, aber so ein kleines Ei ging sicher noch rein. Nur wenig später kam Pauletta mit riesigen Tellern. Darauf lagen zwei gebratene Eier, zwei gebratenen Schinken, Apfelsinenscheiben, mit Käse überbackene Tomaten und zwei große gebratenen Rinderwürste. Das Ganze war mit Liebe zum Detail angerichtet und sah mit den darüber gestreuten Kräutern herrlich aus. Außer dem dazu gehörigen Schälchen mit dem geriebenen Käse ließen wir fast nichts stehen, es schmeckte hervorragend. Nach dieser reichhaltigen Mahlzeit bezahlten wir die Rechnung für die Übernachtung und das Frühstück 500 Rand im Mermaid Guest House, Struisbaai.
Von Struis Bai bis zum Cape Agulhas war es nicht weit. Wir parkten unser Auto in der Lighthouse Street und gingen erst einmal geradewegs zum Strand. Dort entdeckten wir eine steinzeitliche Fischfalle, die hier seit vielen tausend Jahren immer noch Fische fing. An diesem Strand fanden wir weitere Kelbstränge. Eine dieser Algen war mehr als sechs Meter lang und hätte sicher eine herrliche Seabamboo abgegeben. Doch sie war einfach zu groß für unseren Kofferraum. Zu Fuss betraten wir den winzigen Agulhas Nationalpark. Weil die Touristen nicht die Pflanzen zertrampeln sollen, hat man extra einen Steg aus Holz zum Kap gebaut. Wir folgten diesem Steg bis an sein Ende und standen nach kurzem Marsch endlich am südlichsten Punkt Afrikas. Wir schauten über das Meer und versuchten uns vor zu stellen, wie lange man wohl von hier bis zur Antarktis schwimmen müsste. Während wir noch schauten, entdeckten wir weit draußen erneut Wale. Sie waren noch weiter entfernt, als in De Kelders, jedoch immer noch gut an ihrer Atemfontaine zu erkennen. Etwas näher auf einem Felsen, saß ein Pinguin. Schnell zückte ich die Kamera und filmte ihn. (Als wir am Abend die Bilder sichteten, stellten wir fest, dass auf dem Felsen ein Kormoran saß.) Nach dem wir die Stelle, an der Atlantik und Indischer Ozean zusammen stoßen, genügend bewundert hatten, fuhren wir erst einmal tanken. Wir waren bis jetzt etwa 500 Kilometer gefahren und bezahlten für diese Tankfüllung nur wenig über 200 Rand. Der Service an der Tankstelle war ungewohnt aber nicht unangenehm. Debbi und ihre Kollegen nahmen uns jeden Handgriff ab. Sie putzten auch noch unsere Frontscheibe, obwohl die gar nicht dreckig war. Mit vollem Tank machten wir uns wieder auf den Weg. Unterwegs hielten wir an einer Wiese, auf der viele Paradiskraniche rasteten. Diese schönen Vögel musste unbedingt aufgenommen werden. Auf der Weiterfahrt kreuzte eine kleine Schildkröte unseren Weg. Wir wollten sie retten, doch ein Südafrikaner war schneller. Er hielt an und nahm das Tier von der Strasse. Wir hockten uns am Wiesenrand hin und filmten die Rettungsaktion. Doch die Schildkröte war vollkommen uneinsichtig und wollte nicht gerettet werden. Sie bestand darauf ihren Selbstmordversuch zu wiederholen und machte sich mit schnellen Schritten auf den Weg, zurück auf die Strasse. Wir konnten da nicht tatenlos zu schauen und brachten sie in einen Wassergraben, auf der anderen Strassenseite. Zum Abschied winkten wir der Schildkröte und machten uns wieder auf den Weg. Oft sahen wir Vögel am Strassenrand. Als wir ein paar schneeweiße Kuhreiher entdeckten, machten wir ein paar Fotos. Für K waren auch die Blumen am Strassenrand interessant. Später entdeckten wir erneut wilde Straussenvögel. Als sie uns entdeckten, suchten sie das Weite. Mit ihren schnellen Beinen waren sie schon bald ein ganzes Stück entfernt, doch der starke Zoom meiner Kamera holte sie zurück. Hinter Albertina hielten wir auf der N2 am Gourtis River auf einem Parkplatz. Wir wollten die Bungee Jumper sehen, wie sie sich am Seil in die Tiefe stürzten. Bis zur Brücke mussten wir vom Parkplatz noch ein Stück zu Fuss durch einen Agavenhain laufen. Diese Aloe-Agaven waren riesig und sehr stachelig. Sie überragten uns um mehr als einen Meter. Als wir die Brücke erreichten, waren wir ein wenig enttäuscht. Niemand wollte an diesem Tag von der Brücke springen. Wir spekulierten, ob dem Veranstalter das Seil gerissen war, oder ob es daran lag, dass wir an einem Sonntag an der Brücke waren. Wir bekamen es nicht heraus, warum die Jumper nicht jumpten und fuhren weiter. Über Heidelberg gelangten wir nach Mossel Bai. Dort suchten wir die Touristinformation und stellten fest, dass sie sonntags geschlossen ist. Wieder standen wir vor dem Problem, dass wir keine Bleibe für die Nacht hatten. Bis auf eine betrunkene Gestalt auf einem frisch gemähten Rasen, sahen wir keinen Menschen, den wir fragen konnten. So fuhren wir einfach durch die Stadt und achteten auf jedes Schild. Irgendwo musste es doch einen Hinweis auf ein Hotel oder ein Gästezimmer geben. An einer Strasse sahen wir wieder ein kleines braunes Schild mit der Aufschrift B & B. Endlich fiel bei mir der Groschen! Bed and Breakfast !!! Wir parkten vor dem unscheinbaren Haus und klingelten am vergitterten Tor. Eine schwarze Frau öffnete und führte uns herein. Sie zeigte uns ein herrschaftliches Zimmer, das wir so nicht in diesem unscheinbaren Haus vermutet hätten. Der koloniale Stil gefiel uns und der Preis für die Nacht sagte uns ebenfalls zu. Im Bad stand eine riesige, nagelneue Wanne. Es gab zusätzlich eine Dusche und ein Waschbecken mit zwei Seifenspendern. An der Wand hingen frische Handtücher und ein riesiger Spiegel machte das Bad komplett. Es war sicher erst vor kurzem neu gefliest worden und so wollten wir die schöne Wanne später unbedingt auch benutzen. Doch zuerst erforschten wir Mossel Bai zu Fuss. Wir gingen nur wenige Schritte in Richtung Meer, als wir ein paar dunklen Gestalten begegneten. Wir wollten es nicht darauf an kommen lassen und drehten wieder um. Mit dem Auto fuhren wir dann zum Meer und parkten neben anderen Touristenkarrossen. Der ausgebaute Weg an der Küste erschien uns sicher. Familien schlenderten hier mit ihren Kindern und ein paar Angler holten sich ihr Abendessen aus dem Meer. Wir beobachteten einen Jungen, der gerade einen kleinen Hai gefangen hatte. Schnell zückte ich die Kamera. Der Junge sah mich mit der Kamera und brachte den Hai direkt zu uns. Dann legte er den Hai vorsichtig auf einen Stein und öffnete ihm das Maul. Seine Bewegung war routiniert und es sah so aus, als hätte er schon hundert Mal einem Hai das Maul geöffnet. Vorsichtig griff er hinein und holte einen Haken heraus. Dann entließ er ihn wieder in den Ozean. K hatte wohl nicht gesehen, dass dieser Fisch ein Hai war und fragte, warum er ihn wieder in das Wasser setzte. Möglich, dass sie an eine wohlschmeckende Malzeit dachte. Der Junge erzählte mir, dass dieser Haken ein alter Haken war. Seinen eigenen Haken hatte er kurz vor unserem Eintreffen bereits entfernt. Es ist wohl so, dass dieser Hai gelernt hat, den Anglern die Köder vom Haken zu schnappen. Dass dabei auch schon mal ein Haken in seinem Maul hängen bleibt, ist ihm anscheinend gleichgültig. Typisch Hai !! Wir waren noch ganz aufgeregt über diese Begegnung, als nur wenig später eine Robbe aus dem Wasser sprang um gleich wieder ein zu tauchen. Wir rissen unsere Apparate aus der Tasche und warteten auf einen erneuten Sprung. Für den Fotoapparat waren die Robben zu schnell, doch mit der Videokamera schaffte ich es, die Robben ein zu fangen. Wir konnten unser Glück nicht fassen, springende Robben nur wenige Meter vom Ufer entfernt. Als sei das noch nicht genug, kam aus der großen Mossel Bai Bucht eine Schule Delfine. Sie schwammen erst direkt auf uns zu und dann an der Küste entlang, nur wenige Meter neben uns, in den Ozean. Fassungslos standen wir am Ufer und schauten ihnen hinterher. Da kam auch schon die nächste Schule und nahm den gleichen Weg. Diese Gruppe bestand aus noch mehr Delfinen. Wir gingen ein wenig näher an das Wasser heran und hielten immer nur drauf. Immer wieder tauchten die Delfine auf, und atmeten, in weniger als einer Sekunde, aus und wieder ein, um dann wieder ab zu tauchen. Es war unmöglich sie zu zählen, es waren einfach zu Viele, bestimmt Hunderte! Wir schauten ihnen lange hinterher und machten uns langsam auf den Heimweg, weil die Sonne schon sehr tief am Horizont stand. Auf dem Rückweg sahen wir die dritte Delfinschule aus der Bucht kommen. Ein alter Südafrikaner saß vor uns auf einem Stein am Ufer. Er schaute nur ein einziges Mal gelangweilt hin. Diese Delfine waren wohl ein zu alltäglicher Anblick für ihn. Wir hingegen ließen auch dieses Mal die Kamera surren. Kurz nach Sonnenuntergang waren wir wieder in unserer Herberge. Kaum angekommen ließen wir heißes Wasser in die Wanne und stiegen gemeinsam hinein. Wie zwei gekochte Hühner saßen wir da drin und genossen die Wärme.
Aufbruch: | 02.09.2010 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 21.09.2010 |