Namibia - zum ersten Mal in Afrika
die berühmten Dünen von Sossusvlei
Freitag, 3. August 2012
Es war eine kühle Nacht! Gott sei Dank war ich in meinem kuschelig warmen Schlafsack und schlief herrlich. Um sechs Uhr wird es draussen laut. Ein Auto nach dem anderen fährt hinter unserem Zelt vorbei. Man will sich ein tolles Erlebnis zu Gemüte führen: Sonnenaufgang in den Sanddünen.
Da ich jetzt schon mal wach bin, begebe ich mich vors Zelt. Der Himmel ist bewölkt. Das wird wohl nichts werden mit dem aufregenden Erlebnis...
Um halb sieben wird es langsam heller und der graue Himmel zeigt einzelne Risse, die Hoffnung bringen, dass wir heute die Sonne doch noch mal sehen werden.
Am Vorabend haben wir an der Rezeption noch ein Frühstückpäckli abholen können. Im Zelt von Mäthu und Eva ist es noch ruhig. So kochen wir unseren ersten Kaffee. Die Aussicht ist wirklich grandios - die weite Savanne eingerahmt von den malerischen Wüstenberge. Einfach herrlich!
In frischer Natur geniessen wir das Frühstück auf unserer Terrasse und beobachten das Erwachen des schönen Morgens.
Irgendwann gesellt sich auch Mäthu zu uns. Eva fühlt sich noch nicht so gut. Sie werden die Dünen ein wenig später besuchen, wir sollen doch schon mal fahren. Und das tun wir auch.
Um neun Uhr starten wir mit unserer Tour zu einem der schönsten Flecken Namibias: zu den berühmten Dünen von Sossusveil. Am Eingang des Parks müssen wir eine Eintrittsgebühr zahlen, dann kann es los gehen und - wir können es kaum glauben - auf einer geteerten Strasse! Also mal zum Mitschreiben: Egal von welcher Richtung man hierher kommt, man fährt mindestens 250 Kilometer über unbefestigte Strassen und dann ist die 65 Kilometer lange Zufahrtsstrasse geteert! Wem wohl das eingefallen ist! Aber wir nehmen was wir kriegen und geniessen die Fahrt über den gefühlten "roten Teppich".
Die Anfahrt beginnt malerisch entlang eines Trockenflussbettes. Nach einigen Kilometern erreichen wir den Aussichtspunkt Sossuspoort und haben einen herrlichen Blick über die wunderbare Dünen- und Berglandschaft. Die Wolken lassen zudem immer mehr Lücken zu und so beginnt die Sonne wie Scheinwerfer verschiedene Gebiete anzustrahlen, was einmalig aussieht.
Auch Tiere erblicken wir immer wieder. Mal sind es Springböcke, mal Strausse oder Oryxantilopen. Wir sehen aber auch in der Ferne mehrere Geier, die grad auf irgendwas herumpicken oder einen Schakal, der eine einsame Ebene durchquert. Autos sind nur wenige unterwegs und so haben wir alle Zeit der Welt zu halten, wo es uns grad gefällt um die Landschaft zu geniessen.
Lange begleiten uns rechterhand die ersten hohen Sanddünen und rechterhand ein Wüstental umrahmt von Bergen. Doch plötzlich begleiten uns auf beiden Seiten hohe Dünen, die in der aufkommenden Sonne immer mehr in ihrem roten Kleid erstrahlen.
Im Reiseführer lesen wir dass Sossus aus der Namibsprache kommt und "Blinder Fluss" bedeutet. Früher floss der Tsauchab River ins Meer. Doch nun blockiert der mächtige Dünengürtel seinen Lauf und somit verläuft das Wasser buchstäblich im Sand. Natürlich nur in der Regenzeit. Von Wasser ist jetzt weit und breit nichts zu sehen! Die Dünen zählen übrigens mit einer Höhe von bis zu 380 Meter zu den grössten der Erde.
Wir dringen immer tiefer in die wundervolle Dünenlandschaft und ich fotografiere mir die Finger wund, was meinen Göttergatten zu zahlreichen sarkastischen Äusserungen führt so à la: "nein, wir fotografieren schon wieder eine Düne? ... und nun noch eine ... wäre es nicht wieder mal an der Zeit eine Düne zu fotografieren?". Selbstverständlich lasse ich mich davon nicht beirren und ... fotografiere eine weitere Düne. Hat ja schliesslich genug davon...
Nach 45 Kilometern erreichen wir die berühmte Düne forty-five, die so ziemlich jeden Touristen zu einem Kletterversuch animiert. Auch uns! Und so knorzen wir barfuss schon bald die steile tiefrote Düne hinauf - selbstverständlich im bewährten Stil: zwei Schritte hoch, mindestens einen wieder zurück. Und es ist anstrengend - mordsanstrengend. So nach der Hälfte geben wir auf, schiessen unsere "wir waren da"-Fotos und geniessen dann das sportliche Springen hinunter, was weitaus einfacher geht als hinauf!
Nach weiteren höchst fotogenen Kilometern erreichen wir das Ende der befestigten Strasse. Ab hier darf man definitiv nur noch mit einem Allradfahrzeug weiterfahren und noch dies sei eine Herausforderung gemäss Reiseführer. Jürg ist wenig begeistert davon, dass man noch den Luftdruck der Reifen verringern müsse. Doch die Lösung ist auch vor Ort: es gibt einen Shuttlebus der uns für ein paar Namibiadollar zum Sossusveil bringt. Im offenen Jeep fahren wir über recht sandige Pisten. Unterwegs stecken mehrere Allradfahrzeuge fest und werden von anderen Touristen hilfreich aus dem tiefen Sand gezogen. Jürg sieht sich bestätigt, dass der Shuttlebus die bessere Idee war.
Nach 5 Kilometern erreichen wir den äussersten Punkt der Scenic Route. Wir sind umgeben von märchenhaften, tiefroten Sanddünen und überall erblicken wir sportliche Touris, die auf Kreten von hohen Sanddünen schweisstreibend herumklettern. Die Sonne hat in der Zwischenzeit die Wolken erfolgreich vertrieben. Das ist einerseits wunderschön, andererseits sind die Temperaturen ebenfalls massiv gestiegen, was um viertel vor zwölf deutlich zu spüren ist.
Wie viele andere Besucher machen auch wir uns auf den Weg zur berühmten Dead Vlei, obwohl wir eigentlich gar nicht wissen, was uns dort erwartet. Unser Reiseführer Mäthu fehlt uns! Lange wandern wir über - gott sei dank - nicht ganz so hohe Dünen, dieses Mal aber in Schuhen. Überall hat es Kameldornbüsche mit Stacheln. Da reinzutreten ist sicher nicht das höchste aller Gefühle... Ab und zu erblicken wir auch einsame Springböcke, die gemütlich durch die Wüste marschieren und sich wunderbar als Fotomotiv eignen.
Wir staunen über die kleine Völkerwanderung. Schon bald wähnen wir uns in Italien oder Spanien. Mehrere Reisegruppen scheinen da in der selben Hitzewelle zu baden wie wir.
Nach einem letzten steilen Aufstieg haben wir den Rand des Dead Vlei erreicht und erblicken in einem kilometerbreiten Tal eine Salzpfanne mit abgedörrten Bäumen, die wir Skelettfinger aus dem blendenden Weiss ragen. Was für ein Anblick! Lange sitzen wir im roten Sand und geniessen diesen Ausblick.
Ein wenig lockerer gehts zurück, da der Weg über die Dünen nun mehrheitlich in die Tiefe geht. Doch die Hitze setzt uns langsam zu und wir sind froh, genügend Wasser bei uns zu haben.
Für die Rückfahrt steht nun kein Jeep mehr da sondern ein Traktor mit einem riesigen Anhänger mit Bänken. Jegliche europäische Nationalität scheint darin vertreten zu sein. Doch die Fahrt geht noch nicht zurück sondern weiter in die Wüste hinein. Nach weiteren zehn Minuten erreichen wir ... wir können es kaum glauben ... einen See. Wir dürfen zwar nicht aussteigen sondern uns das Ganze nur vom Wagen aus ansehen. Aber es ist höchst eindrücklich.
Dann geht die Fahrt zurück zum Parkplatz. Die Geschwindigkeit ist atemberaubend. Ungefähr ein Viertel so schnell wie mit dem Jeep. Es ist zum Einschlafen und die Fahrt will und will nicht enden. Unterwegs sehen wir immer wieder Fahrzeuge, die im Sand stecken. Vier Leute versuchen einen KEA-Camper aus seiner misslichen Lage zu stossen. Ein kräfteraubendes Unterfangen... Und sogar unser riesiger Traktor, der wegen dem Camper ausweichen muss, bleibt fast stecken und kommt für eine Weile nur im Schritttempo weiter.
Endlich nach einer halben Ewigkeit erreichen wir hungrig und durstig unseren Parkplatz. Dort geniessen wir zuerst mal ein kleines Picknick und viel Wasser. Immer noch hoffen wir Mäthu und Eva zu treffen. Aber leider sehen wir sie nirgendwo.
Unsere Fahrt geht wieder langsam zurück. Natürlich halten wir ein paar weitere Male, Jürg beobachtet mit dem Feldstecher Tiere und ich ... richtig ... fotografiere noch ein paar Dünen, schliesslich leuchten sie aufregend in der nachmittäglichen Sonne.
Wir erleben aber noch eine lustige Geschichte. Auf der Parkstrasse darf strikt nur 60 Stundenkilometer gefahren werden. Am Morgen haben wir auf der anderen Seite mal noch eine Radaranlage entdeckt. So bummeln wir seriös mit 60 Km/h und werden prompt von einem Hummeldumm-Reisebus rasant überholt. Ein paar Kilometer weiter steht der Bus dann plötzlich auf der Strasse und hinten - mitten auf der Strasse - kauern mehrere Damen mit den Hosen in der Kniekehle und verrichten ihr Geschäft. Wir platzen fast vor Lachen und sehen beim Überholen der Damen doch eine gewisse Peinlichkeit auf ihren Gesichtern...
Wie nicht anders zu erwarten, überholt uns der Bus nach ein paar weiteren Kilometern wieder im Affentempo. Doch der Höhepunkt des Tages kommt kurz vor dem Ausgang: die Radaranlage ist prompt in Betrieb und der Bus steht dahinter am Strassenrand. Ein genervter Chauffeur ist grad am Diskutieren mit einer Polizistin. Also beherrscht ein zweites Mal ein breites Grinsen unser Gesicht und wir fahren winkend vorbei... Was für ein schöner Tag...
Um zwei Uhr sind wir zurück in Sesriem und wollen als erstes unser Auto volltanken. Und wen treffen wir dort? Eva und Mäthu, welche auch bereits vom Besuch der Dünen zurück sind. Irgendwie haben wir uns verpasst. Grad wollen wir die Beiden mit unserem Erlebnis über den Hummeldumm-Bus erfreuen als Eva zähneknirschend meint, sie hätte ebenfalls eine Busse eingefangen. Man hat sie mit 74 km/h erwischt und das kostete die Kleinigkeit von 350 Namibiadollar. Aber sie nimmt das mit Humor und so lachen wir gemeinsam über alles.
Das Abendessen wird heute wieder selber gekocht. Mäthu und Eva haben beim Desert Camp Fleisch zum Grillieren bestellt. Jürg und ich haben darauf verzichtet, da wir dem Fleisch nicht wirklich trauen. Und so gibt es für uns wieder mal Wiener Würstchen. Zudem haben wir noch unsere Pfirsiche und Erbsen. Ein kulinarischer Höhepunkt...
Um drei Uhr sind wir zurück in unseren Zelten. Es wird ein gemütlicher Nachmittag mit Lesen, Plaudern, dazu ein Bierchen geniessen oder sonstigem Relaxen. Jürg und ich möchten gerne noch bei Tageslicht essen. Da Mäthu und Eva ihr Fleisch erst nach sechs Uhr erhalten, gibt es ein getrenntes Abendessen. Wir kochen unsere Wienerli und Erbsen und verschönern alles mit den Pfirsichen. Dazu gibt es ein feines Glas Wein. Der Ausblick in die wunderbare Umgebung ist einfach himmlisch. Solche Abendessen sind unvergesslich!
Doch der Höhepunkt des Tages ist der Sonnenuntergang. Im leichten Dunst versinkt sie als farbenfrohe riesige Kugel. Zuerst tiefrot, dann violett und pink. Dazu die typisch afrikanischen Bäume als Vordergrund. Es ist out of africa pur und wäre schon bald kitschig, wenn man es zuhause als Foto betrachten würde. Doch es ist Wirklichkeit und wir geniessen jeden Moment dieses afrikanischen Wintermärchens.
Als es dunkel ist, erhalten auch Mäthu und Eva ihr Abendessen. Sie haben Oryx bestellt und sind fleissig am Grillieren. Da es ziemlich viel gab, dürfen auch wir noch das Fleisch probieren und müssen gestehen, dass es hervorragend schmeckt.
Plötzlich ertönt ein lautes Jaulen und als Jürg mit seiner Taschenlampe in die Steppe leuchtet, blitzen Augen geheimnisvoll auf und verschwinden wieder.
Zusammen geniessen wir noch ein Glas Wein, dann kehren wir zurück in unser Zelt. Wir stellen die Campinglampe ein und sitzen noch lange draussen und lesen. Jedenfalls so lange bis ein frischer Wind aufkommt und unsere Lampe den Geist aufgibt. Sossusveil ist ein wunderschöner Ort und wir werden noch lange davon träumen.
Aufbruch: | 22.07.2012 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 14.08.2012 |