Namibia - zum ersten Mal in Afrika
am Fish River Canyon
Freitag, 27. Juli 2012
Die Nacht war ein wenig unruhig - jedenfalls für mich. In meinen Gedanken wimmelte es im Strohdach von unfreundlichen Insekten und das Rascheln und Knacksen, das ab und zu ertönte, unterstrich diese Fantasie sehr realistisch. Doch es krabbelte mir nichts übers Gesicht und die Müdigkeit warf auch mich irgendwann in den verdienten Schlaf.
Da es hier keine Heizung gibt und die Nächte doch sehr kühl werden, entschieden wir uns schnell für unseren Schlafsack, was sich als gute Idee herausstellte. So gemütlich die Cabins auch sind, fehlen uns Zivilisationsgeschädigten die Stromdose um all unsere Geräte aufzuladen oder Fränzchen am Morgen seinen Föhn zu benutzen. Doch ich kann vermelden, wir haben es überlebt...
Der Morgen ist wunderbar. Die Sonne geht gerade auf und verwandelt die Natur in ein herrliches Farbenmeer. Immer wieder begeistert mich das helle Savannengras, das in der aufgehenden Sonne wie in Gold gegossen aussieht. Die Luft ist klar und kühl und ich spaziere mit meiner Kamera bewaffnet herum um all die wunderbaren Bilder auf ewig zu bannen.
Auch unser Gastgeber Hendrik ist schon auf den Beinen und wirbelt in der Küche herum. Er bereitet unser Frühstück zu. Schon bald sitzen wir wieder in unserem persönlichen Restaurant und geniessen die Omeletten, die Hendrik für uns zubereitet hat. Sie schmecken hervorragend.
Um viertel nach neun wollen wir weiterfahren. Mäthu und Eva sind schon unterwegs zur Rezeption um auszuchecken als wir feststellen, dass unser Suzuki ein Problem hat. Wir können das Auto nicht anlassen. Wir haben zwar Strom, aber wenn wir den Schlüssel drehen, passiert nichts. Na super... Wir üben und üben ... nada! In Gedanken sehen wir uns schon gestrandet als wir es optimistisch noch einmal versuchen und ... plötzlich klappts. In der Zwischenzeit ist auch Mäthu wieder zurückgefahren um zu schauen, was mit uns los ist. Wir können es nicht erklären. Der Suzuki hat ein recht futuristisches Schlüsselsystem. Wenn man sich mit dem Autoschlüssel nähert, öffnet das Schloss automatisch. Ob damit verbunden eine uns nicht bekannte Diebstahlsicherung gibt? Keine Ahnung ... wir sind nur froh, dass der Wagen wieder katzenmässig vor sich hinschnurrt.
Wir fahren zurück zur B1 und gelangen schnell einmal nach Keetmanshoop. Dort ist es an der Zeit wieder die Vorräte und den Tank aufzufüllen. Beim Spar werden wir beim Parkieren sofort von einem Namibier angesprochen, dass er unser Auto bewachen werde. Dafür geben wir ihm ein paar Namibiadollar. Dann gehts ans Einkaufen. Wir brauchen wieder Wasser und Essen für unsere mittäglichen Picknicks sowie für unser Barbeque in zwei Tagen in der Namib Wüste. Der Service von Spar ist so eindrücklich, dass man uns die Tüten bis zum Auto trägt, natürlich mit einem entsprechenden Trinkgeld. In der Zwischenzeit bewachen bereits zwei Männer unsere Autos und so möchte auch noch Wächter Nummer 2 einen Obolus. Doch genug ist genug, wir verweisen ihn an seinen Kollegen, der schon alles erhalten hat. Für uns sind solche Situationen recht gewöhnungsbedürftig. Immerhin wissen wir aus Reiseführern, dass die Leute wirklich zu den Autos schauen, da es ihr Einkommen ist.
An der Hauptstrasse entdecken wir noch eine Tankstelle. Unser Wagen ist schnell gefüllt, jedoch braucht Mäthus Hillux immer eine halbe Ewigkeit, da ein Rückstau immer den Schlauch unterbricht. Also parken wir ein wenig ausserhalb der Tankstelle und warten. Rund um uns lungern recht komische Gestalten herum und wir erschrecken nicht schlecht als ein Besoffener lautstark um Geld bittet. Jürg reagiert entsprechend ebenso laut, so dass dieser zu Mäthu und Eva stakt und Eva dort auch noch entsprechend erschreckt.
Wir sind froh als wir Keetmanshoop verlassen können. Sie wird bis Ende unserer Ferien die schlechteste Erinnerung bleiben.
Unsere Fahrt geht weiter südwärts auf der B1. Nach 80 Kilometer verlassen wir die Hauptstrasse und biegen ab in die M28. Hier beginnt wieder unser unbefestigtes Abenteuer und schon bald entschwinden Mäthu und Eva in einer riesigen Staubwolke.
Die Landschaft ist wunderschön. Wüstenhafte Tafelberge begleiten uns auf der östlichen Seite und westlich blicken wir oftmals in eine unendliche Weite. Wir fahren entlang einer stillgelegten Eisenbahnstrecke, die wir immer wieder überqueren müssen. Da wir uns nicht sicher sind, ob die Strecke wirklich nicht mehr befahren wird, machen wir dies immer mit der notwendigen Vorsicht.
Als wir ein trockenes Flussbett überqueren, erblicken wir eine Pavian-Familie, die eilends das selbe tut. Immer wieder schalten wir einen Halt ein um die schöne Landschaft zu fotografieren. Eva liebt vor allem die ausgetrockneten Flussläufe und feiert dort ihrerseits Fotoorgien. Die Landschaft ist wirklich eindrücklich und als alte USA-Reisende erinnert sie uns frappant an die trockenen Gebiete der Wüsten Arizonas oder Nevadas.
Nach einer Stunde biegen wir ab auf die M97 Richtung Fish River Canyon. War die Schotterpiste bis anhin recht annehmbar, so dass man mit 80 - 100 Stundenkilometer fahren konnte, ändert sich dies hier. Rillen und Löcher rütteln uns im Auto herum wie in einem schlecht eingestellten Mixer und ab und zu kommt das Gefühl auf, dass uns bald das Fahrgestell überholt. Natürlich müssen wir unsere Geschwindigkeit entsprechend anpassen. Schilder warnen vor Tieren auf der Strasse und tatsächlich erblicken wir Strausse, Oryxantilopen und Springböcke. Wir lieben das!
Als wir ein paar Hügelzüge überquert haben, erblicken wir eine unglaubliche Weite vor uns. Sie ist atemberaubend. Wir erreichen das Hauptquartier des Fish River Nationalparks, wo wir uns eine Bewilligung kaufen. Sie kostet 170 Namibiadollar und wird uns von einer Angestellten überreicht, deren unfreundlichen Charme uns alle überwältigt.
Waren die letzten Kilometer recht rau, werden wir belehrt, dass es noch schlimmer werden kann. Die Piste rüttelt und schüttelt unser Auto herum wie wild und Jürg versucht immer wieder mit einem Wechsel der Spur eine angenehmere Seite zu finden. Auch der Lärmpegel im Auto ist entsprechend hoch und das Ganze fängt an richtig zu nerven.
Nach einer halben Ewigkeit erreichen wir endlich das Ende der Strasse und den Aussichtspunkt des Fish River Canyon. Dort stellen wir fest, dass auch Mäthu und Eva vom ganzen Gerüttel und Lärmpegel genervt sind. Wir sind doch noch nicht die gestählten Outdoorfreunde wie wir uns gerne sehen würden... Aber wir haben ja noch tausende von Kilometern vor uns um es zu werden!
Am Fish River Canyon finden wir ein modernes Gebäude mit einem einladenden Aussichtspunkt vor, wo man unter einem schützendem Strohdach wunderbar picknicken kann. Das entschädigt uns für alles. Der Ausblick in den Canyon hinein ist wunderbar und rundherum kann der Blick in eine unendliche Weite schweifen. Magisch!
Der Fish River Canyon ist mit einer Länge von 160 Kilometern, einer Breite von 27 Kilometern und einer Tiefe von 457 bis 549 Metern der drittgrösste Canyon der Welt. Grösser sind nur der amerikanische Grand Canyon und der mexikanische Cooper Canyon. Da wir bereits mehrere Male den Grand Canyon besucht haben, haut uns der Fish River Canyon sicher nicht grad aus den Schuhen, aber es ist ein schöner Ort.
Fast für uns alleine geniessen wir das mittägliche Picknick. Belagert werden wir von recht neugierigen schwarzen Vögeln, die sich natürlich ihren Anteil an der Mahlzeit erhoffen. Fleissig hüpft man auf dem Tisch herum und unterstreicht das Anliegen mit öfterem Kacken auf denselbigen. Auch bekommen wir Besuch einer kleineren Reisegruppe.
Mit den Autos fahren wir südlich auf einen Hügel hinauf. Doch die Fahrt ist so holprig, dass wir das unterwegs aufgeben und den Blick geniessen, der uns dort geboten wird. Gemächlich und mit wenig Wasser fliesst der Fish River grünlich um die vielen Felswände herum. Der Rundumblick füllt uns mit einem Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Es ist ein schöner Ort!
Eva unternimmt in der Zwischenzeit einen Spaziergang und als wir vom Hügel wieder hinunterfahren, steigt sie wieder zu. Die lange Fahrt zurück zum Hauptquartier des Nationalparks bietet uns wunderbare Blicke über die Weite der Wüste und lädt immer wieder zu Fotohalten ein. Doch wir sind froh als wir die wieder besser ausgebaute Strasse nach dem Hauptquartier erreichen.
Wir biegen in die Canon Lodge Road ein und nach ein paar Kilometern Fahrt durch ein wüstenhaftes Gebirge einerseits und einer herrlichen Ebene auf der anderen erreichen wir um vier Uhr eine Oase.
Wir trauen unseren Augen kaum. Alles ist wunderbar grün um die Lodge herum und ein abwechslungsreicher Kaktusgarten zusammen mit einem schönen Springbrunnen bilden einen herrlichen Garten. Wir werden mit einem Welcomedrink begrüsst und erhalten schnell die Schlüssel unserer Cabins.
Ein Angestellter führt uns durch die Lodge in einen kleines Wüstental mit grossen eindrücklichen Felsen. Dort befinden sich viele kleine Häuschen. Mäthu und Eva erhalten Nummer 19 und wir etwas oberhalb von ihnen Nummer 20. Auch hier sind die steinernen Häuser mit Strohdächern gedeckt, doch sie sind wunderschön eingerichtet und vor allem verfügen sie über Strom! Wir fühlen uns sofort zuhause.
Auf der kleinen Terrasse geniessen wir den Blick in das Tal hinein und fühlen uns wie in einem gallischen Dorf. Es fehlt wirklich nur Obelix, der mit dem Hinkelstein vorbei läuft. Da wir das höchst gelegene Häuschen sind, dürften wir also das Häuptlingspaar Majestix und Gutemine verkörpern. Zu lustig...
Neugierig bummeln wir durch die Hotelanlage. Alles ist so malerisch zwischen diesen grossen roten Felsen. Es gibt auch Pferde, die hier eine gewisse Freiheit geniessen dürfen. Und so rennen sie in Gruppen durch die staubige Wüste zwischen ihren Gehegen hindurch und sehen einfach nur herrlich aus.
Die Sonne schwebt langsam dem Horizont zu. Die umliegenden Felsen verfärben sich in die schönsten Rottöne. Da wir vom Haus aus die Sonne nicht sehen können, spazieren wir über die schön angelegten Wege in die Wüste hinein. Dort entdecken wir weitere Ferienhäuschen. Wir setzen uns auf einen schönen Felsen und geniessen den Blick in die untergehende Sonne. Es ist ein magischer Augenblick, den wir still für uns erleben.
Als die Sonne verschwunden ist, begeben wir uns zurück zu unserem Häuschen. Wir setzen uns draussen hin und geniessen mit einem Glas Wein und einem Bierchen die wundervolle Sundownertradition. Irgendwann setzt sich auch Mäthu zu uns und schliesst sich einem Bierchen an. Wieder beobachten wir wie die Nacht sehr langsam hereinbricht. Der rote Himmel wandelt sich in orange und gelb. Der helle Schimmer breitet sich wieder über dem Horizont aus bis das violett und dunkelblau der Nacht ihn langsam verdrängt. Und dann breitet sich wieder das Sternenzelt aus und wir erfreuen uns am Kreuz des Südens.
Um halb sieben verlässt uns Mäthu. Er und Eva haben eine Reservation im Restaurant. Jürg und ich sind nicht mehr hungrig und ziehen uns bald zurück ins Häuschen. Da wir hier eine Handyverbindung haben, senden wir Chrigel und Vreneli noch ein SMS, dass es uns gut geht und wir uns in Namibia äusserst wohl fühlen. Das war wiederum ein herrlicher Tag...
Aufbruch: | 22.07.2012 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 14.08.2012 |