Namibia - zum ersten Mal in Afrika

Reisezeit: Juli / August 2012  |  von Franzi S.

Kolmanskop und Lüderitz

Montag, 30. Juli 2012

Es wird eine unruhige Nacht. Der Sturmwind bläst ununterbrochen und immer lassen gewaltige Böen das Haus in seinen Grundfesten erzittern. Das Ganze ist wirklich eindrücklich!

Als wir am Morgen um acht aufstehen, sind Mäthu und Eva bereits am Frühstücken, da sie früher wach waren als wir. Wir haben ja am Vortag ein Paket erhalten mit unserem Frühstück. Jürg und ich entscheiden uns mutig zum Essen auf der Terrasse. Der Morgen ist unglaublich schön - kühl aber schön. Unser Häuschen liegt im Schatten der Berge, doch im wunderschönen Tal vertreiben die ersten Sonnenstrahlen langsam die Schatten der Nacht und lassen die Farben kraftvoll leuchten. Es ist magisch!

Morgenstimmung im Adlernest

Morgenstimmung im Adlernest

Wir legen uns warm an und setzen uns auf die Terrasse. Immer noch weht ein Wind, starke Böen rütteln am Haus, doch wir sind recht gut geschützt. Das Frühstück ist sehr grosszügig. Nebst Brot, Butter und Marmelade, hat es Fleisch, Käse, ein gekochtes Ei und Joghurt. Mit einer heissen Tasse Kaffee geniessen wir das Erwachen des Morgens und beobachten wie die Sonnenlinie sich immer mehr unserem Haus nähert.

Gemütliches Frühstück auf der Terrasse

Gemütliches Frühstück auf der Terrasse

bevor es weiter geht, werden noch die Autos überprüft

bevor es weiter geht, werden noch die Autos überprüft

Um viertel vor zehn verlassen wir unser wunderschönes Eagles Nest, was uns sehr schwer fällt. Wir haben uns in diesen Ort völlig verliebt. Doch unsere Fahrt geht weiter und so checken wir aus und fahren über diese weitläufige Ebene, die wir solange in Ruhe betrachten durften. Die wunderbaren Farben lassen uns immer wieder staunen.

Doch dies ändert sich! Wir gelangen immer mehr in den Einfluss des Atlantiks. Der blaue Himmel verabschiedet sich und graue Nebelschwaden überziehen alles. Auch die Landschaft geht in eine braun-graue Wüste über, die kaum Vegetation aufweist. Es wird öd! Zu unserer Linken begleitet uns immer die Bahnlinie. Irgendwann werden wir herausfinden, dass man hier wieder am Aufbauen ist. Der Zug soll in Zukunft wieder Windhoek - Keetmanshoop mit Lüderitz verbinden. Doch dies wird wohl noch eine Weile dauern.

die Gegend wird immer unwirtlicher je näher wir dem Meer kommen

die Gegend wird immer unwirtlicher je näher wir dem Meer kommen

Gegen elf Uhr erreichen wir eine berühmte Geisterstadt: Kolmanskop. Natürlich wollen wir uns das nicht entgehen lassen, es ist wichtiger Teil von Namibias Vergangenheit.

Kolmanskop entstand innerhalb von 2 Jahren mitten in der unwirtlichen Namibwüste. Der Boden barg Diamanten und davon wurden bis zum ersten Weltkrieg über 1 Tonne oder 5 Millionen Karat gefördert. Dann waren die Vorkommen erschöpft. Einst war diese Geisterstadt eine der fortschrittlichsten Siedlungen Afrikas. In den späten 1920er Jahren lebten hier über 350 Menschen - meist Deutsche. Es gab ein Krankenhaus, eine Bibliothek, ein Kasino, eine Turnhalle, eine Kegelbahn und Strom. Ein Luxus sondergleichen für diese Zeit.

Spaziergang durch die Geisterstadt

Spaziergang durch die Geisterstadt

Doch irgendwann um 1956 war die Zeit gekommen, die Siedlung zu verlassen und sie der harten Natur zu überlassen. Bevor der Ort 1980 geschützt wurde, wurde viel Material nach Lüderitz zum Häuserbau geschleppt oder Touristen nahmen sich Souvenirs mit. Heute bezahlt man Eintritt und darf dafür die im Sand versinkende Überreste in Ruhe anschauen. Ein namibisches Freilichtmuseum.

Als wir unsere Autos verlassen, stellen wir fest dass uns ein kalter Wind um die Ohren weht. Also alles angezogen, was verfügbar ist! Dann stapfen wir durch die hohen Sanddünen und schauen uns die langsam versinkenden Häuser an. Das besterhaltene Gebäude ist die grosse Turnhalle, die heute ein Museum beherbergt. Wir sehen viele Bilder und Geschichten aus der Zeit des Diamantenabbaus. Da sich hier ganze Familien ansiedelten, gab es ein richtiges gesellschaftliches Leben - eine deutsche Geschichte. Es ist sehr spannend und mit uns schauen sich auch viele andere Touristen Kolmanskop an.

Natürlich hat es auch einen Souvenirshop, der Diamanten anbietet. Mit einer entsprechenden Lupe können wir uns ein paar Exemplare mal von nahem anschauen, aber unser Ferienbudget lässt solch teure Souvenirs nicht wirklich zu. Neben dem Souvenirshop gibt es ein kleines Café. Dort geniessen wir englische Scones mit Butter und Confi, dazu einen heissen Cappuccino.

Aufwärmen im Café

Aufwärmen im Café

Gestärkt fahren wir weitere 20 Kilometer durch eine unglaublich unwirtliche Landschaft bis wir die ersten Anzeichen von Zivilisation erreichen. Lüderitz begrüsst uns wahrlich grau und unfreundlich. Nach den vergangenen Tagen, wo uns die Natur mit ihren Farben grenzenlos verwöhnt hat, sind wir schon ein wenig über den Kontrast schockiert.

Wir durchqueren Lüderitz und gelangen ans Meer. Grosse leerstehende Fabriken säumen die unbefestigte Strasse zu unserem Hotel, das etwas ausserhalb des Städtchens liegt. Schnell erhalten wir zwei Zimmer im 1. Stock. Da wir direkt am Meer liegen, hören wir das herrliche Rauschen, was uns gut gefällt.

unser Hotel in Lüderitz

unser Hotel in Lüderitz

die Aussicht von unserem Zimmer aus

die Aussicht von unserem Zimmer aus

In Lüderitz begann die deutsche Geschichte in Namibia. 1884 wurde dieses Gebiet dank einer Entscheidung Bismarcks zum deutschen Protektorat erklärt. Natürlich ging dies - wie an vielen anderen Orten auch - nicht mit rechten Dingen zu und man betrog die damals hier ansässigen Afrikaner mit dem Preis, den man für das Gebiet zahlte. Wirtschaftlich machte Lüderitz verschiedene Zeiten durch. Einerseits waren da die Erzvorkommen und die Diamanten, andererseits fischte man Langusten und sammelte Seetang. Heute lebt die Stadt mehrheitlich vom Tourismus.

Obwohl alles kalt und grau ist, wollen wir Lüderitz eine Chance geben, seinen ersten Eindruck zu verbessern. Zu Fuss spazieren wir in das Städtchen hinein und hoffen kein zweites Keetmanshoop vorzufinden. Wir werden nicht enttäuscht, Lüderitz ist ein geschäftiger Ort, wo nicht rumgelungert und Touristen angepöbelt wird.

Bummel durch Lüderitz

Bummel durch Lüderitz

Vor der Namibischen Nationalbank FNB kugeln wir uns vor Lachen! Man preist draussen E-Banking an, dies vor einem VAN mit zwei riesigen Lautsprechern, wo man temporeiche Dance-Musik in unglaublicher Lautstärke abspielt. Doch es scheint zu fruchten. Die Menschen werden von diesem Lärm angezogen wie Motten vom Licht. Ich werde dies als Anregung für unsere Bank mit nach Hause nehmen - ha ha ha!

Namibische Bankwerbung

Namibische Bankwerbung

Wir spazieren hinunter zur Waterfront, die bereits in Prospekten im Hotel wärmstens empfohlen wurde. Doch es scheint nicht die richtige Zeit für ein reges gesellschaftliches Leben zu sein. Alles wirkt verlassen. Immerhin hat es eine kleine Einkaufspassage, wo wir neugierig die kleinen Shops beim Vorbeigehen beobachten. Es hat mehrere Haarsalons und Kleiderläden. Hier trifft man sich zum Plauschen. Auch hat ein Restaurant, wo sich viele Touristen befinden. Aber sonst ist nichts los.

Wir bummeln wieder langsam zurück, machen aber noch einen Abstecher hinauf zur berühmten Felsenkirche. Der Reiseführer warnt eindringlich nach Einbruch der Dunkelheit ja nicht mehr unterwegs zu sein. Die Kriminalität ist wegen der hohen Arbeitslosigkeit nicht zu unterschätzen.

die berühmte Felsenkirche

die berühmte Felsenkirche

Doch wir sind noch früh genug dran, dass wir ein paar interessante Nebenstrassen mit herrlich farbigen Kolonialhäusern betrachten können. Als wir die Felsenkirche erreichen, erwartet uns ein schöner Ausblick über Lüderitz und hinunter an die Bucht, wo unser Hotel liegt.

Um halb vier sind wir zurück. Nach einer Woche TV-Abstinenz geniessen wir es wieder mal ein wenig herum zappen zu können. Lustigerweise erhalten wir hier RTL und SAT1, also können wir sogar Deutsches TV gucken. Die restlichen Sender sind aus Namibia oder Südafrika.

Um halb sieben begeben wir uns alle zusammen ins hoteleigene Pinguin Restaurant. Gemäss Reiseführer das beste Restaurant in Lüderitz. Eva verwöhnt sich mit einem Berg Langusten, Mäthu mit einem Fisch und Jüre und ich mit Filet. Alles schmeckt hervorragend und zu einem Preis, den wir zuhause wohl für einen Viertel davon bezahlt hätten. Zurück im Zimmer gibt es wieder einmal einen TV-Abend. Ich hoffe, dass morgen das Wetter ein wenig besser ist. Lüderitz im Nebel ist wahrlich kein Augenschmaus.

© Franzi S., 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Noch nie kamen wir auf die Idee nach Afrika zu reisen bis uns unsere Freunde Mäthu und Eva davon überzeugten. Und wir wurden nicht enttäuscht...
Details:
Aufbruch: 22.07.2012
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 14.08.2012
Reiseziele: Namibia
Der Autor
 
Franzi S. berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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