OUT OF THE OFFICE - ON TOUR IN SOUTH AMERICA

Reisezeit: Oktober 2006 - April 2007  |  von Michael S.

Patagonien: Berge, Fjorde, Gletscher, Seen...

Samstag, 30. Dezember 2006 Puerto Eden, 09:38

Nach einigen Tagen kreativer Schreibpause und vorübergehender Engagierung meiner Korrekturleserin, bin ich so kurz vor dem letzten Gong im Jahr 2006 wieder hoch motiviert, unsere Erlebnisse festzuhalten!

Mit leicht verquollenen Augen, einem steifen Rücken und noch etwas eingerosteten Fingern sitze ich hier in der Schiffs-Bar. Es ist gerade günstig in Ruhe zu schreiben, da fast alle Passagiere einen Samstagmorgen-Ausflug in den abgelegen Ort Puerto Eden unternehmen. Ich genieße die Stille während sich die Leute draußen bei spätherbstlichem Wetter vergnügen. Es wäre die einzige Möglichkeit von der Navimag, unserem Schiff mit dem wir von Puerto Natales 1460 Kilometer nach Puerto Montt schippern, mal kurz runterzukommen. Aber sollen ruhig die anderen den typischen Touristen mimen, der in Scharren einfällt und die Einwohnerzahl eines Dorfes (angeblich um die 200 Menschen) schnell für eine Stunde verdoppelt Die Einheimischen lassen sich den Besuch, der zweimal die Woche hier aufkreuzt, mit einer "Eintrittsgebühr" entlohnen und erhalten so eine kleine Gegenleistung, dass mal wieder unzählige Menschen auf der Jagd nach dem Foto des Jahres sind

Eine Mischung aus dem "Traumschiff" und dem "Loveboat" (aber ohne Sascha Hehn bzw. Vicky)

Eine Mischung aus dem "Traumschiff" und dem "Loveboat" (aber ohne Sascha Hehn bzw. Vicky)

Über diese Spezies gilt es noch ein paar Zeilen zu schreiben! Seit Anbeginn unserer Reise konnten wir "ihn" immer wieder beobachten. Für den gewöhnlichen Touristen meist unauffällig gekleidet, bewegt "er" sich oft in Gruppen, ist jedoch ein eher ruhiger, in sich gekehrter Zeitgenosse - ein Einzelgänger. Während auf geführten Touren ein Guide sämtliche Blicke auf sich zieht und der Gemeinschaft ausschließlich spannende Daten und Fakten zum besichtigten Objekt liefert, schweifen seine Blicke immer wieder ab. Ja, man könnte sagen, "er" lebt in seiner eigenen Welt. Nervös greift "er" nach einer an seiner Seite baumelnden Tasche, ein Klettverschluss öffnet sich, seine Hand gleitet hinein und da holt er es heraus:

"Er" der "National Geographic Fotograf" klammert sich an seine Highend-Kamara. Zufrieden hält er sein Baby in der Hand, immer mit Abstand zu anderen unprofessionellen Hobby-Digicam-Fotografen, die seinem Prunkstück zu sehr auf die Pelle rücken könnten....

So viel dazu Inzwischen schüttet es draußen mal wieder. Auch das ist Patagonien: Wolken, Regen, Wind und Sonne im ständigen Wechsel, manchmal sogar alles gleichzeitig. Auf unserem Weg vom südlichsten Punkt unserer Reise und Südamerikas, von Ushuaia über Rio Gallegos, El Calafate nach Puerto Natales und nun durch die chilenischen Kanäle haben wir nun wirklich schon sämtliche der hiesigen Vegetationsformen zu Gesicht bekommen. Es ist ein raues Klima, welches die patagonische Flora und Fauna (...) umgibt.

Der Lago Argentino bei El Calafate!

Der Lago Argentino bei El Calafate!

In der Gegend um El Calafate bekommt man einen Eindruck wie gewaltig groß das Gletschergebiet einmal gewesen sein muss. Rund um den Lago Argentino wächst außer ein paar Büschen nicht wirklich viel und es tauchen immer wieder canyonartige Gebirgsformationen auf, in die sich der Gletscher früher einmal "hineingefressen" hat. Ein paar von ihnen sind auch heute noch übrig. Den Bekanntesten, den Perito Moreno Gletscher haben Nicole und ich besichtigt. Mit einem Boot sind wir so weit wie es möglich war an die 50meter hohe Gletscherwand gefahren. Immer wieder "kalben" (angeblich Fachsprache) Eisblöcke von der Wand ab und plumpsen in den Gletschersee. Kurz bevor wir später von der Ausblicksplattform des dortigen Nationalparks wieder aufbrechen wollten, konnten wir noch ein für uns einmaliges Spektakel erleben. Nachdem sich zuvor immer wieder nur kleinere Eisschichten lösten, brach plötzlich eine ganze Eiswand vom Gletscher ab und fiel mit einem explosionsartigen Geräusch ins Wasser. Fast so laut wie das Ereignis an sich war das anschließende Raunen, das durch die betrachtende Menschenmasse ging. Eine Stimmung wie im Fußballstadion. Es fehlte eigentlich nur noch die Laola-Welle und ein spanischer Kommentator der "Goooooooooooooool" ruft Es wurde wieder mal deutlich, wir waren nicht allein an einem der Highlights Patagoniens.

Der beruehmte Perito Moreno Gletscher!

Der beruehmte Perito Moreno Gletscher!

Das sind wir auch hier auf unserem Fährschiff nicht. Hier passt es jedoch dazu! Was würde man auf einer 4tägigen Reise auch die ganze Zeit machen, wenn man nicht mal das Verhalten unterschiedlichster Kulturen beobachten kann? Na gut, ganz so langweilig ist es hier auch nicht... Da sich die Sonne glücklicherweise entschließt, ab und an mal die Wolken zu verdrängen, ist es einfach wunderbar, sich einfach nur an die Schiffsreling zu stellen, die Fjordlandschaft zu bestaunen, den kühlen Wind an seiner Nase vorbeiziehen zu lassen und sich wie ein arbeitsloser "Matrose" zu fühlen... Besser ist es natürlich sich als Kapitän zu fühlen. Wer das will, der darf auch mal auf der Brücke stehen und dem wirklichen Chef auf dem Schiff über die Schulter schauen. Bei Nicole kam es mir allerdings eher so vor, als würde sie dem adrett uniformierten Co-Kapitàn lieber tief in die Augen schauen...

Was macht man sonst so den ganzen lieben langen Tag auf so einem Luxusdampfer? Die meisten Leute aus den 22ig Mannkabinen hängen im Speisesaal und in der Bar ab. Nicole und ich sind mit zwei sehr netten deutschen Mädels, Antonia und Nicola (die schon in der Busfahrt von Ushuaia nach Rio Gallegos eine Reihe vor uns saßen), in einer 4er-Koje. Nachdem diese einschließlich Badezimmer wohl nicht mehr als 8qm groß ist, vergnügen wir uns auch in den Gemeinschaftsräumen, ratschen beispielsweise mit Schotten oder Amis (sehr förderlich für unser spanisch), spielen Karten, lesen Bücher oder beobachten Leute, die andere Leute beobachten Da sich meine Akkuanzeige so langsam dem Ende zuneigt, muss ich Euch aber ein anderes mal noch genauer berichten, wie so ein Tagesablauf hier auf hoher See aussieht...

© Michael S., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
In weniger als 9 Stunden sitzen Nicole und ich im Flieger in Richtung Bonaire. Bonaire? Kannte ich bis August auch noch nicht. Aber KLM hält auf dem Flug nach Lima zufällig auf den Niederländischen Antillen... Eine Woche Erholung, bevor es nach Peru über Chile in Richtung Argentinien geht :-) Der Plan: 6 Monate Südamerika entdecken, Spanisch lernen und Freiheit erleben! Wie heißt es so schön - Zahme Voegel traeumen von Freiheit. Wilde Voegel fliegen...
Details:
Aufbruch: 11.10.2006
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 08.04.2007
Reiseziele: Niederländische Antillen
Peru
Chile
Argentinien
Paraguay
Brasilien
Uruguay
Der Autor
 
Michael S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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