OUT OF THE OFFICE - ON TOUR IN SOUTH AMERICA

Reisezeit: Oktober 2006 - April 2007  |  von Michael S.

Ein bisschen Bootfahren am Titicaca-See...

Montag, 20. November 2006 Isla Amantani (Lago Titicaca) 18:29

Der letzte Abend in Cusco lief anders als gedacht. In unserem Lieblingsrestaurant "Granje Heidi" war kein Platz mehr zu bekommen, worauf wir auf der Suche nach einer Alternative, in einem Lokal namens "The Inka Wall" wieder fanden. Der englische Name, die Preise auf der Speisekarte und die vom Türsteher angekündigte Tanzshow, hätten uns eigentlich stutzig machen sollen. Unsere Kölner Frohnatur Bruno war aber so inspiriert von der angekündigten Bühnenaufführung, dass wir ihm den Wunsch in das Restaurant zu gehen nicht abschlagen wollten. Beim Blick auf das großzügig angerichtete Buffet war ich dann auch alles andere als abgeneigt...

So kam ich zu der kulinarischen Premiere das so genannte Alpaca-Fleisch (eine Art Lama) probieren zu dürfen. Überzeugt von der peruanischen Kochkunst wagte ich mich, trotz meiner schlechten Erfahrung, noch mal an Cebiche, den rohen Fisch.
Wie sich auf der kommenden Zugfahrt herausstellen sollte, hat mich dabei mein "Bauchgefühl" im wahrsten Sinne des Wortes im Stich gelassen... Zunächst aber fanden wir uns plötzlich inmitten einer, mit 3 Busen angekarrten, französischen Touristen Scharr wieder und bekamen kurz darauf vom Ober eine Deutschlandfahne auf den Tisch gestellt. Mit dem Smash Hit Guantanmera, oder Songs von Simon & Garfunkel, gespielt auf der Panflöte, heizte die Band ein wenig später den Touris gehörig ein...

Alles bestens, dachte ich mir, als ich am naechsten Morgen um 8:00 Uhr in den Zug nach Puno einstieg. Über meine Appetitlosigkeit am Frühstückstisch und ein flaues Gefühl in der Magengegend, machte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch keine Sorgen.

10 Stunden später hingegen war ich heilfroh diese Horror-Fahrt überstanden zu haben. Meinen Sitzplatz in der Holzklasse hatte ich gegen die Zugtoilette eingetauscht. Immerhin, dort drin gab es auch ein großes Fenster, was auch von Nöten war. Denn irgendwie war das alles zum Kotzen Schön wenn einem dabei der Wind um die Ohren weht und man ab und an eine Prise des Rauches von der Lok einatmen kann.

Abends im Hostal gab es dann erste Hilfe von Nicole!!! Nach einer Nacht war der Spuk vorbei (kein Wunder, der rohe Fisch war ja auch wieder draußen) und so konnten wir einen wunderschönen Tag in Puno am Titicaca-See auf 3810m genießen.

Am Plaza de Armas saßen wir einige Stunden, in der auf der Höhe ziemlich stark scheinenden Sonne. Direkt neben uns war einer von vielen Schuhputzern aktiv. Immer wieder schweifte mein Blick von meinem Spanisch-Vokabelheft in Richtung seiner geschäftigen Tätigkeit ab. Man selbst hätte vermutlich ein schlechtes Gewissen, sich für umgerechnet 12,5 Cent die Schuhe putzen, einfetten und bürsten zu lassen. Hier in Peru scheint das, ein reguläres wie selbstverständliches Business zu sein. Die Männer von jung bis alt, gehören alle einer Organisation an und tragen die gleichen blauen Westen. Der Hombre neben uns kramt mit seinen schwarzen, glänzenden Fingern in einer Tüte Cracker, als ein gepflegter Herr um die 50ig stillschweigend auf dem kleinen Hocker vor ihm Platz nimmt und seinen staubigen Lackschuh auf das kleine Podest stellt, ohne ihn dabei nur eines Blickes zu würdigen. Damit eine "entspannte Atmosphäre" herrscht, drückt der Schuhputzer seinem Kunden eine abgegriffene Zeitung in die Hand. Vielleicht drei Minuten später klopft er ihm kurz auf den nun polierten Schuh. Ein kurzer, prüfender Blick - der ältere Herr erhebt sich, wühlt in seiner Hosentasche, holt 50 Centimos heraus und überreicht die Münze einer sich ihm entgegenstreckenden, verschmierten Hand. Ohne einen Mucks zu sagen, zieht er von dannen. Der Hombre in der blauen Weste holt aus dem Schatten ein dort deponiertes Eis, schleckt daran und gönnt sich etwas Gutes nach getaner Arbeit.

Zurück in der Gegenwart hat uns heute eine Tour hat von Puno zunächst zu den so genannten "Uros" des Titicaca-Sees gebracht. Das sind schwimmende Inseln, die aus Schilfrohr bestehen, welche wiederum an im See verwurzelten anderen Schilfpflanzen verankert sind. So hat es uns zumindest unser Guide erklärt. Etwas touristisch aber dennoch sehr imposant. Von dort aus wurden wir weitere 3 Stunden umhergeschippert. Auf dem Deck des kleinen Bootes konnte man seinen Blick in die Weiten des höchsten, navigierbaren Sees der Erde gleiten lassen. An manchen Stellen wirkte es, als würden wir mitten im Meer umherfahren, so unsichtbar schien das gegenüberliegende Ufer am Horizont zu sein.

Die schwimmenden Uros-Inseln!

Die schwimmenden Uros-Inseln!

Heute Mittag sind wir schließlich auf der Insel Amantani angkommen. Kurz darauf haben wir den höchsten Punkt, der auf über 4100 Meter liegt, bestiegen und von dort die einmalige Landschaft bewundern können. Wieder mal eine
atem(be)raubende Erfahrung

Die Sicht von der Insel Taquile. Sieht in Wirklichkeit noch viel besser aus, als auf dem Foto..

Die Sicht von der Insel Taquile. Sieht in Wirklichkeit noch viel besser aus, als auf dem Foto..

Nun sitze ich gerade in unserer ehrlichen Behausung in einem kleinen Zimmer, Nicole neben mir auf einem sehr schlichten Bett und auf einem kleinen Tisch brennt eine einsame Kerze. Wir sind zu Gast bei einer Familie des 150-Einwohner Dorfes. Kein elektrisches Licht, kein Fernseher und erst recht kein Handynetz gibt es hier. Nur der Bildschirm meines Notebooks leuchtet heller als die Kerze. Nicht mehr lange, die Batterieanzeige blinkt schon...
Egal, uns geht es gut. Gerade eben bekochte uns die Ama de Casa in einer mehr als schlichten Küche mit einer guten Suppe und Reis mit Gemüse aus der eigenen Ernte. In einer guten Stunde geht es dann zu einer Fiesta. Sehr wohl für uns Touristen organisiert, werden wir dort nicht im Trekking-Outfit einlaufen, sondern bekommen eine ortsübliche Tracht... Was das wohl wird?

Schöne Verkleidung

Schöne Verkleidung

© Michael S., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
In weniger als 9 Stunden sitzen Nicole und ich im Flieger in Richtung Bonaire. Bonaire? Kannte ich bis August auch noch nicht. Aber KLM hält auf dem Flug nach Lima zufällig auf den Niederländischen Antillen... Eine Woche Erholung, bevor es nach Peru über Chile in Richtung Argentinien geht :-) Der Plan: 6 Monate Südamerika entdecken, Spanisch lernen und Freiheit erleben! Wie heißt es so schön - Zahme Voegel traeumen von Freiheit. Wilde Voegel fliegen...
Details:
Aufbruch: 11.10.2006
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 08.04.2007
Reiseziele: Niederländische Antillen
Peru
Chile
Argentinien
Paraguay
Brasilien
Uruguay
Der Autor
 
Michael S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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