Fahrradtour durch das Baltikum

Reisezeit: Juli - September 2004  |  von Andre Schoch

Lettland - der Westen: Riga - die Metropole des Baltikums

28. Tag 20.8. 37 km Jurmala --- Riga

Aus Jurmala ein kurzes Stück sechsspurige Autobahn, dann auf die schöne, aber stark befahrene Allee Jurmala gatve und schon waren wir in Riga. Schon anhand des Verkehrs bemerkte man schnell, dass dies die einzig wirkliche Großstadt des Baltikums ist, eine richtige Metropole. Alle Hotelzimmer der Stadt waren restlos ausgebucht, aber wir hatten viel Glück und die Touristeninformation vermittelte uns das letzte freie Privatapartment für 50 Ls. Relativ gut zwischen Alt-und Neustadt gelegene, moderne Wohnung mit Küche, Badewanne, Waschmaschine... einziger Nachteil war, dass nur ein recht schmales Bett vorhanden war. Da die Wohnung erst um 18:00 Uhr bezugsfertig wurde, erforschten wir erst einmal die gesamte, relativ große Altstadt, mit wenigen sowjetischen Hässlichkeiten, ansonsten aber von bilderbuchmäßiger Schönheit.

Fast jedes der toll renovierten Altstadthäuser wäre es wert fotografiert zu werden. Wunderschöne Gässchen, große Plätze mit Biergärten, zahlreich Cafes... das ganze Programm eben, der Vergleich mit Paris ist hier an manchen Stellen tatsächlich gar nicht mal falsch oder übertrieben.

Großartiges Mittagessen im Melnie Muki in einem ehemaligen Kloster. Eklektische Küche aus aller Welt von hervorragender Qualität zu fairen Preisen. Lachstartar (2.95 Ls), Rinderfilet auf japanische Art zubereitet (2.90 Ls), Spinatpfannkuchen mit Meeresfrüchten gefüllt (2.60 Ls) und als Hauptspeise ein großartiges Tunfischsteak auf der heißen Platte mit Pilzen und grünem Spargel (7,55 Ls). Große Portionen dazu noch.

Zu Abend haben wir russisch gegessen, in einer Stadt mit über 50 Prozent russischer Bevölkerung also praktisch einheimische Küche. Im opulenten Speisesaal des schicken Arbats wurden Leckereien wie mit Lamm gefüllte Pelmeni (3.20 Ls) und Kartoffelpuffer mit Lachs und rotem Kaviar (6.50 Ls) serviert. Ebenfalls gut die mit Lamm gefüllten Auberginen (4.50 Lats) und die Kartoffelpuffer mit Waldpilzen (3.50 Ls). Moderate Preise für solch ein luxuriöses Ambiente mit Live-Musik, guter Service.

Wie ich abends bemerkte lag unser Zimmer direkt neben einer Fakultät der Uni Riga wo heute unüberhörbar eine Party stattfand. So sparte ich mir auf alle Fälle den Weg zu einem Club und die Musik war sogar richtig klasse (meist 60s und 70s ), eine typische Studentenparty eben, sogar mit Pool im Innenhof. Sehr lustig, und billige Cocktails (Mojito, 1.30 Ls).

29. Tag 21.8.

Wir verbrachten den Großteil des Tages in Rigas Neustadt, die von der Altstadt nur durch einen grünen Gürtel mit Kanal getrennt ist. Neustadt ist allerdings ein wenig irreführend, da der Großteil der Straßenzüge aus dem 19. Jahrhundert stammt. Prunkvoll verzierte Jugendstilbauten, ob deren Opulenz einem fast die Augen ausfallen. Auch hier stehen einige Bausünden, aber der Gesamteindruck ist dennoch ein Fest für die Augen. Kleines Frühstück im Gan Bai, einem modernen Asia-Restaurant im Oigo Shopping-Komplex. Ich fand es zwar etwas merkwürdig, dass hier kein einziger Asiate in der (offenen) Küche stand, aber die Dim Sum waren gut, ebenso die Sushi.

Zum Mittagessen war es ein langer, aber sehr lohnenswerter Spaziergang zum Kert, einem hübschen armenischen Gartenrestaurant am Rande der Neustadt. Das Essen war günstig und hervorragend, mit Preisen so um die 3 Ls. Gemischter Seafood-Teller mit Shrimps, geräuchertem Heilbutt und rohem Lachs, dazu Kefir mit Schafskäse. Mit gehacktem Lamm gefüllte Weinblätter, mit Walnüssen gefüllte Auberginen und deliziöser Lammeintopf mit Pelmeni.

Dass moderne Hochhäuser, die eigentlich nicht gerade in Stadtbild passen auch ihre Vorzüge haben können, beweist die Skyline Bar im 26. Stock des Reval Hotels. Zwei Panorama-Aufzüge mit tollem Ausblick führen hinauf in das schicke Etablissement, dessen Preise erstaunlich moderat sind (Sex on the Beach, 2.95 Ls). Geboten wird ein traumhafter Rundumblick über die Stadt, die von oben eine verblüffende Ähnlichkeit mit Paris hat.

Zum Abendessen gingen wir in die Altstadt zum Koreaner Soraksans, der ein hervorragendes mariniertes Rindfleisch zum BBQ auftischte (6.20 Ls für 200 g). Auch lecker der Baby-Oktopus mit Sesam und Gemüse (2.50 Lats). Es war ein herrlich milder Sommerabend in Riga, die Biergärten in der Altstadt waren selbst um 1:00 Uhr nachts noch voll, am Ufer der Daugava gab Marie N. (der lettische Popstar) ein Freikonzert und es schien als sei die ganze Stadt auf den Beinen, eine fantastische, fast südländische Atmosphäre.

Ich trank einen Caipirinha (2.50 Ls) in der netten Orange Bar, wo überwiegend Alternative Rock gespielt wird für Rigas Bohème. Danach ging ich ins Spalvas pa Gaisu, eine Cocktailbar mit Dancefloor im Keller. Die Cocktails sind für einen Club sehr günstig (2-3 Ls) und sehr gut. Der DJ spielte eine echt seltsame, lustige Mischung von unterirdisch schlecht (Snap) bis genial (Blur, Nirvana), aber die Leute gingen zu allem ab.

30. Tag 22.8. 43 km

So seltsam es auch ist, den mit Abstand besten Café Rigas gibt es im Coffee Nation, einer Kette nach amerikanischem Vorbild (aber mit richtigen Tassen). Der Nachteil ist, dass man an der Theke bestellen muss, der Vorteil, dass man nie weit von einer Zweigstelle entfernt ist, und die Cafes sind immer schön eingerichtet. Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Fahrrad in den acht Kilometer nördlich des Zentrums gelegenen Meza Park, ein großes Waldgebiet an einem schönen See, der den Rigaern als Naherholungsgebiet dient. In der großen Shopping Mall Alfa an einer Ausfallstraße hatte ich endlich einmal Lust und Gelegenheit die beliebteste Restaurantkette des gesamten Baltikums zu testen: Cili Pica, der ultimative Renner hier und daher allein schon aus kulturellen Gründen ein Pflichtprogramm. 50 verschiedene Sorten Pizza gibt es hier zu recht günstigen Preisen (je nach Größe und Belag zwischen 0.70-4 Ls). Die Pizza ist kein kulinarischer Hochgenuss (schon gar nicht wenn man wie die Einheimischen Ketchup darüber streicht, ugh), aber durchaus recht schmackhaft. Dünner, knuspriger Teig, leider zu viel Belag, nicht sehr italienisch also.

Auf dem Weg zurück ins Zentrum fuhren wir durch das leicht heruntergekommene, aber sehr pittoreske Arbeiterviertel Grizinkalns, wo noch relativ viele Holzhäuser stehen. Danach auf einen guten Cappu in die nette Charleston Cappuccinobar.

Zum (Nach-) Mittagessen fuhren wir auf die andere Seite des Flusses ins Fabrikas Restorans, ein im modernen Chic eingerichtetes gehobenes Restaurant mit hervorragender internationaler Küche in einem alten Fabrikgebäude mit Blick auf Hafen und Altstadt. Als Vorspeise Ziegenkäse-Bällchen im Nussmantel (2.45 Ls) und Oktopus-Carpaccio (2.90 Ls). Ganz exzellent die Miesmuscheln in Safran-Weinsoße (4.90 Ls). Ebenfalls sehr lecker die schwarzen Tagliatelle mit Ratatouille und Tintenfischringen (5.95 Ls). Etwas kleine Portionen, dennoch faire Preise.

Nachmittags gingen wir dann natürlich noch einmal in die Altstadt. Der Nachmittagssnack beim Malaien " Septini gudrie bambusu birzi " war wenig überzeugend. Durchschnittliches Curry mit Rindfleisch, nichts Tolles für 2.85 Ls.

Weitaus besser war das Abendessen im Turku Restorans. Ich war zunächst etwas skeptisch beim Türken Kartoffelpuffer mit Lachs auf der Speisekarte zu sehen, aber die türkischen Gerichte waren lecker und authentisch. Adana Kebab (3.80 Ls) und Lammleber-Shashlik vom Holzkohle-Grill (2.95 Lats). Auch gut die mit Reis gefüllten Weinblätter als Vorspeise. Sehr freundlicher, aber ebenso inkompetenter Service.

© Andre Schoch, 2006
Du bist hier : Startseite Europa Lettland Riga - die Metropole des Baltikums
Die Reise
 
Worum geht's?:
6- wöchige Radtour durch Estland, Lettland und Litauen im Sommer 2004
Details:
Aufbruch: 24.07.2004
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 04.09.2004
Reiseziele: Estland
Finnland
Lettland
Litauen
Der Autor
 
Andre Schoch berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors