Venezuela zum Abgewöhnen
Rio Kaura: 6 Stunden flußaufwärts
14.10.07
Rio Kaura-Tour, 2. Tag, 6 Stunden flussaufwärts
Jack trägt zwar ein paar Spuren der Nacht incl. Baumbegegnungen im Gesicht. Das hält ihn aber nicht davon ab, uns zum Frühstück auf dem nun schiefen Tisch mit bisher nie gehörten würgenden, schmatzenden, röchelnden und anderen unbeschreibbaren Geräuschen zu unterhalten, während er sich dazu schnäuzt und spuckt. Ein zirkusreifer Auftritt, der uns vor Bewunderung die Bissen im Halse stecken bleiben lässt. Der Guide ist sichtlich angeschlagen und auch Edgar redet den ganzen Tag nicht viel. Zum Glück sind die 3 Rumflaschen nun leer.
Nach einer kurzen Körperwaschung im Fluss (die kleinen Fischlein zwicken überall) starten wir unsere Fahrt im Einbaum 120 km flussaufwärts. 6 Stunden soll es mit dem 40-PS-Außenborder dauern.
Der grüne Wand des Urwalds am Flußufer liegt wie ausgestorben da. Ab und zu ´mal ein Vogel, sonst ist es gespenstisch ruhig bis auf das ständige Dröhnen des Motors. Mittagsrast in einem Indiodorf, das vor dem Essen (Sandwich) besichtigt wird.
Die Besichtigungstour trägt nicht zur Appetitsteigerung bei. Wir sehen ein paar zerlumpte Indios, welche uns misstrauisch anschauen. Sie wollen sicherlich nicht wie Zootiere begafft werden. Ein paar Kinder lächeln sogar. Die Häuser, welche irgendwann einmal mit staatlicher Unterstützung gebaut wurden, sind zerfallen; das "Hospital" ist in einem armseligen Zustand. Die "Bücherei" der Schule, ein Riesenraum, besteht aus einem winzigen Regal mit zerfledderten Heften. Verhungern tut hier wohl keiner, aber die einseitige Ernährung, die hauptsächlich aus Maniok besteht, spiegelt sich in den Figuren der Kinder und Erwachsenen.
Die Lebenserwartung der Indios soll hier bei ca. 45 Jahren liegen.
Ob die "Zivilisation" die Indios glücklicher macht?
Hätte uns vorher jemand von den Zuständen objektiv berichtet, hätten wir sicher ein paar kleine Geschenke, zumindest für die Kinder, mitgebracht. So können wir nur hilflos zusehen, wie ein Kind mit einer zugeknoteten Plastiktüte als Luftballonersatz spielt und zurücklächeln.
Es geht weiter, zumindest ein kleine Weile, bis der Motor stottert und dann aussetzt. Was macht man da normalerweise bei einem Zweitakt-Bootsmotor? Zündkerze herausschrauben, reinigen, weiterfahren!!!
Wenn man einen Zündkerzenschlüssel hat!!!
Natürlich haben unsere organisierten Jungs so etwas Exotisches nicht an Bord. Nach etwa 20-30 Minuten kommt ein anderer Einbaum mit einem Indio und dessen mächtiger Frau, die in der Bootsmitte trohnt, stromauf. Siehe da, der hat so einen Schlüssel und nach weiteren 10 Minuten kann es weitergehen. Nach einer Weile wird der Motor zwar wieder etwas unruhig und Vollgas fahren geht schon lange nicht mehr, aber wir kommen am späten Nachmittag an unserem Ziel (La Playon) am Fuße einiger Stromschnellen an. Sechs Stunden mit dem Hintern auf einem harten Holzbrett sind vorüber.
Es gibt hier ein Indiodorf mit einigen Lehmstrohpavillons für Touristen davor, wo die Hängematten aufgehängt werden. Es gibt einen breiteren Sandstrand, viel Urwald drumrum, 2 zahme Strand-Capibaras und eine Bierbude für Edgar und Jack, welche sie sofort gefunden haben.
Bloß nicht nochmals so eine Nacht!!! Heimlich okkupieren wir einen kleinen, 100 Meter entfernten Strandpavillon, in dem zufällig noch 2 vergessene Matten hängen. Dort verbringen wir die kommenden 2 Nächte ungestört von den nächtlichen Geräuschen unserer beiden Mitreisenden.
Aufbruch: | 29.09.2007 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 27.10.2007 |