Nepal, Indien und andere Abenteuer - von fantastico bis ungeheuer
Nepal: von Lukla nach Jiri
Da ich gehoert habe, dass der Trek von Lukla nach Jiri sehr schoen sei, und ich mir obendrein den ueberteuerten Kurzstreckenflug von Lukla nach Kathmandu sparen konnte, entschied ich mich auch noch fuer diese Unternehmung. Auch wenn der Trek von den auswaertigen Aemtern nicht empfohlen wird, da es viele Maoistengebiete dort gibt, bestand nach meinen Erkundungen zu diesem Zeitpunkt kaum eine Gefahr. Und tatsaechlich hatte ich keinerlei Probleme mit Maoisten.
Vor einiger Zeit wurde hier noch Wegelagerei betrieben, d.h. die Maoisten haben illegal von Touristen um die 5000 Rupien (50 EUR) pro Person einkassiert. Das duerfte sich nun mit den aktuellen politischen Entwicklungen - die Maoisten sind nun die staerkste Partei - tatsaechlich aufgehoert haben. Man hoerte frueher auch mal von einem schlimmen Fall, als eine Trekkerin in dem Gebiet an einem Bauchvirus erkrankt und daran gestorben ist, weil der Rettungshubschrauber von Kathmandu im Maoistengebiet nicht landen durfte (es wurden ca. 5000 USD Landegebuehr verlangt, die sie nicht nicht zahlen konnte). Hier gibt es Erlebnisberichte von den Begegnungen mit den Maoisten.
Von Phakding, meiner letzten Schlafstaette vor Lukla, muss man dann nicht direkt nach Lukla gehen, sondern kann in Choplung rechts einbiegen und Richtung Surkhe gehen (man geht somit westlich an Lukla vorbei). Dort erfuhr ich dann auch, dass man nicht mehr notwendigerweise bis nach Jiri gehen muss, sondern ab Bhandar bei trockenem Wetter eine etwas rumpelige Busfahrt nach Jiri bzw. Kathmandu antreten kann, womit man sich ca. 1 Tag erspart. Daher wollte ich in 3 Tagen von Phakding nach Bhandar, obwohl lokale Leute meinten, dass dies kaum moeglich sei.
Das Hoehenprofil dieses Treks ist sehr fordernd. Geht man beim EBC-Trek oder beim Gokyo-Trek noch grossteils konstant bergauf bzw. beim Zurueckkommen bergab, so geht es beim Jiri-Lukla-Trek konsequent rauf und runter. In meine Richtung von 3000m runter auf 1500m, wieder rauf auf 3000m, runter auf 2200m, rauf auf 3500m, dann ganze 2000m runter auf 1500m, und von dort nochmal rund 700m rauf nach Bhandar (Hoehenprofil siehe letzte Abbildung). Wenn man da nicht das Motto "der Weg ist das Ziel" im Hinterkopf hat, kann man im eigenen Schweissbad (es ist dort in den niedrigeren Lagen heiss!) leicht verzweifeln.
Der Trek ist voellig anders als derjenige zum EBC bzw. nach Gokyo. Es ist alles gruen und bunt. Rund um den Lamjura-Pass sieht man grosse Rhododendrengebiete. Man sieht auch andere Volksgruppen als die im oberen Everest-Gebiet dominierende Volksgruppe der Sherpas. Und man geht abseits der Touristenstroeme. An keinem der 3 Tage sind mir mehr als eine Hand voll Trekker entgegen gekommen, und ueber diese wenigen freut man sich dann auch und fuehrt etwas Smalltalk. Und man sieht viel vom wahren laendlichen Nepal: Familien beim Verrichten der harten Landarbeit (in Nepal auch heute noch die Hauptbeschaeftigung), Kinder beim Spielen, und viele lokale Porter (Traeger), die Waren des taeglichen Bedarfs zwischen den Orten umher tragen.
Die Preise sind wesentlich guenstiger auf diesem Trek, allerdings ist der Standard niedriger. Man muss schon sehr aufpassen, dass man keine verdorbenen Lebensmittel bekommt (so bekam ich einmal eine original verschlossene Wasserflasche mit schon lange gekipptem, furchtbar stinkenden Wasser).
Besonders genossen habe ich die vorletzte Nacht, als ich einige Kilometer nach Salung in einer einsamen Lodge ohne Stromanschluss uebernachtete. Die Lodge, in der normal fast nur lokale Porter uebernachten, wird von einer kinderreichen Familie gefuehrt. Es war herrlich, bei Kerzenlicht in der dunklen Kueche zu sitzen, den kleinen Kindern beim Spielen zuzuschauen und die groesseren Kinder bzw. Hauschefin beim Zubereiten des Essens zu beobachten. Obwohl diese Familie materiell sehr wenig besitzt und nicht mal Strom im Haus hat, habe ich selten zuvor so zufriedene und liebevoll miteinander umgehende Menschen gesehen. Tja, money doesn't make rich... Die frisch zubereiteten Gemuese-Momos und die Kartoffelsuppe haben uebrigens auch prima geschmeckt.
Auch ein lang andauernder Mairegen am letzten Marschtag konnte mich nicht davon abhalten, tatsaechlich nach 3 Tagen in Bhandar anzukommen. Moeglich war dies aber nur durch Tage mit flottem 8- bis 11-stuendigem Marsch. In Bhandar spaet abends bei Einbruch der Dunkelheit eingetroffen besorgte ich mir noch das Busticket nach Kathmandu fuer 600 Rupien (6 EUR) und bezog eine Lodge direkt an der Busstation. Beim Trinken meines ersten Biers nach einem (wie im Annapurna-Gebiet) alkohlfreien Trek dachte ich mir noch hundsmuede: "Prima, alles geritzt. Morgen also in 8 bis 10 h (so hiess es) Busfahrt zurueck nach Kathmandu". Doch schon der schlechte Schlaf in dieser Lodge (die Matratzen waren voellig unbrauchbar, gluecklicherweise hatte ich ja meine Synmat 7, die in solchen Situationen oefters zum Einsatz kam) war wohl ein Vorzeichen fuer den naechsten, aufregenden Tag.
Schon kurz nach 5 Uhr weckte der Bus mit seinem sehr lautstarken Gehupe das ganze Dorf. Busse bzw. Trucks in Nepal etc. haben Hupen, bei denen mehrere Tonfolgen einprogrammiert werden koennen und diese Melodien dann laufend stolz rausposaunt werden. Kurz nach 6 Uhr, nachdem auch noch mein Rucksack am Dach verstaut wurde, war dann Abfahrt. Und schon nach den ersten Fahrmetern wurde mir klar: Es ist verrueckt, dass sich ein Busfahrer fuer dieses Unterfangen findet. Und es ist noch verrueckter, dass 32 Menschen (inklusive mir als einzigem Auslaender) diesen Bus befuellen und dafuer auch noch etwas bezahlen! Ich denke es gab keinen Tag in meinem Leben, an dem ich mich mehr gefuerchtet habe. Fuer die Strecke von Bhandar nach Jiri (ca. 55km unasphaltierte Erdstrasse) brauchten wir satte 6 1/2 Stunden. 7 oder 8 mal mussten wir aus dem Bus aussteigen, um diesen mit vereinten Kraeften anzuschieben. Nicht nur einmal sah ich den Bus geistig schon den Abgrund hinunter stuerzen. Gluecklicherweise entluden sich die schwarzen Regenwolken erst als wir in Jiri ankamen, wo die einspurige, asphaltierte Schlaglochstrasse nach Kathmandu beginnt. Haette der Regen frueher begonnen, waere es wohl das Ende der Fahrt gewesen (ein Bus, der an diesem Tag nach Bhandar wollte, musste umkehren). Im Bus wird man in alle Richtungen durchgeschuettelt wie das T-Shirt in der Waschmaschine. Zeitweise bekommt man auch leichte Atemnot, wenn man wieder mal einen 20-cm-Satz vom Sitz Richtung Busdach und zurueck macht. In Jiri bemerkte ich in der kurzen Essenspause gottseidank, dass sich die Verschnuerungen meines Rucksacks am Dach schon vollstaendig geloest haben, und nahm den Rucksack mit in den Bus. Nach der kurzen Pause ging es auf befestigter Strasse nach Kathmandu weiter. Hier muss man natuerlich nicht mehr anschieben, aber es ist weiterhin eine Rumpelfahrt der Sonderklasse. Nach satten 14 Stunden Busfahrt sind wir dann bereits bei Dunkelheit in Kathmandu angekommen. Nackenschmerzen und eine Mini-Rippenprellung (allerdings nicht der Rede wert) gab es als Draufgabe.
Und dann war ich nach 22 Tagen im Everest-Gebiet also wieder zurueck im aussergewoehnlichen Kathmandu. Und wie ich froh war, diesen Tag fast unbeschadet ueberstanden zu haben! Happy end, nice experience, but never again...
Tipp 1: Den Bus von Bhandar nach Jiri bzw. umgekehrt NICHT in Anspruch nehmen. Es ist auf diesen unbefestigten Erdstrassen ueber die Berge einfach zu gefaehrlich. Von Jiri nach Kathmandu bzw. umgekehrt ist die Busfahrt zwar auch nicht angenehm, aber vertretbar.
Tipp 2: Der Trek von Jiri nach Lukla (also in die andere Richtung), wofuer man etwa 5 - 7 Tagen einplanen sollte, ist definitiv eine perfekte Vorbereitungstour (Akklimatisation, Kondition etc.) fuer den EBC- bzw. Gokyo-Trek, und ausserdem eine Bereicherung, da er landschaftlich und von den Menschen her voellig anders ist. Vorher allerdings ueber die aktuelle Lage im Gebiet erkundigen und am besten nicht alleine gehen.
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endlich wieder im Gruenen
in Choplung geht es rechts weg nach Bhandar bzw. Jiri
Flugzeug nicht fuer mich (Landeanflug auf Lukla)
Porter tragen waren des taeglichen Bedarfs zwischen den Doerfern umher - hier riesige Yak-Fleischklosse...
majestaetischer Baum
Kalb
schoene weiss-gelbe Blumen wachsen auf Baum
die terrassenartige Landbewirtschaftung ist in Nepal weit verbreitet (Kari Khola)
Getreidefeld (Kari Khola)
Blick zurueck
hier sieht man viel vom wahren laendlichen Nepal
auch Schweinchen gibt es hier
und nette Haeuser
eine Kueche
beschaedigtes Haus in Nhuntala
jaja, zeigt mir nur eure Hintern (diese Familie ist ein ganzes Stueck vor mir gelaufen)
Trakshindu-Pass (3080m)
ein paar wenige 6000er sieht man nach dem Trakshindu-Pass
alter, grosser Stupa mit Gebetstafeln in Naehe von Ringmo
das sieht doch sehr aehnlich aus wie in Oesterreich, oder?
auch Aepfelbaeume wachsen in diesem Gebiet
Himalaya-Blumen
eine wirklich nette Familie
besonders suess der kleine Pavan
das Dorf Junbesi
Felsformation auf dem Weg Richtung Lamjura-Pass
"Namaste!"
diese beiden hatten ordentliche Meinungsverschiedenheiten
Lamjura-Pass (mit 3530m der hoechste Punkt am Jiri-Lukla-Trek)
sweet kid & dogs
Rhododendren-Gebiete in weiss, rosa und rot nach dem Lamjura-Pass (leider schon etwas am Abbluehen)
Vierbeiner vor Rhododendren
schicke Frisur!
es dauerte etliche Minuten, bis ich diese beiden zum Lachen gebracht habe
Sonnenaufgang in Bhandar
wirklich makaberer Name des Busses von Bhandar nach Kathmandu: "Supper Express", zu Deutsch "Abendmahl-Express". Fehlt nur noch das Wort "Last"...
der Abendmahl-Express
"Strasse"
Verzweiflung - kommen wir hier wieder weg (in orange der Gehilfe des Busfahrers)
klar, alles geht wenn man will
Und diese Kurve? Erstmal trockenes Erdreich auf die "Strasse" schuetten
"Strasse"
wer nach Kathmandu will, muss schieben!
jetzt auch noch Gegenverkehr!
da muessen wir runter
endlich in Jiri - hier beginnt die asphaltierte, einspurige Schlaglochstrasse nach Kathmandu
Erfrischungsverkaeuferinnen
das schweisstreibende Hoehenprofil des Jiri-Lukla-Treks (ich bin von rechts nach links gegangen)
Aufbruch: | 02.02.2008 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | Juli 2008 |
Nepal