Nepal, Indien und andere Abenteuer - von fantastico bis ungeheuer
Indien II: Varanasi
Von Kathmandu ging es per Tourist-Bus für ca. EUR 6,50 (verhältnismäßig teuer, aber dafür recht komfortabler Bus sogar mit Air Condition!) nach Sunauli an der Grenze zu Indien weiter. Oder zumindest war es so geplant. Als ich nämlich gegen 7 Uhr morgens bei der Haltestelle eintraf, wollten mich die Busorganisatoren gleich wieder heimschicken, weil angeblich wieder mal irgend welche Streiks im Süden stattfanden. Ich wartete aber geduldig, und siehe da, der Bus fuhr um 9 Uhr mit 1 1/2 Stunden Verspätung tatsächlich ab. Die Behebung eines Reifenschadens dauert eine weitere Stunde, und insgesamt wurden 12 h aus dieser ersten Etappe (statt rund 8 geplanten).
Die Grenze mussten wir (ich traf eine Spanierin, einen Engländer und eine Amerikanerin im Bus) dann zu Fuß überqueren und dabei den Visakram erledigen. Danach fand sich ein Bus für 70 indische Rupien (ca. EUR 1,10) für die 2 1/2 stündige Fahrt zum Bahnhof in Gorakhpur. Dabei wollten uns die Busbetreiber gleich 3mal (!) legen:
- Trick 1: der Billeteur wollte nach dem Einsteigen zusätzlich 10 INR (indische Rupien) für das Gepäck verlangen
- Trick 2: der Billeteur kassierte ab, gab uns aber zu viert nur zwei Bestätigungen (wenn man schon im Bus sitzt und bezahlt hat, dann denkt man es sollte doch alles passen und achtet nicht darauf). 1 h später verließ der Billeteur den Bus und ein anderer Billeteur wollte sofort danach die Tickets sehen - natürlich nur von uns Ausländern - und nochmal abkassieren
- Trick 3: Nach der Ankunft in Gorakhpur wollten die Busbetreiber unsere hinten im Bus eingesperrten Rucksäcke nur gegen je INR 50 herausrücken, worauf es zu einem heftigen Wortgefecht kam.
Da wir zu viert waren und zusammen halfen, ging denen keiner der Tricks durch. Es geht hier nicht ums Geld, sondern ums Prinzip. Ist doch keine Art, Ausländer so über den Tisch ziehen zu wollen...
In Gorakhpur wurde dann genächtigt, um am nächsten Tag mit dem Zug nach Varanasi weiter zu fahren. Geplant war Abfahrt 14:20 und Ankunft 21:30, tatsächliche Ankunft war allerdings 0:30 nächsten Tag. Es gab in diesem Zug nur Tickets der Allgemeinen Klasse (nur ca. EUR 0,51!), aber glücklicherweise war der Waggon ausnahmsweise nicht stark überfüllt. Allgemeine Klasse sollte man normalerweise vermeiden wo immer möglich!
Die Ankunft auf dem Bahnhof in Varanasi war dann wieder mal etwas schräg. Natürlich sollte man es vermeiden, in indischen Großstädten in der späten Nacht anzukommen, aber was soll man schon machen, wenn der Zug mehrere Stunden Verspätung hat.
Hundsmüde, schwer mit seinem Gepäck am Rücken bewaffnet, ohne Zimmer und planlos mitten in der Nacht in einer indischen Großstadt anzukommen, das sind schon richtig interessante Momente in einem Backpackerleben. Plötzlich fühlt man sich nur mehr als Gejagter, und in der Tat wird man in solchen Situationen meist nur als eine Geld bringende 1A-Beute gesehen. Motor-Ricksha- und Taxi-Fahrer gibt es reichlich, schließlich sind zu dieser Zeit nicht so viele Leute unterwegs. Das schwierige ist nur herauszufinden, welchem man trauen kann. Das Kommissionsgeschäft blüht besonders zB in Varanasi und Agra, d.h. ein Taxler, der dich in einem Hotel abliefert, kassiert dafür mit. Kein Wunder also, dass es ein Hobby vieler Taxi- bzw. Rickshawfahrer ist, dich NICHT dorthin zu bringen, wo du hin willst, sondern dorthin, wo sie am meisten Provision kassieren.
Jedenfalls wollte uns (ich war noch mit der Amerikanerin Jessica unterwegs, der Engländer fuhr nach Agra und die Spanierin Richtung Delhi) gleich vom Bahnsteig einer überzeugen, dass er ein günstiges Taxi hat. Natürlich sagten wir nein und gingen erstmal zum Taxisammelplatz, wo der uns folgende "I have very cheap taxi"-Mann gleich von einem Polizisten zurecht gewiesen wurde - offensichtlich ein schon Bekannter... Hektisch buhlten die Taxi- und Rickshawfahrer dann um uns, und man hat keine Ahnung, wem man trauen soll. Auch einen Polizisten zu fragen stellte sich als sinnlos heraus. Also rein in irgendein nicht zu schlimm aussehendes Taxi. Ich saß am Beifahrersitz bei offenem Fenster, und an die 5 andere Taxifahrer streckten sich beim Fenster herein und wollten, dass ich einen prepaid-taxi-Schein unterzeichne und bezahle. Ich schaute den Taxifahrer an, was die eigentlich wollen, aber der schaute mich desinteressiert an und machte keinen Mucks. Dann stieg der Taxifahrer auch noch aus, um einen Taxlerkollegen in die Mitte der ersten Reihe sitzen zu lassen. Da gehen einem schon so Gedanken duch den Kopf wie "wollen uns die dann irgendwo erledigen, unser Geld kassieren und uns im Ganges entsorgen?". Wir wollten ins Shanti Guest House und fuhren dann auch endlich los. Allerdings wären wir nie dort angekommen, wenn ich nicht laufend erklärt hätte, dass Freunde dort auf uns warten, diese schon für uns gebucht und auch eine Anzahlung im Hotel gemacht haben (stimmte natürlich nicht), und die Taxifahrer daher doch bitte verstehen sollen, dass wir NICHT woanders hin wollen. Am Schluss galt es noch einen ca. 1km langen Fußmarsch durch enge, verzweigte Gassen zum Shanti Guest House am Manikarnika-Ghat zurückzulegen, was nicht ohne Hilfe (natürlich gegen Bezahlung...) gegangen wäre, und glücklicherweise gab es auch noch Zimmer im Guest House.
Naja, genug zur Anreise geschrieben, wird in den nächsten Kapiteln sicher auch viel kürzer ausfallen oder wegfallen, denn nicht immer ist es so "spannend" wie hier beschrieben.
42°C hatte es bei meinen 3 Tagen Aufenthalt in Varansi, und das ist ganz schön warm und nicht unbedingt sightseeing-förderlich.
Am ersten Tag unternahm ich abends eine 3stündige Bootsfahrt, bei der uns (6 Leute am Boot) der Bootsmann an den Burning-Ghats vorbei ruderte. Bei den Burning-Ghats werden 24h am Tag Leichen auf Holzhäufen verbrannt. Die Kosten für eine Verbrennung liegen bei ca. 50 EUR, allerdings gibt es auch die Variante der wesentlich billigeren Elektroverbrennung für ca. 8 EUR, wo die Angehörigen aber keine Überreste bekommen. Viele Menschen aus ganz Indien kommen - sofern sie es sich leisten können - nach Varanasi, um hier zu sterben und verbrannt zu werden. Schließlich ist es die heiligste Hinduistenstadt weltweit.
Danach ruderten wir noch an einigen anderen Ghats vorbei. Ghats sind die heiligen Badestellen, bei denen Leute ins Wasser gehen und eine rituelle Waschung vollziehen, die die Sünden abwaschen soll. Auch etwas Wasser wird meistens getrunken - bei der schrecklichen Wasserqualität für manchen wohl nicht ganz nachvollziehbar. Das enge Zusammensein von Tod und Leben mutet schon leicht makaber an. So sah ich z.B. nur ein paar wenige Meter von den Burning Ghats entfernt einen Jungen im Wasser stehen, der dort - wo die Überreste der Verbrennungen ins Wasser geschoben werden - seelenruhig mit seiner gebastelten Angel fischte. Oder etwas weiter flussabwärts ein Ghat, wo kleine Kinder einen Schwimmkurs machten.
Danach ging es mit dem Boot auf die andere Seite des Ganges. Dort gibt es dann so manche Entdeckung zu machen, wie z.B. Totenschädel, diverse andere Knochen oder die eine oder andere Wasserleiche. Der Grund liegt darin, dass in Varanasi nicht alle Menschen verbrannt werden, sondern entsprechend dem hinduistischen Glauben folgende 5 Gruppen von toten Menschen im Ganga (Ganges) versenkt werden:
a) schwangere Frauen
b) Kinder
c) Sadhus (die Geistlichen im Hinduismus)
d) an Lepra Gestorbene
e) Menschen, die durch den Biss einer Kobra sterben
a) bis d) werden mittels Stein und Strick im Ganges versenkt, e) auf einem Bambusfloß am Ganges ausgesetzt. Da die Stricke nach längerer Zeit manchmal reißen, kommen hin und wieder Wasserleichen an die Oberfläche, und des öfteren werden sie zum Leckerschmaus für Hunde auf der anderen Seite des Ganges. Die der Stadt zugewandte Seite des Ganges wird hingegen täglich von solchen Funden gesäubert.
Danach ging es zurück auf die Stadtseite des Ganges, um die täglich um 19:00 h bei Dunkelheit stattfindene Puja zu besichtigen, bei der sich tausende Menschen an Land und zu Wasser versammeln, um dieser Zeremonie mit viel Feuer, Rauch und Prunk beizuwohnen.
Am zweiten Tag durchstreifte ich mit der Amerikanerin etwas die Stadt. Wir gingen u.a. durch einige interessante Gassenmärkte. Bedrängt wurden wir dabei kaum, weil es sich um lokale Märkte (keine Touristenmärkte) handelte. Auch hier gibt es wieder die Fleischereien mit offen auf der Straße präsentierten Fleischteilen zu bewundern - und das bei 42°C...
Am dritten Tag war dann mit der Amerikanerin, einer Deutschen und einem Kanadier noch ein Ausflug in das 13 km nördlich von Varanasi gelegene Sarnath angesagt. Sarnath ist einer der wenigen buddhistischen Plätze in Indien und der Platz, wo Buddha das erste mal das buddhistische Dharma gepredigt hat.
Und am 6 Uhr abends ging es dann weiter nach Agra, denn ein paar wenige hundert Kilometer kann man schon auf sich nehmen, um eines der neuen 7 Weltwunder zu sehen (to be continued...)
Grenztransport per Vierbeinern
Welcome to (crazy) India
Anstellen um Zugtickets
Zug fahren in der Allgemeinen Klasse kann zu einer echten Herausforderung werden - manchmal lässt es sich aber nicht vermeiden
Lage von Varanasi, auch bekannt unter Benares (siehe roter Punkt)
Bahnhofsgebäude in Varanasi
ein oft gesehenes Bild: Kühe (u.a.) fressen von Müllhaufen
Blick auf den Ganga (Ganges) - in der Regenzeit ist auch der hunderte Meter breite Sandstreifen unter Wasser
Blick flussabwärts
hier am Burning Ghat werden 24 h am Tag Leichen verbrannt
Blick auf ein paar kleine Hindutempel und eines der Ghats (heilige Badestelle)
rein ins heilige Wasser - Hautausschläge und anderes gibts bei Bedarf umsonst
Schwimmkurs im heiligen Wasser - ein paar Meter von den Leichenverbrennungen entfernt
auf der anderen Seite des Ganges finden sich so manche menschliche Überreste der Versenkten und wieder Aufgetauchten
Wasserleiche am anderen Ufer des Ganges
Mahlzeit!
Junge beim Verkauf von schwimmenden Kerzen für die Puja
Puja - täglich praktiziertes Ritual mit vielen Leuten
Puja - täglich praktiziertes Ritual mit vielen Leuten
Nachtblick flussabwärts
Einkaufsgasse
Mahlzeit! (einmal Ziegenkopf und zweimal Füßchen bitte)
verhüllte Muslimfrauen
ein bisschen Relaxen muss schon drin sein
Straßenessen
Näherei
eine der verdreckten, oft ziemlich stinkenden Gassen, die zu den Ghats (heiligen Badestellen) führen
hier wird das Holz für die Verbrennungen fein säuberlich abgewogen
luftbefüllte Kanister taugen auch als Schwimmhilfe
schnell rauf zu meinen Sadhu-Kollegen...
...und ein paar Joints durchziehen
wieder mal eine dieser Riesenziegen
mein neuer Beruf: TukTuk-Fahrer
ein paar Kinder in Sarnath
Gemüseverkauf
als Kind ein Fahrrad zu haben ist in Indien schon etwas Besonderes
Zugkolleginnen auf der Fahrt nach Agra
"Picknick"
Aufbruch: | 02.02.2008 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | Juli 2008 |
Nepal