30.000km - 4 Monate - 1 Paar Schuhe
Tangkou - Lanzhou - Xiahe
Nach Huang Shan war mein naechstes Ziel die Provinz Gansu. Nach 30 Stunden mit Bus und Zug Richtung Westen, hatte mein Kilometerkonto ordentlich zugelegt. Mein erster Anlaufpunkt war die Provinzhauptstadt Lanzhou. Im Zug hatte ich genuegend Zeit, um alles fuer meine Ankunft vorzubereiten: Hotel gefunden, etwas teuer, aber laut Reisefuehrer sind Preisnachlaesse von 50% moeglich, dafuer guenstige Lage direkt neben einem Internetcafe, auch nicht weit vom Bahnhof entfernt und der Hauptbusbahnhof, von dem ich am naechsten Tag weiter wollte, ist auch in unmittelbarer Naehe. Perfekt! Ich komme dann am Bahnhof mit einer Stunde Verspaetung um kurz vor 20 Uhr an, renne an den "Hello! Hello, Sir!" Taxifahrern vom Bahnhofsvorplatz vorbei, direkt zum Hotel. Ich erfahre, dass es keine Preisnachlaesse gibt, das guenstigste Zimmer kostet 170 Yuan. Also laufe ich mit meinem Rucksack eine von Reklameschildern erhellte und durch Verkehrslaerm beschallte Hauptstrasse entlang und klapper ein Hotel nach dem anderen ab. Auch im sechsten Hotel schickt man mich mit einem Kopfschuetteln wieder auf die Strasse. Der Grund ist, dass keines dieser Hotels eine Lizenz fuer auslaendische Touristen besitzt. Also zurueck zum drei Sterne Hotel und dort fuer 170 Yuan eingecheckt.
Der hohe Preis aergert mich natuerlich, ich erhoffe mir ein wenig Ablenkung im Internetcafe um die Ecke. Ich zeige dort meinen Reisepass am Tresen vor. In chinesischen Internetcafes muss man sich registrieren. Jeder Chinese, sogar Reisbauer Lee aus der Provinz Yunnan, ist im Besitz einer Chipkarte, aehnlich dem neuen deutschen Personalausweis. Will man z.B. mit dem Zug fahren, muss man die Karte scannen lassen, und ebenso im Internetcafe. Das perfekte System, um zu ueberwachen, wer sich wo fortbewegt und welche Internetseiten aufruft. In den meisten Internetcafes hat es bisher mit meinem Reisepass funktioniert. Hier in Lanzhou zeigt der Typ hinterm Tresen nur auf ein Schild vom Ministerium fuer oeffentliche Sicherheit, dass mir als Auslaender den Internetzugriff verweigert. Das reicht mir fuer heute, mein Budget ist ueberzogen also ziehe ich mich mit Dosenbier und Instantnudeln auf mein Hotelzimmer zurueck und schaue eine chinesische Doku ueber den bevorstehenden Weltuntergang.
Der naechste Tag setzt sich so fort , wie der letzte geendet hat. Ich kann den Hauptbusbahnhof, der sich ja in der Naehe des Hotels befinden sollte, nicht finden. Ich frage verschiedene Leute auf der Strasse, aber ihre Antworten und Richtungsangaben sind widerspruechlich. Das ist uebrigens nichts neues fuer mich; einen Chinesen nach dem Weg zu fragen, raubt einem den letzten Nerv. Ich zeige in meinen Reisefuehrer auf die Schriftzeichen fuer Hauptbusbahnhof samt Adresse und bekomme nur ein Achselzucken als Antwort. Das ist in etwa so, als wuerde man einen Berliner nach dem Alexanderplatz fragen und er antwortet: "Alexanderplatz?! Kenn' ick nich! Nie von jehoert." Irgendwann finde ich dann raus, dass ich den Bus Nr. 1 nehmen, dann umsteigen in den Bus Nr. 111 und am Suedbahnhof aussteigen muss. Von dort faehrt tatsaechlich der Bus nach Hezuo, wo ich mir den Milarepa-Palast , einen tibetischen Tempel, anschauen moechte.
Nach vier Stunden steige ich direkt am Tempel aus, zuecke meine Kamera und fotografiere erstmal die Umgebung. Zwei chinesische Polizisten werden auf mich aufmerksam. Sie wollen meinen Pass und mein Visum sehen. Dann lassen sie mich gehen, aber nur kurz. Sie kommen zurueck und ich soll ihnen zum Auto folgen. Der eine holt sein Handy hervor, kurz darauf kommt ein Zivilpolizist in einem grossen schwarzen Gelaendewagen angefahren. Auch er schaut sich Pass und Visum genau an, macht sich Notizen und stellt einige Fragen, die ich nicht verstehe. Es kommt noch ein Auto, diesmal ein Dolmetcher. Nach einer langen Fragerunde wird mir angeboten, mich zum Busbahnhof zu fahren, um dort die Stadt mit dem naechsten Bus zu verlassen. Ich lehne dankend ab und sage, ich moechte mir erst den Tempel anschauen und dann fahre ich gerne weiter. Zu meiner Ueberraschung sind sie damit einverstanden, ich muss nur meine Handynummer hinterlegen und versprechen, dass ich keine Fotos machen werde.
Nun kann ich hier leider keine Fotos praesentieren, ich hoffe eine kurze Beschreibung genuegt stattdessen. Der Tempel hat spektakulaere neun Stockwerke; ist von aussen rotbraun gestrichen, mit Gold verziert und wird von Gebetsmuehlen und Pagoden umgeben. Im Inneren schauen zahlreiche grosse buddhistische Statuen mit grossen Augen und vielen Armen auf einen herab. Der ganze Tempel ist in schummriges Licht getaucht, es ist still, man hoert nur die Dielen knarzen, auf denen man sich barfuss fortbewegt. Und um die Atmosphaere noch zu steigern, liegt ein heiliger Meteroit auf einem Tisch im Erdgeschoss.
Nach dem Tempelbesuch bin ich nochmal eine Stunde mit dem Bus nach Xiahe gefahren, wo ich jetzt in einem von buddhistischen Moenchen betriebenen Hotel uebernachte. Auch hier im Ort gibt es kein Internet fuer mich. Ich bin auf die Hilfe von anderen Leuten angewiesen, die mich mit ihren Chipkarten im Internetcafe einloggen. Ein freundlicher Moench aus dem Hotel hat mir den Computer an der Rezeption zur Verfuegung gestellt; er selbst bevorzugt iPhone und WLAN.
vom 18.12.2012
Aufbruch: | 14.11.2012 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | März 2013 |
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