30.000km - 4 Monate - 1 Paar Schuhe

Reisezeit: November 2012 - März 2013  |  von Marcus W.

SuiFenHe - Peking

In SuiFenHe habe ich den 21 Uhr Zug nach Harbin genommen. Ich hatte das guenstige Ticket gekauft; einen "harten Sitzplatz" (hard seat) in einem Klasse K Zug. Ich habe dann auch das bekommen, wofuer ich bezahlt habe... Der Sitz war wirklich hart. Ich sass direkt an der Zwischentuer, die staendig offengelassen wurde. Nach einer Stunde regungslosem rumsitzen mit eiskalten Fuessen, war meine Laune am Tiefpunkt angelangt. Ich war bereits seit 18 Stunden unterwegs und hatte noch 10 Stunden Zugfahrt auf einem harten Sitz vor mir. Also entschied ich mich fuer ein Ticket Upgrade. Mit Hilfe meines Reisefuehrers konnte ich den Zugbegleitern erklaeren, was mein Anliegen war. Ich konnte dann in den Schlafwagon umziehen und habe mich sofort schlafen gelegt.

Am folgenden Tag um 7 Uhr komme ich im kalten Harbin an. Dort verlasse ich nur kurz den Bahnhof, um etwas zu essen; schaue mir den Sonnenaufgang an und trete umgehend die naechste Zugfahrt an. Diesmal kaufe ich mir gleich einen Schlafplatz. Die 1300km nach Peking verbringe ich groesstenteils schlafend. Um 2 Uhr morgens werde ich dann vom Zugbegleiter geweckt und steige eine halbe Stunde spaeter am Hauptbahnhof von Peking aus. Direkt gegenueber vom Bahnhof befindet sich ein Hostel, dass aber kein Bett mehr frei hatte. Da die Sonne sowieso bald aufgehen wuerde, entschied ich mich, mir den Stress einer Hotelsuche zu ersparen und verbringe die folgendenden fuenf Stunden in einem Internetcafe.

Von dort fahre ich dann zur Verbotenen Stadt, die um 8:30 Uhr oeffnet. Weil ich so frueh dort bin, habe ich das Glueck, den spaeter einsetzenden Massenansturm zu umgehen, und kann in Ruhe zwischen den 890 Palaesten und zahlreichen Pavillons, die sich auf einer Flaeche von 720.000 m² ausbreiten, umherspazieren. Anschliessend bin ich zum Tian'anmen Platz gegangen. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob ich als Tourist dort fotografieren darf, bei all den Ueberwachungskameras und Polizisten. Aber ich war nicht der einzige, der dort Fotos gemacht hat. Um auf den Platz zu kommen muss man uebrigens durch eine Sicherheitskontrolle, aehnlich der am Flughafen vorm boarding. Diese Sicherheitskontrollen musste ich die kommenden Tage noch mehrmals durchlaufen. An den Zugaengen saemtlicher U-Bahnstationen in Peking stehen Uniformierte. Man muss dort Rucksaecke und Taschen auf Waffen oder Sprengstoff roentgen lassen. Terroristen haben also keine Chance mit der U-Bhn zu fahren und sind stattdessen auf Bus oder Taxi angewiesen.

Am dritten Tag in Peking wollte ich einen Ausflug zur Grossen Mauer unternehmen. Der am meisten besuchte und fotografierte Abschnitt der Mauer befindet sich in Badaling. Ich hatte keine Lust, mich dort in endlose Schlangen einzureihen und von T-Shirt Verkaeufern belaestigt zu werden. Also entschied ich mich, nach Simatai zu fahren, um mir dort die Mauer anzuschauen. Ich stieg in den Bus nach Miyun, von wo ich in einen Minibus haette umsteigen muessen. So weit bin ich jedoch gar nicht erst gekommen. Nach einer Stunde Busfahrt, werde ich bei einem Stop gefragt, ob ich nach Miyun moechte, ich sage ja, und mir wird gesagt, dass ich hier aussteigen muss. Natuerlich ist mir die wichtigste Regel beim Individualreisen bekannt, die da lautet: Traue niemandem, der dich anspricht, sondern nur Leuten, auf die man selbst zu geht. Ich dachte aber, es waer die Begleitperson vom Bus, die mich angesprochen hatte, deswegen bin ich raus. Und siehe da, ich bin auf einen Touristenschlepper reingefallen. Ein zweiter Typ wartet draussen schon mit seinem Auto und einer Wanderkarte auf mich. Er sagt mir, dass Simatai geschlossen sei, was sich uebrigens als wahr herausgestellt hat, und will mich fuer 500 Yuan (ca. 60 Euro!) zur Mauer bringen. Ich gehe nicht drauf ein, er laesst aber nicht locker. Er will mit mir verhandeln und ich soll ihm einen Preis sagen. Ich schreibe auf ein Stueck Papier: 0 Yuan. Dann gehe ich los zur naechsten Haltestelle und moechte erstmal wieder zurueck nach Peking, dabei werde ich aber von einem zweiten Typen verfolgt. Ich beachte sein "Hello? Sir? Hello, Hello?" nicht und gehe weiter. Er beruehrt meine Schulter, ich ignoriere ihn weiterhin. Dann greift er mich am Arm und zieht mich in seine Richtung. Grund genug, meine Passivitaet zu beenden. Ich packe ihn mit beiden Haenden am Kragen, druecke ihn mit ausgestreckten Armen von mir weg und gebe ihm klar und deutlich zu verstehen, dass er verschwinden soll. Ein paar Drohgebaerden spaeter loesen wir uns und ich gehe. Er bruellt mir noch hinterher, ich sehe seinen Schatten von hinten auf mich zukommen und bereite mich schon vor, ihm auszuweichen. Aber er laesst es bleiben und verschwindet.

Mir ist bewusst, dass das nicht die Art ist, wie man sich als Fremder in einem anderen Land zu verhalten hat. Aber bei den Leuten, die schamlos die Ortsunkenntnis von Touristen ausnutzen, um sie abzuzocken, muss ich keinen guten Eindruck hinterlassen. Ich moechte hier aber noch erwaehnen, dass ich auch sehr nette und hilfsbereite Chinesen kennenlerne. Zum Beispiel im Bus zurueck nach Peking. Ich konnte den Fahrpreis nicht passend bezahlen und ein alter Mann hat dann einfach das Ticket fuer mich bezahlt.

Ich werde morgen noch einmal einen anderen Ort anfahren. Vielleicht sehe ich die Mauer dann ja doch noch, bevor ich morgen abend weiter nach Shanghai fahre.

vom 08.12.12

Peking Hauptbahnhof

Peking Hauptbahnhof

Verbotene Stadt (1)

Verbotene Stadt (1)

Verbotene Stadt (2)

Verbotene Stadt (2)

Verbotene Stadt (3)

Verbotene Stadt (3)

Verbotene Stadt (4)

Verbotene Stadt (4)

Wachposten am Tian'anmen Platz

Wachposten am Tian'anmen Platz

CCTV Gebaeude

CCTV Gebaeude

Pekinger "Wanne"

Pekinger "Wanne"

© Marcus W., 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Vier Monate lang werde ich den asiatischen Kontinent bereisen. Am 14. November starte ich mit dem Zug von Berlin aus Richtung Osteuropa. Die genaue Route lasse ich mir offen, fest steht nur, dass ich spätestens Mitte März wieder hier ankommen möchte. Dazwischen liegen Russland, China, Südostasien, Indien und Nepal, die ich bereisen werde. Zurück gehts über den Iran, wenn die politische Lage es zulässt. Insgesamt liegen geschätzte 30.000 km vor mir.
Details:
Aufbruch: 14.11.2012
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: März 2013
Reiseziele: Russland / Russische Föderation
China
Singapur
Indonesien
Nepal
Indien
Vereinigte Arabische Emirate
Iran
Deutschland
Der Autor
 
Marcus W. berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.