Badeinsel ohne Baden – oder die letzte Kanareninsel
die westlich Insel-Mitte: Tiscamanita und Tuineje
Der für heute vorgesehene Ausflug nach Lanzarote muß wohl verschoben werden, da für morgen fast ganztägig starke Winde mit Böen von über 60km/h gemeldet werden. Aber er ist ja noch nicht aufgehoben. Daher planen wir mit unseren gewohnten Flexibel um. Tatsächlich ist es sehr windig und außerdem hängen auch ein paar dunkle Wolken am Himmel. Wir starten trotzdem recht früh und stellen im ersten Ort Tiscamanita, dass das Centro der Mühlenstrasse sonntags und montags geschlossen hat.
Im Reiseführer steht, dass es kurz hinter dem Ort eine Aloe Fabrik gibt. Kein Schild, aber ein offenes Tor und Ulrike hat schon einen Herrn am ‚Rockzipfel’. Ich nehme derweil noch die viel gepflegter aussehenden Plantagenfelder auf (als bei der geschlossenen Fabrik in unserer Nähe) .
Ein Bayer, der uns duzen will – soll er - beginnt mit einem wirklich interessanten Vortrag. Dafür nimmt er sich wirklich viel Zeit und erklärt alles ganz genau. Natürlich ist seine Firma die einzige, die auf Biobasis arbeitet und die Inhaltsstoffe nicht erhitzt und alles per Handarbeit erledigt. Das Blatt welches er bearbeitet ist recht schwer und wenn man etwas davon unten abschneidet verschließt sich die Schnittfläche von selbst.
Der ausgedrückte Saft besteht aus zwei Bestandteilen – einem gelblichen Saft, der giftig ist und einen totalen Durchfall verursacht und dem klaren Gel, das schleimig erscheint und heilende und kühlende Wirkung haben soll. Wir werden direkt am Hals damit massiert und es kühlt wirklich.
Der Bayer schneidet das Blatt längs quer auf und hebt die beiden Teilen ab, schleimig lösen sich die beiden Teilen und wir können sie auf die Haut legen, das schleimige verschwindet sehr schnell und das Gel dringt nahezu sofort in die Haut ein.
Sogar die Blüten kann man essen, sie haben im unteren Teil einen süßlichen Flüssigkeitstropfen, den die Biene und Kolibris aufsaugen.
Danach werden natürlich die Produkte vorgestellt und wir schlagen auch brav zu. Ein kurzes Video zeigt die Produktion in einer temperierten Halle, die von der Außenwelt abgetrennt ist.
Wichtig ist, dass die erste Ernte erst nach frühestens 8 Jahren stattfinden kann, so daß die Pflanzen Zeit haben zu reifen. Blatt für Blatt wird behutsam von Hand geerntet und dann per Handarbeit in fast jedem Produktionsschritt weiterverarbeitet.
"Kleine Schürfwunden, Sonnenbrand und andere Hautprobleme werden hier auf den Kanaren seit Menschengedenken mit dem Filet der Aloe Vera behandelt, Männer essen das Filet bzw. trinken den daraus hergestellten Saft zur Stärkung der Manneskraft sowie unzählige Dinge mehr. Für die „Canarios" ist Aloe Vera mehr oder minder Universalheilmittel. Wer sich in der alten Hauptstadt Betancuria umhört, wild sogar hören, daß Aloe Vera das Lebenselexier schlechtin ist - man soll durch ihren Genuß 100 Jahre alt werden (wichtig: die Beimischung von viel Rum und ein bißchen Honig!)."
AVISA ist die älteste Aloe-Fabrik Europas - so verkündet der Bayer.
Die Familie des Firmengründers hat wohl an eine verspätete Midlife-Crisis gedacht, als der Visionär auf der Finca „Los Africanos" 17.000 Pflanzen einsetzt, die man erst Jahre später ernten und verarbeiten kann: Mitten im
Zentrum von Nirgendwo, auf einer Insel am Ende Europas, stampft er ein riesiges Fabrikgebäude aus dem Boden. Frau und Kinder zweifeln den Verstand des Familienoberhauptes und die Wirtschaftlichkeit der Unternehmung an: Was soll man auf den Kanaren schon mit einer Aloe-Produktion? Wer hier Aloe verwendet, schneidet ein Blatt von der Pflanze vor der eigenen Haustüre ab und verwendet bzw. verarbeitet das Filet direkt - bis heute die beste Methode.
Doch die Firmengeschichte gibt Vicente Recht. Kurz nach seinem Tod 2005 kommt für die familieneigene Aktiengesellschaft der Durchbruch: Besucher aus aller Welt interessieren sich für die kleine Produktion. Der Maschinenpark ist nicht nur auf den ersten Blick fast museal. Immer schon galt hier Qualität mehr als Masse und Modernität.
Tuineje ist Käsezentrum
Rund 100000 Ziegen soll es auf der Insel geben, fast so viele wie Menschen. Bei Tuineje wird ein hervorragender Ziegenkäse hergestellt, er liegt in verschiedenen Sorten und Reifegraden in vielen Supermärkten aus.
vor der Kirche erinnert ein liegendes Dromedar an die historische Begebenheit vom 13.Oktober 1740 als die Bauern durch eine List mit einer Herde Dromedare als Kugelfang einen Piratenangriff abwehren konnten. .
Wenige Kilometer weiter südlich liegt Tuineje, mit einer schönen Kirche, vor der ein sitzender Dromedar als Skulptur aufgestellt ist. Daneben steht ein Musterexemplar eines roten Christusdorn, den man mal als Muster für unser inzwischen entsorgtes Mickerexemplar hätte nehmen sollen.
In ihrer heutigen Form geht die dem Erzengel Michael geweihte Kirche auf das Jahr 1790 zurück, mit ihrem viereckigen Glockenturm vermittelt sie einen wehrhaften Charakter, der durch eine aus dunklem Vulkanstein errichteten Mauer an der Westfassade verstärkt wird. Zierde gedacht. Wie in fast allen Inselkirchen wurde auf große Glasfenster verzichtet, für gedämpft einfallendes Licht sorgen lediglich zwei kleine Oberlichter und ein paar schmale Fenster.
Aufbruch: | 09.03.2017 |
Dauer: | 8 Tage |
Heimkehr: | 16.03.2017 |