Mit dem Zug nach Südostasien

Reisezeit: August 2017 - Juni 2018  |  von Helmut V.

Im Reich der Mitte

Die letzte Etappe mit der Transsib

Die letzte Etappe mit der Transsib

Im Speisewagen

Im Speisewagen

Von Ulanbator nach Datong

Die Transmongolische Eisenbahn hat uns wieder! Nach einer herzlichen Verabschiedung von Ema und Gerad mit lustigen Fotos von uns beiden in Landestracht am gestrigen Abend sitzen wir heute ganz früh wieder im Zug mit dem Ziel China. Wir, die wir ja meinen, nun schon einen Eindruck von Weite und Einsamkeit gewonnen zu haben, müssen ihn angesichts der kommenden Stunden revidieren: kaum Tiere, noch seltener ein Ger. Wenn es nicht den Zaun entlang der Bahntrasse gäbe und die Stromtrasse, könnte man meinen, dass noch nie jemand hier gewesen wäre. Das Auge sehnt sich nach einem Anhaltspunkt und wenn es nur ein Stück Plastikfolie im Zaun ist. Nach all den Unkenrufen über unfreundliche Chinesen sind wir mit dem Zugpersonal und auch an der Grenze sehr positiv überrascht, kein Vergleich mit Russland. Dauern tut das Ganze allerdings auch hier so ca. 5 Stunden inclusive eines neuen Unterbaus für die Wagen wegen einer anderen Spurbreite in China. Im Zug sind Reisende aus vielen europäischen Ländern und den USA, aber keiner steigt mit uns in Jinning aus.Von hier aus wollen wir nach Datong, wo es erst seit einigen Jahren entdeckte Höhlen mit buddhistischen Statuen gibt.
Wo geht es nach Datong? Wir können nichts lesen und niemand spricht Englisch. Im Handy haben wir die Adresse unseres Hotels und können diese in Landessprache aufrufen. Dazu hat Helmut ein Icoon Wörterbuch, in dem man auf Symbole zeigen kann, und mit Hilfe vieler lustiger und freundlicher Chinesen sitzen wir eine halbe Stunde später, von allen freundlich bestaunt, im Localbus nach Datong, das wir zwei Stunden später erreichen.
Datong hat sich in den vergangenen Jahren, soviel wir verstanden haben, eine " neue" historische Altstadt gebaut. Die Stadtmauer, deren Zinnen und Türmchen am Abend beleuchtet sind, sowie einige Türme und Tempelchen sind schon fertig, an anderen Stellen wird noch gebaut. Einen ATM suchen wir lange vergeblich, doch dann werden wir bei der Datong Railway Station fündig und finden schließlich sogar noch einen, der mit uns Englisch spricht! Mitten in der Altstadt finden wir eine Agentur, bei der wir für den nächsten Tag eine Fahrt zu den sogenannten hängenden Klöstern buchen. Zu den Buddhahöhlen versuchen wir es dann übermorgen wieder mit dem Localbus.

Hengshan - Die Hängenden Klöster, Klosteranlage Mountain Hengshan und Yungang Grotten

Am frühen Morgen fahren wir , als einzige " Langnasen " mit dem Bus nach Hengshan. Dank der Feiertage herrscht viel Verkehr auf den Straßen und wir kommen nach ca.1.5 Stunden Fahrt in einem engen Talkessel an. Weit über uns kleben wie Schwalbennester
kleine Tempelchen in den Felsen. Wir reihen uns in die Schlange der Besucher ein und lassen uns schon beim Näherkommen von der Anlage gefangen nehmen. In beeindruckender Art und Weise wurden hier ein Tempel nach und auf dem anderen auf hölzernen Stelzen, die in und auf den Felsen befestigt sind, aufgebaut. Es ist immer wieder verwunderlich, wie die schmalen Treppchen und Leitern, die die einzelnen Gebäude miteinander verbinden, die Menschenmassen überhaupt aushalten. Es gibt immer noch ( vielleicht auch wieder ) einige sehr schön erhaltene Räume, Figuren und Malereien, obwohl während der Kulturrevolution leider einiges zerstört wurde. Da die Anlage nur noch als Museum genutzt wird, ist von Andacht und Spiritualität nicht mehr viel zu spüren.
Nach einer kurzen Weiterfahrt erreichen wir die Klosteranlage am Mount Hengshan.
Hier ziehen sich die Gebäude einer alten Klosteranlage über ca. 600 m einen Berghang
hinauf. In den letzten Jahren wurde hier eine Seilbahn gebaut und viel renoviert. Wir laufen den Berg hinauf und besichtigen die Anlage. Das Ganze errinnert uns an eine Art Disney-Freizeitpark.
Und so ganz anders dann am nächsten Morgen die Yungang Grotten. Hier hat man erst vor ein einigen Jahren in Felsenhöhlen alte Buddhastatuen gefunden, die der Zerstörung während der Kulturrevolution weitgehend entkommen sind. Auch hier ist der Eingangsbereich für viele Touristen ausgelegt, doch mit dem Betreten der ersten Grotte ist man mit der Größe und Intensität der Statuen konfrontiert und geht in einen Dialog, der die Umgebung ausschließt. Winzig kleine, kaum 10 cm große Statuen in den Wänden und bis zu 20 m Höhe Statuen, zu denen man nur ehrfürchtig aufschauen kann, viele in sandsteingrau, andere weiter drinnen in den Höhlen noch farbenprächtig bemalt, welch eine Verehrung des Buddhas steckt in diesen Arbeiten. Das spüren auch die chinesischen Besucher, viele beten und die übliche Geschäftigkeit fehlt hier ganz. Dankbar verlassen wir diesen besonderen Ort.
Für Nachmacher: man erreicht die Höhlen ganz leicht von Datong Bahnhof mit dem Bus Nr. 603.
Am Nachmittag geht es dann weiter mit dem Zug nach Peking.
Wir sind ein bisschen aufgeregt, da wir erst spät abends ankommen, doch die Möglichkeit, die bei booking. com gebuchten Unterkünfte in Landessprache anzeigen zu lassen, ist hier wirklich Gold wert, der Taxifahrer bringt uns sicher an unser Ziel, eine chinesische Jugendherberge.

Die hängenden Klöster

Die hängenden Klöster

Buddhastatue in den Yungang Grotten

Buddhastatue in den Yungang Grotten

Peking

"Die Zukunft ist ein Abgrund" so lässt Rosendorfer sein Buch " Briefe in die chinesische Vergangenheit" beginnen. Peking heute ist ....
Aber von vorn. Gut ausgeschlafen verlassen wir am ersten Tag das Hostel, um die verbotene Stadt zu besichtigen. Verwundert sind wir, dass die U-BAHN die entsprechenden Haltestellen nicht anfährt, aber fragen nutzt nichts, niemand versteht uns. So steigen wir eben die nächste aus und finden uns in einem Strom von Menschen, die alle das gleiche Ziel haben. Nach 2 Stunden im Security- Check sind wir in der Nähe der verbotenen Stadt um irgendwann zu erfahren, dass es heute keine Tickets mehr zu kaufen gibt. Na gut, denken wir uns, dann eben morgen und wollen den Tag nutzen, um das Ticket nach Vietnam zu kaufen. Mittlerweile haben wir erfahren, dass Ferien und Vollmond, zwei Reiseanlässe, in dieser Woche zusammenfallen und später werden wir hören, dass in diesen Tagen 750 Millionen Chinesen Urlaub haben - einigen davon sind wir begegnet. Am Bahnhof ist entsprechend was los, 20 Schalter-Nur wo ist derjenige, der uns versteht? Hanoi? Schulterzucken, nie gehört, Helmut versucht es mit Weltkarte, Händen und Füßen. Schließlich erfahren wir, dass es internationale Tickets nur im International Beijing Hotel gibt und ein freundlicher Mensch schreibt es uns noch in chinesischen Schriftzeichen auf. 17.05 h finden wir das Hotel, um zu erfahren, dass der Schalter nur bis 17.00 geöffnet ist. Auf dem Heimweg ein vegetarisches Restaurant gefunden, aber leider nicht lecker und wenig. - Solche Tage gibt es eben auch beim Reisen -
Am nächsten Tag wollen wir schlauer sein und stellen uns den Wecker auf 6.00h um früh beim Schalter zu sein - aber auch das hat sich ein Teil der 750 Mio. auch gedacht und so stehen wir bald wieder in der Schlange, um zu erfahren, dass es heute überhaupt keine Tickets mehr gibt- nur noch online und mit chinesischer Kreditkarte. Dann eben auf zum Bahnschalter, mit dem Gefühl, China schnell wieder verlassen zu wollen. Eine nette Frau am Schalter, englischsprechend, erklärt uns, dass dies nicht der richtige Schalter ist und hat schon einen fertigen Zettel, wo wir eigentlich hin müssen. Ich bin genervt und unfreundlich und frage sie, ob dort heute überhaupt jemand arbeitet. Sie ruft an und weiss dann, dass die ganze Woche nicht gearbeitet wird und man deshalb auch keine Tickets kaufen kann. Am Sonntag würde ein Zug fahren, den könnte man dann eventuell Cash bei Abfahrt bezahlen. Wir fragen: sicher? Sie antwortet: Maybe!

Helmut will nur noch weg aus China. Wir suchen einen Airline-Ticketschalter, aber der junge Mann kennt Hanoi auch nicht. Wir kommen nirgends rein und auch nicht raus! Irgendwas muss aber doch gelingen - wir beschließen, zum Sommerpalast des Kaisers zu fahren. Auch diese Idee hatten nicht nur wir, aber wenigstens bekommen wir ein Ticket. Die chinesischen Eltern haben eine Art Handschellen, mit denen sie sich mit ihren Kindern verbinden, damit sie nicht im Gedränge verloren gehen. Hier, beim Gang rund um einen angelegten See und vorbei an kleinen und großen Pavillons, die so schöne Namen haben wie "Ort der himmlischen Wohlgerüche", oder " Pavillon der Ankündigung des Frühlings", kehrt wieder Frieden bei uns ein. Im Zug von Moskau hatte uns jemand ein Buch überlassen, Mr. Cox oder der Lauf der Zeit, worin die Geschichte eines englischen Uhrmacherstraße am Hofe des chinesischen Kaisers Quian Long beschrieben wurde. Diesem Kaiser begegnen wir hier nun auf Schritt und Tritt, er ist der Erbauer dieses Palastes und unzähliger anderer Bauten in der Stadt, ein der Kunst und Wissenschaft verbundener Mensch, der über 60 Jahre regierte. Ohne ihn sähe Peking heute ganz anders aus. Am Abend auch noch leckeres Essen gefunden. Im Hostel erzählen wir von unseren Misserfolgen und nehmen das Angebot gerne an, am kommenden Tag an einer gebuchten Fahrt zur chinesischen Mauer teilzunehmen. Auch bucht uns der Herbergsbetreiber ein Online-Ticket zur verbotenen Stadt und einen Flug nach Hanoi.
Auf der Mauer sind wir auch nicht alleine, aber hier ist die Begegnung mit den Chinesen heiter, alle sind beeindruckt von dem grossartigen Bauwerk und viele wünschen sich ein "Mauerbild mit Langnasen". Wir genießen die drei Stunden Zeit die wir auf dernMauer laufen können. Der im Preis inbegriffene Lunch entpuppt sich als ein wunderbares , chinesisches Menü und wir beide essen, glaube ich, am meisten.

Am kommenden Tag besuchen wir die verbotene Stadt und begegnen auch hier wieder dem Kaiser Quian Long. Im Palast der Uhren, er hat wohl mehr als 100 gesammelt, finden wir Uhren von Mr. Cox aus London und die Beschreibung einer Uhr, die auch im Roman vorkommt.
Sehr besonders für uns ist der Besuch des Lama- Tempels, gleich in der Nähe der JH. Hier hat obiger Kaiser einen Palast seines Vaters nach dessen Tod in einem lamaistischen Tempel umgewandelt, um die Mongolen und die Tibeter in seinem Reich zu wertschätzen, die diese Religion hatten. Hierher kommen die meisten Menschen nun zum Beten, die Geschäftigkeit der Stadt bleibt vor den Mauern. Kernstück ist eine mehr als 20 m Höhe Buddhastatue, aus einem einzigen Sandelholz Baum geschnitzt. Ebenso wie in Datong ist auch hier eine besondere spirituelle Intensität zu spüren.
Ganz anders, aber ebenso bewegend ist der Samstag morgen beim Palast des Himmels, in den der Kaiser nach einer Woche des Fastens um eine gute Ernte für sein Volk gebetet hat. Jetzt treffen sich im umgebenden Park die Rentner Pekings, Männer ab 60 und Frauen ab 50 und beschäftigen sich mit Turnen,Tai Chi, Badminton, Tanz, Singen, Kartenspiel, Ringewerfen und vielem mehr. Unglaubliches Können haben wir dort gesehen und viele lustige alte Menschen.
Als wir am Nachmittag zum Flughafen fahren, haben wir uns mit Peking versöhnt. Sollten wir allerdings jemals wieder hierher reisen, werden wir die Ferienordnung und Feiertage vorher gut recherchieren.

Und alle wollen in die Verbotene Stadt

Und alle wollen in die Verbotene Stadt

Selbst im Gebet mit der Mama verbunden.

Selbst im Gebet mit der Mama verbunden.

In der Anlage des Konfuziustempels

In der Anlage des Konfuziustempels

Die unvorstellbar lange Mauer, wie sie hier genannt wird.

Die unvorstellbar lange Mauer, wie sie hier genannt wird.

© Helmut V., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Meine Frau Martina und ich fahren mit der Transsib nach Peking und von dort weiter nach Vietnam,Laos und Kamboscha. Wie es dann weiter geht wird sich zeigen.
Details:
Aufbruch: 24.08.2017
Dauer: 10 Monate
Heimkehr: Juni 2018
Reiseziele: Ungarn
Russland / Russische Föderation
Mongolei
China
Vietnam
Laos
Kambodscha
Thailand
Indien
Nepal
Der Autor
 
Helmut V. berichtet seit 7 Jahren auf umdiewelt.
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