Rundreise durch Südosteuropa

Reisezeit: Juni / Juli 2018  |  von Gerd Dorn

Ukraine: Kiew - nördliches Stadtzentrum

Die Wasserkirche

Mit dem U-Bahn System wird man in Kiew schnell vertraut. Es gibt drei Linien (blau, grün und gelb), die sich an bestimmten Umsteigeorten kreuzen. Die Einzelfahrt kostet umgerechnet etwa 20ct, da lohnt es sich nicht zu prüfen, ob es Tages- oder anderweitig verbilligte Tickets gibt.
Wir fuhren mit der blauen Linie bis zur Station Kontraktova ploshcha und gingen dann zum Dneprufer. Vorbei an der recht hübschen St. Catherine Kirche befindet sich die Wasserkirche quasi mitten im Dnepr. Das Fundament der Kirche ruht im Fluss, der Zugang erfolgt über einen Steg.

Die Wasserkirche

Die Wasserkirche

Die Funicular und die Oberstadt

Da das Fundament der Kirche flächenmäßig recht knapp bemessen ist, wirkt das gesamte Bauwerk wie eine Miniaturkirche. Ein nettes Gimmick, wie wir fanden.
Weiter am Dnepr entlang wollten wir ursprünglich zum Denkmal des Magdeburger Rechts. Dann stach uns aber eine Zahnradbahn ins Auge, die auf einen der (recht hohen) Hügel am Dneprufer fuhr. Da wir da eh hinauf wollten, nutzten wir kurzentschlossen diese günstige Transportmöglichkeit. Der Plan musste dann eben angepasst werden.

Bei einer Steigung von 36% überwindet die Kiewer Zahnradbahn etwa 75 Höhenmeter

Bei einer Steigung von 36% überwindet die Kiewer Zahnradbahn etwa 75 Höhenmeter

Nachdem wir uns auf derart simple Weise um den Aufstieg gedrückt hatten, war allerdings unsere weitere Planung hinfällig und wir mussten uns neu orientieren. Oben angekommen gingen wir am pompösen Bau des Außenministeriums vorbei zum Denkmal der heiligen Fürstin Olga. Eine nach heutigen Maßstäben muslimisch gekleidete Frau hält ein christliches Kreuz in der Hand. Ökumene in einer neuen Dimension? Zu ihren Füßen ein Apostel und die Brüder Kyrill und Method, deren Werk wir schon in Pliska bewundern durften.
Weiter zum St.Michaelskloster, das mit seinen vergoldeten Dächern einen prächtigen märchenhaften Anblick bietet.

Das Kloster des heiligen Michael

Das Kloster des heiligen Michael

Vorbei am Bohdan-Chmelnyzkyj-Denkmal (ein Typ auf einem Pferd) ging es dann in Volodymyrska ulitza. Wir suchten vergeblich das Kosakendenkmal. Nachdem wir die gesamte Straße durchlaufen hatten, waren wir schon am Goldenen Tor von Kiew. Klingt spektakulärer als es ist. Ein aus hellem Sandstein gefertigtes mittelalterliches Tor, daneben angedeutet hölzerne Palisaden. Muss man nicht unbedingt hin. Auch der Brunnen davor oder das Denkmal von Jaroslaw den Weisen sind recht unspektakulär. Weiter runter die Volodymyrska kommen dann noch die sehenswerten Gebäude des Opernhauses der Ukraine und auch das des Pädagogischen Museums. Ziemlich viel in nur einer Straße - nur das gesuchte Kosakendenkmal haben wir nicht gefunden. Also wieder zurück und diesmal auf der anderen Straßenseite gesucht. Ja, und dann war's da doch!

Der ukrainische Kosak bezwingt den russischen Drachen

Der ukrainische Kosak bezwingt den russischen Drachen

Ziemlich klein, bei der gegenwärtigen politischen Lage aber dennoch mehr als aktuell. Ob es dem ukrainischen Kosaken auch im 21.Jahrhundert gelingt das böse Untier zu bezwingen? Das Denkmal stammt aus dem Jahr 2015 und der russische Drache hockt auf dem Gebiet vom Donbass.

Majdan Platz

Unweit entfernt befindet sich dann auch schon der auch in der westlichen Welt weithin bekannte Majdan Platz. Bekannt wurde der Platz 2013 als die Bürger gegen die Regierung auf die Straße gingen um die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU zu erzwingen. Nach gewaltsamer Auflösung der Proteste waren 80 Todesopfer zu beklagen. Auch 5 Jahre nach diesen Ereignissen stand der Platz noch ganz im Zeichen der erschütternden Eskalation der Gewalt.

Zahlreiche Bilder der Todesopfer mit frischen Blumen säumen den Platz

Zahlreiche Bilder der Todesopfer mit frischen Blumen säumen den Platz

Auf Schautafeln wird an die Vorgänge erinnert. Die Toten werden als Герой України - Held der Ukraine bezeichnet und sind bisher nicht vergessen.
Ansonsten ist der Maidan schlicht der zentrale Platz von Kiew. Hier trifft man sich, hier sitzt man einfach auf den angrenzenden Wiesen und genießt das schöne Wetter. Allerdings zieht er auch Leute an, die ich nicht so gerne sehe. Ein Typ überumpelte Damian, setzte eine Taube auf seinen Arm und fertigte Fotos mit Damians Kamera. Glücklicherweise war er so geistesgegenwärtig und umklammerte die Kamera am Schulterband. Natürlich wollte der Typ anschließend Geld sehen. Es folgte eine recht hässliche Szene, die mit dem Löschen der Bilder und ziemlich bösen Worten endete.
Derartige Aasgeier, die ohne zu Fragen vermeintliche Dienstleistungen an Touristen anbieten, können schon viel kaputt machen.

Auch den Gründervätern wurde Raum gegeben

Auch den Gründervätern wurde Raum gegeben

Denkmal der Völkerfreundschaft

Interessant war hier noch ein Brunnen, der auf die wikingische Erstbesiedlung hinwies. Die einwandernden Schweden waren nicht nur martialisch und schwer bewaffnet, sondern brachten auch ackerbauliche Geräte (Pflug) mit.
Mit schon etwas müden Füßen krabbelten wir anschließend wieder auf die Hügel am Dnepr hoch. Nun wollten wir endlich das Denkmal für das Magdeburger Recht sehen.
Vorbei am Museum des Wassers (interessant wegen seines 8-eckigen Grundrisses) zum Denkmal für den Frosch (ein übermannsgroßer gusseiserner Frosch) und zum Denkmal der Völkerfreundschaft. Dabei handelt sich um einen riesigen Bogen, der als Zeichen der Völkerfreundschaft zwischen Russen und Ukrainern zu Sowjetzeiten errichtet wurde. Der Bogen ist derart riesig, dass man ihn schon vom Dneprufer aus sehen kann.

Riesig, aus Titan und vergangenen Zeiten - Das Denkmal für die Völkerfreundschaft

Riesig, aus Titan und vergangenen Zeiten - Das Denkmal für die Völkerfreundschaft

Zum Eurovision Song Contest wurde der Bogen in den Regenbogenfarben angemalt. Die Farbe war 2018 aber schon wieder weg. Es bleibt abzuwarten ob das Ding nicht irgendwann abgerissen und eingeschmolzen wird. Der künstlerische Wert dieses Objektes ist nicht allzu hoch, der ideelle dürfte bei Null liegen. Der Materialwert sollte allerdings immens sein. Von unten sieht es allerdings großartig aus.
Und wenn man schon einmal hier oben ist, wurde auch eine Aussichtsplattform gebaut von der man einen grandiosen Blick auf den Dnepr hat. Wegen des Denkmals lohnt es sich nicht hier herauf zu kommen, wegen der Aussicht schon.

Denkmal für das Magdeburger Recht

Die Treppen zum Magdeburger Denkmal fanden wir erst nach längerer Sucherei. Wir haben da oben so ziemlich alles abgegrast, weil wir der Ansicht waren, dass Denkmäler immer exponiert, also erhöht sein müssten. Oben auf dem Volodyrmska Hill fand sich aber nur ein Denkmal für einen Typen mit gleichem Namen. Hielt ein Kreuz in der Hand - scheint wohl ein Kleriker gewesen zu sein.
Die Treppen führten dann nach unten direkt zum Denkmal.
Das Magdeburger Recht ist eine Sammlung von Rechtssätzen, die gerade im Mittelalter einen großen Einfluss auf die Rechtsetzung in Osteuropa hatte. In seiner ursprünglichen Heimatstatt kennt es kaum noch jemand. Um so erstaunter waren wir, dass man sich fernab der Heimat der historischen Bedeutung dieses Rechts bewusst ist und dieses auch würdigt.

Das Denkmal für das Magdeburger Recht liegt direkt am Dneprufer

Das Denkmal für das Magdeburger Recht liegt direkt am Dneprufer

Als Magdeburger war es nicht nur ein MUSS hier vorbei zu schauen, es machte auch ein wenig stolz, dass so etwas Bedeutendes aus der Heimat auf die Welt ausstrahlte.

Nach einem Abendmahl in der Nähe des Bahnhofs dämmerte es bereits, als wir ziemlich kaputt unsere Unterkunft aufsuchten. Kiew ist nicht nur schön, sondern auch anstrengend!

© Gerd Dorn, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Tour durch Moldawien, Rumänien, Bulgarien, Serbien und die Ukraine
Details:
Aufbruch: 21.06.2018
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 09.07.2018
Reiseziele: Moldau
Rumänien
Bulgarien
Serbien
Ukraine
Der Autor
 
Gerd Dorn berichtet seit 7 Jahren auf umdiewelt.