Rundreise durch China im Zug mit Kind
Peking: Zugfahren in China
Den frühen Abend reservierten wir uns für die Abholung unserer Zugtickets für die weitere Reise. Wie schon erwähnt, konnten wir bereits online vor unserer Reise die Zugfahrten buchen. Da man jedoch nur eine E-Mail mit Bestätigungsnummer und keine Online-Tickets erhält, muss man diese an einem Bahnhof in China bei Vorlage der Reisepässe persönlich abholen. Das sollte also an diesem Abend geschehen. Da wir im Internet keine eindeutigen Informationen, wo man diese Tickets am besten abholen kann, gefunden hatten, fuhren wir zu dem Bahnhof in Peking (Beijing West), von dem aus wir am Folgetag 7 Uhr nach Xi’an fahren sollten. An den meisten Bahnhöfen, wir vermuten vor allem an denen in den größeren Städten, gibt es immer einen Schalter, an dem eigentlich Englisch gesprochen werden sollte. In Peking war dies über dem Schalter auch kenntlich gemacht (in Changsha leider nicht). Eigentlich ganz unkompliziert wurden uns dann nach Vorlage der Dokumente und der Buchungsnummern alle Tickets für die komplette Reise ausgestellt. Hier heißt es, gut aufbewahren!!! Aber dazu zu gegebener Zeit mehr. Wie wir dann herausfanden, ist es nicht zwingend erforderlich zum Abreisebahnhof zu gehen, also kann es auch jeder andere Bahnhof sein, der Zugtickets ausstellen kann.
Ca. 7 Uhr stand die Abfahrt unseres Hochgeschwindigkeitszuges nach Xi’an für diesen Tag auf dem Plan. Da man in China ähnlich wie an Flughäfen ca. 1,5 Stunden vor Abfahrt bereits am Bahnhof sein sollte, um unter anderem genügend Zeit für diverse Sicherheitskontrollen zu haben, wollten wir zur ersten Zugfahrt überpünktlich da sein und waren bereits 5 Uhr am Bahnhof. Nach Eintritt in das Bahnhofsgebäude wird direkt das Gepäck und man selbst gescannt. Dafür gibt es eine ähnliche Sicherheitskontrolle wie am Flughafen. Neben dieser Kontrolle erfolgt auch hier schon die Kontrolle der Tickets. Dies kann je nach Menschenandrang (der in China sehr oft sehr groß ist) einige Zeit in Anspruch nehmen. Da zudem alle Gepäckstücke recht genau durchleuchtet werden und man öfter sein Gepäck wegen nicht identifizierbarer Gegenstände öffnen muss, sollte man hierfür tatsächlich ausreichend Zeit einplanen. Meistens ging es bei uns gut, nach kurzem Öffnen des Gepäcks und Zeigen von z.B. Akkus, Sprayflaschen oder Kinderspielzeug, wurde das Gepäck durchgewunken. Hin und wieder hatten wir etwas Schwierigkeiten, uns mit dem Personal zu verständigen. Aber sagen wir es so, bis auf zwei Deosprays (dazu später mehr) konnten wir alles wieder mit nach Deutschland nehmen. Nachdem wir durch die Sicherheitskontrolle waren, suchten wir den Boarding-Bereich unseres Zuges auf. Dies kann man sich auch hier ähnlich wie am Flughafen vorstellen. Jeder Zug hat seinen eigenen Wartebereich. Ca. 30 bis 15 Minuten vor Abfahrt wird der Zug aufgerufen, d.h. man stellt sich in eine Schlange an einer weiteren Kontrolle der Tickets und der Durchgang öffnet sich erst, wenn das Gleis zum Betreten geöffnet wird. Hier kann man sein Ticket entweder automatisch scannen oder man lässt es von dem dort stehenden Personal kontrollieren.
Danach geht’s zum Gleis, d.h. dass hier nur Menschen, die auch tatsächlich mit dem Zug fahren, das Gleis betreten dürfen. Alle Menschen, die mit diesem Zug fahren möchten, rasen gleichzeitig los, um möglichst schnell einsteigen zu können. Gut ist, wenn der Zug erst in diesem Bahnhof startet, da man dann gute Chancen hat, sein Gepäck in der Nähe des Sitzplatzes zu verstauen. Falls der Zug nur in diesem Bahnhof hält und er zu dem Zeitpunkt, wenn man das Gleis betritt, noch nicht da ist, stellt man sich an die für den entsprechenden Waggon markierte Position am Gleis. So stehen schnell mehrere Leute hintereinander in einer Schlange und das immer pro Wagen. Wenn der Zug einfährt, geht dann schnell das Gerammel los und es gilt wie in der U-Bahn die Devise „Jeder ist sich selbst der Nächste“. Dies ist etwas, was uns sehr in der Verhaltensart der Chinesen überrascht hat. Es klingt jetzt vielleicht etwas drastisch, aber man hat in China schnell das Gefühl, dass die Chinesen im öffentlichen Geschehen in gewisser Weise mit „Scheuklappen“ laufen und sie in erster Linie sich und ihre Person wahrnehmen, bevor es darum geht, anderen zu helfen und aktiv Hilfe anzubieten. Diese Verhaltensweise ist uns des Öfteren aufgefallen und man lernt dadurch schnell, wie man sich im Alltag behaupten muss bzw. aktiv Hilfe einfordern sollte. Dann ist auch alles kein Problem, es wird schnell geholfen, nur eben nicht von allein. Das steht im Widerspruch zur sonst sehr zurückhaltenden Art der Chinesen, die wir auf unserer Reise auch kennenlernen durften.
Wie schon erwähnt, ist der Hochgeschwindigkeitszug, was den Platz und die Geräumigkeit angeht, sehr komfortabel. Man hat über den Sitzplätzen die Möglichkeit, das Gepäck abzulegen. Größere Gepäckstücke kann man in jedem Wagen an einer Seite hinter den ersten Sitzen verstauen. Da wir „nur Reiserucksäcke“, die Kraxe und einen winzigen Klappbuggy dabei hatten, schienen uns die Ablagemöglichkeiten über den Sitzen als sehr passend. Aus unserer Sicht ließ sich das Gepäck dort prima verstauen, jedoch empfand es das Zugpersonal anders. Bei jeder Zugfahrt wird akribisch darauf geachtet, dass das Gepäck nicht um einen Millimeter über das Gepäckfach ragt. Dies wird genaustens überprüft. Somit wurde unser Gepäck regelmäßig vom Zugpersonal beäugt, aber schlussendlich missbilligend auf der Ablage bewilligt – außer Buggy und Kraxe. Aber gut, wenigstens etwas. Da wir für unsere Tochter keinen Sitzplatz gebucht hatten, hatten wir meistens unsere Plätze auf der Seite mit zwei Sitzen. Auf der anderen Seite des Zuges waren drei Plätze verfügbar. Da die Züge bei uns immer sehr gut gefüllt waren, hatten wir auch selten Ausweichmöglichkeiten. Die Sitzplätze selbst konnte man allerdings soweit nach hinten klappen, dass wir oft so hervorragend zu dritt auf unseren zwei Sitzen schlafen konnten. Während unserer ersten Zugfahrt nach Xi’an konnten wir bereits einige Beobachtungen anstellen, was für uns komplett neu war, aber doch einen guten Einblick in chinesische Gepflogenheiten bot. Wie erwähnt, ging die Fahrt 7 Uhr los. Und das sehr sehr pünktlich. Die Züge fahren in China zu 99,9% auf die Sekunde los bzw. teilweise schon 30 Sekunden früher. Auch eine Überraschung nach den Erfahrungen in anderen Ländern… Ziemlich schnell nach Abfahrt zog ein sehr intensiver Essensgeruch an uns vorbei. Als wir uns umschauten, sahen wir viele Chinesen einen Becher Instantnudeln in sich reinschlürfen. Wenn man diese nicht im Zug kaufen will (es geht regelmäßig eine Dame mit einem Speise- und Getränkewägelchen an einem vorbei), kann man sie auch in jedem Supermarkt in China erwerben. Man könnte es mit unseren Instantbechergerichten vergleichen, nur drei Mal so groß! Für die Zubereitung dieser Nudeln kann man in jedem Zug an einem Wasserhahn heißes, wir hoffen kochendes, Wasser zapfen. Ausprobiert haben wir es nie. Neben der Zubereitung der warmen Speisen nutzen die Chinesen das Wasser auch für ihren Grüntee, der auf keiner Fahrt fehlen darf. Was uns oft vom Schlafen abhielt, war die Lautstärke der Chinesen. Zu gern nutzen sie ihr Smartphone, um über Lautsprecher zu telefonieren, mit erhöhter Lautstärke Spiele zu spielen oder Musik zu hören – nicht nur für sich, sondern auch für alle anderen Mitfahrenden im Zug. Während der Fahrt sieht man auch allerhand Zugpersonal. Neben der Dame mit den kulinarischen Schmankerln gibt es eine weitere Dame, die ca. ein Mal die Stunde fegt und wischt, was sicher auch nötig ist, nach allem, was man die Chinesen so knabbern sieht (auf den Boden spucken haben wir tatsächlich nur einen Mann im T-Zug gesehen, was natürlich auch gereicht hat). Es kann vorkommen, dass fast nach jedem Halt auch das Zugticket wieder kontrolliert wird, natürlich auch in Kombination mit den Ausweisdokumenten. Weiterhin haben wir regelmäßig Polizei im Zug gesehen. Somit glauben wir, dass diese auf jeder Zugfahrt prinzipiell die ganze Zeit mitfahren. Was uns in den Hochgeschwindigkeitszügen nicht passiert ist, aber im T-Zug, ist der Verkauf von Nippes. Aber dazu später mehr. Was auch sehr interessant war, waren die sanitären Einrichtungen. Überraschenderweise gab es neben der chinesischen Toilette, d.h. dem Loch im Boden, auch immer eine westliche Toilette in den Zügen. Man tat gut daran, wenn man diese möglichst schnell nach Abfahrt, vorausgesetzt der Zug wurde neu angesetzt, nutzte. Alles andere brauchte sehr schnell sehr große Überwindung. Umso verwunderlicher ist es, dass einige Chinesen im Zug gern ihre Schuhe ausziehen, entweder dann barfuß rumlaufen oder in die Hausschuhe schlüpfen… und dann so auf die Toilette gehen. Wickelmöglichkeiten haben wir in keinem Zug gesehen, aber das ist für die Chinesen wahrscheinlich auch nicht so relevant wie für uns, da die Hosen mit Loch doch immer noch sehr beliebt bei Babys und Kleinkindern sind. Wenn wir nicht beobachtet oder geschlafen haben, haben wir mit unserer Tochter Sticker geklebt, vorgelesen, ihr diverse Snacks gereicht oder sie mit den Chinesen „flirten“ lassen. Da diese immer sehr schnell versucht haben, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, was dann auch oft darin endete, dass ihr durch die Sitze hindurch verschiedene Gummitierchen gereicht wurden oder ihr Spielzeug, was sie oft „mutwillig“ auf den Boden schmiss, wieder hochgehoben wurde. So verging allerdings diese Fahrt und auch alle anderen wie im Flug.
Aufbruch: | 06.09.2019 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 28.09.2019 |